Peters Rückkehr. Fest der Schöpfung der russischen Flotte. Peters erstes Haus, zum Denkmal geweiht

Der Russische Seezug schreckte, obgleich er bloß für einen Übungszug der Flotte galt, nicht nur Schweden, sondern auch den Dänischen Hof, welcher sich bewußt war, durch seinen besondern Frieden mit Schweden und durch seine Verbindung mit England, Peters Unwillen gereizt zu haben. Auch war kurz vorher von Seiten Russlands an diese Krone die Anforderung ergangen, den Monarchen Russlands als Kaiser zu erkennen, die Russische Schiffe zollfrei durch den Sund gehen zu lassen, den Herzog von Holstein in alle seine Staaten wieder einzusetzen, und ihm die Festung Tönningen in dem Zustande, in welchem sie sich jetzt befände, abzutreten.

Dännemark hatte hiernach allerdings zu fürchten Ursache. Aber es kam, wie Schweden, mit der Sorge und mit dem Kostenaufwande frei, welche die Rüstung gegen eine Flotte veranlagte, deren Möglichkeit vor gar wenigen Jahren noch keiner ahnte. Peter kehrte nach kurzem Kreuzzuge, der sich ans den Finnischen Meerbusen beschränket hatte, in der Mitte des Sommers (August 5/16) nach Kronstadt zurück. Es war sein letzter Seezug.


Nie ward er vom Gefühle dessen, was er geleistet hatte, so ergriffen, als in diesem Augenblicke, da er an der Spitze seiner eigenen Flotte, als entschiedener Meister der Ostsee, in die gesicherte Newa einfuhr. Nach dem Berichte seiner Admiralität fanden sich ein und vierzig Kriegsschiffe zu dienstbarem Stande, die mit 2.106 Kanonen und mit 14.960 Matrosen besetzt waren. *) Peter beschloss, durch ein großes Fest die Schöpfung der Russischen Flotte zu feiern.

*) Richardt S. 564.

Er hatte jüngst in Moskau das kleine Boot wieder gesehen, das dem Zaren Iwan Wassiljewitsch einst auf dessen Begehren vom Könige von England geschenket war. Es war das erste Fahrzeug der Gattung, so man in Russland gesehen hatte: Es war das Boot, durch dessen Ansicht bei Petern, dem Jüngling, die Lust zum Schiffbau gewecket war. Wie einen alten Freund sah er es wieder, und freudig nannte er es den kleinen Großvater vieler großer Enkel. Er beschloß, es nach Petersburg bringen zu lassen, und es dort der Folgezeit aufzubewahren, als ein Denkmal dessen, was die Russische Seemacht war, und was sie ward durch ihn.

Das Schifflein war jetzt in Petersburg angekommen, und damit es nicht auseinander falle, von außen ganz mit Kupfer beschlagen. Peter bereitete jetzt ein Fest der Weihe des kleinen Großvaters. Wie im Triumph sollte es nach Kronflot gebracht, und dort von der wiedergekehrten Kriegsflotte begrüßt werden. Alle fremde Minister waren zu dieser Feierlichkeit geladen. Als das Boot (August 11/22) aus der Galiote, die es in Begleitung von mehr als hundert Fahrzeugen nach Kronflot geführt hatte, in die See gelassen ward, ertönte der Donner von mehrern tausend Kanonen. Jetzt nahte das Boot der Kriegsflotte, die sich in Halbzirkel geleget hatte. Der Kaiser selbst war im Boote. Der Großadmiral Apraxün saß am Steuer , und die Vize-Admirale Sivers, Gordon und Menschikow ruderten. So wie das Boot bei den Kriegsschiffen vorüber fuhr, senkte jedes Schiff ehrfurchtsvoll die Flaggen; es feuerte alles Geschütz. Der Gruß ward jedesmal von dem Boote mit drei Schüssen aus den kleinen Kanonen, die es an Bord hatte, erwiedert. Auch vom Hafen, wo die Kaiserin mit ihrem Hofstaate in einem Zelte dem Schauspiele zusah, erscholl ein lautes Hurrah, das vom Boote beantwortet ward. Jetzt ward es in den Hafen geführt. Der Kaiser und Menschikow ruderten. Eine dritte Salve der ganzen Flotte, vereint mit dem Geschütze der Festung und ihrer Werke, bewillkommte die Landenden. Unter freiem Himmel ward getafelt, und rauschend ergoss sich die Freude bis tief in die Nacht. Das Boot erhielt seinen Ehrenplatz unter den Linienschiffen. Nachher ward es an Land gebracht, und feierlich als eine Staatsreliquie, in der Festung bewahret. *)

*) Nestesuranoi IV. p. 695. Bergholz S. 297. f. Bassewitz p. 359. S. auch Anmerkung 22.

Wie das Boot, so weihte Peter auch das kleine hölzerne Haus, das erste, womit er vor zwei und dreißig Jahren den Anfang zum Bau der Wunder-Stadt gemacht hatte, die jetzt dem Baltischen Meere Gebote gab. Bei dem Austritt der Newa, welche die Stadt (im Herbst 1723) überschwemmte, *) war das Häuschen mit dem Umsturz bedrohet. Peter ließ es mit einer steinernen Mauer umfassen, und es so zum ewigen Andenken der Nachwelt überliefern. **)

Die Überschwemmung, womit Petersburg oft im Spät-Herbste, am schlinmsten im Jahre 1721, heimgesuchet war, erregte bei den Einwohnern lebhafte Besorgnisse; und Übeldenkende nutzten sie, um der Stadt den Untergang im Wasser zu prophezeihen. Peter untersuchte mit großer Sorgfalt die Beschaffenheit des befestigten Newa-Ufers, und zerstreute durch seine Anstalten die weitern Besorgnisse.

*) Anmerkung 23.

**) Weber II. S. 125.



Dieses Kapitel ist Teil des Buches Leben Peters des Großen. Bd 3