Peters letzter Seezug. Edelmut des Herzogs von Holstein. Fortgang seiner Angelegenheit in Schweden

Indess beschäftigte Petern unausgesetzt die Ausrüstung der Flotte. Bei der Musterung fand er mehrere überflüssige, den Schweden abgenommene Galioten und Frachtschiffe. Diese und einige andere Schiffe, die in den Liefländischen Häfen erbaut waren, verteilte er zum Handelsgebrauch unter die Städte Petersburg, Riga, Reval und Wiburg, und erbot sich zweidrittel der Kosten ihrer Bemannung zu tragen, unter der Bedingung, dass die Stadtmagistrate nicht nur für die übrige Bemannung sorgen, sondern auch die Schiffe, wenn sie abgängig würden, ersetzen.*)

*) Nestesuranoi IV. p. 687.


Eine Flotte von hundert Galeeren, einigen zwanzig Kriegsschiffen und vierzehn Fregatten war ausgerüstet und mit Lebensmitteln für sechs Monate versehen. Der Groß-Admiral Apraxün führte sie. Peter selbst befehligte unter dem Namen Michailow das Vordertreffen, der Vize-Admiral Gordon das Hintertreffen, und Apraxün das Mitteltreffen. Peter bestieg zum ersten Male das neue Schiff Katharina, welches ganz zu Pestersburg gearbeitet war. Das Schiff Ingermannland, auf dem er einst (1716) den ehrenvollen Oberbefehl über die vier vereinten Flotten geführet hatte, solle, so erklärte er, nicht weiter dem Krieg und den Wellen Preis gegeben, sondern zum Andenken jenes Ereignisses im Hafen erhalten werden.

Im Anfang des Julius (1/12) stach die Flotte zu See. Auf ihr befand sich auch der Herzog von Holstein. Menschikow, der sich durch Vernachlässigung bei der Ausrüstung aufs neue des Kaisers Unwillen zugezogen hatte, war, obgleich Vize-Admiral, vom Zuge ausgeschlossen.*) Die drohende Flotte zeigte sich bald zwölf Meilen von Stockholm. Bassewitz, voll sanguinischer Erwartungen, schrieb dem Herzoge, seine Anhänger mehrten sich dergestalt im Reiche, dass, wenn er nur in Person sich zeige, er den Thron seiner Vorfahren zu besteigen hoffen dürfe. ,,Das sei ferne,“ antwortete, ohne des Ministers Schreiben dem Kaiser zu zeigen, mit seltenem Ehelmute der Herzog. ,,Eine solche Revolution,“ fuhr er fort, ,,würde mein armes, durch so viele Kriege zerrüttetes, Vaterland vollends zu Grunde richten. Um diesen Preis kaufe ich keine Krone, und sollte ich nie eine tragen.“ Bassewitz, obgleich ihm geboten war, dies Schreiben sofort zu verbrennen, achtete es dem Vorteil seines Herrn gemäß, dasselbe dem Grafen Horn, dem Haupte der Patrioten, zu zeigen. ,,Lernen Sie,“ prach er, ,,den Fürsten kennen, den Sie verleumden und verfolgen!“ Horn, durch so viel Edelmut gewonnen, verwandte sich seit dem Augenblick für den Herzog. Er verschasffte ihm ein Jahrgehalt von fünf und zwanzig tausend Thalern und eine Versicherungs-Akte, ,,dass die Schwedische Nation dem Stamme Wasa die größte Verbindlichkeit habe, und dass keine Ursache vorhanden sein würde, im Fall der Thron-Erledignng die Person des Herzogs zu übergehe, in soferne nicht, wie immer zu erwarten sei, dessen Verhalten, gegen den König, die Königin, oder den Staat, dazu Veranlassung gäbe.“ Zugleich versicherten die Ersten der Schwedischen Nation in mehrern Schreiben dem Kaiser, dass die Nation sich geschmeichelt fühlen werde, einen geliebten Fürsten, der von ihren Königen entsprungen sei, in die Familie des Kaisers eintreten zu sehn, und dass dieser Eintritt vorzüglich dazu beitragen werde, die Verbindung zwischen den beiden Kronen zu befestigen.**)

*) Weber II. S. 101.

**) Bassewitz I. c. p. 357. sq.




Dieses Kapitel ist Teil des Buches Leben Peters des Großen. Bd 3