Holsteinsches und Mecklenburgsches System

Der Holsteiner kam zuerst zu einer regelmäßigen Schlagordnung, aber mit Vorliebe für die Viehnutzung. Der Kornbau blieb ihm, bis auf die neueste Zeit, etwas Untergeordnetes. Das Verhaltnis seines Körnerbaues gründete er auf seinen Strohbedarf, und er schien den Acker fast mehr um des Strohes, als um der Körner willen zu bestellen. Zureichender Dünger erfolgte hierbei von selbst; um diesen war er also nicht bekümmert, und nur Benutzung des Molkenwesens war sein Hauptzweck. Wie aber, der Mecklenburger zur Koppelwirtschaft überging, blieb Körnerbau sein Hauptaugenmerk; er wollte von diesem so wenig als möglich für Viehnutzung aufopfern. Nur sah er die Notwendigkeit des Viehes, um des Düngers willen ein; und seine Frage war nu die: wie viel Vieh muss ich halten, um meinem Ackerlande den notwendigen Dünger, verschaffen zu können? und wie viel muss ich zur Weide für dieses Vieh von meinem Acker zu Grase liegen lassen? Und so entstand hier ein genau berechnetes System der Schlagwirtschaft, durch rege Untersuchung über das beste Verhältnis des Viehstandes zum Ackerbau, in Rücksicht auf möglich höchste Benutzung der Güter.

Man nahm aber hier auf Könerbau fast allein Rücksicht, und bestimmte das Verhaltnis des Viehstandes so gering als möglich. Man tadelte den Holsteiner, dass er zu viel Vorliebe für das Vieh habe, und demselben von seinem Körnerbau mehr aufopfere, als nach den Regeln einer guten Haushaltung geschehen dürfe. Dieser behauptet dagegen, der möglich höchste Ertrag der Wirtschaft überhaupt sei der Zweck des Landwirts, der größere Teil möge aus dem Viehstande oder aus dem Körnerbaun kommen. Die höhere Benutzung des Viehstandes sei ihm viel wert, als der stärkere Körnerbau, den er nun auf Kosten der ersteren, vermehren könne und sei sicherer. - Übrigens baue er bei seiner geringeren Aussaat, vermöge der längeren Ruhe seines Landes, und seines stärkeren Düngers, mehrere Körner wie der Mecklenburger.


Wenn sich gleich die Wirtschaftssysteme der Holsteiner und Mecklenburger in den neueren Zeiten mehr ausgeglichen haben; wenn der Hosteiner von seinem Nachfolger, dem Mecklenburger, jetzt vieles gelernt und angenommen hat, nicht mehr besorgt, durch Brache und fleißige Beackerung den Keim des Grases im Boden zu zerstören, und Mittel kennt, den unausgesogenen Boden dennoch schnell zu einer, hilfreichen Begrasung zu bringen: so ist dagegen die doppelte Branche in Mecklenburg seltener und dadurch das Verhältnis des Weidelandes gegen das Ackerland vermehrt worden. Daher ist der Unterschied der Holsteinschen und Mecklenburgschen Wirtschaft beim ersten Anblicke - besonders für den, der solche Schlagwirtschaften überall nicht kennt —jetzt weniger auffallend. Bei aufmerksamerer Beobachtung und Vergleichung kann man aber doch den charakteristischen Unterschied und den verschiedenen Geist beider Wirtschaftsarten nicht verkennen; und dieser gründet sich immer noch auf die größere Aufmerksamkeit des Holsteiners auf die Viehnutzung und auf den sorgfältigeren Betrieb des Kornbaues bei dem Mecklenburger. Wer ihn nicht von selbst beachtete, würde durch den gegenseitigen Tadel des Holsteiners und Mecklenburgers bald aufmerksam darauf gemacht werden. Denn so geringe der Unterschied an sich ist, so würde doch der eifrige Mecklenburger eher die höchst verschiedene Braunschweigsche, Obersächsische und Rheinländische Wirtschaft gut heißen, als die Holsteinsche — gleich den religiösen Sekten, welche immer um so erbitterter gegen einander waren, je unbedeutender und unmerklicher der Unterschied ihrer Begriffe, oder vielmehr der Ausdrücke, war, womit sie ihr Symbelum andeuteten.

Der distinktive Charakter beider Wirtschaftsarten ist also eigentlich nur in jener größeren Vorliebe für den Viehstapel oder für den Körnerbau zu setzen. Indessen trifft man im Allgemeinen — nur nicht auf allen Höfen — noch mehrere Verschiedenheiten an, die aber sämtlich auf jenen wesentlichen Unterschied Bezug haben.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Landwirtschaftliche Bemerkungen über Mecklenburg