Niccolo (1206-1280) und Giovanni (1250-1328). Italienische Bildhauer
Niccolo geboren um 1206 in Apulia bei Pisa oder in Süditalien, gestorben 1280 in Pisa, Giovanni geboren um 1250 zu Pisa, gestorben um 1328 daselbst.
Haben wir bei der Lebensbeschreibung des Cimabue von der Zeichen- und Malerkunst geredet, so wollen wir hier bei den Pisanern Niccolo und Giovanni einiges von der Bildhauerkunst und von den bedeutenden Gebäuden sagen, welche jene beiden errichteten. Ihre Skulpturen und Bauwerke verdienen sicher nicht nur als groß und prächtig, sondern auch als sehr wohlgeordnet gerühmt zu werden, da sie bei ihren Marmorarbeiten und Bauten zum großen Teil jene plumpe und verhältnislose griechische Manier beseitigten, mehr Erfindung in den Kompositionen zeigten, und den Figuren bessere Stellungen gaben.
Der Pisaner Niccolo arbeitete unter einigen griechischen Bildhauern, welche die Figuren und Ornamente des Domes von Pisa und der Kapelle S. Giovanni verfertigten. Nun waren unter den vielen antiken Marmortrümmern, welche das Kriegsheer der Pisaner erbeutet hatte, einige Marmorsärge, die noch jetzt im Campo Santo jener Stadt sind, darunter einer vor allen köstlich, an welchem man die Jagd des Meleager auf den calydonischen Eber in sehr schöner Weise ausgehauen sah; denn Zeichnung und Ausführung der nackten Gestalten sowohl, als der bekleideten, waren daran aufs vollkommenste und mit großer Kunstfertigkeit gearbeitet.
Niccolo beachtete die Schönheit dieses Werkes, und da es ihm vor allen wohlgefiel, wandte er großes Studium und viel Fleiß auf, diese und einige andere gute Skulpturen jener antiken Marmorsärge nachzuahmen, wodurch er bald als der beste Bildhauer seiner Zeit gerühmt wurde. Denn seit dem Tode Arnolfos hatte in Toskana kein Bildhauer in Ansehen gestanden. Niccolo jedoch ward im Jahre 1225 nach Bologna berufen, als der heilige Dominikus von Calaruega, der Stifter des Ordens der Prädikantenmönche, gestorben war, um das Grabmal jenes Heiligen in Marmor zu arbeiten. Er kam mit denen überein, welche es errichten ließen, brachte viele Figuren dabei an, wie man dies noch heute sieht, und vollendete es im Jahre 1231 zu seinem großen Ruhme, denn es galt für etwas sehr Seltenes und für die beste Bildhauerarbeit, welche bis dahin ausgeführt worden war. Außerdem verfertigte Niccolo das Modell jener Kirche und eines großen Teiles des Klosters. Als er aber nach Toskana zurückgekehrt war, vernahm er, Fuccio habe Florenz verlassen, sei in den Tagen, in welchen Honorius den Kaiser Friedrich zu Rom krönte, nach dieser Stadt gegangen, und endlich von Rom mit Friedrich nach Neapel gezogen, wo er das Kastell Capoano vollendete, welches jetzt die Vicaria genannt wird und für sämtliche Tribunale des Reiches eingerichtet ist. Ebenso brachte Fuccio den Bau von Kastell dell' Uovo zu Ende, gründete die Türme und erbaute die Tore über den Fluss Volturno für die Stadt Capua , richtete bei Gravina einen Tiergarten, mit einer Mauer umschlossen, zum Vogelfang ein, zu Melfi einen anderen für die Winterjagd und arbeitete außerdem noch viele Dinge, welche der Kürze wegen nicht aufgezählt werden können. Niccolo, der sich während dieser Zeit in Florenz aufhielt, übte sich nicht nur in der Bildhauerkunst, sondern er studierte auch die Baukunst immer mehr an den Gebäuden, welche damals mit erträglich guter Zeichnung in ganz Italien, und vornehmlich in Toskana, aufgeführt wurden. Er verfertigte an der Vorderwand der Kirche S. Martino zu Lucca unter dem Forticus, über der kleinen Türe, linker Hand, wenn man in die Kirche kommt, einen Christus, der vom Kreuz genommen ist, in halberhabener Arbeit aus Marmor. An diesem Werke voll Figuren, die mit vielem Fleiß gearbeitet sind, durchbrach er den Marmor und vollendete das Ganze in solcher Weise, dass er denen, welche früher diese Kunst mit großer Mühseligkeit getrieben hatten, Hoffnung gab, es werde bald ein Künstler kommen, der bei größerer Fertigkeit sie noch mehr fördern würde. Im Jahre 1240 entwarf Niccolo den Plan zu der Kirche S. Jacopo zu Pistoja, und ließ dort einige toskanische Meister den Bogen der Nische in Mosaik arbeiten, der, obschon er damals für etwas sehr Mühseliges und Kostbares galt, bei uns heutigentags doch eher Lachen und Mitleid, als Bewunderung erweckt, um so mehr, als ein solches Durcheinander, welches vom Mangel der Zeichenkunst herrührte, nicht nur in Toskana, sondern in ganz Italien gewöhnlich war, wo viele Gebäude und andere Dinge, die ohne Geschick und ohne Zeichnung ausgeführt worden sind, einen Beweis von der Geistesarmut und zugleich von dem ungeheueren Reichtum der Menschen jenes Zeitalters geben, die ihr Geld schlecht verwendeten, weil kein Meister lebte, der irgend etwas wohl zumachen verstand.
Zur Zeit Niccolos hatten die Florentiner angefangen, viele Türme niederzureißen, die vordem nach barbarischer Weise in der ganzen Stadt erbaut worden waren, damit das Volk weniger von den Streitigkeiten und Händeln leiden möchte, die zwischen Guelfen und Ghibellinen häufig vorkamen, oder auch zu größerer öffentlicher Sicherheit; und es schien ihnen, als müsse es sehr schwer sein, den Turm Guardamorto, der auf dem Platze S. Giovanni stand, zu zerstören, weil bei seiner großen Höhe die Mauern zu großes Gewicht hatten, als dass man ihn hätte mit Spitzhauen abbrechen können. Niccolo jedoch ließ den Turm auf einer Seite am Fuße durchschneiden und mit Balken stützen, die eine und eine halbe Elle lang waren; diese Balken wurden angezündet, und als das Feuer sie zerstört hatte , stürzte der Turm fast ganz in sich selbst zusammen; ein Mittel, welches als sehr sinnreich und nützlich erkannt wurde und später also in Gebrauch gekommen ist, dass, wenn es nottut, dadurch jedes Gebäude in kurzer Zeit leicht eingerissen wird. Unterdessen beriefen die Volteraner, die den Florentinern Untertan geworden waren, im Jahre 1254 den Niccolo, um ihren Dom zu vergrößern, der sehr klein war, und trotz der Unregelmäßigkeit des Gebäudes gab er ihm doch eine bessere Gestalt und reichere Verzierungen, als es zuvor gehabt hatte. Darauf aber kehrte er nach Pisa zurück, und arbeitete dort die Kanzel von S. Giovanni in Marmor, wobei er großen Fleiß aufwandte, um seinem Vaterlande ein ehrenvolles Gedächtnis von sich zu hinterlassen. Unter anderem stellte er darauf das Weltgericht dar, und brachte dabei eine Menge Figuren an, die, wenn auch in der Zeichnung nicht vollkommen, doch, wie man sehen kann, mit unendlichem Fleiße und großer Geduld ausgeführt sind. Und weil ihm mit Recht schien, als habe er ein lobenswertes Werk vollbracht, grub er unten die folgenden Worte ein:
Anno milleno bis centum bisque trideno
Hoc opus insigne sculpsit Niecola Pisanus.
Diese Arbeit, welche nicht nur den Pisanern, sondern allen, die sie sahen, sehr wohl gefiel, gab Veranlassung, dass die Sieneser zur Zeit, in welcher Guglielmo Mariscotti Prätor war, dem Niccolo die Fertigung einer Kanzel ihres Domes übertrugen, von welcher das Evangelium gesungen wird. Niccolo stellte darauf vieles aus dem Leben Christi dar, und brachte dabei eine Menge Figuren an, die er mit großer Schwierigkeit ringsum vom Marmor freistehend arbeitete, wodurch er sich vielen Ruhm erwarb.
Niccolo hatte unter anderen Kindern auch einen Sohn, welcher Giovanni hieß. Dieser lernte von seinem Vater, da er immer um ihn war, die Bildhauer- und Baukunst und ward so nach wenigen Jahren nicht nur dem Vater gleich, sondern übertraf ihn noch in manchen Dingen, weshalb Niccolo, der schon alt war, sich nach Pisa zurückzog, daselbst ruhig lebte und die Aufsicht über alle Arbeiten dem Sohne überließ.
Als daher Papst Urban IV. zu Perugia starb, sandte man nach Giovanni, der dorthin ging und das Grabmal jenes Papstes in Marmor arbeitete, welches später als die Perugianer ihre bischöfliche Kirche vergrößerten, zugleich mit dem Grabmal von Papst Martin IV. so zerstört ward, dass man nur noch einige Überreste Giovanni davon in der Kirche zerstreut sieht. Giovanni gedachte, als dieses Werk vollendet war, nach Pisa zurückzukehren, weil er sich nach seinem Vater sehnte, der alt und überdem noch krank war; als er aber durch Florenz kam, musste er sich dort aufhalten, um beim Bauen der Mühlen am Flusse Arno zu helfen, welche bei S. Gregorio neben der Piazza de' Mozzi eingerichtet wurden. Da erhielt er die Nachricht, sein Vater sei gestorben, und ging nach Pisa, wo er um seiner Vorzüge willen von der ganzen Stadt ehrenvoll empfangen ward. Ein jeder freute sich, dass Niccolo in seinem Sohne Giovanni einen Erben seines Talentes und seiner Geschicklichkeit hinterlassen hatte; und als sich bald Gelegenheit fand, diese zu erproben, zeigte sich, dass man eine richtige Meinung von ihm gefasst hatte; denn als ihm in der kleinen, aber sehr reich geschmückten Kirche Santa Maria della Spina einiges übertragen wurde, legte er Hand an dieses Werk, indem er einige von seinen Schülern zur Hilfe nahm, und brachte die Auszierung dieser Kapelle zu der Vollkommenheit, wie man sie jetzt noch sieht. Eine Arbeit, welche damals für sehr wunderbar gehalten werden musste, um so mehr, als er in einer der Figuren das Bildnis seines Vaters angebracht hatte, so gut er es auszuführen vermochte. Als dieses die Pisaner sahen, welche schon lange vorher gedacht und auch beredet hatten, für alle Bewohner der Stadt, für die Vornehmen sowohl, als für die Geringen, einen allgemeinen Begräbnisplatz einzurichten, damit nicht zu viele im Dom beigesetzt werden möchten, oder aus sonst einem Grunde, übertrugen sie Giovanni die Erbauung des Campo Santo, welcher auf dem Domplatz, gegen die Mauer zusteht. Er verfertigte eine gute Zeichnung, und führte es nach dieser mit vieler Einsicht in der Weise und Größe und mit den Marmorverzierungen aus, wie man es noch heutigentags sieht.
Im Jahre 1303 war der Kardinal Niccolo von Prato als Gesandter des Papstes in Florenz, um die Zwistigkeiten der Florentiner auszugleichen. Dieser trug ihm auf, in Prato ein Nonnenkloster zu bauen, welches nach seinem Namen S. Niccolo genannt wurde, und ließ ihn ebendaselbst das Kloster San Domenico, sowie das Kloster gleichen Namens in Pistoja herstellen, in welchen beiden man noch das Wappen jenes Kardinals sieht. Die Einwohner von Pistoja aber, welche das Andenken Niccolos, Giovannis Vater, sehr verehrten, um der vielen schönen Arbeiten willen, die er zur Zierde ihrer Stadt verfertigt hatte, gaben Giovanni den Auftrag, für die Kirche S. Andrea eine Kanzel in Marmor zu arbeiten, der ähnlich, welche jener im Dome von Siena gebaut hatte, und wetteifernd mit einer anderen, die kurz zuvor in der Kirche des heil. Johannes, des Evangelisten, von einem Deutschen mit vielem Ruhme verfertigt worden war. Giovanni vollendete in vier Jahren dies Werk, bei welchem er in fünf Abteilungen Begebenheiten aus dem Leben Jesu darstellte, und ein Weltgericht anbrachte, welches er mit allem Fleiße arbeitete, um es so gut oder wohl noch besser zu machen, als jenes damals weit berühmte zu Orvieto. Zur selben Zeit arbeitete Giovanni in der nämlichen Stadt für die Kirche des heil. Johannes, des Evangelisten, ein Weihwasserbecken in Marmor. Dieses wird von drei Figuren, der Mäßigkeit, der Klugheit und der Gerechtigkeit, getragen, und man stellte es als ein Werk von seltener Schönheit in der Mitte jener Kirche auf. Er kehrte dann nach Pisa zurück, und dort ließ ihn der Kirchen-Vorsteher Nello di Giovanni Falconi im Dome die große Kanzel bauen, die, wenn man nach dem Hauptaltare zugeht, rechter Hand am Chore befestigt ist. Er fing dies Werk an, arbeitete viele runde Figuren drei Ellen hoch, welche sie zu tragen bestimmt waren, und gab dem Ganzen nach und nach seine nunmehrige Gestalt, indem er es zum Teil auf jene Figuren, zum Teil auf einige Säulen stützte, welche auf Löwen ruhen. Auf den Wänden stellte er einiges aus dem Leben Jesu dar. Es ist fürwahr zu beklagen, dass so vielen Kosten, Mühe und Fleiß nicht eine gute Zeichnung zu Hilfe kam, dass weder Erfindung, noch Anmut, noch eine irgend gute Manier dieses Werk zieren und ihm jene Vollkommenheit geben, welche in unseren Tagen, bei weit geringerem Aufwand von Geld und Mühe, jede Arbeit erreichen würde. Dessenungeachtet musste dieses Werk den Menschen jener Zeit, welche gewohnt waren, nur grobe Arbeiten zu sehen, als ein nicht geringes Wunder erscheinen. Es wurde im Jahre 1320 vollendet
In der alten Dechanei von Prato hatte man eine lange Reihe von Jahren unter dem Altar der Hauptkapelle den Gürtel der Mutter Gottes verwahrt, den Michael aus Prato im Jahre 1141, als er vom Heiligen Lande zurückkehrte, seinem Vaterlande geschenkt, und dem Umberto, Propste jener Dechanei, übergeben hatte, wo man ihn immer sehr in Ehren hielt. Diesen Gürtel wollte im Jahre 1312 ein Prateser, ein nichtswürdiger Mensch, der fast ein zweiter Ser Ciappelletto war, entwenden; er wurde auf der Tat ertappt und von den Gerichten als Kirchenräuber zum Tode verdammt; die Prateser aber beschlossen auf diese Veranlassung hin den Gürtel an einem sicheren Orte besser zu verwahren. Deshalb ließen sie Giovanni kommen, der schon sehr alt war, und erbauten nach seinem Rat in der Hauptkirche eine Kapelle, in welcher nun der Gürtel der Madonna aufgehoben wird. Auch vergrößerten sie nach seiner Angabe die Kirche um vieles, und verkleideten Kirche und Turm außen mit weißem und schwarzem Marmor, wie man dieses noch jetzt sehen kann. Endlich im Jahre 1320 starb Giovanni in hohem Alter, nachdem er außer den schon genannten noch eine Menge Skulpturen und Bauwerke ausgeführt hatte; und in Wahrheit verdanken wir ihm und seinem Vater Niccolo sehr vieles, da sie zu einer Zeit, in welcher gute Zeichnung nirgends zu finden war, nicht wenig beitrugen, die Kunst zu vervollkommnen, in der sie nach dem damaligen Stande der Dinge sehr ausgezeichnet und vorzüglich waren. Giovanni wurde im Campo Santo in derselben Gruft, in welcher sein Vater beigesetzt war, ehrenvoll begraben.
Niemand darf es verwundern, dass Niccolo und Giovanni so viele Werke zustande brachten, denn sie erreichten nicht nur ein sehr hohes Alter, sondern wurden auch als die ersten Meister in ganz Europa bei jedem Unternehmen von Wichtigkeit zugezogen.
Haben wir bei der Lebensbeschreibung des Cimabue von der Zeichen- und Malerkunst geredet, so wollen wir hier bei den Pisanern Niccolo und Giovanni einiges von der Bildhauerkunst und von den bedeutenden Gebäuden sagen, welche jene beiden errichteten. Ihre Skulpturen und Bauwerke verdienen sicher nicht nur als groß und prächtig, sondern auch als sehr wohlgeordnet gerühmt zu werden, da sie bei ihren Marmorarbeiten und Bauten zum großen Teil jene plumpe und verhältnislose griechische Manier beseitigten, mehr Erfindung in den Kompositionen zeigten, und den Figuren bessere Stellungen gaben.
Der Pisaner Niccolo arbeitete unter einigen griechischen Bildhauern, welche die Figuren und Ornamente des Domes von Pisa und der Kapelle S. Giovanni verfertigten. Nun waren unter den vielen antiken Marmortrümmern, welche das Kriegsheer der Pisaner erbeutet hatte, einige Marmorsärge, die noch jetzt im Campo Santo jener Stadt sind, darunter einer vor allen köstlich, an welchem man die Jagd des Meleager auf den calydonischen Eber in sehr schöner Weise ausgehauen sah; denn Zeichnung und Ausführung der nackten Gestalten sowohl, als der bekleideten, waren daran aufs vollkommenste und mit großer Kunstfertigkeit gearbeitet.
Niccolo beachtete die Schönheit dieses Werkes, und da es ihm vor allen wohlgefiel, wandte er großes Studium und viel Fleiß auf, diese und einige andere gute Skulpturen jener antiken Marmorsärge nachzuahmen, wodurch er bald als der beste Bildhauer seiner Zeit gerühmt wurde. Denn seit dem Tode Arnolfos hatte in Toskana kein Bildhauer in Ansehen gestanden. Niccolo jedoch ward im Jahre 1225 nach Bologna berufen, als der heilige Dominikus von Calaruega, der Stifter des Ordens der Prädikantenmönche, gestorben war, um das Grabmal jenes Heiligen in Marmor zu arbeiten. Er kam mit denen überein, welche es errichten ließen, brachte viele Figuren dabei an, wie man dies noch heute sieht, und vollendete es im Jahre 1231 zu seinem großen Ruhme, denn es galt für etwas sehr Seltenes und für die beste Bildhauerarbeit, welche bis dahin ausgeführt worden war. Außerdem verfertigte Niccolo das Modell jener Kirche und eines großen Teiles des Klosters. Als er aber nach Toskana zurückgekehrt war, vernahm er, Fuccio habe Florenz verlassen, sei in den Tagen, in welchen Honorius den Kaiser Friedrich zu Rom krönte, nach dieser Stadt gegangen, und endlich von Rom mit Friedrich nach Neapel gezogen, wo er das Kastell Capoano vollendete, welches jetzt die Vicaria genannt wird und für sämtliche Tribunale des Reiches eingerichtet ist. Ebenso brachte Fuccio den Bau von Kastell dell' Uovo zu Ende, gründete die Türme und erbaute die Tore über den Fluss Volturno für die Stadt Capua , richtete bei Gravina einen Tiergarten, mit einer Mauer umschlossen, zum Vogelfang ein, zu Melfi einen anderen für die Winterjagd und arbeitete außerdem noch viele Dinge, welche der Kürze wegen nicht aufgezählt werden können. Niccolo, der sich während dieser Zeit in Florenz aufhielt, übte sich nicht nur in der Bildhauerkunst, sondern er studierte auch die Baukunst immer mehr an den Gebäuden, welche damals mit erträglich guter Zeichnung in ganz Italien, und vornehmlich in Toskana, aufgeführt wurden. Er verfertigte an der Vorderwand der Kirche S. Martino zu Lucca unter dem Forticus, über der kleinen Türe, linker Hand, wenn man in die Kirche kommt, einen Christus, der vom Kreuz genommen ist, in halberhabener Arbeit aus Marmor. An diesem Werke voll Figuren, die mit vielem Fleiß gearbeitet sind, durchbrach er den Marmor und vollendete das Ganze in solcher Weise, dass er denen, welche früher diese Kunst mit großer Mühseligkeit getrieben hatten, Hoffnung gab, es werde bald ein Künstler kommen, der bei größerer Fertigkeit sie noch mehr fördern würde. Im Jahre 1240 entwarf Niccolo den Plan zu der Kirche S. Jacopo zu Pistoja, und ließ dort einige toskanische Meister den Bogen der Nische in Mosaik arbeiten, der, obschon er damals für etwas sehr Mühseliges und Kostbares galt, bei uns heutigentags doch eher Lachen und Mitleid, als Bewunderung erweckt, um so mehr, als ein solches Durcheinander, welches vom Mangel der Zeichenkunst herrührte, nicht nur in Toskana, sondern in ganz Italien gewöhnlich war, wo viele Gebäude und andere Dinge, die ohne Geschick und ohne Zeichnung ausgeführt worden sind, einen Beweis von der Geistesarmut und zugleich von dem ungeheueren Reichtum der Menschen jenes Zeitalters geben, die ihr Geld schlecht verwendeten, weil kein Meister lebte, der irgend etwas wohl zumachen verstand.
Zur Zeit Niccolos hatten die Florentiner angefangen, viele Türme niederzureißen, die vordem nach barbarischer Weise in der ganzen Stadt erbaut worden waren, damit das Volk weniger von den Streitigkeiten und Händeln leiden möchte, die zwischen Guelfen und Ghibellinen häufig vorkamen, oder auch zu größerer öffentlicher Sicherheit; und es schien ihnen, als müsse es sehr schwer sein, den Turm Guardamorto, der auf dem Platze S. Giovanni stand, zu zerstören, weil bei seiner großen Höhe die Mauern zu großes Gewicht hatten, als dass man ihn hätte mit Spitzhauen abbrechen können. Niccolo jedoch ließ den Turm auf einer Seite am Fuße durchschneiden und mit Balken stützen, die eine und eine halbe Elle lang waren; diese Balken wurden angezündet, und als das Feuer sie zerstört hatte , stürzte der Turm fast ganz in sich selbst zusammen; ein Mittel, welches als sehr sinnreich und nützlich erkannt wurde und später also in Gebrauch gekommen ist, dass, wenn es nottut, dadurch jedes Gebäude in kurzer Zeit leicht eingerissen wird. Unterdessen beriefen die Volteraner, die den Florentinern Untertan geworden waren, im Jahre 1254 den Niccolo, um ihren Dom zu vergrößern, der sehr klein war, und trotz der Unregelmäßigkeit des Gebäudes gab er ihm doch eine bessere Gestalt und reichere Verzierungen, als es zuvor gehabt hatte. Darauf aber kehrte er nach Pisa zurück, und arbeitete dort die Kanzel von S. Giovanni in Marmor, wobei er großen Fleiß aufwandte, um seinem Vaterlande ein ehrenvolles Gedächtnis von sich zu hinterlassen. Unter anderem stellte er darauf das Weltgericht dar, und brachte dabei eine Menge Figuren an, die, wenn auch in der Zeichnung nicht vollkommen, doch, wie man sehen kann, mit unendlichem Fleiße und großer Geduld ausgeführt sind. Und weil ihm mit Recht schien, als habe er ein lobenswertes Werk vollbracht, grub er unten die folgenden Worte ein:
Anno milleno bis centum bisque trideno
Hoc opus insigne sculpsit Niecola Pisanus.
Diese Arbeit, welche nicht nur den Pisanern, sondern allen, die sie sahen, sehr wohl gefiel, gab Veranlassung, dass die Sieneser zur Zeit, in welcher Guglielmo Mariscotti Prätor war, dem Niccolo die Fertigung einer Kanzel ihres Domes übertrugen, von welcher das Evangelium gesungen wird. Niccolo stellte darauf vieles aus dem Leben Christi dar, und brachte dabei eine Menge Figuren an, die er mit großer Schwierigkeit ringsum vom Marmor freistehend arbeitete, wodurch er sich vielen Ruhm erwarb.
Niccolo hatte unter anderen Kindern auch einen Sohn, welcher Giovanni hieß. Dieser lernte von seinem Vater, da er immer um ihn war, die Bildhauer- und Baukunst und ward so nach wenigen Jahren nicht nur dem Vater gleich, sondern übertraf ihn noch in manchen Dingen, weshalb Niccolo, der schon alt war, sich nach Pisa zurückzog, daselbst ruhig lebte und die Aufsicht über alle Arbeiten dem Sohne überließ.
Als daher Papst Urban IV. zu Perugia starb, sandte man nach Giovanni, der dorthin ging und das Grabmal jenes Papstes in Marmor arbeitete, welches später als die Perugianer ihre bischöfliche Kirche vergrößerten, zugleich mit dem Grabmal von Papst Martin IV. so zerstört ward, dass man nur noch einige Überreste Giovanni davon in der Kirche zerstreut sieht. Giovanni gedachte, als dieses Werk vollendet war, nach Pisa zurückzukehren, weil er sich nach seinem Vater sehnte, der alt und überdem noch krank war; als er aber durch Florenz kam, musste er sich dort aufhalten, um beim Bauen der Mühlen am Flusse Arno zu helfen, welche bei S. Gregorio neben der Piazza de' Mozzi eingerichtet wurden. Da erhielt er die Nachricht, sein Vater sei gestorben, und ging nach Pisa, wo er um seiner Vorzüge willen von der ganzen Stadt ehrenvoll empfangen ward. Ein jeder freute sich, dass Niccolo in seinem Sohne Giovanni einen Erben seines Talentes und seiner Geschicklichkeit hinterlassen hatte; und als sich bald Gelegenheit fand, diese zu erproben, zeigte sich, dass man eine richtige Meinung von ihm gefasst hatte; denn als ihm in der kleinen, aber sehr reich geschmückten Kirche Santa Maria della Spina einiges übertragen wurde, legte er Hand an dieses Werk, indem er einige von seinen Schülern zur Hilfe nahm, und brachte die Auszierung dieser Kapelle zu der Vollkommenheit, wie man sie jetzt noch sieht. Eine Arbeit, welche damals für sehr wunderbar gehalten werden musste, um so mehr, als er in einer der Figuren das Bildnis seines Vaters angebracht hatte, so gut er es auszuführen vermochte. Als dieses die Pisaner sahen, welche schon lange vorher gedacht und auch beredet hatten, für alle Bewohner der Stadt, für die Vornehmen sowohl, als für die Geringen, einen allgemeinen Begräbnisplatz einzurichten, damit nicht zu viele im Dom beigesetzt werden möchten, oder aus sonst einem Grunde, übertrugen sie Giovanni die Erbauung des Campo Santo, welcher auf dem Domplatz, gegen die Mauer zusteht. Er verfertigte eine gute Zeichnung, und führte es nach dieser mit vieler Einsicht in der Weise und Größe und mit den Marmorverzierungen aus, wie man es noch heutigentags sieht.
Im Jahre 1303 war der Kardinal Niccolo von Prato als Gesandter des Papstes in Florenz, um die Zwistigkeiten der Florentiner auszugleichen. Dieser trug ihm auf, in Prato ein Nonnenkloster zu bauen, welches nach seinem Namen S. Niccolo genannt wurde, und ließ ihn ebendaselbst das Kloster San Domenico, sowie das Kloster gleichen Namens in Pistoja herstellen, in welchen beiden man noch das Wappen jenes Kardinals sieht. Die Einwohner von Pistoja aber, welche das Andenken Niccolos, Giovannis Vater, sehr verehrten, um der vielen schönen Arbeiten willen, die er zur Zierde ihrer Stadt verfertigt hatte, gaben Giovanni den Auftrag, für die Kirche S. Andrea eine Kanzel in Marmor zu arbeiten, der ähnlich, welche jener im Dome von Siena gebaut hatte, und wetteifernd mit einer anderen, die kurz zuvor in der Kirche des heil. Johannes, des Evangelisten, von einem Deutschen mit vielem Ruhme verfertigt worden war. Giovanni vollendete in vier Jahren dies Werk, bei welchem er in fünf Abteilungen Begebenheiten aus dem Leben Jesu darstellte, und ein Weltgericht anbrachte, welches er mit allem Fleiße arbeitete, um es so gut oder wohl noch besser zu machen, als jenes damals weit berühmte zu Orvieto. Zur selben Zeit arbeitete Giovanni in der nämlichen Stadt für die Kirche des heil. Johannes, des Evangelisten, ein Weihwasserbecken in Marmor. Dieses wird von drei Figuren, der Mäßigkeit, der Klugheit und der Gerechtigkeit, getragen, und man stellte es als ein Werk von seltener Schönheit in der Mitte jener Kirche auf. Er kehrte dann nach Pisa zurück, und dort ließ ihn der Kirchen-Vorsteher Nello di Giovanni Falconi im Dome die große Kanzel bauen, die, wenn man nach dem Hauptaltare zugeht, rechter Hand am Chore befestigt ist. Er fing dies Werk an, arbeitete viele runde Figuren drei Ellen hoch, welche sie zu tragen bestimmt waren, und gab dem Ganzen nach und nach seine nunmehrige Gestalt, indem er es zum Teil auf jene Figuren, zum Teil auf einige Säulen stützte, welche auf Löwen ruhen. Auf den Wänden stellte er einiges aus dem Leben Jesu dar. Es ist fürwahr zu beklagen, dass so vielen Kosten, Mühe und Fleiß nicht eine gute Zeichnung zu Hilfe kam, dass weder Erfindung, noch Anmut, noch eine irgend gute Manier dieses Werk zieren und ihm jene Vollkommenheit geben, welche in unseren Tagen, bei weit geringerem Aufwand von Geld und Mühe, jede Arbeit erreichen würde. Dessenungeachtet musste dieses Werk den Menschen jener Zeit, welche gewohnt waren, nur grobe Arbeiten zu sehen, als ein nicht geringes Wunder erscheinen. Es wurde im Jahre 1320 vollendet
In der alten Dechanei von Prato hatte man eine lange Reihe von Jahren unter dem Altar der Hauptkapelle den Gürtel der Mutter Gottes verwahrt, den Michael aus Prato im Jahre 1141, als er vom Heiligen Lande zurückkehrte, seinem Vaterlande geschenkt, und dem Umberto, Propste jener Dechanei, übergeben hatte, wo man ihn immer sehr in Ehren hielt. Diesen Gürtel wollte im Jahre 1312 ein Prateser, ein nichtswürdiger Mensch, der fast ein zweiter Ser Ciappelletto war, entwenden; er wurde auf der Tat ertappt und von den Gerichten als Kirchenräuber zum Tode verdammt; die Prateser aber beschlossen auf diese Veranlassung hin den Gürtel an einem sicheren Orte besser zu verwahren. Deshalb ließen sie Giovanni kommen, der schon sehr alt war, und erbauten nach seinem Rat in der Hauptkirche eine Kapelle, in welcher nun der Gürtel der Madonna aufgehoben wird. Auch vergrößerten sie nach seiner Angabe die Kirche um vieles, und verkleideten Kirche und Turm außen mit weißem und schwarzem Marmor, wie man dieses noch jetzt sehen kann. Endlich im Jahre 1320 starb Giovanni in hohem Alter, nachdem er außer den schon genannten noch eine Menge Skulpturen und Bauwerke ausgeführt hatte; und in Wahrheit verdanken wir ihm und seinem Vater Niccolo sehr vieles, da sie zu einer Zeit, in welcher gute Zeichnung nirgends zu finden war, nicht wenig beitrugen, die Kunst zu vervollkommnen, in der sie nach dem damaligen Stande der Dinge sehr ausgezeichnet und vorzüglich waren. Giovanni wurde im Campo Santo in derselben Gruft, in welcher sein Vater beigesetzt war, ehrenvoll begraben.
Niemand darf es verwundern, dass Niccolo und Giovanni so viele Werke zustande brachten, denn sie erreichten nicht nur ein sehr hohes Alter, sondern wurden auch als die ersten Meister in ganz Europa bei jedem Unternehmen von Wichtigkeit zugezogen.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Lebensbeschreibungen der ausgezeichnetsten Maler, Bildhauer und Architekten der Renaissance