Anna Holland, Taschendiebin.

Dies Frauenzimmer stammt von geringen Eltern ab. Sie besaß viele natürliche Vollkommenheiten, die vielleicht für sie ein größer Unglück waren, als wenn sie entstellt und häßlich gewesen wäre. Sie trat bei verschiedenen Familien in Dienste, machte sich aber gewöhnlich mit irgendeiner kostbaren Beute davon. Endlich war sie Aufwärterin auf einem elenden Kaffeehause, wo sie die Kunden ihres Herrn in einer doppten Eigenschaft bediente. Hier wurde sie mit einem Herrn French, einem Kammmacher, bekannt, den ihr schönes Gesicht bezauberte. Nie hatte er einen Verdacht in ihre Tugend gesetzt und er machte ihr in ehrlicher Absicht seine Aufwartung. Es kam eine Heirath zu Stande; sie war jedoch eine eben so schlechte Hausfrau, als sie eine liederliche Magd gewesen war. Durch ihre schlechte Aufführung zwang sie ihren Mann, sie aus dem Hause zu werfen; sie ging nach Irland, wo sie auch starb.

Anna Holland ward wieder eine herumschweifende Landstreicherin und suchte ihren Lebensunterhalt in Gesellschaft von Bösewichtern. Sie war hierin nicht unglücklich; denn da sie jung und sehr durchtrieben war, so spielte sie ihre Charten zu ihrem großen Vortheile. Bald darauf heirathete sie Jacob Wilton, einen bekannten Straßenräuber der damaligen Zeit, der sie zu seinem Gewerbe sehr trefflich geeignet fand. Die Gerechtigkeit raubte ihr jedoch ihren zweiten Mann und Nan war wieder eine verwittwete Landstreicherin. Ihre schlechte Aufführung brachte sie nach Newgate, wo sie mit einem gewissen Tristram Savage bekannt wurde, mit welchem sie nach ihrer Freilassung lebte.


Sie gingen einst zu einem Wahrsager; Savage hatte sich als Frauenzimmer gekleidet und sie erschien in ihrem eigentümlichen Charakter. Sie wollten ihre Nativität gestellt haben und versprachen ihm, gut dafür zu bezahlen. Nach einer Menge unverständlicher Dinge fragte Savage den Wahrsager, ob er ihm sagen könne, was er jetzt denke? Der Wahrsager erwiderte mit einer mürrischen Miene, „es ist nicht meine Sache, den Leuten ihre eigenen Gedanken zu sagen.“ „Warum nicht?“ versetzte Savage, „ so will, ich es Euch selbst sagen. Ich dachte, ihr müßtet sehr reich seyn und viel von eurem Gelde zurücklegen können. So frage ich Ench ietzt bei Gefahr eines augenblicklichen Todes, was ihr für Geld bei Euch habt?“ - Der alte Wahrsager schien wie vom Zauber betroffen und Savages Schlüsselbüchse (so nennen die Räuber ihre Pistolen) schien ein so kräftiger Beweis zu seyn, daß er ihnen zwanzig Guineen, eine goldene Uhr eine silberne Tabaksbüchse und zwei Ringe von den Fingern gab. Hierauf banden und knebelten sie ihn, und sagten, er solle den Teufel zu seinem Beistande auffodern.

Holland und ihr Genosse kamen glücklich mit ihrem Raube davon und wir haben weiter keine Nachricht von ihr bis zum Jahre 1705, wo sie zu Tyburn gehangen wurde. Statt für ihre Vergehungen um Verzeihung zu bitten, verfluchte sie das harte Herz ihres Richters und die Streng der Gesetze und beleidigte selbst den Henker.