Die Geschichte eines weiblichen Räubers.

„Ich kann Ihnen, mein Herr, Ihre Bitte nicht abschlagen, seitdem wir eine Freundschaft geschlossen zu haben scheinen, die, wie ich hoffe, uns beiden zum Vorrtheile gereichen wird. Ich bin die Tochter eines Schwerdtfegers; in meiner Jugend wollte mich meine Mutter an die Nadel gewöhnen, aber mein kriegerischer Geist war allen solchen Zuredungen entgegen. Ich konnte es nie leiden unter den Gerätschaften der Küche zu seyn, sondern hielt mich beständig in meines Vaters Laden auf und fand ein außerordentliches Vergnügen an der Führung kriegerischer Werkzeuge, die er verfertigte; einen scharfen und schön bechlagenen Degen in die Hand zu nehmen und ihn zu schwingen, das war mein Hauptvergnügen. Als ich ungefähr 12Jahr alt war, sann ich auf alle Art und Weise nach, wie ich die Bekanntschaft eines Fechtmeisters machen könnte. Die Zeit gewährte mir meinen Wunsch, denn es kam Einer in meines Vaters Laden, um eine Klinge polirt zu haben und zufälliger Weise war niemand da, der sein Verlangen befriedigen konnte als ich. Nachdem ich die verlangte Antwort gegeben hatte, ob er sie schon nicht von mir erwartete, fragte ich ihn unter Andern, ob er nicht ein Professor der schönen Kunst der Selbstvertheidigung sey? Ich schlösse dies aus seinen Stellungen, Blicken und Ausdrücken. Er antwortete, ja! und ich sagte zu ihm, daß ich mich über seine Bekanntschaft freue und ihn bitte, mich im Fechten zu unterrichten, aber ich ersuche ihn zugleich, niemand etwas davon zu sagen. Anfänglich schien er über meinen Vorschlag erstaunt zu seyn, aber als er sah, daß ich ernstlich dazu entschlossen war, gewährte er meine Bitte und bestimmte eine Zeit, die er mir widmen könne. In kurzem war ich so im Fechten geübt, daß ich seines Beistandes nicht weiter bedurfte und meine Eltern erfuhren nie ein Wort davon:

„Ich will nichts davon sagen, was für Heldentaten ich mit Hülfe meiner Verkleidung gethan habe, sondern Ihnen bloß erzählen, daß mich im fünfzehnten Jahre ein Wirth heirathete und mich mit aufs Land nahm. Zwei Jahre lang lebten wir friedlich und wohlbehaglich mit einander, allein endlich forderte der heftige und gebieterische Charakter meines Mannes mich zum Widerstande heraus. Selten verging eine Woche, wo wir nicht einen Kampf mit einander hatten, der besonders für den Kopf des armen Wirths blutig ausfiel; die klaffenden Wunden unserer Unzufriedenheit wurden nicht leicht heil; ja sie wurden einigermaßen unheilbar. Ich hatte nicht viel Liebe zu ihm, weil er ein Mann von einer niederträchtigen und feigherzigen Denkart war. Mein Leben wurde mir unerträglich und ich faßte den Entschluß, gelegentlich eine Börse zu borgen. Ich hielt mich für sicher genug, wenn ich nicht auf der That ertappt würde; denn wer konnte wohl errathen, daß ich ein Räuber sey da ich außer dem Hause Mannskeider trug und zu Hause in Weibertracht erschien? Außerdem konnte sich niemand besser Nachricht verschaffen, oder hatte bessere Gelegenheiten als ich; denn da ich ein Wirthshaus hielt, wer konnte wohl besser wissen als ich, was die Gäste bei sich hatten?


Es fehlte mir nicht an Herz, was sollte mich also abhalten, solche Unternehmungen zu wagend Bald verschaffte ich mir die nöthigen Kleider, brachte meinen Vorsatz zur Ausführung und setzte mein Gewerbe mit großem Erfolge fort, da mir bis jetzt nichts mißlungen ist. Statt zu Markte zu reiten oder fünf bis sechs Meilen weit wegen eines Geschäften zu gehen, welches der gewöhnliche Vorwand war den ich gegen meinen Mann brauchte, schlug ich, sobald ich außer dem Gesichte war, den Weg nach dem Hause ein, wo wir jetzt sind und wo ich mich umkleidete und mich auf die Heerstraße machte, um Beute zu suchen. Es dauerte nicht lange, als mein Mann hundert Pf. St. bekommen sollte, die man ihm ungefähr zwanzig Meilen von unterm Ort weg schuldig war; er bestimmte einen Tag, wo er sie holen wollte. Ich freuete mich über diese Nachricht und beschloß mich an ihm wegen der Beleidigungen zu rächen, die er sich gegen mich erlaubt hatte. Ich kannte genau den Weg, den er nehmen werde und wußte die Zeit seiner Zurückkunft. Ich lauerte ihm auf und durfte nicht über drei Stunden lang warten, allein m ein Herr und Geister erschien und sich höchlich über seinen schweren Beitel freuete; allein ich verwandelte seine Freude bald in bittere Klagen über sein Mißgeschick. Ich ließ ihn gehen, folgte ihm sogleich nach und war ihm eine bis zwei Meilen weit immer auf dem Fuße und als ich fand, daß alles rein war, ritt ich auf ihn los, fiel ihm in den Zügel, hielt ihm ein Pistol auf die Brust und verlangte in einem barschen Tone sein Geld, wenn er nicht ein Kind des Todes seyn wolle. Dieser gebieterische Herr erschrak so darüber, daß er mehr wie ein Gespenst, denn als ein menschliches Wesen aussah: „Schnell, Herr!“ sage ich, allein der Schrecken hatte ihm alle Besinnung geraubt; doch brachte ich ihn bald mit zwei Hieben mit der flachen Säbelklinge zurück, und er gab mir sein Geld. Ich versetzte ihm noch einige Hiebe, und entließ ihn mit den Worten: „Nun, Schuft! hütet euch ja, daß ihr kein Weib wieder schlagt, ich meine eure Frau; denn niemand als der, der nicht mit einem Manne zu fechten wagt, hebt seine Hand gegen das schwächere Werkzeug auf. Seht euch ja vor; ich werde euch verfolgen, wo ihr auch seyn mögt. Lebt wohl! Für das Geld will ich mir Wein kaufen und auf den Untergang aller solchen nichtswürdigen und feigen Memmen trinken, wie ihr seyd.“ - Ich verließ ihn als dann und . . .

Dies außerordentliche Wesen wollte in der Erzählung ihrer Heldenthaten fortfahren, als der Bediente die Ankunft zweier Herrn meldete. Sie verließ das Zimmer, kam mit ihren Freunden zurück, entschuldigte gegen unsern Helden die Unterbrechung, aber hoffte, ihre Gesellschaft werde ihm nicht unangenehm seyn. Er sah bald, daß es ebenfalls verkleidete Frauenzimmer waren. Jetzt wurde die Unterhaltung allgemein und die Amazone versprach unter der Bedingung, wenn er die ganze Nacht bei ihnen bleibe, den nächsten Tag ihre Erzählung zu endigen. Seine Neugierde war jedoch nicht so groß als seine Habgier; denn er stand den andern Morgen sehr frühzeitig auf und als er die ganze Gesellschaft noch im tiefen Schlafe fand, stahl er aus ihren Taschen eine ziemliche Menge Gold und machte sich sehr eilig davon. Auf diese Art muß der Leser die Fortsetzung einer Erzählung entbehren, welche wegen ihrer Sonderbarkeit beinahe unglaublich ist.



Fortsetzung von Rumbolds Leben.



Unser Held hatte oft einen Goldschmidt in Lombard Street bemerkt, der große Säcke Geld zählte und wünschte sehr einen Theil von diesem schimmerden Haufen zu haben. Er machte verschiedene vergebliche Versuche; da er aber mehrere Ringe besaß, zu denen er auf dem Wege seines Gewerbes gelangt war, so kleidete er sich als einen Landmann an, ging in Begleitung eines Knechts in den Laden des Goldschmidts und wollte ihm Einen von diesen Ringen verkaufen. Der Goldschmidt sah sogleich, daß es ein Diamant von beträchtlichem Werthe war und aus Rumbolds Ansehen schloß er, daß er seinen wahren Werth nicht kenne; er untersuchte ihn daher und schätzte ihn nach einigem Zaudern auf zehn Pf. St. Um den Mann zu überzeugen, daß dies sein wahrer Werth sey, zeigte er ihm einen Diamantring von weit höherm Werthe, den er ihm für zwanzig Pf. St. verkaufen wollte. Rumbold nahm des Goldschmidts Ring, um ihn mit dem Seinigen zu vergleichen und da er seinen Werth genau verstand, so sagte er, er sey zwar gekonnen, zu verkaufen, aber bei ihm habe es wenig auf sich, ob er kaufe oder verkaufe. Er zog daher einen Beutel mit Gold heraus und legte zwanzig Pfund für den Ring hin. Der Goldschmidt stürmte, tobte und schrie, er habe ihn betrogen und wollte seinen Ring durchaus zurück haben. Rumbold bestand jedoch auf seinem Handel und erwiderte, er habe ihm den Ring für zwanzig Pfund angeboten; er habe einen Zeugen, daß der Kauf richtig sey; hier wäre sein Geld und er hoffe, er werde ihn für das Gold das gehörige Agio geben.

Als Rumbold mit dem Ringe fortgehen wollte, nahm des Goldschmidts Zorn noch mehr zu und er brachte die Sache vor den Friedensrichter. Als Kläger begann er seine Erzählung damit, daß er dem Richter sagte, der Landmann habe ihm einen Ring von hundert Pfund an Werth genommen und wolle ihm bloß zwanzig Pfund dafür geben. „Nehmen Sie sich in Acht“, versetzte Rumbold, „denn wenn Sie mich beschuldigen, ich hätte Ihnen einen Ring genommen, welches mit andern Worten stehlen heißt, so will ich Ihnen mehr zu schaffen machen, als ich bis jetzt gethan habe.“ Er erzählte alsdann dem Richter die ganze Sache und stellte seinen Knecht als Zeugen des Kaufs auf. Der Goldschmidt wurde wüthend und schrie, er glaube, „der Landmann und sein Knecht seyn beides ein Paar Betrüger.“ Rumbold erwiderte, „daß er wohlthun würde, seine Sache nicht noch schlimmer zu machen; daß er ein Herr von jährlich dreihundert Pfund Einkünften sey und daß, als er einen Ring dem Goldschmidte für seinen wahren Werth habe verkaufen wollen, ihn dieser zu betrügen gesucht habe, indem er ihn weit unter seinem Werthe geschätzt.“ Der Richter entschied daher zu Gunsten unseres Helden und sagte bloß, er solle die zwanzig Pfund in Gold ohne Agio bezahlen.

Das Gold zu Lombard Street zog noch immer Rumbolds Aufmerksamkeit auf sich und er ging einst mit gierigen Augen durch diese Straße; ihn begleitete ein Knabe, den er bei sich in Diensten hatte. Der Knabe lief in einen Laden, wo man einen Sack voll Geld zählte, nahm eine Hand voll, dann ließ er es insgesammt auf den Zähler fallen und lief davon. Die Diener verfolgten den Knaben, ergriffen ihn, und beschuldigten ihn, er habe noch mehr Geld. Rumbold näherte sich, um dem Knaben beizustehen und behauptete, der Junge habe nicht einen Heller von ihrem Gelde gestohlen und dem Goldschmidt solle seine Verwegenheit theuer zu stehen kommen. Der Goldschidt und Rumbold fuhren einander gewaltig an und von bloßen Worten kam es zu heftigen Schmähungen. Der Letztere fragte also, wie viel es denn sey, was der Knabe gestohlen haben solle? Der Goldschmidt erwiderte, er wisse es nicht, aber der Sack habe ursprünglich hundert Guineen enthalten.

Hierauf versetzte Rumbold, er wolle so lange warten, bis er das Geld gezählt habe. Er verweilte ungefähr eine halbe Stunde und das Geld war richtig. Der Goldschmidt entschuldigte sich bei Rumbold wegen des Irthums, allein der Letztere gab zur Antwort, daß er als ein Edelmann eine solche Beschimpfung nicht ungestraft lassen könne. Nach einigen starken Ausdrücken von beiden Seiten nahm Rumbold seinen Abschied und versicherte seinen Gegner, er solle schon von ihm hören. Der Goldschmidt wurde den andere Tag wegen ehrrühriger Ausdrücke verhaftet. Der Beamte, der ihn verhaftete, war von unserm Helden bestochen und gab ihm den Rath, die Sache in der Güte abzumachen, der Herr, den er beleidigt habe, sey ein Mann von Stande und wenn er auf der Klage bestehe, so müsse er eine tüchtige Entschädigung bezahlen. Die Sache wurde endlich nach einigen Schwierigkeiten beigelegt und Rumbold erhielt zwanzig Pf. St. (120 Thaler) Schadloßhaltung.

Ein Juwelier in Foster Lane war nunmehro der, welcher zunächst Rumbold das Geld zu seinem liederlichen Lebenswandel herschoß. Er hatte oft Waare für diesen Mann verkauft, der ein volles Vertrauen zu Rumbolds Treue hatte. Eines Tags bemerkte er in seinem Laden einen sehr reichen Juwel; er sagte dem Juwelier, er könne ihn verkaufen. Dieser freuete sich über die Nachricht, und gab ihn Rumbold, der ihn zu einem andern Juwelier trug, um einen falschen dafür machen zu lassen, der ihm genau ähnlich sehe. Er benutzte als dann eine Gelegenheit, den nachgemachten Juwel bei der Gattin des Juweliers in seiner Abwesenheit zu lassen. Kurz darauf traf er den Juwelier auf der Straße, der zu ihm sagte, er habe keine solche Behandlung von ihm erwartet und ihn zu verklagen drohte, allein Rumbold begab sich nach einem entfernten Theile der Stadt.

Rumbold wanderte eines Tags in der nachbarschaft von Hackney herum; seine Aufmerksamkeit war auf ein Haus gerichtet, das er ernstlich zu besitzen wünschte. Er näherte sich dem Hause, pochte an die Thür, und erkundigte sich, ob der Besitzer zu Hause sey. Dieser erschien bald; Rumbold erzählte ihm auf eine sehr höfliche Weise, das Ansehen seines Hauses habe ihm sehr gefallen; er sey daher entschlossen, sich Eines nach demselben Muster bauen zu lassen und bat ihn um die Erlaubniß, einen Handwerksmann schicken zu dürfen, um es genau aufzumessen. Diese Gefälligkeit erwieß man ihm sehr gern. Unser Held ging zu einem Zimmermann und sagte ihm, er wünsche, daß er mit ihm nach Hackney kommen möchte, um ein Haus auszumessen, weil er sich ein eben solches bauen lassen wolle. Sie gingen zusammen fort und fanden den Herrn zu Hause; dieser unterhielt sich auf eine sehr gefällige Weise mit Rumbold, während der Zimmermann jeden Theil des Hauses aufmaß.

Der Zimmermann erhielt eine gute Belohnung, wurde fort geschickt und mit Hülfe des Risses von dem Hause, den er aufgenommen hatte, schrieb Rumbold einen Miethsvertrag nieder, dessen Nichterfüllung mit einer sehr großen Strafe verbunden war. Er verschaffte sich Zeugen, ging zu dem Manne und verlangte den Besitz. Dieser erstaunte und lachte bloß über die Abgeschmacktheit der Foderung. Rumbold fing wegen des Besitzes des Hauses einen Prozeß an und seine Zeugen beschworen die Wahrheit der Sache. Auch wurde die Aussage des Zimmermanns vorgezeigt; es wurden mehrere andere Umstände zur Bekräftigung der Sache angeführt und der Ausspruch fiel zu Rumbolds Gunsten aus. Der Herr hielt es daher für gerathen, lieber die Strafe zu zahlen, als sein Haus zu verlieren.

Rumbold erschien eines Tags in dem Anzuge eines Mannes von Stande bei einem Mäkler und erzählte ihm, er brauche sogleich hundert Pfund, die er, wie er hoffe, bei ihm auf gute Sicherheit erhalten können werde. Der Mäkler erkundigte sich, wer diejenigen seyn, welche die Sicherheit leisteten und Rumbold nannte zwei angesehene Bürger, die, wie er wußte, sich eben auf dem Lande befanden; der Geldverleiher bestellte ihn daher den folgenden Tag wieder zu sich. Unterdessen erkundigte er sich nach der Sicherheit der Bürger und fand, daß er in Hinsicht ihres Ansehens nicht hintergangen worden sey. Unser Held fand sich wieder bei dem Mäkler ein, der ihm die Summe vorstrecken wollte: Rumbold schickte nach zwei von seinen Gehülfen, die diejenigen vorstellten, welche die Bürgschaft leisteten und die nach einer unbedeutenden vorläufigen Vorsichtsmaßregel die Verschreibung für ihn unter ihren angenommenen Namen unterzeichneten. Rumbold nahm das Geld in Empfang, vorauf sie sich sogleich entfernten. Der Name, den Rumbold bei dieser Gelegenheit angenommen hatte, war für ihn von weitern Diensten; denn es war zufällig jener eines Mannes in Surry, den er, nach diesem Abentheuer im Wirthshause traf. Da er erfuhr, wie lange derselbe in der Stadt bleiben wolle und von seinem Namen und von der Lage seines Gutes unterrichtet wurde, so beschloß er, diesen Zufall zu benutzen. Er ging daher noch einmal zu dem nämlichen Mäkler sagte ihm, er brauche noch hundert Pfund; aber er wünsche keinem seiner Freunde wegen einer solchen Kleinigkeit mit der Bürgschaft lästig zu fallen; denn da er ein großes Gut besitze, so möchte er ihm auf seine eigene Verschreibung borgen; und wenn der Mäkler einen Diener missen könne, um nach Surry zu reiten, so werde er sich von seinen Besitzungen unterrichten können und jede Bedenklichkeit werde verschwinden. Es wurde ein Diener abgeschickt, der sich nach dem Vermögen des Fremden erkundigte, den Rumbold im Wirthshause angetroffen hatte. Rumbold kam in einigen Tagen wieder und fand den Mäkler sehr gefällig; derselbe äußerte, er werde kein Bedenken tragen, wenn er auch tausend Pfund verlange. Rumbold benutzte diese Gelegenheit, verdoppelte die Summe und nachdem er ihm eine Verschreibung auf zweihundert Pfund gegeben hatte, verließ er den Mäkler, der nunmehro sehen konnte, wie er seine Bezahlung wieder erhalte.

Auf diese Art übte Rumbold seinen Scharfsinn auf Kosten Anderer und erhielt so eine ansehnliche Summe Geldes. Er hatte Lust, von einem Schauplatze abzutreten, der mit Gefahren und Schande bedeckt war; er gab daher sein Geld einem Privatbankier und wollte auf eine sparsame und gemächliche Art von den Interessen leben. Unglücklicher Weise machte dieser Bankier Bankerot und Rumbold kam um alles das Seine. Er war daher nochmals genöthigt, zu seiner vorigen Lebensart zurück zu kehren.

Die erste Heldentat, welche von Rumbold nach seinem Wiedererscheinen im Publiko erwähnt wird, ist folgende: er hielt in einem Wirthshause an, und verlangte eine Flasche Bier, welche er, wie es damals Sitte war, in einem silbernen Bächer bekam. Da er sich allein in der Stube befand, so foderte er den Wirth auf, an seiner Gesellschaft Theil zu nehmen; sie blieben eine Weile beisammen, bis der Wirth Gelegenheit hatte, ihn zu verlassen. Nicht lange nachher ging er an den Schenktisch und bezahlte das Bier, während der Aufwärter nach dem Becher sah. Da er diesen vermißte, so rufte er Rumbold zurück und fragte ihn nach demselben: „Den Becher“, erwiederte Rumbold, „ich ließ ihn in der Stube.“ Man untersuchte alles genau, fand aber nichts und der Wirth b eschuldigte Rumbold öffentlich des Diebstahls. Dieser ließ sehr gern seine Person durchsuchen, aber dies führte ebenfalls nicht zum Ziele. Der Wirth bestand jedoch darauf, daß ihn Rumbold haben, oder für den Verlust stehen müsse; er wolle daher die Sache gerichtlich untersucht haben, was auch sogleich geschah. Der Wirth erzählte vor Gericht den Verlauf der Sache, während sich Rumbold laut über das Unrecht beklagte, das man ihm durch diesen Verdacht zufüge. Da er sogleich zurück gekommen war, als man ihn gerufen, und da er sich beitwillig der Durchsuchung unterworfen hatte, so entließ ihn der Richter und strafte den Wirth wegen seiner Voreiligkeit.

Während ihrer Abwesenheit kamen Einige von Rumbolds Spießgesellen in das nämliche Wirtshaus, wo sie verabredetermaßen den Becher mit weißem Wachs unter dem Tische befestigt fanden und sich ohne den geringen Verdacht damit fortmachten.

Das letzte Abentheuer, das von Rumbold erwähnt wird, war Eines von denen, welche jetzt in London sehr gewöhnlich sind. Als er und seinem Spießgesellen einen Landmann ansichtig wurden, der ziemlich viel Geld bei sich hatte, folgten sie ihm nach; Hodges war sehr aufmerksam auf seine Taschen; ihre Versuche mißlangen ihnen daher mehrmals, dasselbe heraus zu holen. Unsere Kniffmacher passen jedoch eine Gelegenheit ab; Einer von ihnen geht voraus und läßt einen Brief fallen, ein Andere folgt dem Landmanne auf dem Fuße nach und als er den Brief erblickt, ruft er: „Sieh, was ist da?“ Ob aber schon der Landmann stehen bleibt, um ihn aufzuheben, so ist doch unser Abentheurer schneller, hebt den Brief auf und sagt: „ Hier ist noch mehr als ein Brief.“ „ Halbe Part!“ ruft der Landmann. „Es ist wahr“, versetzte Rumbold, „ihr bliebt stehen, wie ich, aber ich habe ihn; ich will jedoch ehrlich gegen euch seyn; wir wollen sehen, was darin ist und ob es der Mühe des Theilens werth ist.“ Hierauf brach er den Brief auf, worin sich eine goldene Ketter oder ein Halsband befand. „Das ist viel Glück,“ versetzte Rumbold, „wenn es wirklich Gold ist.“ „ Wie können wir dies erfahren?“ fragte der Landmann, „wir wollen doch sehen, was der Brief sagt.“ Sein Inhalt war folgender.

„Lieber Bruder Johann!

Ich sende Dir das goldene Halsband zurück, das Du mir geschickt hast; nicht etwa weil es mir nicht gefiele, sondern meine Frau ist lüstern und wünscht ein größeres zu haben. Dies kommt nicht über sieben Pfund; sie wünscht Eines für zehn Pfund zu haben. Ich bitte Dich daher, kaufe Eines für diesen Preis, gieb dies daran und sende es durch den Ueberbringer an Deinen Dich liebenden Bruder.

Jacob Thornton.“

„Ja. wir haben in der That gutes Glück gehabt“, versetzte der Betrüger, „aber ich hoffe“ indem er sich an den Landmann wandte und zu ihm sagte, „daß ihr keinen vollen Anteil erwarten werdet; denn ihr wisset, daß ich den Brief g efunden habe; wollten wir das Halsband theilen, so weiß ich nicht, wie wir es entzweireißen sollten, ohne es zu verletzen; daher will ich lieber meinen Theil in Gelde nehmen.“ „Gut.“ versetzte der Landmann, „ich will Euch euren Antheil in Gelde geben, nur müssen wir in glichen Teilen theilen.“ „ Das mag geschehen“, erwiederte Rumbold, „daher bekomme ich 3 Pf. und 10 Shillinge, da der Preis im Ganzen, wie ihr seht, sieben Pfund ist.“ „Ja!“ versetzte der Landmann, der sich für gewaltig schlau gegen unsern Helden hielt, „er mag sieben Pfund in Geld mit Mode und allem werth seyn, aber das Letztere dürfen wir nicht rechnen, sondern bloß das Gold; daher halte ich drei Pfund in Gelde für besser, als die halbe Kette und so viel will ich Euch geben, wenn Ihr mir sie lassen wollt.“ - „Gut! ich bins zufrieden“, entgegnete Rumbold, „aber dann müßt Ihr mir noch eine Kanne Wein obendrein geben.“ Der andere willigte hierein und sie gingen zusammen in eine Taverne, wo der Handel vollzogen wurde. Hier tranken Rumbold und der Landmann schnell zwei Bouteillen Wein aus. Unterdessen kam Einer von Rumbolds Spießgesellen in das Wirthshaus und er kundigte sich nach jemand, der nicht da war. Rumbold sagte dem Fremden (so stellte er sich), er werde bald kommen, da er ihn auf der Straße gesehen hätte und ersuchte ihn zu warten. Hierauf setzte sich der Fremde nieder, um die Ankunft seines Freundes zu erwarten. Nicht lange darauf that ihm Rumbold den Vorschlag, in ein größeres Zimmer zu gehen, wo sie anfingen Charten zu spielen, um sich die Zeit zu vertreiben, bis der erwartete Herr komme.

Rumbold und sein Gefährte fingen zu spielen an, da der Landmann das Spiel nicht verstand. Nachdem er eine Zeit lang Zuschauer des glücklichen Spiels unsers Helden gewesen war, der gewöhnlich den Fremden überwand, ließ er sich bereden, mit dem glücklichen Spieler um die Hälfte zu spielen. Eine Zeit lang war ihnen das Glück günstig und der Fremde, der über seinen Verlust in Wuth gerieth, wollte nicht weiter spielen, allein nachdem man noch einige Bouteillen ausgetrunken hatte und der lange erwartete Herr nicht zum Vorscheine kam, fingen sie ihren Zeitvertreib von neuem an. Das Glück verließ Rumbold, und der Landmann, der mit ihm zu gleichen Theilen spielte, hatte in kurzem keinen Heller mehr.

Der Wirth wurde ietzt aufgefodert, er möchte das gewonnene Geld vertrinken helfen; da er erfuhr, wie sie den Landmann hintergangen hatten, beschloß er, seine Schlauheit auf ihre Kosten zu üben. Unterdessen kamen mehrere von Rumbolds Spießgesellen, welche auf ähnlichen Abentheuern ausgewesen waren, in die Stuben mischten sich ins Gespräch und tranken mit. Endlich ersuchte man den Wirth, ein Abendbrod herbei zu schaffen, was augenblicklich geschah. Das Glas ging fortdauernd sehr schnell herum und die Gesellschaft war im Ganzen betrunken, ehe man sich zu Tische setzte. Als man das Abendbrod brachte, fiel man mit großer Begierde darüber her und man hatte bald eine Schöpskeule und zwei Kapaune verschlungen. Der Wein wirkte und alle fielen an den Tischen in Schlaf. Der Wirth benutzte diesen günstigen Augenblick der Ruhe, sammelte alle Knochenüberreste von seinem ganzen heutigen Vorrathe und legte sie auf die Teller, die auf dem Tische standen. In kurzem verlor der Eine das Gleichgewicht, umarmte den Boden und weckte durch das Getös seines Falles die übrige betrunkene Gesellschaft auf. Sie erneuerten insgesammt ihre Angriffe auf die Speisen: „Wie kommen denn diese Knochen hierher?“ fragte Einer: „Ich erinnere mich ja nicht, daß ich solches Fleisch gegessen habe.“ „Ich auch nicht“ versetzte ein Anderer.“ Hierauf ließ man den Wirth kommen, und fragte ihn. „Wie! meine Herrn. Sie haben es vergessen“, erwiederte er, „Sie haben alles verschlafen. Ich glaube, Sie werden den Hals von dem wilden Schweine vergessen, den Sie gehabt haben, und der mich selbst sechs Shillinge gekostet hat.“ „Wie?“ rief der Eine aus, „einen Schweinehals!“ „Ja!“ versetzte der Wirth, „ den haben Sie gehabt. Jetzt wollen Sie sich nicht mehr daran erinnern. Das ist eine schöne Trinkgeschichte, wahrhaftig!“ „So ist es auch“ gab Einer von der Gesellschaft zur Antwort, „wir haben sicherlich geträumt, aber das thut nichts, Herr Wirth! Sie sollen und müssen bezahlt werden. Geben Sie uns noch ein Dutzend Bouteillen und bringen Sie uns die Rechnung, damit wir bezahlen könen.“ Diesem Befehle wurde sogleich gehorcht. Auch brachte der Wirth die Rechnung, die sieben Pfund (42 Thaler) betrug. Jeder wurde aufgefordert, seinen Antheil zu bezahlen. Der Landmann fuhr vor Schrecken zusammen, wünschte zu entfliehen, aber Einer stieß ihn vor und sagten „komm, wir wollen aufrechnen, was jeder zu bezahlen hat und dann giebt jeder das Seine.“ Der Landmann wollte sich entschuldigen und sagte, er habe kein Geld mehr; man wurde daherr einig, ihn frei zu lassen. Die Gesellschaft ging zu Bette und genoß der tiefsten Ruhe; allein der einfältige Landmann konnte kein Auge zuthun, als er über seinen plötzlichen Glückswechsel nachdachte.

Des Morgens beschloß der Landmann, der zu seiner Heimreise Geld brauchte, seine goldene Kette zu verkaufen. Er ging daher zu einem Goldschmidte, aber hier erfuhr er zu seinem größten Schrecken, daß es statt Gold bloß vergoldetes Metall sey. Er erzählte dem Goldschmidte die ganze Geschichte, der mit ihm zu einem Friedensrichter ging, um einen Verhaftsbefehl gegen Rumbold und seine Spießgesellen auszuwirken, allein die würdigen Pistolenritter hatten sich noch vor ihrer Ankunft mit ihrer Beute aus dem Staube gemacht.

Nach diesem Abentheuer kam Rumbold noch mehrmals kaum mit dem Leben davon; da er aber seine schändliche Lebensart fortsetzte, so wurde er endlich entdeckt, vor Gericht gezogen, verurtheilt und zu Tyburn hingerichtet.