Ein neues Mittel zur Vermeidung und Heilung der Steingallen bei Pferden

Bei Pferden, die auf nassem, moorigem Boden gezogen find, entsteht sehr leicht wegen zu großer Anziehung von Feuchtigkeit eine starke Ausdehnung des Hufes, die Platthufigkeit. Da die Hornsubstanz sich ausdehnt, so wird das Zentrum des Hufes, das netzförmige, sehr empfindliche Gewebe unter der Sohle zu nahe an den Boden gebracht, die Hornteile des Hufes werden dann zu schwach, um die weichen Teile vor dem Eindrucke des Steinpflasters oder rauer Wege zu schützen, und es können Quetschungen erfolgen, vor denen auch das Hufeisen nicht genügend schützt. Daraus entstehen die Steingallen, die leicht in Geschwüre übergehen. Verschiedene in Vorschlag gebrachte Hufbeschlags-Methoden haben sich zur Abhilfe des Übels nicht bewährt. Ganz natürlich kam man aus dm Gedanken, die Hornteile des Hufes durch einen etwas elastischen Körper zu ersetzen, der den nöthigen Widerstand leisten könnte. Hierzu hatten die Tierärzte Leder angewendet, welches sich aber als Zwischenlage zwischen Eisen und Huf bald so zusammendrückt, dass das Eisen lose und wackelig wird, dann aber auch noch zuviel Nässe aufnimmt und dadurch den Huf immer mehr erweicht. Ein französischer Arzt hat an seinem eigenen Pferde, das seit längerer Zeit wegen Steingallen lahm war, einen erfolgreichen Versuch mit Gutta pertscha*) gemacht. Er zeichnete auf Papier die Größe und Form der Hufeisen ab und schnitt nach diesem Muster die Form der Hufeisen aus einer Tafel von Gutta pertscha von ½ Zentimeter Dicke heraus, legte sie auf die Hufe und ließ die Eisen darüber nageln, so daß die Gutta pertscha zwischen Huf und Eisen zu liegen kam. Das Pferd war sogleich und auf die Dauer kuriert. Der Nutzen der Gutta pertscha besteht darin, daß sie dem Hufe Höhe gibt, Ihn vom Boden entfernt, vor Nässe bewahrt und einen zu starken Druck des Eisens verhindert. Sie gibt der Last des Pferdes nicht nach und hat große Dauer; denn dieselbe Gutta Pertscha-Unterlage konnte drei Hufbeschläge aus halten, ohne merklich abgeplattet zu werden. Diese Substanz möchte also am geeignetsten sein, den Nachtheilen einer mangelhaften Hufbildung abzuhelfen.

*) Das Guttapercha ist der eingetrocknete Milchsaft des im malaiischen Raum heimischen Guttaperchabaumes (Palaquium gutta). Ein englischer Arzt bringt das so genannte Guttapercha 1843 von dort mit nach Europa und präsentiert es in London der Royal Society. Der englische Physiker und Chemiker Michael Faraday erkennt schnell seine Vorteile: Bei Raumtemperatur ist es zäh und elastisch, erhitzt man Guttapercha jedoch auf mehr als 50 °C wird es weich und ist gut zu verarbeiten. Der Siegeszug des neuen Werkstoffs als Isolationsmaterial ist nicht mehr aufzuhalten.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Landwirtschaftliche Miscellen aus dem Jahr 1852