Der Storch, ein Feind der Bienen

Um zu beobachten, welchen Einfluss ein sehr erhöhter Standort auf Wohlergehen der Bienen ausübe, brachte ich vor mehreren Jahren auf die Reste eines alten Turmes, die etwa noch 3 Stockwerke Höhe hatten, einen gesunden Bienenstock. Anfangs flog derselbe ganz gut, doch bald bemerkte ich, dass er an Volk nicht gehörig zunahm, und zeigten die Bienen eine große Ängstlichkeit, ja sogar sie zogen sich sämtlich in das Innere des Korbes zurück, sobald ich mich dem Stocke näherte. Diese Erscheinung war mir neu. Der Bien hatte gute Honigtracht, gesunden Weisel, viele und gesunde Brut. Dass der Stock an Volk nicht besonders zunahm, schrieb ich seinem hohen Standorte zu. Wie erstaunte ich aber, als ich eines Mittags, meinen Stand besuchend, einen Storch unmittelbar vor demselben stehen und ihn jede Biene, die das Flugloch passieren wollte, wegfangen sah. Eine Otterfalle befreite meinen Bienenstock von seinem Feind schon am folgenden Tage, und jetzt nahm der Bien regelmäßig an Volk zu, doch blieben die Bienen noch einige Zeit schüchtern. — Welche Massen von Bienen die Störche auf Wiesen wegfangen, davon macht man sich keinen Begriff. Einen solchen Nascher schoss ich einstmals auf einer Wiese am Mittag während der besten Honigtracht. Er stand mitten zwischen Wiesenblumen ruhig im Grase, bewegte bloß seinen Schnabel bald rechts, bald links, ohne sich von seinem Standpunkte zu entfernen. Seinen Kropf fand ich von Bienen fast gefüllt, deren Menge einem schwachen Nachschwarme fast gleichkommen mochte. (Bienen-Zeitung.)

Aus: Archiv für Landeskunde in den Großherzogtümern Mecklenburg und Revue der Landwirtschaft. 1852


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Landwirtschaftliche Miszellen aus dem Jahre 1852