Zustand der Sachen im Türkenheere

Die ganze Türkische Armee, mit Inbegriff der Tataren vielleicht über zwei hundert tausend Mann stark *), hatte sich indes auf der Ebene Horste Guesti gesammelt. War gleich der Großvezier, der sie anführte, kein kriegserfahrner Mann, so hatte er doch einen kundigen Kihaja (Adjutanten) zur Seite. Auch fanden sich der Schwedische Graf Sparre und der Graf Poniatowsky im Türkischen -Lager, um die Anführer durch ihre Ratschläge zu unterstützen. Poniatowsky hatte Karl auf seiner Flucht nach Bender begleitet, und bei wiederholten Reisen nach Konstantinopel durch seine Überredungskunst bei der Pforte das Kriegsfeuer gegen die Russen hauptsächlich angefacht. Jetzt war er nicht lange von Bender zurück gekommen, wohin er auf des Großveziers Verlangen hatte reisen müssen, um Karl selbst in das Türkische Lager einzuladen. Aber Karl, zu folgen schon entschlossen, hatte sich wider seine Gewohnheit gerade hier, wo es galt, von der Bedenklichkeit seiner Minister, dass er im Türkischen Lager eine untergeordnete, einem Könige unanständige, Rolle spielen würde, umlenken lassen. Poniatowsky kam zurück ohne Karl, und brachte Entschuldigungen, die nicht entschuldigten. „Das habe ich erwartet,“ sagte mit Empfindlichkeit der Großvezier, indem er sich zum Tatar-Chan wandte. „Der stolze Heide fürchtet, uns zu viel Ehre zu erzeigen.“ Von dem Augenblick an ward er kälter für Karls Sache**) und schwieriger in Befolgung des Rats seiner Freunde. Dennoch kam durch Poniatowskis Treiben die Türkische Armee der Russischen bei Faltzü zuvor, zwang sie zum Rückzug und, begünstigt durch den Zufall, welcher die Tataren im Rücken der Russen über den Fluss geführt hatte, drohte sie jetzt ihrem rings eingeschlossenen Feinde den Untergang.

*) Voyage de la Motraye II. p. 17. 18. S. auch Anmerkung 9. a.
**) Remarques d’un Seigneur Polonois (Poniatowski) sur l’historire de Charles XII. par Voltaire. P. H. Bruce Reisen in Deutschland, Russland. Leipzig 1784. S. 42 f.