Holländerei. Ihr Nachteil

Der Viehpächter oder Holländer zahlt also die Pacht nach Kopfzahl. Vor einiger Zeit war die Kuhpacht 5 bis 7 Thlr. Jetzt ist sie 7 bis 10 Thlr., und in einigen seltenen Fällen — wo vorzügliche Heugewinnung und kräftige, mit weißem Klee angesäete Weide ist — 12 Thlr. Man glaubt aber, dass diese Pacht nur bei den jetzigen hohen Butterpreisen möglich sei, und dass der Pächter nicht babei bestehen könne, wenn diese wieder fielen, welche Besorgnis einem Holsteiner, der seine Melkerei selbst administriert, sonderbar vorkommen muss, nach den Mecklenburgschen Verhältnissen aber wohl gegründet sein mag. Der Holländer hat dabei die zehnte Kuh frei, erhält Wohnung, Feurung, Fütterung auf zwei Pferde, und oft noch andere Naturalien und Emolumente [Nebeneinkünfte].

Wenn die Verpachtung des Viehes einmal geschehen ist, so steht sich das Interesse der Wirtschaft und der Holländerei gewöhnlich gerade entgegen. Der Holländer sucht so viel Weide und Heu, wie möglich, zu erhalten; widersetzt sich dem Aufbruch der Brache und Stoppel, wo er es kann. Der für seinen Kornbau besorgte Ökonom nimmt ihm das beste Heu für sein Zugvieh weg, und sucht ihn, wenn es fehlt, auf alle Weise zu beknappen. Er eilt mit dem Aufbruch der Stoppel und Brache, wenn der Holländer auch noch so sehr über Weidemangel klagt. Jener freuet sich, wenn er sein Korn im Stande der vollkommensten Reife einscheuret, damit kein Körnchen in der Ähre und kein Nahrungsstoff im Strohe bleibe; dieser wünscht, dass es halb reif eingefahren werde und nicht ausfalle. Jenem ist der Zustand des Viehes indifferent, wenn es nur am Lehen bleibt; dieser wünscht mitleidig, dass jedes schwache und kränkliche Stück vor der Zeit sein jammervolles Leben ende, damit das Übrige mehr Nahrung erhalte, und sucht solches auf eine unschuldige Weise zu befördern. Wenigstens wird er schwaches Vieh nicht früher aufstehen lassen, um ihm wieder zu Kräften zu helfen; sondern den letzten Tropfen Milch nehmen, wenn auch der Athem darüber ausginge. Kurz, Holländerei und Wirtschaft stehen in beständiger Disharmonie.


Unter diesen Umständen ist es sehr natürlich, dass der Ökonom wenig auf Verbesserung der Weide und Vermehrung des Futterbaues denkt. Man macht wohl beim Ablauf der Viehpacht neue Einrichtungen, um neue Pächter herbeizuziehen und die Pacht zu erhöhen; aber sie können nicht mit der erforderlichen Energie durchgesetzt werden, weil sie sich, wenigstens nicht unmittelbar, bezahlen würden. Der Mecklenburgsche Holländer, der den Vorteil besserer und ungewöhnlicher Einrichtungen nicht kennt, nicht zu schätzen weiß, oder sich auf die Ausführung nicht verlässt, bezahlt sie nicht verhältnismäßig. Und so bleibt man lieber beim Alten und Eingeführten.

Ohne Zweifel würde, wenn die Viehwirtschaft von der Ackerwirtschaft getrennt sein solte, die Einrichtung vorzuziehen sein, dass man dem Holländer nur die Weide verpachtete und Heu und Futtergewächse, oder Wiesen und Kleefelder zu einem bestimmten Preise verkaufte; es ihm übrigens überließe, wie er solches mit seinem eigenen Vieh benutzen wollte. Das Stroh würde gegen den Mist gegeben. Wo eine solche Einrichtung landüblich wäre, die Holländer ihr eigenes Vieh hätten, und aufzögen, und damit kämen und weggingen, da würden, meiner Überzeugung nach, beide Teile sich weit besser dabei stehen. Viehzucht und Ackerbau würden einen besseren Schwung bekommen.

Indessen geht dies in Mecklenburg wohl um so weniger an, da mir die Holländer größtenteils ziemlich armselige und wenig unternehmende Leute zu sein scheinen. Wenigstens ist es ein gewaltiger Unterschied, wenn man Holsteinsche, vom Gutsbesitzer ober Pächter selbst administrierte und Mecklenburgs verpachtete Melkereien sieht. Die Reinlichkeit in den Gebäuden, die Schönheit der Gefäße, die Ordnung und Genauigkeit, die Zahl und Aufmerksamkeit der damit beschäftigten Menschen, scheint in Holstein fast an Luxus zu gränzen, wenn man sie mit den Mecklcnburgschen vergleicht. Es ist aber dort gewiss nichts Übertriebenes und Unnützes, nichts, was sich nicht reichlich bezahlte, und zu dem allgemeinen guten Rufe, worin die Holsteinsche Butter mit Recht vor jeder anderen steht, beitrüge. Sogar auf Bauerhöfen wird in Holstein die Molkenbehandlung sorgfältiger, wie in Mecklenburgschen Holländereien — ich spreche von der größeren Zahl — betrieben.

Bei so bewandten Umständen muss, meines Erachtens, jede solide Wirtschaftsverbesserung in Mecklenburg damit anfangen, dass der Gutsbesitzer seine Holländerei selbst übernimmt und admistriert. Nur auf die Weise kann Harmonie und Gleichgewicht zwischen beiden Wirtschafts-Zweigen erhalten werden, welche zur Vollkommenheit des Ganzen unentbehrlich sind. Wer für sein Vieh sorgt, sorgt für seinen Acker, und wer diesen in Stand setzen will, höheren Ertrag zu geben muss, dem Anscheine nach, den Körnerbau zum Vorteil des Viehstapels oft einschränken. Die entferntere Rücksicht auf Verbesserung des Ackers, die erst nach mehreren Jahren, oft nur nach einem ganzen Umlaufe, erfolgt, ist nicht anreizend genug, wenn nicht der erhöhte Ertrag des Viehstapels den Abzug des Körnerbaues unmittelbar ersetzt.

Ich weiß, dass ich hier die Meinung, und, was mehr ist, die Bequemlichkeit vieler Landwirte gegen mich haben werde. Die Mecklenburgsche Einrichtung mit den Holländereien hat selbst im Auslande, selbst bei der Dreifelder-Wirtschaft großen Beifall gefunden. Wo man dem Mecklenburger nichts nachgemacht hat, da hat man ihm doch in diesem Stücke nachgeahmt. Man hat es für das Wesentlichste, für das Vorzüglichste der Mecklenburgschen Wirtschaft, gehalten, seinen Viehstapel zu verpachten. Manche Landwirte, die vorher keinen baren Groschen von ihrer Molkerei hatten, erhalten doch nun ein Paar schöne hundert Thaler Holländerei-Pacht, und brauchen sich um nichts zu bekümmern, was das Vieh angeht. Das hat freilich Anschein; vorausgesetzt aber, dass die Frau Gemahlin oder Demoiselle Ausgeberin das Molkenwerk ihrer eigenen Aufmerksamkeit gewürdigt, und der Spieltisch oder Galanterie-Läden die bare Einnahme nicht an sich gezogen hat, so wette ich zehn gegen eins, dass das, was sie für Holländerei-Pacht einnehmen, anderswo doppelt wieder in Ausgabe kommt, wenn die Wirtschaftsrechnung genau untersucht wird.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Landwirtschaftliche Bemerkungen über Mecklenburg