Der alte Mob, St.

Thomas Simpson, oder wie er gewöhnlich hieß, der alte Mob war zu Ramsay in Hampshire geboren und hielt sich darselbst fortdauernd als seiner einzigen Heimath auf, bis er fünf Kinde r und einige Enkel hatte. Da man nichts von seiner Erziehung weiß, die sehr vernachlässigt werden zu seyn scheint, so wollen wir seine Unternehmungen auf den Heerstraßen nach der Zeitordnung erzählen.

Eines Tages traf er in der Nähe von Exeter auf Sir Bartholomäus Shower, den er sogleich aufforderte, ihm sein Geld zu geben. Sir Bartholomäus gehorchte. Als jedoch der alte Mob seine Beute besah, sagte er zu ihm, es sey nicht genug zu seinen jetzigen dringenden Bedürfnissen. „Daher Sir,“ fuhr er fort, „da Sie mein Bankier überhaupt sind, so müssen Sie mir sogleich einen Wechsel auf jemand zu Exeter auf 150 Pf. St. (900 Thaler) geben und auf dem nächsten Felde als Bürge verweilen, bis ich die Bezahlung erhalten habe.“ Der gute Ritter wünschte sich zu entschuldigen und sagte, er kenne niemand in Exeter, der eine so große Summe für ihn bezahlen werde, aber seine Entschuldigungen halfen ihn nichts. Der alte Mob hielt ihm ein Pistol auf die Brust, bis er einwilligte und einen Wechsel auf einen reichen Goldschmid ausstellte.


Nachdem er den Wechsel erhalten hatte, mußte der Ritter absteigen. Der alte Mob schnitt dem Pferde Zügel und Gurt entzwei und führte es fort, während er Sir Bartholomäus Hände und Füße band und unter einer Hecke liegen ließ. Der Goldschmid kannte die Handschrift und zahlte das Geld aus; der alte Mob nahm es in Empfang, kehrte zurück und sagte: „Sir! ich komme mit einem Habeas Corpus, um Ihnen Ihre Freiheit wieder zu geben.“ Dies that er auch; der alte Mob verließ ihn und ging nach Hause.

Einst zankte er sich mit einer Frau und in der Hitze setzte er Zweifel in ihre Tugend. Ihr Mann rächte den Schimpf. Der alte Mob wurde vor dem geistlichen Gericht verklagt und mußte eine bedeutende Strafe erlegen. Nicht lange darauf begegnete er dem Advokaten, der gegen ihn gedient und ihm eine ansehnliche Summe abgenommen hatte. Er erkannte ihn sogleich und da sich Mob verkleidet hatte, so wurde er nicht wieder erkannt. Er verlangte seine Börse. Der Advokat fing sich an zu entschuldigen, aber Mob wiederholte seine Drohungen und erhielt einen Beutel mit 50 Guineen (300 Thaler). Mob forderte auch den schönen seidenen Beutel, um das Geld fort zu bringen. Der Advokat erwiderte, derselbe wäre das Geschenk eines guten Freundes, dem er versprochen habe, ihn zeitlebens zu behalten. Der alte Mob erwiderte: „Gesetzt Sie hätten einen Prozeß gegen mich und Sie kämen zu mir, um ihr Geld zu holen; wenn ich nun keines und auch keine Sache von Werth hätte, außer einer solche, die mir ein Freund geschenkt hätte, würden Sie dieselbe als Bezahlung annehmen, wenn ich Ihnen sagte, daß ich versprochen hätte, sie so lange zu behalten, als ich lebe?“ „Nein, Sir!“ ? „Halt! Ich liebe Leute, die so handeln, als Sie wünschen, daß man Ihnen wieder thue. Warum versprachen Sie etwas, was Sie vielleicht nicht halten konnten? Bin ich für Ihr Gelübde verantwortlich?“ Der arme Advokat sah wohl, daß, wenn er darauf bestehe, das Geld und den Beutel von einander zu trennen, es ihm sein Leben kosten könne; er gab daher beide dem alten Mob.

John Godbury hatte auch das Unglück, dem alten Mob in die Hände zu gerathen. Obschon dieser Mann ein Sterndeuter war, so konnte ihn doch seine Kenntniß der Gestirne nicht gegen eigenes Mißgeschick bewahren. Der arme John zitterte, als man sein Geld verlangte, wurde leichenblaß und behauptete, er habe keines. Der alte Mob trieb seinen Spott mit ihm und sagte, es könne ihm nie an Geld fehlen, da er die zwölf Constellationen hätte, welche immer eintrügen und setzte hinzu, daß sein Pistol sein Geld trotz allen Sternen am Himmel erhaltet werde. Da er fürchtete, die Wirkung eines Pistols möchte fürchterlicher und schneller seyn, als jene der unglücklichen Gestirne, so gab er einen Beutel mit ungefähr 9 Pf. St. in Gold- und Silbergelde her.

Das nächste Abentheuer des alten Mob war ein Angriff auf die Landkutsche von Bath, in der sich bloß eine Dame befand. Er befahl dem Kutscher halt zu machen, näherte sich der Kutsche und verlangte das Geld der Dame. Diese sagte, sie sey eine arme Wittwe, die eben ihren Mann verloren und sie hoffe, er werde Mitleid mit ihr haben: „Ist der Verlust Ihres Mannes ein Grund, warum ich meine Beute fahren lassen soll? Ihre Thränen können, Madame! mich nicht rühren; denn ich erinnere mich des alten Sprichworts: „das Ende eines Mannes verursacht der Wittwe Thränen, und das Ende dieser Thränen ist ein anderer Mann.“

Die trostlose Wittwe hielt eine große Lobrede auf die Tugenden ihres verstorbenen Mannes und versicherte heilig, nie werde ein Anderer seine Stelle einnehmen. Der alte Mob glaubte, die eine Hälfte stimme nicht mit der Wahrheit überein und da er sich nicht lange von einem andern Unternehmen abhalten lassen wollte, so wurde er ungestüm; sie zog daher ihre Börse mit 40 Guineen (240 Thaler) heraus und gab sie dem alten Mob.

Kaum hatte er sich von dieser Wittwe entfernt, so begegnete er dem berüchtigten Quacksalber von Lincolns InnFields, Cornelius a Tilburgh, der nach Wells reisete. Mob verlangte in einem sehr raschen Tone sein Geld. Der arme Quacksalber behauptete, er sey selbst ein armer Teufel. Mob erwiderte, er habe mehr Verstand, als daß er einem Quacksalber glauben sollte, dessen Geschäft im Lügen bestehe: „ ihr erwerbt so leicht Geld als ich und das Sprichwort: leicht gewonnen, leicht zerronnen, geht bloß in Erfüllung. Doctor! der nächste Markttag ersetzt Euch alles wieder und ihr könnt Eure Zuhörer noch zum Mitleid bewegen, wenn ihr ihnen erzählt, daß Ihr alles des Eurigen beraubt worden seyd, als ihr auf dem Wege waret, Eure Wohlthätigkeit gegen sie auszuüben.“

Der Quacksalber konnte sich bei den beißenden Bemerkungen des alten Mob über sein Gewerbe kaum des Lachens enthalten, allein da er sich nicht gern von dem Vogel trennte, den er in der Hand hatte, so fing er an, ihm eine moralische Vorlesung zu halten und ihm sein gottloses Betragen zu verweisen; er führte ihm zu Gemüte, daß das Geld, das er auf diese Art nehme, das Unglück ganzer Familien machen und Viele zu ungerechten Mitteln verleiten könne, um das auf diese Art Eingebüßte wieder zu erhalten: „Daher,“ fuhr er fort, „sind Sie für Ihre Sünden verantwortlich.“ „Was, schrie der alte Mob, dies ist der Teufel, der die Sünde durch einen Zeugen ausschilt. Kann ich mehr Leute zu Grunde richten als Ihr, bester Herr Theophrastus Bombasustus. Ihr seyd außerordentlich gewissenhaft, mir zu sagen, daß ich Leute zu Grunde richte! Ich nehme Ihnen bloß das Geld ab, Ihr aber das Lebens Ihr thut es ungestraft; ich setze mein Leben aufs Spiel. Ihr habt mehr Blinde gemacht, als die Blattern. mehr Taube, als die Wasserfälle des Nils und mehr getödtet als die Pest. Wenn Ihr nicht, Doctor! ein Spezificum gegen Pulver und Blei habt, so spottet ihr vergebens mit mir: gebt Euer Geld her!“ Der Quacksalber weigerte sich noch immer; der alte Mob riß ihm also den Mantelsack vom Pferde, that den seinigen darauf und verließ den Quacksalber. Als er an eine passende Stelle kam, untersuchte er seinen Inhalt und fand darin 52 Pf. St. in Gold und eine große goldene Medaille; außerdem fanden sich noch alle Quacksalbersachen und Werkzeuge darin. Zu den Letztern konnte jedoch Mob wenig Käufer finden.

Ein ander Mal begegnete der alte Mob zwischen Newmarket und London der Herzogin von Portsmouth. Er hielt die Kutsche an und verlangte ihr Geld. Da sie daran gewöhnt war, einen Monarchen zu beherrschen, so konnte sie nicht begreifen, wie ein so armselig aussehender Bursche mit ihr in einem solchen Tone sprechen könne. Sie fragte ihn daher rasch: „ob er wisse, wer sie sey.“ - „O ja, gnädige Frau, ich weiß, daß Sie die größte Hure im Reiche sind und auf öffentliche Kosten unterhalten werden. Ich weiß, daß alle Hofleute von Ihren Lächeln abhängen und daß selbst der König ihr Sklave ist, allein was thut das? Ein Herr, der auf Heerstraßen einsammelt, ist ein größerer und uneingeschränkterer Mann, als Se. Majestät am Hofe ist. Sie können nunmehro sagen, gnädige Frau, daß ein einzelner Straßenräuber sein Ansehen da ausgeübt hat, wo Karl II. von England oft um eine Gunstbezeugung bettelte.“

Die Herzogin sah ihn fortwährend mit einer stolzen Mine an und sagte zu ihm, er wäre ein sehr frecher Bursche; sie wolle ihm nichts geben und er solle sicher für seine Frechheit bestraft werden; zugleich fügte sie hinzu: „rührt mich an, wenn Ihr es wagt!!“ „Gnädige Frau! der stolze französische Geist ist hier nicht an seiner Stelle. Ich bin ein englischer Freibeuter und dringe darauf, als auf mein angeborenes Recht, mich aller fremden Waren zu bemächtigen. Ihr Geld ist zwar englisches Geld, aber es ist verwirkt, da es die Frucht englischer Torheit ist. Alles, was Sie haben, ist eingezogen, da es an ein so unwürdiges Geschöpf verschwendet ist. Ich bin hier König, gnädige Frau. Ich brauche sowohl Geld als er. Das Publikum bezahlt seine Thorheit und, so müssen Sie die meinige bezahlen.“ Mob fiel sogleich über sie her, sie schrie um Schonung und gab ihm 200 Pf. St. (1.200 Thaler), ein sehr reiches Halsband, das ihr der königliche Liebhaber erst vor kurzem geschenkt hatte, eine goldene Uhr und zwei Diamantringe.

Zu Abington war gewöhnlich ein großer Getraidemarkt; der alte Mob gerieth daselbst einst mit einem Kornhändler ins Gespräch. Da er eine ansehnliche Summe Geld hatte, so faßte er sogleich den Entschluß, sich einen Antheil an dem Gewinne zu verschaffen, den dieser große Handelsmann mache. Er behauptete, er komme von London, um Getraide einzukaufen; er wünschte eine Probe zu sehen und da er mit der Güte zufrieden zu seyn schien, so fragte er nach dem Preise. Er schloß sogleich den Kauf ab, bezahlte das Geld und schickte das Getraide nach einem Platze, wo er es wieder verkaufte. Er erkundigte sich sorgfältig nach der Zeit, wenn der Kornhändler die Stadt verlasse und nach dem Wege, den er gehe und derselbe war kaum zwei englische Meilen von dem Orte weg , als sich ihm Mob näherte, ihm ein Pistol auf die Brust setzte und das Geld, das er ihm geliehen hätte und alles, was er bei sich habe, als Interesse für das Darlehen verlangte. Der Landmann gerieth in kein geringes Erstaunen, als er eine solche Sprache von seinem Gefährten hörte und fragte ihn, „ob es recht sey, ihm sowohl die Waare als das Geld abzunehmen?“ „Recht!“ rief der alte Mob aus, wie könnt Ihr so unverschämt seyn und von Gerechtigkeit sprechen, die ihr den Armen das Brod abnehmt und euch über das Elend eurer Mitmenschen freuet, da ihr euren Reichthum auf Kosten der Nation erwerbt? Kann es einen ungerechtern Mann in der Welt geben, als einen Kornhändler, der den Ertrag des Landes aufkauft und in Zeiten des Ueberflusses Mangel vorspiegelt, bloß um sein Vermögen zu vermehren und einen großen und auf schlechte Art erworbenen Reichthum zu hinterlassen? Solch Gezücht wie ihr seyd, sollte nicht auf der Erde leben! Sprecht mit mir nicht mehr von Gerechtigkeit; gebt mir euer Geld, oder ich verschaffe der Welt die Gerechtigkeit, euch aus ihr hinaus zu befördern. Der Landmann fand für nöthig, die große Summe Geld herzugeben, die er bei sich hatte. Der alte Mob ritt über sein Abentheuer höchlich zufrieden nach Hause.

Sir John Jefferies war die nächste Person, die die Bedürfnisse unsers Abentheurers befriedigte: zuerst setzte er zwei Bediente außer Stand, sich zu verteidigen, dann trat er an die Kutsche und verlangte das Geld des Sir John Jefferies, der sich durch seine Grausamkeiten auf den Gerichtstagen in den westlichen Grafschaften berüchtigt genug gemacht hatte, und glaubte, daß schon sein Name Schrecken einflößen werde, unterrichten den alten Mob von dem Stande der Person, die er auf eine so grobe Art anredete: „Ich freue mich,“ erwiderte er, „Gelegenheit zu haben, mich an Ihnen zu rächen, weil Sie mich letzthin für mein Leben besorgt machen. Ich könnte Sie, fuhr er fort, auch ins Verhör bringen, weil Sie mich wegen meines Lebens in Furcht setzten, aber ich will die Sache durch das Geld gut machen, das Sie in ihrer Kutsche haben.“

Der Richter fing sich mit ihm über die Gefahr zu streiten an, der er sowohl seine Seele als seinen Leib durch solche Verbrechen aussetze und ermahnte ihn, daß, wenn er an eine Vorsehung glaube, welche die Welt regiere, er auf eine gerechte Belohnung für seine Ungerechtigkeit rechnen dürfe. „Wenn uns die Gerechtigkeit erwischte,“ versetzte der alte Mob, „so hoffe ich so gut weg zu kommen als Sie, der Sie Ihren Namen mit unauslöschlichen blutigen Buchstaben eingeschrieben und vielen Tauenden das Leben genommen haben und zwar aus keinem andern Grunde, als weil sie ihre Rechte und Freiheiten verteidigten. Es ist für Sie genug, Tugend auf der Gerichtstag zu predigen, wenn niemand Ihnen zu widersprechen wagen darf, aber ihre Lehren können auf mich keinen Eindruck machen. Ich kenne Sie zu wohl, als daß ich nicht einsehen sollte, Sie erteilen sie mir bloß deshalb, um ihr schlecht erworbenes Vermögen zu retten.“ Hierauf donnerte er eine Menge Flüche auf ihn los, setzte ihm ein Pistol auf die Brust und drohete ihm mit einem augenblicklichen Tode, wenn er ihm nicht sein Geld gebe. Als Sir John Jefferies sah, daß ihm sein Ansehen auf der Heerstraße nichts nutze, überlieferte er sein Geld, das 56 Guineen (366 Thaler) betrug.

Die einzige Person, mit der der alte Mob je in Gemeinschaft etwas unternommen, war der goldene Pächter. Wir wollen hier zwei von ihren Unternehmungen mittheilen. Nachdem sie sich auf der Heerstraße bekannt gemacht und durch ihre häufigen Räubereien der Gefahr der Entdeckung ausgesetzt hatten, beschlossen sie, in der Hauptstadt auszuruhen und ihren Verstand zu brauchen, da sie jetzt keine Gelegenheit hätten, ihre Stärke zu benutzen. Ihre erste Absicht ging dahin, die Sitten und Gewohnheiten der Bürger kennen zu lernen, um sie auf ihre eigene Art zu hintergehen. Wer London kennt, der weiß, daß alles Lerm und Getümmel ist und daß, wenn sich jemand gut kleidet und eine Zeitlang regelmäßig bezahlt, er Credit auf eine große Summe erhalten kann. Beide traten daher als Kaufleute auf; mieteten ein schönes Haus, nahmen mehrere Bediente an und begannen große Geschäfte. Der goldene Pächter wurde ein Lichthändler, da er mit diesem Gewerbszweig einigermaßen bekannt war. Der alte Mob mietete sich in der Nähe des Towers ein und begann einen holländischen Handel; als Knabe war er in Holland gewesen, hatte etwas von der Sprache desselben gelernt und kannte die Waaren, welche man gewöhnlich von London aus dahin ausführte. Man hielt sie für nahe Verwandte, Namens Bryan und sie sagten, sie wären Nordländer.

Mit vorzüglicher Tätigkeit erkundigten sie sich nach Waaren in ihren verhältnißmäßigen Zirkeln, kauften alles, was ihnen in den Weg kam, bezahlten entweder baar, oder zogen Wechsel auf einen oder zwei Tage auf einander: diese wurden jedesmal pünktlich bezahlt. Sie verkauften ihre Waaren um die niedrigsten Preise und hatten auf diese Art beständig baares Geld und da ihre Kunden volllommen mit ihnen zufrieden waren, so war ihr Ruf fest begründet.

Als sie sahen, daß ihr Plan zur Ausführung reif sey, bestellten sie an einem gewissen Tage eine große Mengen Waaren, zogen in Hinsicht der Bezahlung Wechsel auseinander. verkauften sogleich die Waaren zu niedrigen Preisen an ihre gewöhnlichen Abnehmer, indem sie vorgaben, sie brauchten eine große Summe Gelder und den andern Tag verließen sie London mit 1.630 Pf. St. (9.780 Thaler), dem Ertrage ihres dreimonatlichen Geschäftes. Der Leser kann sich leicht denken, was die verschiedenen Kaufleute am Zahlungstage für Gesichter schnitten, als sie erfuhren, die beiden, ausgebreitete Geschäfte machenden Kaufleute und pünktlichen Bezahler seyn verschwunden.

Eine Zeit lang nahm der alte Mob und der goldene Pächter ihre Zuflucht wieder zu ihrer vorigen Beschäftigung auf der Heerstraße, bis sie neue Gefahren nöthigten, auf andere glückliche Unternehmungen zu sinnen, um ihre Vorräte wieder zu ergänzen. Es gab zwei reiche Juwelenhändler; der Eine lebte in Londo, der Andere in Bristol. Der alte Mob und der goldene Pächter waren genau mit der Geschichte der beiden Brüder bekannt. Diese durchtriebenen Schurken wußten, daß die Juwelenhändler schwach und kränklich seyn, wodurch ihr Tod leicht Glauben erhalten würde. In dieser Ueberzeugung entwarfen sie ihren Plan und schrieben folgenden Brief an jeden Bruder; sie veränderten bloß den Namen und den Ort, so wie es die Sache erfoderte:



Den 26. März 1686.

Theurer Bruder.

Durch den Ueberbringer erhalten Sie die traurige Nachricht, daß Sie den besten der Brüder und ich den gütigsten der Männer gerade zu derzeit verloren habe, als wir hoffen, es werde mit ihm besser werden, so wie der Frühling herankommt und er werde wenigstens noch einen Sommer leben. Er starb diesen vormittag um 11 Uhr, nachdem er das Bette bloß drei Tage gehütet hatte.

Ich schreibe Ihnen so eilig, damit Sie zu uns kommen, noch ehe wir ihn zur Erde bestatten; dies war der Wunsch meinem theuern Gatten, der mir sagte, er habe Sie neben mir zum Testaments-Mitvollzieher ernannt. Das Testament befindet sich in meinen Händen und ich will die Eröffnung desselben bis zu Ihrer Ankunft verschieben. Ich bin zu traurig, als daß ich noch mehr schreiben könnte; der Bote, der ein sehr ehrlicher Mann und mein Nachbar ist, wird Sie von den nöthigen Umständen unterrichten. Von Ihrer betrübten Schwester

„Seals.“

„N.S. Ich brauchte einen Freund, um für mich

zu schreiben, ich bitte Sie, mich deshalb zu entschuldigen. Ich war nicht im Stande, es selbst zu thun, noch auch irgend etwas vorzusagen.“



Diese Briefe wurden zugesiegelt und abgeschickt. Der Eine unserer Abentheurer machte sich nach London auf die Reise, der Andere nach Bristol und sie richteten es so ein, daß sie beide zu gleicher Zeit an ihrem Bestimmungsorte anlangten. Bei ihrer Ankunft übergaben sie die Briefe man empfing sie herzlich und bewirthete sie gastfreundlich. Bei der Eröffnung der Briefe mit der Todesnachricht vergoß man viel Thränen, aber insgeheim freuete man sich, daß das Vermögen durch des Bruders Tod noch vermehrt werde. Die beiden Brüder liebten sich einander sicher, aber die Selbstsucht ist größer, als jede andere Art von Zuneigung.

Den Abend brachte man in London, wie in Bristol, mit der Erzählung von mancherlei Familiengeschichten, so wie mit dem zu, was der abgeschiedene Bruder in seinen letzten Augenblicken gesagt hatte. Den nächsten Morgen reiseten die Buben wieder ab, um den Schwägerinnen zu melden, daß, sobald die Trauerkleider fertig wären, man sich aufmachen werde, um die letzte traurige Pflicht zu verrichten. Der alte Mob war nach Bristol der goldene Pächter nach London gereiset. Der Erste stahl des Abends Juwelen an Werth von 200 Pf. St. (1.200 Thalern); der Andere hatte sich besser bedacht und brachte Juwelen und andere Sachen mit, die weit mehr betrugen.

Des Morgens reiseten beide wieder von ihren Bestimmungsörtern ab und trafen einander an einem im voraus bestimmten Orte. Unterdessen waren die beiden Brüder beschäftigt, sich auf die Reise zu machen; bei der Unruhe in beiden Familien wurden die Läden vernachlässigt, so daß die Räuber nicht entdeckt wurden. Zufällig kehrten beide Brüder in dem nämlichen Gasthofe zu Newberry ein. Der Londoner kam zuerst an und ging zu Bette, ehe der andere eintraf. Der Bristoler Bruder ging mit einem Gefährten, der ihn begleitete, durch das Zimmer des Andern und schlief in einer daran stoßenden Stube. Ihre Unterredung störte die Ruhe des Londoner Bruders, der die Stimme des verstorbenen Bruders erkannte, den er im Begriff stand, zu Grabe zu begleiten. In kurzem war er genöthigt, durch sein Zimmer zu gehen, wo er beim Mondlichte noch deutlicher sah, daß er sich in der Stimme nicht geirrt hatte. Er schrie laut auf; der andere Bruder geriet; darüber gleichfalls in Erstaunen und lief vor Schrecken nach seinem Zimmer zurück. Beide schwitzten und zitterten vor Angst bis an den andern Morgen, wo sie sich ankleideten und einander auswichen, bis die Leute im Hause darauf aufmerksam wurden. Nur mit Mühe wurden sie zusammen gebracht, wo sie den Betrug entdeckten, aber über die Ursache noch immer in Ungewißheit blieben. Nach einem zweitägigen Aufenthalte im Wirthshause kehrten sie nach Hause zurück und entdeckten den ihnen gespielten Streich.

Der alte Mob wurde endlich ergriffen, sechs und dreißig Verbrechen angeklagte wovon zwei und dreißig bewiesen wurden und zu Tybure hingerichtet.