Der Wert meteorologischer Beobachtungen

In England geschah 1855 der erste Schritt, zuverlässige meteorologische Beobachtungen weiteren Kreisen zugänglich zu machen. Von Seiten des Handelsamtes wurden 60 der ärmsten Fischerdörfer an verschiedenen Punkten der Englischen Küsten gute Barometer geschenkt. Die Hoffnung, dass man diesem Beispiele allgemeiner folgen und anderwärts aus eigenen Mitteln dieselben anschaffen werde, ging in vielen Fällen in Erfüllung. Zugleich wurde unentgeldlich eine kleine Schrift mit den nötigen Anweisungen zum richtigen Gebrauch der Instrumente verteilt, da die gewöhnliche Ansicht, dass ein Steigen des Barometers schönes Wetter, ein Fallen dagegen schlechtes verkünde, sehr ungenau ist. Dies hat sich so nützlich erwiesen, dass viele Fabrikanten sie auf eigene Kosten haben abdrucken lassen und sie den Kunden, die von ihnen kaufen, umsonst verabfolgen.

Ferner wurden an mehreren hundert Orten gleichzeitig Beobachtungskarten über Richtung und Stärke des Windes, den Stand des Barometers und Thermometers und die allgemeinen Verhältnisse der Atmosphäre und des Himmels, wie über die Menge und die Beschaffenheit der Wolken, das Vorkommen von Nebel, Hagel, Regen, Schnee, Donner und Blitz u. s. w. angelegt und die Anfertigung derselben Astronomen und Schiffskapitänen auf dem ganzen Erdballe anvertraut. Diese Beobachtungen haben eine solche Masse Material geliefert, dass man dadurch in den Stand gesetzt worden, für gewisse Erscheinungen bestimmte Gesetze aufzustellen, wie z. B. für die kreisförmige Bewegung der Zyklonen oder Typhoons, denen die Schiffe daher nicht selten auszuweichen vermögen.


Die British Association for the Advancement of Science beschloss in ihrer Sitzung im Herbst l859, die Regierung anzugehen, vermittelst der Telegraphen Sturmsignale für die Küsten einzurichten. Ähnliches war schon früher, als die optischen Telegraphen noch bestanden, in Amerika geschehen. Jetzt wurden zwanzig einheimische und sechs ausländische Stationen errichtet, die täglich ihre Beobachtungen dem Londoner Centralbureau einschickten, und durch Vergleichung, derselben vermochte man mit Hilfe der schon erwähnten Beobachtungskarten das Wetter auf 1 oder 2 Tage ziemlich genau vorauszubestimmen.

Das damals angeregte System hat bereits mehrere Erweiterungen erfahren, hauptsächlich durch die Einführung der Sturmsignale, die am 6. Februar 1861 zuerst gegeben wurden, und die Veröffentlichung des wahrscheinlichen Wetterstandes während der nächsten Tage. Schon traten die Folgen davon zu Tage, indem die Zahl der Strandungsfälle an den Englischen Küsten trotz des ungewöhnlich stürmischen Wetters verhältnismäßig geringer gewesen ist, und bei der kürzlich gehaltenen Generalversammlung der Aktionäre der Great Western Docks zu Plymouth wurde der große Ausfall in der Einnahme des letzten Jahres aus dem Umstande erklärt, dass in Folge der Sturmsignale weniger Schiffe mit Havarie in den Hafen einzulaufen genötigt gewesen seien. Viele Küstenplätze, die bisher diese Signale nicht gehabt, haben sich mit dem Gesuche an das Handelsamt gewandt, solche zu erhalten. Wie diese Signale beschaffen sind, ist bereits früher geschildert worden; es genüge hier die Bemerkung, dass sie nur bis zum Abend des Tages aufgestellt bleiben, an dem sie von London aus telegraphiert und von der Küstenwache weiter befördert sind.

Seit August 1861 hat man angefangen, die Wetterdestimmungen für die nächsten zwei Tage den Zeitungen zur Veröffentlichung einzusenden. Dies geschieht täglich um 11 Uhr Morgens, so dass sie in der zweiten Ausgabe der Morgenblätter erscheinen. Die für den zweiten Tag gemachten Bestimmungen werden, nach den inzwischen eingetretenen Veränderungen, am nächsten Tage modifiziert; doch machen sie nicht darauf Anspruch, Prophezeihungen zu sein; sie sollen eben nur Winke sein, um rechtzeitig auf Änderungen aufmerksam zu machen, die um so gefahrvoller zu sein Pflegen, je deutlicher sie im Voraus sich zu erkennen geben. Man hat versucht, diese Methode auch auf den Kontinent auszudehnen, doch stellen sich dem mehrere Schwierigkeiten entgegen: die Beobachtungen müssen nämlich auf demselben Niveau angestellt werden, da die Berechnung sonst durch die verschiedenen Luftströmungen gestört wird, deren Richtung und Stärke durch die mancherlei Gebirgsketten eine wesentliche Änderung erfahren. England ist in der Hinsicht besonders günstig gelegen: die Hauptstationen sind Helgoland, Nairn (bei Inverneß) im Norden, Valentia an der südwestlichen Küste von Irland, Jersey im Süden mit den beiden Zentren Liverpool und London, und die hier gemachten Beobachtungen werden den Berechnungen zu Grunde gelegt, während die von den übrigen Stationen eingesandten Berichte mehr zur Vergleichung dienen.

Viele beobachten zwar den täglichen Barometerstand, wundern sich aber, dass seine Angaben so wenig zuverlässig sind; auch hier kann man in den meisten Fällen sagen, dass die Feder die Schuld haben soll, wenn der Schreiber nichts taugt. Viel kommt freilich darauf an, dass das Instrument gut sei; aber es muss auch richtig behandelt werden, und dazu gehört zugleich die Beobachtung des Thermometerstandes. Dreierlei hat auf den Stand des Barometers Einfluss: die Richtung des Windes, die Stärke des Windes und die größere oder geringere Feuchtigkeit der Luft. Auf unseren nördlichen Breitengraden bewirkt ein nordöstlicher Wind (durch Nord) ein Steigen des Barometers, ein südwestlicher dagegen ein Fallen. Je heftiger der Wind, desto mehr fällt der Barometer und umgekehrt; eben so verhält es sich, je feuchter die Luft ist. Nach den von Admiral Fitzroy zusammen, gestellten Beobachtungen ergibt sich folgendes Resultat.

Wenn der Barometer seine gewöhnliche Höhe hat und still steht oder steigt, während der Thermometer fällt und die Feuchtigkeit der Luft abnimmt, sind nördliche Winde, oder weniger Wind und weniger Regen zu erwarten; wenn derselbe dagegen bei steigendem Thermometer und zunehmender Feuchtigkeit der Luft fällt, so stehen Wind und Regen von Süden zu erwarten. Eine Ausnahme davon ist, wenn ein nördlicher Wind mit Regen, vielleicht auch mit Blitz bevorsteht, wo der Barometer oft nur in Folge der Richtung des Windes steigt; wie andererseits auch ein Südwind mit trockenem schönem Wetter ein Steigen veranlassen kann. Wenn der Barometer niedriger als sein gewöhnlicher Stand gewesen, so zeigt ein Steigen weniger Nässe, weniger Wind oder auch ein Umspringen desselben nach Norden an. Ist er sehr niedrig gewesen, so gebt das erste Steigen gewöhnlich heftigem Winde aus Norden vorher, wonach ein allmähliches Steigen besseres Wetter anzeigt, wenn der Thermometer fällt. Ist das nicht der Fall, d. h. hält die Wärme an, und besonders wenn der Barometer plötzlich gestiegen ist, so geht der Wind wahrscheinlich wieder zurück: es folgt mehr Südwind, und noch mehr schlechtes Wetter steht zu erwarten. Bisweilen veranlasst schlechtes Wetter von Süden, das nicht lange anhält, kein bedeutendes Fallen, weil anhaltender Nordwind darauf folgt, während in ähnlicher Weise schönes Wetter und nördlicher Wind bei niedrigem Barometerstand sein kann, was dann länger anhaltendem Südwind oder Regen oder auch Beidem vorangeht.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Landwirtschaftliche Miscellen aus dem Jahr 1862