Leupold in Güstrow

Endlich ward ihm die Lage zu drückend und er wandte sich am 29. März 1539 mit flehentlichen Bitten an seinen Freund, der vom Herzoge Heinrich am 31. März einen Befehl an H. Holstein auswirkte, den Simon Leupold alsbald zu Hofe zu schicken, weil der Fürst mit ihm wichtige Sachen zu reden habe. Am 9. April war S. Leupold in Güstrow beim Herzoge und gründete hier sein Glück. Dennoch fand er bei H. Holstein noch immer Schwierigkeiten loszukommen, so sehr auch Koltsch zürnte 13), und obgleich Leupolds Eintritt in fürstliche Dienste schon fest bestimmt war. Der Fürst mußte sich selbst ins Mittel legen und schrieb am 13. Mai 1539 an H. Holstein und S. Leupold und forderte von dem erstern bestimmt seines Dieners Entlassung 14) nach Wittenberg, welchen Ort Leupold noch immer als seinen Wohnort betrachtete. Endlich stellten H. Holstein und Kersten Rohr zu Kl. Vielen ihm am 13. August einen Paß für ihn und zwei Knaben nach Wittenberg und Leipzig aus.

Zu gleicher Zeit schrieb H. Holstein an Johann von Asseburg auf Asseburg, Falkenstein und Ampfern, den Vormund des Hans von Eisenberg, daß er seinen Mündel und dessen Lehrer bis dahin gern bei sich aufgenommen habe. Diesen Johann von Eisenberg wünschte Koltsch an den Hof des Herzogs Magnus zu haben, bei welchem er ihn sehr empfohlen hatte; trotz aller seiner Bemühungen hatte er es jedoch im Anfange des J. 1540 noch nicht erreicht 15).


Als der Abgang S. Leupolds von Ankershagen bestimmt war, wandte sich H. Holstein wegen eines andern Erziehers an Melanthon; den Brief concipirte S. Leupold. Hierauf empfahl ihm Melanthon am 17. Julii 1539 den Magister Jodocus Wolthusanus, der auch selbst nach Ankershagen schrieb und auch auf einige Zeit dorthin abgegangen zu sein scheint; am Ende des Monats October brachte jedoch H. Holstein seine Kinder persönlich nach Wittenberg. Mag. Jodocus Wolthusanus erscheint noch einige Jahre darauf im Umgange S. Leurolds.

Nachdem S. Leupold am 20. August 1539 von Ankershagen abgereist war, schrieb er am 25. d. M. an den Herzog Heinrich, daß er jetzt „ganz und gar Willens sei, sich nächsten Michaelis in seine Dienste zu verfügen 18), vorzüglich weil sein lieber Präceptor Philipp Melanchthon es für gut eingesehen und gerathen habe, obgleich er gerne noch eine Zeit lang in Wittenberg studirt hätte“.
Die nächste Zeit brachte S. Leupold damit zu, seine Freunde in Wittenberg und andern Städten seiner Heimath zu besuchen; auch war er im Sept. mit seinem Zöglinge Hans von Eisenberg bei dem Herrn von Asseburg. Am 9. September 1539 ertheilte ihm Herzog Heinrich für ihn und seine Sachen 19) den erbetenen Geleitsbrief und am 10. November stellte Melanthon ihm ein empfehlendes Universitäts-Zeugniß aus 20). Der Herzog Magnus, Leupolds vorzüglicher Gönner, vermittelte während der Zeit seines Aufenthalts zu Wittenburg manches für ihn bei seinem fürstlichen Vater.




13) Koltsch schreibt am 28. Julius 1539 an S. Leupold:
„Miror profecto, qua fronte audet ipse (Holstenius) tam fortiter contemuere tanti principis mandata et te preter princips voluntatem diucius detinere. Sed veterem obtinet. Consulo autem tibi, vt principi per proprium tabellarium scribas, quomodo tecum agatur et quod nulla tibi elabendi rima pateat, nisi ipse auxiliares manus porrigat et te ex ipso carcere quasi eripiat. Alioqui fieri potest, ut in te princeps fabam illam cudat et te diutius more accuset, cum tu nihil aeque in dies exoptes, atque liberari et dimitti“.
14) Vgl. über diese Verhandlungen den Brief von Koltsch in der Brief-Sammlung Nr. 3. Dieser Brief ist ein Zeugniß von der Gediegenheit, der Heiterkeit und dem Einflusse des Leibarztes und dem ansprechenden Geiste der damaligen Gelehrten. Aehnlich sind alle Briefe von Koltsch.. - Humor scheint damals bei den Aerzten hoch geschätzt zu sein. Als der Herzog Philipp sich um Ostern 1539 wieder zu Güstrow befand, hatte der Herzog Magnus des lüneburgischen Herzogs Doctor Martinus Bolerus bei sich zu Walsmühlen, damit dieser ihm das Fieber vertreibe. Er schrieb daher Mittwoch nach Reminiscere an seinen Vater, dieser Arzt wolle, so bald er ihn verlassen könne, zu seinem Bruder Philipp nach Güstrow reisen und hoffe, ihn zu heilen. Er sagt von ihm:
„Der doctor ist ein gelerter man, ym latein vnd gricheschen perfectissime vnd seyner practiken wol gevbet vnd den patienten trostlich mit seinen frolichen Swenken, grfelt mir arlich fast wol“.
Man vgl.auch über den Charakter des Leibarztes Dr. Rhembertus Eilzheim Jahrb. III, S. 60 flgd.
15) Koltsch schreibt hierüber am 19. Mai 1539:

„Johannem Isenbergum censeo tibi mittendum esse in aulam vel apud ducem Heinricum vel Magnum, vt discat bonus viuere inter malos; quod si apud principes ipse exorare non potes, mea vtere ad eam rem opera et ego veterem quoque hic amicum prestabo“;
und am 28. Julius 1539:
„Poteris eciam in litteris tuis ad principem mentionem facere Joannis Isenbergii, quem optarem omnibus modis hic in aula vnum atque alterum annum perdurare, vt iustruetns aulice philosophie rudimentis doctior domum rediret ad pernossenda aulicorum ingenia, quibuscum posthac cogetur suam transigere vitam. Ego adolescenti optimo propter animi modestiam bene cupio et volo“.
18) In Beziehung auf Leupolds Auftreten bei Hofe schreibt Koltsch an ihn im Anfange des J. 1540:
„Ubi Suerinum veneris, apud me diuertito et tibi mecum omnia, vt amicorum esse debent, communia erunt, traditurus tibi rudimenta aulice philosophie. Interim vale et omnibus modis caue, ne sis rerum alienarum in aula curiosus; nam hoc vicium aulici ferre non possunt, cum tamen alioqui in lerna et sentina omnium viciorum sint demersi. Cetera coram. Iterum vale et totam familiam scribarum, tuos collegas, mutuo studio et amore prusequere“.
19) Er wünschte vorzüglich seine Bücher unangetastet nach Meklenburg führen zu können. Nach einem spätern Verzeichnisse bestand seine Bibliothek meist aus historischen, philosophischen und philologischen Büchern.
20) Vgl. Brief-Sammlung Nr. 7. Dieses Zeugniß hat sich in dem, von Melanthon eigenhändig geschriebenen Concepte unter den Papieren Leupolds gefunden; wahrscheinlich hat dieser sich das Concept von seinem geliebten Lehrer zum Andenken ausgebeten. Bewundernswerth ist nach der großen Menge von Correcturen die Sorgfalt, mit welcher der große Reformator selbst scheinbar unbedeutende Sachen bearbeitete.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Leupold, Simon (1517-1578). Biographie