Nachricht über eine vorteilhafte Obstdörre

Vom Organisten G. B. Müschen zu Belitz bei Laage

Es ist gewiss von großer Wichtigkeit, wenn man in reichen Obstjahren den Obstsegen so vortheilhaft als möglich verwenden kann. Hat man Gelegenheit, das Obst frisch zu guten Preisen abzusetzen, so dürfte dies für den Produzenten am vorteilhaftesten sein; aber in reichen Obstjahren sind die Preise meistens so niedrig, daß es sich nicht lohnt, die oft bedeutenden Verpackungs- und Transportkosten anzuwenden, um das Obst an den Markt zu bringen, zumal, wenn man nicht selbst über Fuhrwerk zu gebieten hat. In solchen Fällen ist es daher jedenfalls am vorteilhaftesten, das Obst zu trocknen oder zu dörren (backen), da es ja so als wichtiges und gesundes Nahrungsmittel jahrelang aufbewahrt und zu guten Preisen verwertet werden kann.


Allein dem Dörren des Obstes ist bei uns bisher im Allgemeinen zu wenig Sorgfalt gewidmet, da in den Backöfen, worin in der Regel das Dörren geschieht, nur ein sehr geringes, von Rauch durchzogenes, von Asche und Staub verunreinigtes, oft verbranntes Dörrobst erzielt wird; dazu erfordert dieses Verfahren unverhältnismäßig viel Zeit und Feuerung, und das Obst ist in solchen Öfen nur höchst unbequem und mangelhaft zu handhaben. An einigen Orten unseres Landes sind freilich schon eigene Obstdörren eingerichtet, die aber doch noch viel zu wünschen übrig lassen, sowohl hinsichtlich der Behandlung und der Güte des Produkts, als auch besonders wegen des Kostenpunkts bei der Anlage, des erforderlichen Raumes und der Menge des zu verwendenden Feuerungs-Materials.

Allen diesen Mängeln hat Garteninspektor Lucas, jetzt Vorstand des pomologischen Instituts zu Reutlingen in Württemberg, durch die Erfindung und Bekanntmachung (unter andern in der nicht genug zu empfehlenden Monatsschrift für Pomologie und praktischen Obstbau, von Oberdick und Lucas, Stuttgart bei Ebner und Seubert; Preis für den Jahrgang 2 ½ Thlr.) einer zweckmäßigen Obstdörre abgeholfen, die in ihrer ersten Einrichtung verhältnismäßig höchst billig ist, sehr wenig Feuerungsmaterial bedarf, sehr geringen Raum einnimmt und ein ausgezeichnetes Dörrobst liefert, welches durchaus rauch- und staubfrei ist; daneben ist die Behandlung der Dörre wie des Obstes darin sehr bequem.

Bei ihrem geringen Raum findet die Dörre in jeder nicht zu kleinen Küche oder Waschküche ihren Platz, kann auch leicht für die Zeit, wenn sie nicht benutzt wird, wieder weggenommen werden, da ein geschickter und fleißiger Töpfer (oder Maurer) sie in einem Tage wieder aufstellen kann.

In manchen Haushaltungen, die sich eines Sparherdes bedienen, wird dieser Herd oft noch Platz zur Aufstellung einer kleinen Dörre gewähren, und ist solche Einrichtung besonders zweckmäßig, da hierbei das Herdfeuer mit benutzt werden kann; doch muss die Dörre auch hier noch eine eigene Feuerungs-Einrichtung erhalten, worin Feuer anzumachen ist für die Zeit, wenn das Herdfeuer nicht brennt. Die ganze Einrichtung solcher Herddörre ist übrigens dieselbe, wie bei der frei stehenden, nur daß man sich eben nach dem vorhandenen Raum richten muss und die Heizungszüge des Sparherdes etwas anders zu leiten sind, als bisher.

Die freistehende Obstdörre besteht aus einem Fundament von Mauersteinen oder Kacheln, worin die Feuerungs-Einrichtung mit Rost und Aschenloch, nebst Thören, angebracht und worüber die Heizungszüge und der Rauchabzug zum Schornstein geleitet werden. Über dies Ganze wird eine Platte ohne Öffnungen von Gusseisen, etwa ½ Zoll stark gelegt und über dieselbe ringsum und mitten durch eine Reihe Mauersteine in hoher Kante in Lehm gemauert und darüber der hölzerne Dörrkasten in Lehm festgedrückt; auch kann man statt der Mauersteine schmale Kacheln nehmen, und muss für jede Abtheilung des Dörrkastens in diese Mauerschicht eine Öffnung zur Zuführung frischer Luft kommen, die durch einen gut passenden Stein oder eine Kachel verschlossen werden kann.

Der Dörrkasten wird von kienfreiem Holze angefertigt und müssen die Seitenwände und die Decke recht dicht gearbeitet sein; er erhält aber keinen Boden. Durch die Mitte wird eine dichte Scheidewand gezogen, so dass die dadurch entstehenden beiden Abteilungen genau gleich groß sind. In die Decke werden für jede Abteilung 4 Löcher zur Ableitung des Dunstes gemacht, die durch eine mit eben solchen Löchern versehene, verschiebbare Leiste zu öffnen oder zu schließen sind. In jede dieser Abteilungen werden 4 Paar gefalzte Leisten angebracht, worauf die Dörrschubladen laufen. Diese Leisten müssen Ausschnitte erhalten, die den oberen Öffnungen in der Decke entsprechen, damit der Dunst gut abziehe, was wesentlich nötig ist; auch mache man die Schubladen nicht zu nahe übereinander, damit die Hitze allenthalben gut durchziehen könne.

Der Boden der Dörrschubladen besteht aus runden Stäbchen, etwa von der Stärke eines Bleistifts, die so nahe liegen müssen, daß keine gedörrte Kirsche durchfallen kann. Alle Schubladen müssen genau gleich groß sein, damit sie alle 8 aus jedem Leistenpaare gut ein- und auszuschieben sind. Jede Dörrabteilung des Kastens wird mit einer in Hängen gehenden, gut passenden Tür geschlossen.

Hat man alte Eisenplatten, wenn auch in Stücken, die jedoch ziemlich zusammen passen, so sind solche sehr wohl zur Obstdörre zu verwenden, wodurch die Einrichtung ja ein gut Teil billiger würde.

Da Alles darauf ankommt, daß die Einrichtung genau gemacht wird, und dies so leicht nicht ist, wie es scheinen möchte, so bin ich gegen Schadloshaltung bereit, Dörrkasten von einem geschickten Tischler, wie die Heizung von einem geschickten Töpfer unter meiner Leitung anfertigen zu lassen, wenn mir angegeben wird: wie groß die Länge und Breite des der Dörre bestimmten Raumes ist. Werden die Dörreinrichtungen unter meiner Leitung von den beiden Handwerkern ausgeführt, die meine Herddörre gearbeitet haben, so stehe ich für ein gutes Gelingen. Indessen möchte es für Manche in entfernteren Gegenden zu teuer werden, wenn ich die Dörreinrichtungen durch hiesige Handwerker ausführen ließe, daher bin ich für solche Fälle auch bereit, gegen Erstattung der Arbeitskosten genaue Beschreibung und Zeichnung auf portofreie Bestellung einzusenden; auch stehen Dörrobst-Proben, vom Herbste an, in kleineren und größeren Quantitäten zu Diensten, Kleinigkeiten auch schon jetzt. Eine Dörreinrichtung, die zur Zeit etwa 3 Rostocker Scheffel grünes Obst fassen könnte, würde mir hier von durchweg neuen Materialien etwa auf 25Thlr. kommen; meine Herddörre, mit Umänderung des Sparherdes, kommt mir nahezu 10 Thlr., da ich auch noch eine Platte von 2 Fuß lang und breit kaufen musste; sie fasst einen Scheffel grünes Obst. Heizen kann man mit Holz, Torf und Koks, doch ist zu raten, kein zu sehr flackerndes Feuer zu machen, und mehr langsam, als zu stark auf einmal nachzulegen.

Das Verfahren beim Dörren ist folgendes:

Um wirklich schönes Dörrobst zu erlangen, muss man passende und reife Früchte verwenden, und ich kenne viele schöne Wirtschaftsbirnen, die, nach dieser Art gedörrt, wenn sie vorher zerteilt wurden, an den Schnittflächen förmlich kandierten. Viele kleinere Birnen kann man ganz dörren, indem man nur die Blume ausschneidet; will man feineres Dörrobst davon haben, so schäle man sie und drücke sie später platt, wähle aber hierzu solche, deren Fleisch steinfrei ist. — Kleinere, wohlgeformte Äpfel werden geschält, aber ganz gelassen, und nur die Blume ausgeschnitten, und so mit dem Stiel getrocknet, da später beim Genuss das Kernhaus am Stiele sitzen bleibt; aber auch vom Kernhaus befreit sind solche Äpfel sehr beliebt. Große Früchte werden geschält, zerschnitten und das Kernhaus entfernt, da Schale und Kernhaus bei den Äpfeln unangenehm beim Genüsse sind.

Unreife, fleckige oder gar angefaulte und stark aufgefallene Früchte geben nur ein geringes Dörrobst.

Äpfel und Birnen verlangen anfangs beim Dörren eine sehr hohe Temperatur und müssen in ihrem eigenen Dampfe sieden, wenn sie recht feines und edles Dörrobst geben sollen. Der Dörrkasten besteht deshalb aus zwei Abteilungen, von denen die der Feuerung zunächst liegende die heißere ist, und in welche das Kernobst zu diesem Zwecke zuerst kommt, wo dann die Dunstlöcher geschlossen bleiben und das Obst, je nach Beschaffenheit des Fleisches, in 1/2 bis l Stunde gar gekocht ist. Dann kommt es in die kühlere Abteilung, bei geöffneten Dunstlöchern, wo es in 10 bis 12 Stunden fertig dörrt. Die so in der heißen Abteilung weich gekochten Früchte dörren weit schneller, als nicht so behandelte, und werden später beim Verkochen sehr bald weich und ungemein zart.

Steinobstfrüchte, also bei uns Kirschen und Pflaumen, müssen erst völlig reif sein; dann lasse man sie vor dem Dörren immer einige Tage auf Hurden an der Luft etwas abwelken. Man dörre sie zuerst langsam bei mäßiger Hitze und stetem Dampfabzuge bis die Schale faltig wird und die Früchte zusammenfallen. Ist dies der Fall und sind sie bald ganz getrocknet, so bringe man sie noch auf furze Zeit in den heißen Dörrraum, dessen Luftzüge aber etwas geöffnet sind. Hier gehen die Früchte wieder etwas auf und erhalten in dieser hohen, feuchteren Wärme einen Glanz, der ihnen bleibt, wenn sie recht heiß herausgenommen und in die Luft zum Abkühlen kommen. Vortrefflich sind sowohl Kirschen als Pflaumen, von denen die Steine entfernt wurden, was am besten geschieht, wenn die Früchte schon welk gedörrt sind. Kirschen dörren in 6 bis 8 Stunden fertig, Pflaumen in 10 bis 12.

Das Dörren in dieser Weise muss freilich, wie jede Arbeit, erlernt werden, aber es ist so schwer nicht, und jede sorgsame Hausfrau wird bald das Rechte finden, oder eine zuverlässige Person zur Besorgung der Dörre wählen, der die Arbeit bei Fleiß und Aufmerksamkeit schon gelingen wird.

Mögen diese Zeilen dazu beitragen, daß die beschriebene sehr vorteilhafte Einrichtung recht häufig sich in unserem Lande fernerhin finde.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Landwirtschaftliche Miscellen aus dem Jahr 1862