Lage der Sachen in Pommern

Peter hatte die schwer errungene Herrschaft über das schwarze Meer verloren. Aber ein weites Feld blieb seinem unternehmenden Geiste noch übrig. Es war die Sicherung seiner Eroberung am Baltischen Meere, einer Eroberung, die auf die innere Kraft des Staats und das Wohlsein seiner Untertanen einen ungleich wesentlicheren Einfluss hatte, als die fern glänzenden Trophäen am Pontus.

Während Peter am Ufer des Pruts seinen Kampf mit dem wankenden Glücke kämpfte, waren seine Verbündeten gegen Schweden nicht müßig gewesen. Karls Starrsinn bahnte ihnen selbst den Weg, um ihn noch empfindlicher zu drücken.


Nach des Königs Niederlage bei Poltawa hatte sich ein ansehnliches Korps Schweden, unter Anführung des Generals Krassau, aus Polen nach der Schwedischen Provinz Pommern gezogen. Aus Besorgnis, dass das Kriegsfeuer dadurch nach Deutschland verbreitet werden möchte, war bald darauf (1709 Nov. 28. und Dez. 24.) zwischen Polen, Russland und den, wider Frankreich verbundenen, Mächten, dem Kaiser, England und Holland im Haag ein Verein (Konzert) zu Stande gekommen, welcher den Schwedischen Provinzen in Deutschland und zugleich den Holstein - Gottorpischen Landen die Neutralität unter der Bedingung sicherte, dass das Krassauische Korps in Pommern entweder unwirksam bleiben, oder nach Schweden zurück gehen solle. Aber Karl, der in seiner Phantasie noch immer an der Spitze eines siegenden Heeres Gesetze zu geben wähnte, verwarf aus der Tiefe von Bessarabien diese Neutralität, erklärte, dass er seine Feinde aufsuchen und angreifen würde, wo und wann er sie fände, und schickte Krassaun Befehl zu, mit seinem stark vermehrten Korps wieder nach Polen aufzubrechen.

Nichts hinderte jetzt Schwedens Feinde, den Krieg auch ihrerseits nach Pommern zu spielen. Besonders war es Peter wichtig, während er in die Moldau zog, das Krassauische Korps, welches ihm in den Rücken zu kommen drohte, in Pommern zurück zu halten. Auch waren Dänemark und Polen in seine Absichten eingetreten. Aber jetzt erst, da Peter früher, als er geglaubt hatte, aus der Moldau nach Polen zurück kam, jetzt erst zogen die Dänen, unter ihres Königs eigener Anführung, durch Mecklenburg gegen Pommern, indes der König August mit den Polnisch-Sächsischen und Russischen Truppen über Strelitz auch dahin vorrückte. Die beiden Heere vereinigten sich vor Stralsund und belagerten diese wichtige Schwedische Seestadt.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Leben Peters des Großen. Bd 2