Beschädigung der Fische durch Frösche

In Nr. 1 des Jahrgangs 1859 der Gartenlaube führt uns in einem sehr interessanten Aufsatz Herr Dr. Ludwig Brehm die Wasserspitzmaus vor und weist nach, welchen Schaden dieses kleine Tier der Teichfischerei bringen kann, indem es selbst große Karpfen anfällt und ihnen Gehirn und Augen ausfrisst. Schreiber dieses, welcher seit 10 Jahren die ziemlich bedeutende Teichfischerei des Ritterguts Haselbach bei Altenburg bewirtschaftet und sich für Alles, was in dieses Fach einschlägt, lebhaft interessiert, hat nun zwar nie Gelegenheit gehabt, die Schädlichkeit der Wasserspitzmaus zu beobachten, ist aber weit entfernt, nur im Geringsten daran zu zweifeln. In demselben schätzbaren Aufsatz jedoch findet sich eine Verteidigung und Ehrenrettung der Frösche, lediglich zu Ungunsten der Wasserspitzmaus, welche ich nach eigener Anschauung nicht unbedingt gelten lassen kann. Es wird erzählt, dass vor einigen 30 Jahren im Hainspitzer See bei Eisenberg mehrere Karpfen von 1 Pfd. Gewicht gefunden wurden, welchen Augen und Gehirn ausgefressen waren; es entspann sich ein Streit über die Ursache dieser Beschädigungen und es wurde von Mehreren behauptet, es seien die Frösche gewesen, während Herr Dr. Brehm selbst es den großen Wasserkäfern in die Schuhe schob, weil er nachwies, dass die Frösche weder Nägel hätten, um die Augen auszukratzen, noch Zähne, um den harten Kopfknochen eines großen Karpfens zu zerbeißen. Ich bin nicht so bekannt mit der Anatomie der Frösche, um Letzteres bestreiten zu können, und glaube auch nicht, dass die Frösche die Karpfen anfressen oder anbeißen, dass sie ihnen aber ganz ähnliche Beschädigungen zufügen können, wie die beschriebenen, kann ich aus Erfahrung leider nur bestätigen. Wenn ich nicht irre, war es in den beiden Frühjahren 1851 und 1853 oder 1853 und 1854, wo es in Folge kalter und schlechter Witterung erst gegen Ende April oder Anfang Mai möglich wurde, die Winterhaltungen zu fischen, und beide Male hatte dieses späte Fischen den größten Nachteil zur Folge, und zwar durch die unschuldigen Frösche! In dem betreffenden Teiche wurden ca. 200 Schock ½ Pfundiger Satz überwintert; einige Tage vor der Fischerei hatte mir ein Bauer erzählt, er habe in einem kleinen Teiche einen großen Karpfen schwimmen sehen, dem ein großer Frosch auf dem Rücken gesessen habe, den der Fisch auch trotz aller Anstrengungen nicht habe loswerden können; ich hatte diese Erzählung bezweifelt, doch wie groß war mein Erstaunen und, beiläufig bemerkt, Ekel, da ich einen unüberwindlichen Abscheu vor Fröschen habe, als ich bemerkte, dass fast auf jedem Karpfen ein Frosch, auch zwei saßen, welche sich mit ihren Vorderfüßen gewöhnlich in den Augen, häufig aber auch in den Kiemen der Fische festgeklammert hatten, während sie in ekelhaften Bewegungen mit ihren Hinterbeinen die Schuppen von dem Hinterteil der Fische losarbeiteten; manche saßen auch verkehrt darauf oder hatten sich mit ihren Zehen auf den Köpfen angeklammert, saßen aber fast alle so fest, dass sie mit einer Hand kaum loszureißen waren. Die Folge davon war, dass der größte Teil des schönen Karpfensatzes mehr oder weniger beschunden war, und dadurch unscheinbar geworden, sich nur zu geringem Preis verkaufen ließ, circa 15 Schock aber, denen die Augen ausgekratzt, oder die in den Kiemen stark beschädigt waren und denen eine Masse Schuppen losgekratzt oder getreten waren, konnten gar nicht als Satz verwendet werden, da man fürchten musste, sie würden sterben, oder doch wenigstens kränkeln und nicht wachsen, oder die sogenannten Bocken bekommen, eine Krankheit, die einem Ausschlag gleicht und in schleimigen, blau-grauen Buckeln besteht (wahrscheinlich Pilzen) und welche meistens bei beschädigten Fischen auftritt. Das zweite Mal, als ich diese Beobachtung machen musste, war es nicht so schlimm, aber der Schaden doch immer noch empfindlich genug. — Das eben Erzählte sind Tatsachen, über die ich eine Menge Zeugen könnte abhören lassen, wenn es verlangt würde. Doch nun zur Erklärung des Faktums: warum, muss man zunächst fragen, kommt dies nicht alle Jahre vor? und warum findet man dasselbe nie bei einer Fischerei im Sommer oder gar im Herbst, sondern nur im späten Frühjähr? warum sieht man es selten oder nie in angespannten und nicht übersetzten Teichen, wo die Fische also einzelner stehen?

Die Antwort auf diese drei Fragen dürfte nicht zu schwer sein: ad 1. weil man gewöhnlich im März oder Anfang April die Winterhaltungen fischt, wo die Frösche noch im Winterlage, liegen; fischt man aber später, so sind sie entweder schon aus dem Lager oder werden durch das Ablassen des Teiches und die Bewegung der vielen Fische hervorgelockt. Beide Beobachtungen treffen in die Begattungszeit der Frösche, und wer beobachtet hat, wie da oft drei oder vier auf- und übereinander sitzen und zu Klumpen zusammengeballt erscheinen, der wird mit mir die Ansicht teilen, dass bei dem Gewühl der Masse Fische und Frösche untereinander, letztere sich eben so gut in ihrem Eifer an einen Karpfen anklammern, als sich oft mehrere Frösche verschiedenen Geschlechts zu Klumpen zusammenballen; dass durch das Kratzen in die Augen, Kiemen und Schuppen die Fische sehr leiden, steht eben so fest. Dafür, dass es vom Begattungstrieb herkommt, spricht auch noch, dass man eben im Herbst und Sommer, wo man oft viele Frösche mit den Karpfen fängt, nie sieht, dass sich einer auf einem Karpfen festgesetzt hätte; in einem nicht übersetzten und mit vollem Wasser versehenen Teiche wird es ferner nicht vorkommen, weil erstens Frosch und Fisch nicht in so nahe Berührung kommen, dass eine Verwechslung wahrscheinlich, oder sollte dies auch der Fall sein, der Fisch leichter im Stande sein würde, sich dem langsameren und unbeholfenen Frosche zu entziehen, als in einem abgelassenen Teiche, wo sich Frösche und Fische zuletzt nur noch in seichtem Wasser und Schlamme befinden.



Dieses Kapitel ist Teil des Buches Landwirtschaftliche Miscellen aus dem Jahr 1862