Peter lässt das Kaspische Meer untersuchen und in Persien Genugtuung fordern. Koschin. Beckewitsch. Wolynskoi. Verden. Soimonow.

Um mit Ort- und Sachkunde in der wichtigen Angelegenheit verfahren zu können, musste das in geographischer Hinsicht damals noch wenig bekannte Kaspische Meer genauer untersucht werden. Dies war der Hauptzweck der Züge, die aus Peters Antrieb von Alexander Koschin und dem Fürsten Tscherkaski (Beckewitsch) in den Jahren 1715 und 1616 unternommen waren. Zugleich hatte Peter aber auch den Oberstlieutenant Artemi Wolynskoi nach Persien gesandt, um dem gestörten Russisch-Persischen Handel durch einen festen Verein die Sicherheit zu verschaffen, die ihm fehlte.

Wollynskoi hatte den Auftrag, nicht nur mit dem Schach Hussein einen Handelsvertrag zu schließen, sondern auch den Schach zur Verfolgung und Bestrafung der Handelstörenden Aufrührer aufzufordern, und falls er sich mit dem Unvermögen entschuldigte, Russische Hilfsvölker gegen die Empörer anzubieten. Der Gesandte erreichte in so fern den Zweck seiner Sendung, dass er (1718, Dez. 21.) mit dem ersten Minister des Schachs wirklich einen Handelsverein schloss, der auch die Genehmigung beider Monarchen erhielt. Aber dass der Handel auch werde gesichert werden, das konnte der schwache Hussein bei dem zerrütteten Zustande seines Reiches nicht verbürgen.


Der Afghaner Mir-Weis hatte sich noch mit der Provinz Kandahar begnügt. Aber sein Sohn Mir-Machmud, der 1715 zur Herrschaft gelangte, war mit bewaffneter Hand tiefer in Persien eingedrungen, und Schach Hussein kämpfte nur noch schwach gegen den entschlossenen Anfrührer. Dennoch schlug jener die angebotene Russische Hilfe gegen die Empörer aus. Es schien ihm gefährlich einen mächtigen Nachbar ins Land zu locken, und er mußte den Russen um so mehr misstrauen, da einer der Persisch - Georgischen Fürsten, Artshil, der zur Wiedererlangung seines Reichs Petern anrief, und seinen einzigen Sohn in dessen Dienste gab, nach dieses Sohnes Tode Petern zum Erben seines Reichs ernannt hatte.

Der wiederkehrende Wolynskoi schlug daher schon damals dem Kaiser vor, dass er die, längs der Kaspischen See gelegenen Persischen Provinzen, die in der größten Gefahr stünden, von den Aufrührern überwältigt zu werden, zur Sicherheit der Russischen Grenzen in Schutz nehmen, und mit Russischen Völkern besetzen lassen möge. Da jedoch dies Vorhaben nicht füglich anders, als zu Wasser über das Kaspische Meer ausgeführt werden konnte, die Fahrt über das Meer, die Lage der Küsten und die Beweglichkeit der Häfen, aber noch nicht hinreichend bekannt waren, so beschränkte sich Peter darauf, dass er vorläufig (1719) einige erfahrene See-Offiziere, den Kapitän-Lieutenant Karl von Verden und den Lieutenant Feodor Soimonow, mit einer Mannschaft von 89 Mann, nach dem Kaspischen Meere sandte, um die Küsten, Flüsse und Häfen und das ganze Fahrwasser von Astrakan nach Derbent, wie auch ferner die Landschaften Gilan und Mazandaran vorbei bis nach Astrabat zu erforschen, und eine Karte davon zu entwerfen.

Der Auftrag ward erfullt. Die Gesandten kamen im ersten Jahre (1719) Derbent und Baku vorbei, bis an den Ausfluss des Kur. Ein in der Nähe herrschendes Oberhaupt, (Beg) der sie freundlich anfnahm, ahnete schon die Folgen des Zuges. „Jeder Samen“, sagte er bedeutungs-voll, „bringt zu seiner Zeit seine Frucht hervor.“ Dann ließ er zum Lobe des Schachs Nouschirwans, dessen Andenken den Persern heilig ist, ein Lied singen, und verglich den Herrscher der Russen schmeichelhaft mit jenem Pfleger der Gerechtigkeit. *)

Im zweiten Jahre (1720) verfolgten die Kommissare ihren Weg bis Astrabat (Furabat) und brachten Petern die verlangte Karte **)

*) Müller VII. S. 205.

**) Anmerkung 1.



Dieses Kapitel ist Teil des Buches Leben Peters des Großen. Bd 3