Friedensverhandlungen
Immittelst waren Scheremetews Friedensworte an den Großvezier gelangt. Man rief Poniatowsky, und fragte, was er von dem Antrage denke. „Ihr werdet doch nichts“ erwiderte er, „mit Leuten unterhandeln, die notgedrungen sich ohne Bedingung zu Gefangenen ergeben müssen? Der Kanonendonner sei die Antwort!“ Mit diesen Worten verließ er in Begleitung des einstimmenden Kihaja den Vezier, um die nötigen Befehle zur Beschießung des Russischen Lagers zu erteilen. Wirklich brachte er es dahin, dass das Feuer des schweren Geschützes von allen Seiten abfing, während sich die Truppen zu verschiedenen Angriffen, die zu gleicher Zeit erfolgen sollten, anschickten.
In diesem Augenblick kam ein Befehl vom Großvezier, es solle mit dem Feuer eingehalten werden; der Feind verlange zu kapitulieren, und sei im Begriff, ihm Gesandten zu schicken. Der Kihaja musste gehorchen. Er und Poniatowsky umritten jetzt die Russischen Verschanzungen und sahen sie in der Nähe. Poniatowsky zeigte dem Kihaja die Schwäche der Russen, und die Unhaltbarkeit ihrer Werke. Er zeigte ihm, wie sie knietief im Wasser stünden, wie alles mehr tot, als lebend scheine, und wie wahrscheinlich es sei, dass die Russen einen wiederholten Angriff zu bestehen nicht vermöchten.
Mit dieser Überzeugung kehrten sie zu den Zelten des Großveziers zurück. Mehemet hatte zwar mit der Beantwortung des ersten Russischen Schreibens gezögert; als aber das türkische Feuer begann, und die Russen nun zum zweitenmal eine kurze Antwort forderten, ob die Türken Friede haben wollten, oder nicht; als die Russen, bei weiterer Zögerung der Türken, wirklich zum Angriff aus den Linien zu rücken begannen, da hatte der Vezier es für ratsam gehalten, in einen Waffenstillstand zu willigen, und zu gestatten, dass ein russischer Abgeordneter kommen dürfe, um über einen Frieden zu verhandeln.
Poniatowsky wünschte dem Großvezier Glück. Es hänge bloß von ihm ab, sagte er, den Zaren in seine Hände zu bekommen, sein ganzes Heer gefangen zu nehmen, und sein Reich der Pforte zinsbar zu machen. Auf des Veziers Verlangen musste er seine Gedanken zu Papier bringen. Sie bestanden in zwei Punkten. „Erstens: Der Zar kommt zu den Füßen des Großveziers und wird sofort nach Konstantinopel geschickt. Zweitens: Die Armee streckt das Gewehr und wird kriegsgefangen.“
Der Vezier ließ dies laut verlesen, und steckte die Schrift zu sich, ohne zu antworten.
Jetzt meldete man die Gevollmächtigten des Zars, und Poniatowsky verließ des Großveziers Zelt. Es war Abend geworden. Nach der Abrede, die mit Poniatowsky genommen war, hatte die Russische Gesandtschaft dem Staatssekretär Hummer Effendi ihre Anträge tun sollen. Aber die Russen waren unmittelbar vor des Großveziers Zelt abgestiegen, und der Kapigi Boscha, der sie begleitet hatte, führte sie dort ein.
Der Unterkanzler Schasirow, ein Emporkömmling, dessen Talent Peter nach seiner Menschenkenntnis schnell entdeckt und geltend gemacht hatte *), er war das Haupt der Gesandtschaft, die vom Zaren zu Einleitung dieses wichtigen Geschäfts bevollmächtigt war. Ihn begleiteten der Generalmajor Scheremetew, ein Bruder des Feldmarschalls, und der in Geschäften gewandte Ostermann, welcher in der Folge in der Russischen Geschichte so merkwürdig ward. Sie hatten die Vollmacht, den Türken, wofern es nicht anders sein könne, alle vorigen Eroberungen an dem Don und an dem Dnepr nebst den, in den dortigen Gegenden neu angelegten Städten und Festungen, und im Fall der höchsten Not, noch mehr, als dies, abzutreten **).
*) Anmerkung 14. a.
**) Scheremetews Leben. S 98. Anmerk, 14 b.
Der Vezier begrüßte die Russen freundlich und ließ ihnen Sitze geben. Dann rief er Poniatowskys Dollmetscher, der zur Seite stand, und ließ die Gesandten fragen: „Was die Russen in den Staaten des Großherrn zu tun hätten? Die Verwüstung der Moldau sei die Folge gewesen, und zur Entschädigung verlange der Vezier
die Herausgabe von Asow, die Schleifung der neu erbauten Festen Taiganrok und Kamienny Zaton, und die Ablieferung des Geschützes.“
Schasirow wiederholte mündlich, was schon Scheremetews Schreiben enthielt. „Er klagte seinerseits über der Tataren räuberische Einfälle in das Russische Gebiet, statt dessen die Russen in der Moldau für ihr Geld gezehrt hätten. Des Großveziers Forderungen wären groß; aber um des Großherrn Freundschaft zu erhalten, erbiete sich der Zar, Asow wieder abzutreten und Taiganrok zu schleifen. Kamienny Zaton sei ihm nötig, um sein Land vor den Einfällen der Tataren zu schützen. Noch weniger könne die Russische Armee das Geschütz entbehren, womit sie sich auf ihrem Marsch gegen die Schweden verteidigen müsse.“
„Auch haben wir,“ sagte darauf der Vezier, „einen Gast bei uns, den König von Schweden, für den ich einen freien Durchzug fordre.“
„Der ist ihm gern gestattet,“ antwortete Schasirow. „Auf unsern Händen wollen wir ihn tragen.“
Der Vezier brach in einen Ruf der Verwunderung aus. Aber noch immer forderte er die Ablieferung des Geschützes, und sprach nun auch von der Freiheit der Kosaken, die, so forderte er, einen unabhängigen Staat bilden müssten.
Schafiron? erwiderte, der Vezier könne alle Kanonen, die sich bei der Russischen Armee befänden, zählen lassen, und sich versichert halten, dass ihm eine gleiche Anzahl bei der Zurückgabe von Asow geliefert werden solle. Denn der Großvezier sei zu gerecht, als dass er Asow in einem anderem Zustande, als worin es bei der Einnahme der Russen gewesen, verlangen sollte.
Der Vezier fand dies billig, und die Gesandtschaft ward entlassen, um dem Zaren die Bedingungen zu überbringen.
In diesem Augenblick kam ein Befehl vom Großvezier, es solle mit dem Feuer eingehalten werden; der Feind verlange zu kapitulieren, und sei im Begriff, ihm Gesandten zu schicken. Der Kihaja musste gehorchen. Er und Poniatowsky umritten jetzt die Russischen Verschanzungen und sahen sie in der Nähe. Poniatowsky zeigte dem Kihaja die Schwäche der Russen, und die Unhaltbarkeit ihrer Werke. Er zeigte ihm, wie sie knietief im Wasser stünden, wie alles mehr tot, als lebend scheine, und wie wahrscheinlich es sei, dass die Russen einen wiederholten Angriff zu bestehen nicht vermöchten.
Mit dieser Überzeugung kehrten sie zu den Zelten des Großveziers zurück. Mehemet hatte zwar mit der Beantwortung des ersten Russischen Schreibens gezögert; als aber das türkische Feuer begann, und die Russen nun zum zweitenmal eine kurze Antwort forderten, ob die Türken Friede haben wollten, oder nicht; als die Russen, bei weiterer Zögerung der Türken, wirklich zum Angriff aus den Linien zu rücken begannen, da hatte der Vezier es für ratsam gehalten, in einen Waffenstillstand zu willigen, und zu gestatten, dass ein russischer Abgeordneter kommen dürfe, um über einen Frieden zu verhandeln.
Poniatowsky wünschte dem Großvezier Glück. Es hänge bloß von ihm ab, sagte er, den Zaren in seine Hände zu bekommen, sein ganzes Heer gefangen zu nehmen, und sein Reich der Pforte zinsbar zu machen. Auf des Veziers Verlangen musste er seine Gedanken zu Papier bringen. Sie bestanden in zwei Punkten. „Erstens: Der Zar kommt zu den Füßen des Großveziers und wird sofort nach Konstantinopel geschickt. Zweitens: Die Armee streckt das Gewehr und wird kriegsgefangen.“
Der Vezier ließ dies laut verlesen, und steckte die Schrift zu sich, ohne zu antworten.
Jetzt meldete man die Gevollmächtigten des Zars, und Poniatowsky verließ des Großveziers Zelt. Es war Abend geworden. Nach der Abrede, die mit Poniatowsky genommen war, hatte die Russische Gesandtschaft dem Staatssekretär Hummer Effendi ihre Anträge tun sollen. Aber die Russen waren unmittelbar vor des Großveziers Zelt abgestiegen, und der Kapigi Boscha, der sie begleitet hatte, führte sie dort ein.
Der Unterkanzler Schasirow, ein Emporkömmling, dessen Talent Peter nach seiner Menschenkenntnis schnell entdeckt und geltend gemacht hatte *), er war das Haupt der Gesandtschaft, die vom Zaren zu Einleitung dieses wichtigen Geschäfts bevollmächtigt war. Ihn begleiteten der Generalmajor Scheremetew, ein Bruder des Feldmarschalls, und der in Geschäften gewandte Ostermann, welcher in der Folge in der Russischen Geschichte so merkwürdig ward. Sie hatten die Vollmacht, den Türken, wofern es nicht anders sein könne, alle vorigen Eroberungen an dem Don und an dem Dnepr nebst den, in den dortigen Gegenden neu angelegten Städten und Festungen, und im Fall der höchsten Not, noch mehr, als dies, abzutreten **).
*) Anmerkung 14. a.
**) Scheremetews Leben. S 98. Anmerk, 14 b.
Der Vezier begrüßte die Russen freundlich und ließ ihnen Sitze geben. Dann rief er Poniatowskys Dollmetscher, der zur Seite stand, und ließ die Gesandten fragen: „Was die Russen in den Staaten des Großherrn zu tun hätten? Die Verwüstung der Moldau sei die Folge gewesen, und zur Entschädigung verlange der Vezier
die Herausgabe von Asow, die Schleifung der neu erbauten Festen Taiganrok und Kamienny Zaton, und die Ablieferung des Geschützes.“
Schasirow wiederholte mündlich, was schon Scheremetews Schreiben enthielt. „Er klagte seinerseits über der Tataren räuberische Einfälle in das Russische Gebiet, statt dessen die Russen in der Moldau für ihr Geld gezehrt hätten. Des Großveziers Forderungen wären groß; aber um des Großherrn Freundschaft zu erhalten, erbiete sich der Zar, Asow wieder abzutreten und Taiganrok zu schleifen. Kamienny Zaton sei ihm nötig, um sein Land vor den Einfällen der Tataren zu schützen. Noch weniger könne die Russische Armee das Geschütz entbehren, womit sie sich auf ihrem Marsch gegen die Schweden verteidigen müsse.“
„Auch haben wir,“ sagte darauf der Vezier, „einen Gast bei uns, den König von Schweden, für den ich einen freien Durchzug fordre.“
„Der ist ihm gern gestattet,“ antwortete Schasirow. „Auf unsern Händen wollen wir ihn tragen.“
Der Vezier brach in einen Ruf der Verwunderung aus. Aber noch immer forderte er die Ablieferung des Geschützes, und sprach nun auch von der Freiheit der Kosaken, die, so forderte er, einen unabhängigen Staat bilden müssten.
Schafiron? erwiderte, der Vezier könne alle Kanonen, die sich bei der Russischen Armee befänden, zählen lassen, und sich versichert halten, dass ihm eine gleiche Anzahl bei der Zurückgabe von Asow geliefert werden solle. Denn der Großvezier sei zu gerecht, als dass er Asow in einem anderem Zustande, als worin es bei der Einnahme der Russen gewesen, verlangen sollte.
Der Vezier fand dies billig, und die Gesandtschaft ward entlassen, um dem Zaren die Bedingungen zu überbringen.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Leben Peters des Großen. Bd 2