Landwirtschaftliche Bemerkungen über Holstein und Mecklenburg auf einer Reise im Julius 1798

Vom Leibarzt Albrecht Thaer geschrieben von 1799 — 1801
Autor: Thaer, Albrecht Daniel (1752-1828) deutscher Polywissenschaftler, gilt als Begründer der Agrarwissenschaft., Erscheinungsjahr: 1805
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Landwirtschaft, Reisebericht, Mecklenburg, Thaer, Milchkühe,
Aus: Vermischte Landwirtschaftliche Schriften aus den Annalen der Niedersächsischen Landwirtschaft, den drei ersten Jahrgängen, ausgewählet und auszugsweise, in Ansehung der eigenen Arbeiten verbessert, herausgegeben von Albrecht Thaer. Erster Band. Hannover 1805.

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Ein vorzüglicher Ertrag landwirtschaftlicher Reisen erfolgt aus der Nachlese, die man aus den vorgefallenen Unterhaltungen macht. Viele geschickte Landwirte machen Versuche, ohne sie zu Papier zu bringen. Wenn diese nicht im Gespräche hervorgezogen würden, so stürbe das Resultat ohne Zweifel mit dem Mann dahin, der sie machte. Welch eine Masse von Unterricht würde man in dieser Kunst erhalten, wenn alle solche Versuche und Bemerkungen von einem Ende des Reichs bis zum andern gesammelt würden!

Experimentalische Gewissheit würde das Resultat davon sein, die Ursache der meisten anscheinenden Widersprüche würde sich aufklären, und ein harmonisches System an die Stelle der jetzigen Verwirrung treten. Nicht von gelehrten Dissertationen, sondern von einer Sammlung der Tatsachen, kann man dies erwarten. Arthur Young.

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Wir fuhren am 5ten Julius von Hamburg nach Flottbeck. Hier hat der Herr Etats-Rat Voght (der seitdem, wegen seiner Verdienste um das Armen-Wesen in Wien vom Kaiser in den Reichsfreiherrn-Stand erhoben worden) durch den allmählichen Ankauf verschiedener beträchtlicher Höfe von kleinen und großen Flottbeck, einen Landhaushalt angelegt, dessen Flächen-Inhalt zwar nur etwa 900 Calenberger Morgen oder 100.000 Quadrat-Ruten beträgt, welcher aber mit einer außerordentlichen Energie betrieben wird.

Der Zufall führte uns zuerst in den, Stall, worin etwa 40 Stück schwere Kühe aufgestallt standen. Dies war gegen meine Erwartung, da ich in Hamburg gehört hatte, dass man hier nichts als englische Methoden anträfe, und dass alles, was nicht englisch sei, unbedingt verworfen würde. Sommer-Stallfütterung aber ist nicht englisch, man hat davon in England kaum einen Begriff. Noch mehr erstaunte ich, als man mir sagte, dass beständig frischmilchende Kühe, so wie sie eben zu haben wären, angekauft, nicht wieder zugelassen, sondern abgemolken und dann fett an Schlächter verkauft würden. So vorteilhaft diese Methode ohne allen Zweifel nahe bei einer großen Stadt ist, und allenthalben, wo man frische Milch zu gutem Preise absetzen und dadurch das Land hoher als durch güstes Vieh benutzen kann; so passt sie sich doch gar nicht, wenn man ein ökonomisches Schauspiel geben will. Da muss man schön gestaltete Kühe von allen Rassen, seltenen Farben, oder doch mannigfaltig gescheckt, Kälber, Jährlinge, Fersen von jedem Alter haben, die in bunten Gruppen sich durch einander bewegen. Als ein bloßes ökonomisches Schauspiel war uns aber diese Wirtschaft von verschiedenen angegeben worden.

Wir sahen zwar nachher einen anderen kleinen Stapel von auserlesenen schönen Kühen, die auch beibehalten und fortgepflanzt werden, und auf den Rasen-Plätzen, im Park weideten. Diese haben dann freilich noch die Schönheit dieses, mit reinem Geschmack sparsam verzierten, Natur-Gartens. Allein dieses ist nur Nebensache bei der Wirtschaft.

Arbeitspause für Mensch und Tier

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Mittagspause im Pferdestall

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Ochsen vor dem Pflug

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