Mazeppas Neffe in Peters Gewalt

Von Havelberg ging er die Elbe hinab nach Altona, ohne die Stadt Hamburg zu berühren, mit welcher er damals wegen der Auslieferung eines merkwürdigen Verhafteten in Unterhandlung war. Der Verhaftete war Woinarowsky, ein Schwestersohn des Verräters Mazeppa. Selbst kinderlos, hatte Mazeppa seinen Neffen zum Erben eingesetzt und nicht lange vor dem Ausbruch seiner Verräterei ihn in das Ausland auf Reisen geschickt. Des Oheims unglückliches Schicksal teilend, war Woinarowsky nach der Poltawaschen Schlacht dem König Karl in die Türkei gefolgt, nach Mazeppas Tode (1709) aber nach Deutschland zurück gekehrt, und jetzt auf der Reise nach Schweden begriffen, um vom König Karl die Bezahlung einer bedeutenden Summe zu fordern, die Mazeppa dem Könige, ehe derselbe von der Pforte Unterhalt empfing, vorgeschossen hatte. Peter, schon in Kopenhagen von Woinarowskys Reise unterrichtet, hatte längst durch seinen Residenten in Hamburg, dessen Verhaftung daselbst vorbereitet, und der Hamburgische Magistrat durfte sich nicht entlegen, das Verlangen des Zaren zu erfüllen.

Da der Graf in Schwedischen Diensten stand, so forderten die Schweden seine Befreiung und drohten mit ihres Königs Rache, sofern der Magistrat es wage, den Verhafteten an den Zaren auszuliefern. Selbst der Wiener Hof verwies dem Magistrate, dass derselbe durch diese Verhaftung die Neutralität des Deutschen Reichs gegen die kriegführenden Mächte verletzt habe. Doch Woinarowsky selbst zog den Magistrat aus der Verlegenheit. In der Hoffnung, Gnade vor dem Zaren zu finden, bat er den Magistrat, ihn nach Altona in Dänische Gewahrsam führen zu lassen. Er wählte dazu den Namenstag (Nov. 24.) der Kaiserin Katharina, deren Fürsprache er sich erbeten hatte. Sein Wunsch ward erfüllt. Peter kam jetzt selber zu ihm in das Gemach, wo er bewahrt ward. Woinarowsky fiel ihm zu Füßen und fleht um Leben, Freiheit und Gnade. Peter hob ihn auf. Dem Schuldigen ward das Leben geschenkt. Aber sein künftiger Aufenthalt ward Sibirien, wo er zu Jakuzk in Freiheit von dem Gelde lebte, das ihm die Krone zu seinem Unterhalte reichen ließ *).


Ein mit Diamanten besetzter Degen, den der Zar von der Stadt Hamburg als Geschenk annahm, war ein Zeichen, dass er mit der Stadt wieder versöhnt sei.

*) Motley II. p. 278. Tagebuch III. S. 116. besonders aber Müller in Scheremetews Leben S. 133 f. Seine Nachrichten sind aus Archiv-Schriften geschöpft. Auch hat er selbst noch 1736 und 37 Woinarowsky in Jakuzk gekannt.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Leben Peters des Großen. Bd 2