Peters Feldzug in Pommern von 1712

Aber die gemeinschaftliche Kriegs-Unternehmung in Pommern verstattete ihm nur kurze Ruhe. Die Belagerung von Stralsund war, seitdem Peter Deutschland verlassen hatte, in eine Sperrung verwandelt worden. Jetzt lief das Gerücht, dass der Dänische und Polnische Hof einen besondern Frieden mit Schweden zu unterhandeln begonnen hätten. Dies brachte ihn schnell zu dem Entschluss, in eigener Person dem neuen Feldzuge in Pommern beizuwohnen, und so die Ausführung jener Absicht zu verhindern*).

*) Tagebuch I. S. 408.


In der Mitte Jun. 1712 trat er, in Begleitung Katharinas, die Reise an, nachdem er zu guter Vorbedeutung noch am Tage der Abreise ein neues Schiff, Poltawa genannt, vom Stapel gelassen hatte.

Fünfzehn tausend Mann Russischer Truppen standen unter Fürst Menschikow in Pommern. Die Russen sahen sich hier zu ihrer Verwunderung im nördlichen Deutschland unter Sprachverwandte-Völker versetzt, deren Wendische Mundart so sehr der ihrigen glich, dass sie ohne Dolmetscher verstanden wurden *).

In Pommern sollten die Dänischen und Polnisch-Sächsischen Truppen zu den Russen stoßen, um gemeinschaftlich mit ihnen die Schwedischen Besitzungen, die Insel Rügen, Stralsund und Stettin anzugreifen. Der letzte Ort, dessen Besitz zu Erleichterung der Verbindung mit Polen wichtig werden konnte, war schon von acht tausend Mann Russen berennt. Hierher eilte dann der Zar; und im Lager vor Stettin empfing ihn sein Sohn Alexei **).

*) Anmerkung 28.
*) Tagebuch I. S. 412.


Peter empfand bald, wie wesentlich für den Fortgang der Kriegsverrichtungen es sei, ob Eines Wink alles ordne und schaffe, oder ob mehrere, wiewohl zu gleichem Zwecke vereinte, Willen tätig sind. Stettin sollte belagert werden: aber es fehlte an Geschütz; und dies Geschütz ward von der, unter dem Vizeadmiral Sehestedt an der Pommerschen Küste erschienenen Dänischen Flotte erwartet. Peter machte sich auf, dessen Herbeiführung zu fördern. Sehestedt, den er in Anklam traf, entschuldigte sich, dass er auf seines Königs ausdrücklichen Befehl das Geschütz nicht verabfolgen dürfe, wenn nicht zugleich die Sächsische Artillerie heran geführt würde. Also an den König von Polen musste man zuvor sich wenden. Peters Geduld ward mächtig auf die Probe gestellt.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Leben Peters des Großen. Bd 2