Verordnung wegen der Thronfolge

Peter, in Person die Armee zu führen entschlossen, und auf einen langwierigen und gefahrvollen Feldzug gefasst, hielt es für Regentenpflicht, manche wichtige innere Angelegenheit vorher zu ordnen. Die wichtigste war die Bestimmung der Thronfolge.

Die Besorgnis, dass wenn er nicht mehr sei, die Pflanze, die seine Sorgfalt in dem heimischen Boden hatte gedeihen machen, ungepflegt dahin welken werde, diese Besorgnis bekümmerte ihn ohne Aufhören. Sie war es, die in der gefahrvollen Stunde am Pruth ihm die Hand führte, da er dem Senate schrieb: wählt zu meinem Nachfolger den Würdigsten! Sie hieß ihm das große Opfer eines Sohnes bringen, dessen Sinnesart so offenbar den Umsturz des Bestehenden drohte. Sie gab ihm auch jetzt eine Verfügung ein, die, so hoffte er, durch sein Machtgebot zum Grundgesetz des Reichs erhoben, eine mächtige Stütze sein solle, an die gelehnt, seine schöne Pflanze mutig empor wachsen werde. Es war das Gesetz, (5 Febr. 1722) ,,dass es dem Herrscher Russlands frei stehen solle, nicht nur denjenigen, welchen er wolle, zur Thronfolge zu rufen, sondern auch, wenn er den schon bestimmten für Untüchtig achte, die Ernennung zu ändern.“ Diese Freiheit, so hieß es im Gesetze, hätten schon ältere Zaren, namentlich Iwan Wassiljewitsch der Große, geübt. Auch habe eine Verordnung von 1714 selbst Privat- Personen das Recht eingeräumt, dem tüchtigsten ihrer Söhne die Erbgüter zuzuwenden, damit sie der Familie erhalten würden. Zu gleicher Fürsorge für sein Reich sei er seit der Gefahr, die dem Reiche durch das böse Vorhaben des Zarewitsch Alexei gedroht habe, doppelt verpachtete und so rufe er denn alle Untertanen geistlichen und weltlichen Standes auf, diese seine Verordnung dahin eidlich zu bestärken, dass sie solche halten, und dass alle, welche ihr zuwider handelten, als Verräter dem Kirchenbanne und dem Tode unterworfen sein sollten. *)


*) Weber II. S. 40. Gordon II. 223. f. Schmauss Corp. J. P. 2148. Rousset ecrem. diplom. II. p. 624. Anmerk.

Die Verordnung hatte zugleich eine weitere Ausführung der Rechte des Monarchen, einen Thronfolger zu ernennen, erwarten lassen, und wirklich erschien bald darauf ein vom Erzbischof Theophanes verfasstes Buch: Recht der Monarchen in willkürlicher Bestellung der Reichsfolge, *) welches, wie der Titel sagte, auf Gutfinden der geistlichen und weltlichen obersten Regierung und mit Genehmhaltung des Kaisers, zu Moskau gedruckt, als authentische Erklärung dessen gelten konnte, was in der Ukase selbst als unbestimmt anschien. ,,Das Gebrechen der Erbreiche, so heißt es hier, **) das einzige Gebrechen, dass sie zu Zeiten von einem schlimmen Nachfolger leiden müssen, wird durch diese Verordnung gehoben, die dem Regenten die Macht sichert, seinen Nachfolger zu ernennen. Es ist eine Verordnung, die nur ein Thor, nur ein Feind des Vaterlandes missbilligen kann. Das Volk aber muss denjenigen für seinen rechten Herrn erkennen, den der Landesherr zum Nachfolger ernennt, es sei sein ältester, oder jüngster Sohn, oder gar einer, der nicht sein Sohn ist. ***) Denn wenn ein Monarch so unglücklich wäre, dass er keinen seiner Söhne für tüchtig zur, Regierung erkennte, so ist er vor Gott, dem er von seinem Amte Rechenschaft zu geben hat, verbunden, auch außer seinem Hause sich nach einem erfahrenen und tugendhaften. Mann umzusehen, und ihn zum Reichsfolger zu ernennen. Stürbe aber der Landesherr, ohne jemanden mündlich oder schriftlich zum Nachfolger zu ernennen, so muss das Volk, welches seinen Willen dem Regenten auf ewig unterworfen hat, sich zu erfahren bemühen, was des Herrn Wille gewesen, oder sein könne; falls aber solches nicht ausfindig zu machen wäre, der natürlichsten Ordnung folgen, und den Erstgebornen der Söhne, oder, fehlte es an diesen, die älteste der Töchter für ihren Regenten erkennen.“

Dies waren die Grundsätze, die Peter öffentlich erklärte und dadurch die vorhabende Ernennung eines Thronfolgers vorbereitete. Willig leisteten alle den geforderten Eid, ****) und jeder harrte mit Ungeduld, auf wen die Wahl des Kaisers fallen werde. *****)

*) Es ward am 7. August 1722 in Moskau Russisch (vermutlich auch Deutsch) gedruckt ausgegeben und 1724 zu Berlin auf 64. S. 4. Deutsch nachgedruckt. Anmerkung 3.

**) S. 49

***) S. 36.

****) Die Eidesformel steht bei Weber II. S. 41.

*****) Anmerkung. 4.



Dieses Kapitel ist Teil des Buches Leben Peters des Großen. Bd 3