Im Dienste des Fürsten

Dieser hochgebildete, geistreiche und kräftige Fürst nahm ihn am 17. März 1552 wieder als Secretair in Dienst. Sei es aber, daß der Herzog an Andreas Mylius einen äußerst gelehrten Freund besaß, sei es daß er das größere Geschäftstalent Leupolds bemerkte: er benutzte diesen mehr zu Gesandtschaften, welche, mit den Kirchen-Visitationen verbunden, unserm Magister die beste Gelegenheit gaben, sich mit den Staats- und Landes-Angelegenheiten vertraut zu machen. Zunächst bestellte ihn im J. 1552 der Herzog jedoch zum Mitgliede der Commission, welche die große Kirchen-Visitation im Lande ausführte, in der er neben dem Superintendenten Riebling als geschäftsführender Secretair am meisten thätig war 34). Außerdem war er im J. 1557 auch Secretair bei der Visitation der Universität Rostock. Der Herzog erkannte auch diese Bemühungen aufrichtig, um so mehr da Simon Leupold während der Visitation zur Verbesserung der Kirchen und Schulen viele von seinen geistlichen Hebungen fallen ließ und dadurch mit dem besten Beispiel voranging. Freilich wurden ihm für diese Entsagung der geistlichen Lehne jährlich 130 fl. vom Fürsten verschrieben.

Bei so vielen dringenden Geschäften war es ihm freilich unmöglich, seinen gelehrten Briefwechsel nach Wunsch wie früher fortzuführen; jedoch wandte er allen Fleiß an, sich in gutem Andenken zu erhalten, und ersetzte in der Nähe noch durch seinen Einfluß das, was in Verfolgung der Wissenschaften einstweilen vielleicht in den Hintergrund geschoben ward. Auch Melanthon gedachte seiner noch zuweilen, indem er z. B. einen ausgewanderten Engländer Gutbertus Hugonius Anglus im J. 1557 mit einem Empfehlungsschreiben an ihn verwies 35); wie hoch damals Simon Leupold stand, davon zeugt der Brief des Engländers, durch welchen er Melanthons Schreiben an Leupold einsandte, indem er darin unter Andern sagt:


       „Ego eo die Gustrouianum iter sequebar quidem, sed
      quum currum vestrum minus assequi valerem, quumque
      non satis viarum ambages cognouissem, ad dextram ita
      raptus sum, vt Butzouium postero die deuenirem. Qud
      non sine aliquo secreto consilio factum esse arbitror. Ibi
      enim quasi in medio locatus, nunc Suerinum, nunc
      Gustrouium specto; nunc (inquam) eximium virum
      Andream Mylium, nunc op timum amicum meum
      Simonem Leopoldum quasi ex aequo contemplor,
      quorum alter a virtute nomen sortitus est, alter a
      fortitudine. Sed de laudibus vestris iam nihil dico; alio
      enim tempore de his fortasse commodius. At sicut
      vterque vestrum a fortitudine nomen ac cepit, ita
      vtrumque ad benefaciendum natum esse certum est“.

Von diesen, bei der Begründung eines neuen Zustandes wichtigen Geschäften ward er jedoch gleich nach Vollendung und noch während derselben zu wichtigen Gesandtschaftsreisen abgerufen, zu denen Johann Albrecht bei den großen geheimen Verkettungen in der europäischen Politik, namentlich in den Angelegenheiten seines Bruders Christoph, für welchen mit aller Macht ein Bisthum gesucht ward, eines sichern und gewandten Mannes bedurfte. Diese Zeit der Legationen („Verschickungen“) bildet die zweite Periode in dem Leben Leupolds. Im J. 1554 decoll. Joh. kam er von einer Reise für den Herzog eilend in Wismar an und reiste im August d. J. nach Lübeck, Hamburg und Lüneburg. Am 27. Febr. 1555 36) stellte ihm der Herzog Johann Albrecht Vollmacht und Instruction aus, bei dem Dom-Capitel zu Lübeck, bei den Herzogen von Holstein und dem Könige von Dänemark persönlich die Wahl des Herzogs Christoph zum Bischofe von Lübeck zu bewirken. Im März desselben Jahres hatte er für unsern Herzog, für den Erzbischof Wilhelm von Riga, den Herzog Albrecht von Preußen und die Markgrafen von Brandenburg wieder eine Mission an den König von Dänemark, um die Wahl des Herzogs Christoph zum Coadjutor des Stifts Riga und zum Bischofe von Lübeck zu bewirken. Am 30. März war er beim Könige zu Neuburg auf Fühnen; dieser nahm ihn sehr gnädig auf und setzte ihm am 6. April ein Jahrgehalt von 40 Thal. aus 37). Erst am 12. Mai kehrte Leupold heim; auf dieser Reise, welche er zur See machte, muß er viel Ungemach ausgestanden haben, da seine Frau sich am 20. April beim Pastor Pasca zu Warnemünde ängstlich nach Nachrichten aus Dänemark erkundigte und der Herzog Johann Albrecht selbst sagt, daß Leupold die dänischen Reisen „mit großer Gefahr seines Leibes“ gemacht habe. Am 28. Mai 1555 begab er sich schon wieder auf die Reise zu dem Könige von Dänemark, der ihn wieder sehr auszeichnete; am 7. Junii kehrte er zurück; aber schon am 6. August d. J. mußte er wieder nach Dänemark und der Herzog empfahl ihn vorzüglich dem königl. dänischen Rathe Peter Ochssen. Nach einer herzoglichen Bestallung vom J. 1556 war er während eines Jahres zehn Male beim Könige in Dänemark. Nach diesen Missionen ging er in fürstlichem Auftrage am 8. Mai 1556 noch ein Mal zum Könige von Dänemark nach Kopenhagen, wo er am 24. Mai zur königlichen Tafel gezogen ward; am 2. Junii langte er wieder in Schwerin an. - Auf einer dieser Reisen ward er auch von der Stadt Wismar bevollmächtigt, bei dem Könige von Dänemark die Sicherung ihrer alten Privilegien zu bewirken: seit drei Jahren war nämlich der Eingangszoll auf fremdes Bier in Dänemark von 4 Witten auf 8 Schillinge von jeder Tonne erhöhet. - Gleich darauf erhielt er Gesandtschaftsaufträge an mehrere deutsche Fürsten. In den Monaten Junii und Julii 1556 hatte er für den Herzog Johann Albrecht, für den Erzbischof von Riga und den Herzog von Preußen eine Mission nach Brandenburg und Sachsen und war bei dem Kurfürsten von Brandenburg (2. Julii in Berlin), zu Wittenberg (am 5. Julii bei Melanthon zu Gaste), bei dem Erzbischofe von Magdeburg (am 8. Julii zu Halle), bei dem Herzoge Johann Friederich von Sachsen (am 11. Julii zu Weimar an der fürstlichen Tafel), bei dem Kurfürsten von Sachsen (am 15. Julii zu Dresden) und kehrte am 24. Julii wieder heim. Im September und October 1556 machte er dieselbe Reise: nach Dresden, Weimar und Halle, noch ein Mal und war dabei auch am 4. Oct. bei den Grafen von Mansfeld und am 9. Oct. bei Georg Helfrich zu Leipzig; am 17. Oct. war er wieder in Schwerin eingekehrt.

Diese Reisen 38) und die Stellung Leupolds werfen ein helles Licht auf die damaligen wichtigen und interessanten Zeitverhältnisse, und schon für die Erkenntniß der letztern ist eine Biographie Simon Leupolds von Werth, ja nothwendig.

Mit der zuletzt angeführten Reise nach Sachsen im October 1556 hört aber die politische Wirksamkeit Simon Leupolds ganz auf und plötzlich ändert sich für den Rest seines Lebens seine ganze Lage, welche freilich für Meklenburg von der größten Wichtigkeit wird, auf den Mann selbst jedoch nicht einen so günstigen Einfluß hat, wie sein früheres Verhältniß: es beginnt mit dem Jahre 1555 die dritte Periode seines Lebens, die administrative.




34) Die Ausführung dieser Wirksamkeit hat einen großen praktischen Nutzen, indem dadurch die, von Leupolds charakteristischer Handschrift geschriebenen Concepte der Kirchen-Visitations-Protocolle einen großen Werth erhalten.
35) Der interessante Empfehlungsbrief Melanthons ist in der Briefsammlung Nr. 14. abgedruckt.
36) Am 13. Februar 1555 mache S. Leupold zu Warnemünde schon einen Versuch in See zu gehen, konnte aber wegen des Eises nicht durchkommen.
37) Diese 40 Thaler hatte er später aufkündigen müssen, unter dem Versprechen eines fürstlichen Ersatzes.
38) Später machte er noch viele kleinere Reisen, auch noch nach Sachsen, z. B. im J. 1562, vorzüglich aber um Geldgeschäfte und Einkäufe zu besorgen, Erkundigungen einzuziehen u. s. w.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Leupold, Simon (1517-1578). Biographie