Oldenburger Vieh

Das Oldenburger Pferd, namentlich das Butjadinger, ist im Allgemeinen von guten Formen und kräftig gebaut. Breit in Brust und Kreuz, kurz von Rücken und langer Kruppe, mit kurzen, starken muskulösen Beinen. Sein Gang ist meistens regelmäßig und sein Temperament für ein Arbeitspferd passend. Als Muster des Butjadinger Pferdes darf der 14jährige Hengst „Landessohn“, Eigenthum des Hofbesitzers Martens in Ellwürden (Kreis Oevelgönne), genannt werden, dessen überaus kräftiger Bau und dabei schöne Formen, auch rasches und leichtes Gangwerk — selbst im Vergleich mit englischen derartigen Pferden — Bewunderung erregen. Den „Landessohn“ zog der Besitzer selbst aus einer Butjadinger Stute von einem selbstgezogenen Hengst (ohne Namen), der ebenfalls ausgezeichnet gewesen sein und 14 Jahre lang jährlich im Durchschnitte 150 Stuten gedeckt haben soll. Bis vor Kurzem deckte der „Landessohn“ für 5 Thlr., als aber die Zuführung von Stuten zu groß ward, setzte der Besitzer das Deckgeld auf 10 Thlr. Darauf wurden ihm sogar 200 Stuten vorigen Jahr zugeführt. Ähnlich sind die Deckhengste: der „Oldenburger“, der „Ellwürdner“, der „Nobele“ u. a. m. Die guten Landstuten gleichen ihnen und fallen durch ihr starkes Fundament und kompaktes Gebäude bei leichter Hälsung und gut angesetzten Schwanzknochen auf. Allerdings sind sie nicht „hoch aufgesetzt“, indes tut das dem Arbeitspferd keinen Abbruch. Übrigens zeigten diese für ein Kutschpferd notwendige Form solche Füllen, welche nach einem Jorkshire (Cleveland) Hengste gefallen waren, welchen wir bei dem Landwirte U. Lübben antrafen. Im Vergleiche zu dem sogenannten Dänischen (Jütländer, auch Inseln) Pferde ist das Butjadinger Pferd wesentlich besser gebaut, auch leichter von Gang und aktiver. Unverkennbar sind die Spuren guten Blutes darin, welches Graf Anton Günther von Oldenburg vor mehr als 200 Jahren eingeführt haben soll. Aber man achtete und Pflegte auch den guten Stamm durch Köhren der Hengste und hohes Prämieren der 3 besten Hengste, sowie der besten 25 Mutterstuten. Die Prämien für Deck-Hengste betragen 300, 250 und 200 Thlr., für die Zuchtstuten 75-50 Thlr. jede.

Der Staat hält keine Deckhengste. Deshalb wird die Anschaffung guter, den Anforderungen entsprechender Hengste von Grundbesitzern angestrebt, wozu auch die zu Volksfesten gewordenen Hengstschauen und die dann ausgeteilt werdenden hohen Prämien anregen. Der gewöhnliche Deckpreis ist 5 Thlr. Gold, wenn ein Füllen erfolgt. Dabei findet der Hengsthalter selbst bei teuren Hengsten, wenn sie gut sind, Rechnung, weil einem solchen jährlich mindestens 100 Stuten zugeführt werden, derselbe aber außer der Deckzeit regelmäßig arbeitet, was ihm und seinen Nachkommen am besten bekommt. — Schlechte Hengste, so wie missliebige feinknochige, finden keine Stuten und werden deshalb entweder nicht gehalten oder alsbald abgeschafft. Der sehr erfahrene Hengsthalter und Pferdezüchter, Herr Hofbesitzer Martens, schreibt die ungewöhnliche Potenz seiner Hengste einer sehr mäßigen Körnerfütterung (Hafer und hartes Heu) während der Deckzeit, dagegen einer kräftigen regelmäßigen Fütterung während der übrigen Zeit, so wie dem regelmäßigen Arbeiten der Hengste zu. Der Großherzog hält ebenfalls Deckhengste auf seinen Gütern, stellt sie zur Schau und unterwirft sie der Köhrung, konkurriert also mit den Hengsthaltern. Er soll den zweitbesten Hengst im Lande, den „Oldenburg“ besitzen, den er im Lande kaufte. In jedem der sieben Distrikte, worin Oldenburg geteilt ist, finden Hengstköhrungen statt und wird ein Hengst für jeden besonderen Distrikt geköhrt, resp. für deckfähig erklärt. Es entscheidet darüber eine Commission, die aus dreistündigen von der Regierung gewählten Mitgliedern, so wie aus 7 Achtmännern (als Vertreter der betreffenden Distrikte) besteht. In der Regel köhren jedoch nur 3 der letzteren neben den 3 ständigen Mitgliedern. Ein Tierarzt wird zugezogen, der jedoch keine Stimme hat. Etwaige Reklamationen werden durch eine verstärkte Commission entschieden, die sich einen Tierarzt wählt. Der Deckhengst wird alljährlich gekehrt, kann jedoch nur einmal in demselben Distrikte prämiert werden. Das Ausland erkennt bereits die Tüchtigkeit des Butjadinger Pferdes für den Ackerbau, und sind in den letzten Jahren Hengstfüllen und junge Hengste zu hohen Preisen, namentlich nach dem südlichen Deutschland geführt. Überhaupt verkauft Oldenburg ungemein viele Füllen, und zwar zu hohen Preisen. —


Die Hornviehzucht[/i] steht im Oldenburgischen, besonders im Butjadinger Lande, hoch. Die (Kirchspiels-) Gemeinden führten schon vor langen Zeiten strenge Bullenköhrungen ein. Jetzt bedarf es deren nicht mehr, weil man den Wert eines guten Bullen längst kennen gelernt hat, der Viehzüchter für sich selbst nur einen solchen hält, zu schlechten Bullen aber Niemand eine Kuh führen wird. Es bat sich dort ein guter Stamm, an Gebäude, wie an Milchergiebigkeit und Mastfähigkeit, ausgebildet. Freilich zeichnet in solchen verschiedenen Eigenschaften das Vieh in der einen Gegend vor dem in einer anderen sich aus, weshalb man selbst Hinreisen muss, um die richtige Wahl für seine Zwecke zu treffen. — Es ist z.B. in den Gegenden, wo mehr Ackerbau betrieben wird und weniger Fettweiden sind, das Vieh feinknochiger und milchergiebiger, ebenso in den moorigen, marschiegen Gegenden. — Im Allgemeinen hat das Butjadinger Hornvieh einen kleinen hübschen (fein ausgeprägten) Kopf, dünnen Hals, eine tief heruntergewachsene volle Brust, einen geraden Rücken, gut gewölbte Rippen, breites und ziemlich langes Kreuz, weites Becken, hübsch hoch angesetzten Schwanzknochen, guten Milchspiegel, volle Keulen, und kurze Beine. Die Haut ist weich, elastisch und dünn, Euter nicht groß, nicht fleischig, aber klar und fein, fast ohne Haar. Die Milchadern sind stark. Das Butjadinger Vieh bildet sich ungemein rasch aus. Die Farbe ist mehr schwarzbunt als weißbunt. In den reichsten Gegenden hat man mit englischen Shorthorn-Bullen (Durham) gekreuzt und ist der Erfolg erwünscht. Denn die Milchergiebigkcit bleibt, während der Körper schöner, breiter, auch tiefer ward und die Fleischwüchsigkeit zunahm. Dazu war die Körperausbildung schneller, namentlich die Fleisch- und Mastfähigkeit der Kälber groß. Als Mastvieh zeichneten im Butjading'schen die Nachkommen der Hereford-Bullen sich vorteilhaft aus, und erkennt man die stattliche Form dieses schönen Stammes schon von ferne. Sie werden bedeutend schneller fett als das Butjadinger Vieh. Die erste Kreuzung mit Hereford-Bullen soll auch keine Verminderung der Milchergiebigkeit erzeugt haben. Kürzlich haben 6 Oldenburger und ein Ostfriesischer Landwirt einen Shorthorn-Bullen für gemeinschaftliche Rechnung von England geholt. Jeder hält denselben ein halbes Jahr abwechselnd, die eigenen Kühe deckt er selbstverständlich unentgeltlich. Das Deckgeld für fremde Kühe (5 Thlr. Gold Pr. Stück) kommt in die gemeinschaftliche Kasse und sind die Unternehmer bis jetzt sehr zufrieden. Um die Einführung und Anwendung englischer Rassebullen hat sich besonders Herr Ummo Lübben bei Rodenkirchen — ein tüchtiger, einsichtsvoller Landwirt — verdient gemacht.

Auch die [b]Oldenburger Marschschafe
fängt man an, durch englische Leicester, Cotswold und West-countrydown-Böcke zu verbessern und zwar mit dem größten Erfolge. Raschere Ausbildung, besseren Körper, größere Fleischwüchsigkeit und Mastfähigkeit zeigen danach die aus Landschaften gefallenen Tiere. An den Leicester-Nachkommen rühmt man die Fresslust, Ruhe und rasche Körperausbildung, so wie ihre Mastfähigkeit vorzugsweise. Die Nachkommen der Westcountrydown-Böcke sind besser zu Fuß, liegen weniger und bilden sich nicht so schnell aus, werden auch nicht so rasch fett, die Nachkommen der Cotswold-Böcke stehen zwischen den beiden Ersteren, sind indes am wenigsten lecker. Auf einer Tierschau erhielten die Halbblut- (Mast-) Hammel alle Prämien.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Landwirtschaftliche Miscellen aus dem Jahr 1862