Benutzung der Brennnessel

Die Brennnessel, welche in dem schlechtesten Boden fortkommt, weder Wartung noch Pflege bedarf, große Hitze und strenge Kälte verträgt, ausdauernd ist und eine Höhe von 7 Fuß erreicht, ist für Menschen und Tiere von vielfachem Nutzen. Sie lässt sich ebenso wie der Hanf bearbeiten, und man macht aus ihr das echte Nesseltuch. Bei ihrer Reife, in der zweiten Hälfte des August, wenn die Blätter abzutrocknen anfangen, die Stengel gelblich oder dunkelrot erscheinen und der Same leicht von der Hülse losgeht, schneidet man sie mit einer Sichel nahe an der Erde ab, zu welcher Arbeit man sich wider das Stechen dieser Pflanze mit Handschuhen versieht. Man breitet die abgeschnittenen Stengel auf einer Wiese aus und lässt sie ein paar Tage lang trocknen; dann streift man die Blätter ab, röstet sie, bindet sie in Bündel und lässt sie 6 bis 7 Tage in klarem Fluss- oder Teichwasser weichen. Die fernere Behandlung ist wie beim Hanfe, und die Nessel lässt sich noch viel weißer als der Hanf bleichen. Der reife Nesselsame ist ein gutes Futter für die Hühner, welche im Winter fleißig darnach legen; eben diese Wirkung haben auch die trockenen und in Wasser gekochten Blätter. Kocht man noch so hartes Fleisch mit den Blättern der Nessel, so wird es weich, und rohes Fleisch, zwischen diese Blätter gelegt, erhält sich länger als gewöhnlich. Überhaupt sind die Blätter für das Vieh so nahrungsreich als gesund. Das Rindvieh gibt bei solchem Futter eine gute Milch, es bekommt ein fetteres Fleisch und wird vor vielen Krankheiten gesichert. Durch die Wurzeln der Nessel wird das Land haltbarer gemacht. Auch kann man mit diesen Wurzeln Eier, Garn etc. schön gelb färben.

Aus: Archiv für Landeskunde in den Großherzogtümern Mecklenburg und Revue der Landwirtschaft. 1852


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Landwirtschaftliche Miszellen aus dem Jahre 1852