Vertraute Freunde Leupolds

Amilius blieb noch freundschaftlichem Briefwechsel mit S. Leupold, als dieser schon in meklenburgischen Diensten stand 4).

Einer der vertrautesten Freunde S. Leupolds war der Arzt M. Jacobus Kolschius oder Koltschius 5) (Jacob Kolsch, auch bloß Magister Jacobus), welcher des Herzogs Heinrich Leibarzt war und damals besonders die Aufsicht über den blödsinnigen Herzog Philipp zum Gegenstand seiner Sorge hatte, wie er sich auch selbst „Hertzog Philips Zuchtmeyster“ nennt. Dieser war auch die Veranlassung zu allen wichtigen Schritten, welche Leupold nach und nach in Meklenburg that. An Koltsch, der sich damals verheirathet zu Wittenberg aufhielt und auch in Prettin bekannt war, wandte sich Henneke Holstein 6) auf Ankershagen (Speck und Wickenwerder), als er einen Erzieher und Lehrer für seine zwei Knaben suchte und zugleich einen Schreiber für sich in derselben Person. Koltsch empfahl ihm am 25. Jan. 1538 „einen frommen Mann, welcher, über daß er gelernt und gütig, und mit Kindern wohl umzugehen wisse, auch ein hübscher Schreiber sei; dieser sei wohl gesinnt, ihm zu dienen, in der Aussicht, daß er mit den Kindern bald wieder nach Wittenberg zurückkehren könne, da er dort zwei Edelknaben habe, die er nicht gerne lange lassen wolle. Wäre es nicht beschwerlich, so wolle er diese mitbringen, daß sie eine Zeit lang bei Holstens Kindern blieben und in der Folge sämmtlich nach Wittenberg geschickt würden“. Koltsch verabredete mit diesem Magister einen Sold von jährlich 30 Gulden und einem Kleide, nebst freier Kost, was Henneke Holstein etwas zu viel däuchte. - Dieses Verhältniß kam zu Stande: im Februar 1538 schickte H. Holstein nach Wittenberg, um den Magister zu holen 7), und am 26. Febr. fuhr S. Leupold von Wittenberg ab 8); am 25. April 1538 schreibt Koltsch schon aus Wittenberg an Leupold nach Ankershagen 9). Koltsch hatte Leupolds beide Zöglinge zu Unterricht und Beköstigung bei sich behalten, weil verabredet war, daß Leupold bald mit Holsteins Söhnen nach Wittenberg zurückkehren sollte. Aber Koltsch konnte in Wittenberg Niemand finden, der „Kostgänger“ nehmen wollte, denn dort sei „des Volks zu viel, daß man übel solche Gelegenheit bekommen“ könne. Koltsch drang demnach am 23. Mai 1538 darauf, daß der Magister heimkehre, wegen dessen dringender Geschäfte und weil er selbst nach Meklenburg zurückkehren müsse. Aber die Sache zog sich in die Länge. Einer von Leupold’s Zöglingen war Hans von Eisenberg, welchen Leupold krank in Wittenberg zurückließ; bald hatte ihn jedoch Koltsch hergestellt und sandte ihn seinem Lehrer nach Ankershagen nach, wo er und Jacob Holsten als Leupolds Schüler mit lateinischen Arbeiten auftreten; H. Holstein wollte Anfangs Leupolds Schüler nicht mit aufnehmen.


In Ankershagen ging es ihm aber schlecht: er konnte kein Geld erhalten und der Umgang war so traurig 10), daß er ihn
3) Im Anfange gefiel er sich zu Ankershagen sehr gut, indem er an M. Wendelinus schreibt:
„Ego quidem diuina beniguitate optime valeo. Etsi hic sum in loco amoenissimo, ubi est saluber aer maximaque copia potus cibique lautissimi, verum omnia multo iucundiora mihi esse viderentur, si mihi tua humanitate converre colloquia interdum pro more daretur“. [Fußnote wurde im Text nicht angegeben] bis zur Krankheit niederdrückte; Henneke Holstein wollte ihn nicht fahren lassen und davon gehen konnte er nicht, da er seinen mitgebrachten Zögling nicht im Stiche lassen durfte. Aus dieser Lage erwuchs ihm aber großer Gewinn: es befestigte sich die innige Freundschaft mit Koltsch 11) immer mehr, der am Hofe und an der Tafel der Fürsten Heinrich und Magnus lebte und ihm den Weg in die Dienste der Fürsten bahnte.




4) Amilus, sonst Demler genannt, war am 25. Jun. 1517 zu Mansfeld geboren und mit Luther verschwägert; er ward später Superintendent zu Stolberg im Harz und ist auch als theologischer Schriftsteller und Verfechter der Reformation bekannt. Er starb am 22. Mai 1569. Vgl. Jöchers Gelehrten-Lexicon.
5) Jacob Koltzsch war aus der Stadt Baden gebürtig und hatte zu Bruchsal einige nahe Blutsverwandte, welche 1571 ohne Leibeserben gestorben waren und eine stattliche Erbschaft hinterlassen hatten, an die Koltzschs Schwiegersohn, der Hofbarbier Peter Parow zu Schwerin, Anspruch machte.
6) Henneke Holstein gehörte zu den begütersten Edelleuten im Lande. Nach einem „Musterzettel der meklenb. Reuter“ vom J. 1535 leisteten neben ihm nur noch zwei Edelleute so viel Roßdienste, als er, durch Stellung von 4 Lehnpferden, und nur eine Familie leistete mehr, nämlich die Pentze zu Redesin, welche 6 Pferde stellten.
7) Henneke Holstein schließt seinen Brief an Koltsch d. d. Wickenwerder 14. Februar 1538, mit dem er einen Wagen nach Wittenberg schickte, also:
„Ich weiss auch, das Ir eyn halber sasse seyth: schicke ich euch alhier zwey speckschinken; byt, wolleth sie nicht vorsmaden, ich wyls, wyl got, ein andermal besser machen“.
8) Hierauf antwortet Koltsch am 26. Februar 1538:
„Ich hab ewr vberschickte brieff sampt Zweien Schinken, so yr mir als einem zukunfftigen Saxen zugeschicket, entfangen vnd bedanck mich derselben ewer Schenk gantz dienstlich, mit guthwilligem erbiethen, solchen gunstigen willen gegen euch vnd ewr kinder widderumb zu verschulden, Schick euch dargegen den Magister, daruon ich euch auf euer anregung geschrieben .“
9) Koltsch schließt den Brief folgendermaßen:
Fac vt aduentum tuum matures et tecum adducas alias pennas, hoc est meckelburgische schinken; priores sunt comesti. Salutat te vxor mea plus millies. Datum Wittenberge citissime inter pocula, vbi vix licet respirare.
10) In welcher Lage Leupold war, sieht man am besten aus folgendem merkwürdigen Reverse, den ihm H. Holstein ausstellte:
„Ick Hennicke Holst bekenne mit dieser meiner Handschrieft, das ich dem achtbaren wirdigen vnd hochgelarten Magister Simon Leupoldt mein Spilen auf heut dato hab verkauft auf karten, werfeln vnd beskulen (?) II Jar lanck vnd habe ime bei meinen eren vnnd waren Worten vf schelmschelten vnd bei eddelmans geloben zugesagt, nit zu spilen, so lange die zwei jar varen, wir sein woe wir wollen; aber des abendts bei vnsem wirt, dar wir zu tisch gehen, so wir zur colation gehen, da wil mirs der magister zu rechter zeit verleuben, so oft ich aber werde umb gelt spilen, wil ich im VI penninge geben, so oft ver nestel, wil ich III pennige geben zur peen. Des zu vrkundt vnd merer sicherheit hab ich meinen namen noch ein mal vnten angeschrieben. Ankershagen Dinstag in der marterwoch anno XXXIX. H. H.“
11) Beide standen in lebhaftem Briefwechsel und Koltsch schreibt unter Andern:
Ut loco fratris semper te habui, ita maxime mihi dolet tuus casus et valetudo aduersa,
und
mihi nihil est iucundius, quam tecum per litteras quotidie confabulari.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Leupold, Simon (1517-1578). Biographie