Fabeldichter Aesop

Der unsterbliche Fabeldichter Aesop, dessen Leben in das sechste Jahrhundert vor Christi Geburt fällt, hat den Beweis geliefert, dass Derjenige, welcher sich freiwillig eine schwere Last aufbürdet, nicht immer einen dummen Streich mache. Sein Herr ging einst auf Reisen; die Sklaven mussten das Gepäcke nachtragen. Das Schwerste darunter war ein ungeheurer Korb, angefüllt mit Brot, das zum Mundvorrat dienen sollte. Die Sklaven spähten an allen Seiten herum, nach der leichtesten Bürde; Aesop aber beeilte sich und rannte zum schweren Brotkorbe, um welchen sich natürlich Niemand riss; ja er wurde noch von seinen Mitsklaven ausgelacht, dass er so viele Hast zeigte, sich den schweren Ranzen aufzubürden. In der Tat schmachtete auch der kleine, noch obendrein verkrüppelte Aesop sehr unter dem Korbe, wobei ihm die Glut der kleinasiatischen Sonne auch keine Erleichterung verschaffte. Allein es kam schon anders. Der Mittag nahte, es wurde Rast gemacht; Alles fiel über den Brotkorb her, welcher um Vieles leichter wurde. Das Nachtmahl lichtete den Korb noch mehr. Zuletzt hatte Aesop nur noch den leeren Korb zu tragen. Nun kam die Reihe zu lachen an ihn, und es bewährte sich das Sprichwort: Wer zuletzt lacht, lacht am besten. H. E. Pöschl.