Die Zeit der großen Kirchen-Visitationen

Während der Zeit der großen Kirchen-Visitationen erhielt er mehrere geistliche Lehne. Nach dem Tode des eifrigen Papisten Dr. Johann Katte verliehen ihm die Herzoge im J.1542 das Canonicat der Scholasterie des Dom-Capitels zu Rostock und die damit verbundene Pfarre zu St. Nicolai, imgleichen auch die Pfarre zu Warnemünde. Am Dienstag nach Johannis Bapt. 1542 schreibt ihm der Herzog Heinrich nach Rostock, daß er

      „ff die presentation, mit sampt dem Notario, wey ! Sich
      das Capittel darmit beschwert vnd zu suchen macht, die
      possession in sanct Niclas Kirche vnd darzu gehorigen
      wydumbshawse selbst innhemen, Desgleichen zu
      Warnemunde auch thun“


möge. Im J. 1543 präsentirte der Herzog Heinrich ihn (den non indoctum nostrum secretarium et dilectum M. S. L., Misnensis diocesis clericum) formell dem Dom-Capitel zu Rostock zur Installation in die Pfründe (ad parrochiam perpetuam et scholasteriam in ecclesia Sancti Nicolai Rostochiensis et ad reliqua beneficia, quae Dr. Joannes Katte habuit 26). Zu gleicher Zeit wiesen die Herzoge ihn in die Pfarre zu Warnemünde ein und befahlen dem Magistrat zu Rostock, dem neuen „Kerkherrn“ die Hebungen von dieser Pfarre, welche der St. Nicolai-Kirche zu Rostock incorporirt war, fortan regelmäßig zu verschaffen. Ferner präsentirte ihn am Palmsonntage 1542 der Herzog Heinrich dem rostocker Dom-Capitel nach dem Tode des Dr. Boye zu einem Leben, welches derselbe mit Mag. Conrad Pegel, Mag. Johann Lintberch und Mag. Lütkens zusammen gehabt hatte, und bat seinen Bruder, Herzog Albrecht, demselben einige „Lehnichen,“ welche er ihm um seiner getreuen „Dienste willen verliehen habe“, zu bestätigen. Außerdem erhielt er in dieser Periode noch andere geistliche Lehne, theils von den Fürsten, theils von dem Adel und den Städten, so daß er im J. 1556 jährlich 156 Gulden Hebungen von denselben hatte 27). Zu diesen kleinen Lehnen gehörte auch eines zu Güstrow, mit welchem ein Häuschen am Domhofe verbunden war; dieses gab jedoch, weil es wüst stand, im J. 1553 der Herzog Ulrich seinem Kammerdiener Otto von Adram.

Auch auf die Verbesserung der Schulen erstreckte sich seine Wirksamkeit, sowohl im Allgemeinen 28) bei der Kirchen-Visitation, als auch im Besondern, obgleich nur fragmentarische Nachrichten darüber vorhanden sind. Bekannt ist es, daß nach den bisherigen Nachrichten 29) Wolfgang Leupold, Lehrer des Prinzen Christoph, den er im J. 1552 auch nach Paris begleitete, nach seiner Rückkehr im Jahre 1553 der erste Rector der Schule zu Güstrow gewesen sein soll; dieser Wolfgang Leupold, „Fribergensis Misnicus“, war ein Oheim unsers Simon Leupold. Unbekannt ist es jedoch, daß schon unter dem Herzoge Heinrich dem Friedfertigen die Schule zu Güstrow reformirt und mit lutherischen Lehrern besetzt ward, welche im Geiste der wittenberger Universität wirkten. Nach der Schlacht bei Mühlberg wandte sich am 19. Sept. 1547 an Simon Leupold Friederich Winkler, der vor einem Jahre von Wittenberg abgegangen war, sich Blutsverwandten und Schwager nannte und gewiß mit ihm verschwägert war, und bat ihn um Beistand in der schrecklichen Zeit 30). Doch der Drang nach dem Norden, namentlich nach Meklenburg, war in diesen Zeiten zu groß und der Wunsch Winklers konnte nicht erfüllt werden, bis Philipp Melanthon den Herzog Heinrich selbst am 21. März 1551 um die Schulregierung zu Güstrow für Friederich Winkler bat. Darauf muß derselbe gleich Rector in Güstrow geworden sein. Er blieb es aber nicht lange; denn schon am 28. August 1552 schrieb Winklers Vater, Johann Winkler, Rathsherr zu Pretin, an Leupold: der Schuldienst zu Pretin sei erledigt; da sein Sohn nicht in Güstrow bleiben wolle und der Rath zu Pretin ihm die dortige Schulstelle zugesagt habe, so bitte er um die Bewirkung seiner Entlassung und eines Passes; übrigens sei groß Jammer in Pretin. Bald darauf, als Wolfang Leupold seine Stelle 1553 einnahm, hatte er auch schon sein Schulregiment in Pretin angetreten und bat am 22. Junii 1553 unsern Magister Simon um mancherlei: um „seine hinterstellige Besoldung zu Güstrow für ein halb Jahr, - für den Schullohn von den Knaben für ein Vierteljahr, den sein successor mit ihm zu theilen habe, - um ein gut testimonium vom Superintendenten und den Prädicanten zu Güstrow, wie er sich in seinem Amte gehalten“. Er bemerkt dabei, daß es dem Wolfgang Leupold als einem Magister von Rostock nicht sauer geworden sei. Damals hielten sich auch Simon Leupolds Hausfrau und Kinder zu Pretin auf.

Alle diese Arbeiten für Kirche, Schule und allgemeine Aufklärung, so wie im täglichen Dienste ließen ihm zu andern Arbeiten wenig Zeit, um so weniger da er einen sehr großen Briefwechsel führte und man seine Fürbitte oft in Anspruch nahm. Ein Mal nur machte er eine große Reise nach Schmiedeberg, Leipzig (und Prettin), Nürnberg, Speyer, Worms, Frankfurt a. M., Leipzig u. s. w. in verschiedenen Aufträgen des Herzogs Heinrich, namentlich um zu Worms mit dem Licentiaten Joh. Helffmann zu verhandeln und zu Speyer Procuratoren zu bestellen. Diese Reise fiel wahrscheinlich in das Jahr 1549, da am Donnerstage nach Lätare Zehrgelder für eine Reise Simon Leupolds nach Speier ausgesetzt werden 32). Auf derselben Reise ließ er sich „zu Ehren seines Fürsten“ zu Speier zum kaiserlichen Notarius creiren; von diesem Geschäfte machte er vorzüglich bei den Kirchen-Visitationen und in den letzten Jahren seines Lebens Gebrauch. - Zu Weihnacht 1551 sandte ihn der Herzog noch ein Mal nach Leipzig.

Zuletzt ward ihm noch die Auszeichnung zu Theil, daß er das Testament des Herzogs Heinrich verfaßte, wofür ihm ein Ehrenkleid und ein vergoldeter Becher zum Ehrensolde verheißen ward.

Mit dem Tode des Herzogs Heinrich schließt sich die erste, mehr literarische 33) Periode seines Lebens, und die zweite, mehr politische beginnt mit der Regierung des Herzogs Johann Albrecht I.




26) Das geistliche Amt an der Nicolai-Kirche verwaltete der bekannte Heinrich Schmedenstedt, welcher als erster lutherischer Prediger an der Nicolai-Kirche aufgeführt wird; vgl. Etwas, 1740, S. 275. Durch die Verleihung der Pfründe an Leupold wird zugleich das ins rechte Licht gesetzt, was im Etwas a. a. D. S. 276 gesagt ist.
27) Als Simon Leupold nach Güstrow zog, unterstützte ihn der Herzog Johann Albrecht nicht nur selbst bei dem Bau eines Hauses, welches Leupold „dem Fürsten und der Stadt zu Ehren“ aufführte, sondern erließ auch mehrere Vorschreiben an nahe Gutsbesitzer, seinen Secretair mit Bauholz zu unterstützen; dieses Haus führte er an der Stelle der „alten Swin-Kemenate“ (Schweingehege, Schweinemarkt ?) mit der wüsten Hausstätte und den zugehörigen Buden am Pferdemarkt auf. Nach einem Plane ließ er die Fenster dies Hauses mit den Namen (und Wappen?) der meklenburgischen Edelleute und seiner Familie schmücken. - Bei der Kirchen- Visitation erhielt er für sich und den „Visitations-Jungen“ ein fürstliches Patent zur freien Verpflegung und in sein Haus, nach damaliger Sitte, zur Verehrung öfter Vieh, Wild, Korn und andere Lebensmittel.
Im J. 1564 kaufte Leupold auch ein Haus zu Schwerin.
28) So war er dafür nicht unthätig, daß viele kleine geistliche Lehne zu Stipendien für Studirende umgeschaffen wurden.
29) Vgl. Thomae Anal. Catal. biogr. p. 60; Etwas, 1740, S. 70; Rudloff III, 1, S. 137 und 139.
30) Melanthon sah das Gefahrvolle der Lage sehr richtig ein und hatte schon am 1. Februar 1547 den Herzog Heinrich den Friedfertigen „um Gottes willen“ gebeten, den Streit im deutschen Reiche zu vergleichen, da er vorzüglich hiezu fähig sei. Der Brief, durch welchen dies geschieht, ist in der Brief-Sammlung Nr. 12. mitgetheilt; derselbe hat sich unter den Privatpapieren Leupolds gefunden. Bei dieser Gelegenheit diene die Bemerkung, daß, nach den Renterei-Rechnungen, der Herzog am 25. Junius 1549 den Rath Drachstädt und am 23. October 1549 den Professor Arnold Burenius nach Wittenberg zu Philpp Melanthon sandte.
32) Diese Reise ist nach einem Rechnungsbuche Leupolds ohne Jahrszahl entworfen. Unter seinen Papieren findet sich auch ein Paß für ihn zu einer Reise nach Frankfurt a. M. in fürstlichen Geschäften d. d. Zarrentin am Sonntag nach Egidii 1544. Im J. 1548 sandte ihn der Herzog, nach einem Passe d. d. Michaelis, nach Leipzig, wo er auch große Einkäufe für das fürstliche Haus machte, namentlich an Gewürz und Seidenzeugen. Im Januar 1550 war er in Berlin.
33) Von einem schriftstellerischen Wirken S. Leupolds ist mir nichts weiter bekannt geworden, als daß Herzog Magnus, der schon früher mit ihm zu Wittenberg in Verkehr stand, am 1. Mai 1542 an Arnold Burenius schreibt, daß er einige Carmina von Simon Leupold neben denen des Johannes Sastrow drucken lassen möge, wenn er es für gut einsehe.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Leupold, Simon (1517-1578). Biographie