Pferdezucht

Die Pferdezucht der Mecklenburger ist berühmt, und verdient ihren guten Ruf ohne allen Zweifel. Das Klima, die Dreeschweiden und die ganze Wirtschafts -Einrichtung sind derselben schon sehr günstig. Nichts ist den jungen Pferden zu träglicher, als hohe, jedoch nicht, zu magere Dreeschweiden, wo sie stärkenden Nahrungsstoff, aber keine erschlaffende, wässrige, weiche Fettweide finden, und in lebhafter Bewegung beim Nachsuchen der Gräsung erhalten werden. Überdies ist die Art mit den Pferden in Mecklenburg umzugehen, seit jeher vorzüglich gewesen. Man gibt ihnen früh auf dem Stalle stärkendes Körnerfutter, erhält sie in der Jugend in angemessener Bewegung, ohne sie durch Arbeit zu übernehmen. Daher verbessern sich selbst fremde Pferde, die als Säugfüllen eingeführt und von Mecklenburgern aufgezogen werden, sehr, und werden als Mecklenburgsche Pferde verlauft; da sie oft eine gefälligere Fonn wie die eingebornen, haben, ob sie ihnen gleich in den wesentlichen. Eigenschaften nachstehen.

Denn die ursprüngliche Rasse der Mecklenburgschen Pferde hat in sich selbst große Vorzüge. Man hat sie entweder reiner erhalten, oder bei ihrer Vermischung mit fremdem Blute eine sorgfältigere Auswahl beobachtet und richtigere Grundsätze befolgt, wie anderswo. Es war eine Zeit, wo man sich bei der Pferdezucht nach den widersinnigen Launen der Mode richtete, dem Haare die innere Kraft, und der Form und eingebildeten Schönheit der unbedeutenden Nebenteile die Stärke der wesentlichen aufopferte. Man sah mehr darauf, wie ein Pferd sich von vorn präsentierte, als wie es mit den Schenkeln arbeitete, fand es schön, wenn es nur das Gesicht eines Schafbocks auf einem Schwanenhalse trug, und prächtig, wenn es obendrein einen Schweif hatte, den man in mehrere Knoten schürzen oder nachtragen musste. Von diesem verdorbenen Geschmack ließ sich der Mecklenburger im Allgemeinen nicht anstecken, sondern bewahrte den echten Begriff der Schönheit — die Harmonie aller Teile zum Zwecke des Ganzen – beim Pferde. Nicht mit Kopf und Schwanze arbeitet das Pferd; daher war ihm die Stärke dieser Teile unnütz, und solche nur in sofern der Beachtung wert, als man in ihnen Merkmale allgemeiner Energie und Gesundheit wahrnahm. Wie aber die Pferde von Arabischem Blute aus England zu uns kamen, die sich durch die besondre Schnellkraft ihrer Muskeln undSehnen zu leichten und gestreckten Bewegungen, und durch ein besonders feuriges, aber lenksames Temperament auszeichneten; so führten einige vermögende Gutsbesitzer Hengste dieser Art in ihre Gestüte ein. Der edle Zweig, auf einem kernhaften, nicht zu heterogenen Stamm gepfropft, brachte einen vorzüglichen Schlag hervor, und es werden in etlichen Gestüten, vorzüglich dem gräflich Plessischen, Pferde gezogen, die dem englischen Rasse-Pferden von Kennern völlig gleichgeschätzt werden. Jedoch sind nicht alle Versuche dieser Art gee glückt, und bei manchen hat der Erfolg die darauf verwandten Kosten nicht nachhaltend bezahlt. Daher wird im allgemeinen nicht mehr so viel, wie vor zehn Jahren darauf verwandt, und der Wettstreit, es einander hierin zuvorzutun, hat mehr nachgelassen. Im Ganzen ist aber doch der Ruf der Mecklenburgschen Pferde allgemein etabliert, und außer England findet man wahrhaft schöne und dauerhafte Pferde nirgends so allgemein, wie in Mecklenburg. Um einen Zusammenfluss derselben zu sehen, muss man in der Badezeit nach Doberan gehen, wo sich der Mecklenburgsche Adel mit seinen schönsten Zügen und Reitpferden versammelt.


Ein anderes aber sind Wettrenner, ein anderes Ackerpfcrde, — und ich besorge, dass der zweckmäßige, originelle Schlag der letzteren durch Vermischung jenes edlen Bluts doch in Rücksicht seiner eigentlichen Bestimmung nicht gewonnen habe. Die Meisten, die es zwar auf Anzucht wahrer Rasse-Pferde nicht anlegen, aber doch Pferde zum Verkauf aufziehen, suchen Zuchtstuten und Beschäler von halb edlem Schlage zu bekommen, um wenigstens gute Jagd-, Schwadron- ober Kutschpferde zu erziehen. Diese werden denn auch zum Teil mit gutem Vorteil verkauft, und die übrigen werden ins Ackergespann genommene Aber was die Pferdezucht hierbei gewinnt, verliert der Ackerbau: denn dieser würde mit seiner eigentümlichen Rasse besser, als mit dem Ausschuss einer edleren, betrieben werden. Der alte, originelle Mecklenburger Schlag, von gedrungenen, schweinsköpfigen, festen, unermüdlichen, bis ins späteste Alter brauchbaren Pferden, der so ganz zum Ackerbau geeignet war, findet sich nur noch in einigen Gegenden unter den Bauern und auf wenigen Gütern. An den meisten Orten sind sie so verfeinert, dass sie vom Pfluge vor die Kutsche gespannt ober unter den Sattel genommen werden können. Aber in ihren wesentlichen Eigenschaften, als Ackerpferde — wohin ich, außer der erforderlichen Kraft und zureichenden Agilität, vornehmlich Ausdauer, bei angestrengter Arbeit, und selbst bei vernachlässigter Wartung rechne — haben sie gewiss verloren. Oder wenigstens ist dieser Schlag nicht das geworden, was er hätte werden können, wenn man nur auf seinen eigentlichen Zweck Rücksicht genommen, und ihn nur in sich selbst — d. h. ohne Vermischung mit fremden Rassen, bloß durch Auswahl der vorzüglichsten Individuen zur Zucht - veredelt hätte. Dann hätte man ohne Zweifel im Mecklenburger Pferde das vollkommenste Muster eines Arbeitspferdes erhalten.

„Aber, wird man sagen, dann ginge der Vorteil verloren, den die Pferdezucht aus dem Verkaufe einzelner, ausgezeichneter Pferde jetzt gewährt. Man würde keine Schwadron-, keine Luxus-Pferde mehr bei uns suchen, die wir jetzt, wenn es glückt, so bezahlt erhalten, dass wir unsere Ackerpferde umsonst haben. Den Überschuss von bloßen, wenn auch noch so dauerhaften und in ihrer Art unverbesserlichen Ackerpferden würde uns Niemand so teuer bezahlen, dass wir die Kosten ersetzt erhielten. Und die Pferdezucht, allein zu eigenem Gebrauche betrieben, ist immer zu kostbar, wenn man es genau berechnet.“

Es würde eine vergebliche Mühe sein, den, der dieses sagt, eines anderen zu überreden. Aber ich glaube, man würdigt die Vorteile, welche die Wirtschaft von einem in seiner Art ganz vollkommenen Ackergespanne hat, selbst in Mecklenburg nicht genug; in andern Gegenden aber noch viel zu gering. Manche, sonst gute praktische Landwirte haben noch den Grundsatz, alte fehlerhafte Absetzer für den Ackerbau zu kaufen. Diese Pferde, sagt man, kosten nicht viel, und es ist wenig daran verlohren, wenn sie krepieren.

Darum schone ich sie nicht, und brauch sie, wozu sie gut sind; was nicht geschehen würde, wenn ich schöne, teure Pferde hätte. Ich versäume in der übrigen Zeit meine Arbeit nicht, auf die Gefahr, ein oder ein anderes Pferd zu verlieren; fällt es, so ist der Verlust bald ersetzt. Nach meiner Überzeugung aber ist diese Ökonomie höchst unrichtig, und ich begreife kaum, wie Jemand sie befolgen kann, der die Arbeit eines Gespannes kraftvoller, ausdauernder, und in ihren wesentlichen Eigenschaften möglicht gleicher Pferde, mit der eines anderen, welches aus krüppligen, verwöhnten, verbildeten, oder nur ungleichartigen Pferden zusammengesetzt ist, auf die Dauer aufmerksam verglichen hat. Ohne ein tüchtiges Gespann, dessen Kraft und Schnelligkeit der Landwirt aus Erfahrung kennt, lässt sich die Arbeit nicht gehörig verteilen, und die dazu erforderliche Zeit berechnen. Täglich kommt man hier oder dort zu kurz, und versäumt den treffendsten Zeitpunkt zu jeder Arbeit. Man muss entweder ein stärkeres Gespannwerk halten, oder die Bestellung wird nicht gehörig vollführt. In beiden Fällen verliert man das vielfach, was man beim Ankauf der Pferde ersparte. Paradepferde sollen es freilich nicht sein, sondern ein solcher Schlag, der keiner Schonung bedarf; bei aller Arbeit gesund bleibt, und sich mit wenigerem Futter bei der Arbeit im Stande erhält, wobei andere Pferde, auch mit dem stärksten Futter, abfallen. Ein solcher Schlag, von Pferden lässt sich aber erhalten, und existiert in Mecklenburg wirklich noch. Im gehörigen Alter können diese Pferde alle Strapazen, selbst bei vernachlässigter Wartung, ertragen. Wenn sie auch in der geschäftigsten Zeit abfallen, so behalten sie doch ihre Kraft und Munterkeit, und erholen sich, sobald sie etwas mehrere Ruhe haben, in wenigen Tagen. Sie sind den gewöhnlichen Krankheiten selten unterworfen, erhalten sich ihre zwanzig nnd mehrere Jahre gesund, und fallen ohne ein besonderes Unglück nicht. Wenn mit solchen Pferden die Arbeit zurückbleibt, so weiß man an wen man sich zu halten hat; schwache, ungleiche, verzärtelte, jeder Kränklichkeit unterworfene Pferde geben trägen Knechten immer wahre oder falsche Entschuldigungen. Täglich muss der Pferdearzt geholt werden, und ein oder anderes Pferd im Stalle bleiben: Insbesondere kommt bei einer mit Energie betriebenen Wirtschaft auf eine völlige Gleichheit des Schlages unglaublich viel an. Sind die Pferde von verschiedener Kraft und Ausdauer, von ungleichem Temperamente, so muss das stärkere um des schwächeren willen mehr als nötig ist, geschont werden, oder das schwache geht darauf, wenn es mit dem stärkern aushalten soll. Wenn das träge mit der Peitsche angetrieben werden muss, so erhitzt sich das lebhafte durch unnützes Arbeiten. Wenn das eine in mäßigen Schritt geht, so trabt das andre. Es ist nie in dem Gespanne ein gleicher Tritt und Takt, der jede Arbeit so sehr erleichtert. Diese wichtige Gleichartigkeit der Pferde lässt sich aber ohne eigene Aufzucht, durch Zusammenkaufen, kaum in einem Postzuge, vielweniger im Ackergespanne erhalten. Man erreicht sie nur, wenn das Gespann von einer bestimmten und unvermischten Rasse ist; wenn die Pferde von Mutterleibe an gleich behandelt, gefüttert und dressiert worden sind. Es ist wirklich manchem Ökonomen in solchen Gegenden, wo man sich bei der Wirtschaft mit zusammengestoppelten, ausgeschossenen Pferden behilft, unglaublich, was man in Mecklenburg, besonders auf solchen Gütern, wo man den guten Ackerschlag zu eigenem Gebrauche anzieht, von den Pferden fordert und mit ihnen ausrichtet. So hoch man seine Pferde schätzt, so ist doch vom Schonen die Rede nicht. In der Bestellungs- und Erntezeit geht die Arbeit vom frühen Morgen bis zum späten Abend, wo möglich in vollem Trabe, fort, und in der Nacht gönnt man den Pferden die Zeit zum Fressen. Dass ein Pferd durch starke Arbeit, oder anders als durch einen äußern Zufall, krank werden oder fallen könnte, fällt Keinem, ein.

Mag immerhin in einem solchen Gespann ein Pferd durch eigene Aufzucht so teuer wie drei andere kommen, so ist es doch wahre Ökonomie, keine andere als solche zu haben. Und wo diese Rasse noch rein und unvermischt vorhanden ist, da halte ich es für unverantwortlich, sie anders, als in sich selbst, durch sorgfältige Auswahl der Individuen veredlen zu wollen. Dieser Schlag muss dem Ackerbau ganz gewidmet, bleiben, und nicht mit Wettrenner-Blut vermischt werden. Werden die vortrefflichen Eigenschaften dieser unzerstörbaren Pferde ferner exkoliert, so wird diese Rasse eine Celebrität erhalten, die auch ihre Aufzucht zum Verkaufe vielleicht eben so vorteilhaft macht, wie die der sogenannten edleren Pferde. Wer Pferde um der Arbeit willen hält, wird keinen Preis scheuen, um zuerst zu diesem Schlage zu gelangen, wenn man einmal ihre Qualitäten aus Erfahrung kennt. Mecklenburg ist noch im Stande, diesem nützlichen Schlag von Pferden dem ganzen nördlichen Europa mitzuteilen. Er existiert noch auf wenigen Gütern, wo man sich um Pferdehandel nicht bekümmerte, sondern nur für sein Ackergespann aufgezogen hat, und in einigen Gegenden bei den Bauern; dort vollkommener, hier durch zu frühe Arbeit und schlechtere Fütterung mehr verkrüppelt. Es ist aber die höchste Zeit, mit Sorgfalt auf die Erhaltung seiner Reinheit zu achten: denn wenn fremdes Blut hineinkommt, so bleibt es diese Rasse nicht. Und gesetzt auch, dass die erste Generation durch diese Beimischung dem Anscheine nach gewönne, so wird doch in den folgenden eine Abartung entstehen, die den Verlust der ursprünglichen Rasse, wenigstens für den Ackerbau, bedauren lässt. Es werden ungleichartige Pferde fallen, unter denen einzelne sich zu Reit- und Luxuspferden besser qualifizieren, die andern aber im Ackergespann desto mehr zurückstehen.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Landwirtschaftliche Bemerkungen über Mecklenburg