Ein und zwanzigstes Kapitel. Der Quersattel.

Ein und zwanzigstes Kapitel.

Der Quersattel.


Noch den selben Nachmittag führte man mich zum Ausreiten vor. Der Gentleman stellte sich zu mir, um meiner Gebieterin bei dem Aufsteigen zu helfen, und immer wähnte ich, sie sei noch nicht aufgesessen, da ich auf der rechten Seite ihren Schenkel noch nicht fühlte, als sich der Gentleman auch auf sein Pferd schwang, und meine Gebieterin abzureiten bat.

Welch unglückliches Paar! Dacht' ich. Wohl hat euch außer bei der Liebe auch noch das eigen Bewusstsein eurer körperlichen Gebrechen zusammengeführt; er hat die heftigsten Nervenzufälle und sie – gar nur ein Bein. Wie beklag' ich euch! Ihr seid beide so gut, ich befinde mich bei euch so wohl, als mir es noch nie ging, und nur die Angst, euch beide ganz unglücklich zu machen, bekümmert mich; denn wie kann es anders kommen, als dass sie nächstens herabfallen, und meine Gebieterin noch ihr letztes Bein bricht, indes der Gentleman das Zipperlein auch zu Fuße behält. Wie konnte es euch unglücklichen Personen aber auch einfallen zu reiten, wie an etwas Freude zu haben, was euch bei eurem beklagenswürdigen Körperzustand noch ganz elend machen wird? Wie kann man nur, mit der Epilepsie behaftet, oder nur mit einem Beine versehen, reiten wollen? Und warum gestattet doch die Polizei ein so gewagtes Unternehmen?

Trotz aller dieser Besorgnisse, trotz der nahen Gefahr, dass beide herabstürzten, wurde ich, jedoch unter der größten Angst, zum Trab angetrieben.

Nun da haben wir das Unglück! Dacht' ich, als ich den Gentleman in der heftigsten Verzuckung und meine Gebieterin sich mit beiden Händen an dem Sattelknopf anhalten sah, den der Sattler weislich genug, als hätte er ihr Gebrechen gewusst, mit einer besondern Gabel hierzu versehen hatte.

Voll Angst, als würden beide jeden Augenblick unter meinen Füßen liegen, tat ich jeden Schritt furchtsam und verzagt.

Jetzt wandte sich der Weg um eine Ecke, und ich hielt das Herabfallen beider für unvermeidlich; aber auch hier erhielt sie ihr schützender Genius in Verbindung mit den festen Zügeln und dem Sattelknopf des prophetischen Sattlers.

Unbegreiflich war mir das Glück, das über diese beiden Personen waltete; viel gefahrloser, hätte ich geglaubt, könnte man mit Daniel in der Löwengrube, viel sicherer vor Verletzung mit den drei Männern im Feuerofen sein, und auf Elias Mantel in die Luft fahren, als mit einem Beine und dem bösen Wesen reiten.

Doch nur ein so williges und folgsames Pferd als du bist, setzte ich mir selbst schmeichelnd hinzu, gehört zu einem solchen tollkühnen Ritt, bei welchem das Pferd ganz außer der Gewalt des Reiters, sich selbst überlassen, seinen Weg ruhig fortgehen muss; ein einziger Seitensprung und beide wären verloren gewesen. Aber solche scheulose und verständige Pferde findet man nur selten, und unter das größte Glück von beiden, ich sehe es jetzt ein, schloss ich, von meinen Vorzügen aufgebläht genug, diese Bemerkungen, gehört bei ihnen mein Besitz.