Kapitel 5 - Die Stadt Kuka in Bornu. - Die verschiedenen Stadtheile, ihre Bauart und die Wohnungen des Sultans.—Das Christenhaus.—Rathsversammlungen.—Aufzüge und Prunk der Grossen.—Leben und Treiben auf dem grossen Markte.—Schwunghafter Sclavenhandel.

Kuka, von den Bewohnern Sudans Kukaua genannt, ist die Haupt- und gewöhnliche Residenzstadt von Bornu. Sie liegt ungefähr dem 13° nördl. Br. und dem 32-1/2° östl. Länge v. F., etwa zwei Stunden vom Westrande des Tsadsees, und ist umgeben von einer ungeheuern steinlosen Ebene. Diese ist zum grössten Theile mit dichter Waldung bedeckt, welche hauptsächlich aus Tamarinden, Mimosen, Hadjilidj (Balanites aegyptiacus), Korna (Rhannus lotus) und Dumpalmen besteht. Blos in unmittelbarer Nähe der Stadt haben die Bäume für die Culturen Platz machen müssen, und zur Regenzeit sind die Stadtmauern von zwanzig Fuss hohen Argum-moro- (Pennisetum distichum) und Ngáfoli- (Sorghum) Feldern umgeben. Allmälig aber, und namentlich gegen das Ende der Regenzeit, wird das ganze umliegende Land Ein Sumpf, und bei anhaltendem Regen steigt der Tsad-See oft so hoch, dass er mit der ganzen umliegenden Gegend Einen Morast ausmacht. Aber auch in Kuka selber ist dann Alles unter Wasser, und die grosse breite Strasse, welche die Stadt der ganzen Länge nach durchschneidet, von den Kukaern "Dendal", d.h. Promenade genannt oder, wie Barth übersetzte, "Königsstrasse", ist dann Ein Wasserbecken von meist 1 bis 1-1/2 Fuss Tiefe.

Die Stadt Kuka, so genannt, weil der Gründer Mohammed-el-Kánemi im Jahre 1814, als er die Stadt anlegte, dort, wo er das erste Haus hinbaute, eine "Kuka" oder Adansonia digitata fand, besteht aus drei Theilen: der Weststadt Billa fute be, der Mittelstadt und der Oststadt Billa gede be.[4] Die Ost- und Weststadt sind mit hohen und guten Mauern aus gehärtetem Thon umgeben und derart aufgeführt, dass man von Innen bequem durch Treppen überall bis nach oben hinaufsteigen kann, während die Aussenwand fast ganz steil abläuft. Die Richtung der Stadt ist, da die beiden ummauerten West- und Osttheile fast rechtwinkelige Vierecke bilden, beinahe von Osten nach Westen.


An öffentlichen Gebäuden besitzt natürlich eine Stadt wie Kuka, deren Baumaterial blos Thon ist, nichts Bemerkenswerthes. Der jetzige Sultan, Scheich Omar, der bei den Kanúri den Titel Mai, d.h. König, führt, residirt in der Oststadt, wo er drei sehr grosse, geräumige Wohnungen hat, die ebenfalls aus Thon gebaut sind und die von ihm abwechselnd bewohnt werden; in den inneren Hofräumen sind ausserdem eine Menge kleiner, birnenförmiger Hütten aus Stroh, für die Weiber und Sklaven. Dicht dabei befindet sich auch eine grosse Moschee, die ebenfalls aus Erdklumpen errichtet ist; in dieser wird Freitags das Chotbah-Gebet, dem der Mai immer im grössten Pompe beiwohnt, abgehalten. In seiner Hauptwohnung befinden sich auch die Grabmonumente seines Vaters Mohammed-el-Kánemi, welcher die jetzige Dynastie der Kanemin gründete, nachdem die der Séfua, welche von etwa 900 Jahren nach Christi Geburt bis zu Anfang unseres Jahrhunderts den Thron innehatten, durch ihn vom Throne gestürzt war. Seinen Bruder Abd-er-Rahman liess er zur Zeit, als Barth und Vogel in Bornu waren, als Empörer and Usurpator erdrosseln. Das Grab des Letztern ist äusserst prächtig und gleicht in dieser Beziehung ganz denen der marokkanischen Kaiser in Mikenes und Fes. Eine andere sehr grossartig angelegte Moschee hat man nicht vollenden können, und so ist sie, ohne Dachschutz, schon wieder ganz zerregnet. In der Weststadt hat der Mai auch eine sehr grosse Wohnung, welche früher hauptsächlich seinem Vater zum Aufenthalte diente; neben ihr befindet sich ebenfalls eine grosse Moschee, welche gut erhalten ist und in der auch des Freitags Chotbah gelesen wird. Der jetzige Sultan residirt indess nur in einzelnen Fällen in der Weststadt und dann immer nur auf einige Tage. In der Weststadt liegt ferner das Christenhaus Fato ?ssara be, welches allen europäischen Reisenden, von Barth und Overweg an, als Absteigequartier gedient hat.

In beiden Städten und auch in dem grossen nicht ummauerten Stadttheile giebt es ausserdem eine Menge grosser viereckiger Thongebäude, und zwar in der Oststadt die der Prinzen, der Grossen und Beamten, während in der Weststadt mehr die Kaufleute, die hier aus allen Theilen der bekannten afrikanischen Länder zusammenströmen, ihre Wohnungen und Niederlassungen haben. Das eigentliche Haus des Volkes ist indess die kleine bienenkorbförmige Strohhüte, die gewöhnlich oben mit einem Straussenei oder mehreren geschmückt ist, ?gim genannt, und die, wenn mehrere zusammen von einer thönernen Befriedigung umgeben sind, den Namen Fato, Wohnung, haben.

Die Bevölkerung einer Stadt, die als Hauptmittelpunkt des Handels von Innerafrika gilt, muss natürlich eine sehr gemischte sein; am meisten vertreten sind indess die Kanúri oder eigentlichen Bornubewohner, dann die Leute aus Kanem, einem Lande, welches nördlich vom Tsad liegt, endlich die Teda oder Tebu, die zum Theil in Bornu selbst ansässig sind, zum Theil auch aus den ihnen zugehörenden Ländern kommen. Aber ausserdem sind die Búdduma oder Jedina, welche die Inseln des Tsad bewohnen, die Uandala aus den nördlichen Sumpfniederungen am Rande des Mendif-Gebirges durch zahlreiche Colonien in der Hauptstadt vertreten, sowie das weisse Element durch die verschiedenen Túareg-Stämme der südlichen Sahara und durch Araber und Berber repräsentirt wird. Natürlich da alle diese Stämme ihre eigenen Trachten haben, bietet dieses Völkergemisch den buntesten Anblick, den man sich denken kann, obgleich die Hauptstadt, wie alle anderen auch, das Eigenthümliche hat, sehr rasch alle zu absorbiren. Man sieht daher sehr häufig alte Musguweiber mit grossen Narben in der Ober- und Unterlippe. Denn wenn sie es auch in ihrem Vaterlande für schön hielten, in die Lippen sich ein oft mehrere Zoll grosses Stück Holz oder eine Kürbisschale einzuschieben, so schämen sie sich doch dieses Schmuckes, sobald sie längere Zeit in der Capitale gelebt haben, der Art, dass sie die grossen Löcher nach Herausnahme des Tellers durch Wundmachen der Ränder zu vernarben suchen. Ebenso gehen vielleicht die Gebirgsbewohner südlich von Uandala eine Zeit lang ganz nackt, wie in ihrer Heimath, wo ihre ganze Kleidung in dem Blatte irgend einer Feigenart besteht, welches sie vorn an ihrem Gürtel befestigen; aber bald erwacht das Schamgefühl, oder vielmehr die Eitelkeit, es den Anderen gleichzuthun, und sie suchen sich mit irgend einer Art Kleidungsstück zu bedecken.

Kuka ist eine Grossstadt und gleicht in manchen Beziehungen unseren europäischen Hauptstädten. Morgens früh, d.h. um 6 Uhr, sieht man die eigentlichen Kukabewohner noch gar nicht, Alles schläft noch. Indess kommen schon vom Lande, dessen Bewohner sich lange vor Sonnenaufgang auf den Weg machen, um die Stadt bei Zeiten zu erreichen, die Bauern mit Vieh, Butter, Fischen, Korn, Obst und Gemüsen. Laut ihre Waaren ausbietend, durchziehen sie die Strassen, und nun erheben sich die Frauen Kukas, um für den täglichen Bedarf einzukaufen. Zuerst wird aber sorgfältig die Hütte und der Hofraum ausgekehrt, und dann macht jede ihre Toilette am Brunnen, der fast bei keinem Hause fehlt. Denn so eitel die Kanúrifrauen auch sind, so reinlich sind sie andererseits. Die Männer, welche ein Handwerk treiben gehen nun ebenfalls ans Geschäft, nachdem sie zuvor jedoch ein frugales Frühstück eingenommen haben, welches in der Regel aus Negerhirsebrei mit einer stark gepfefferten Adansonienblattsauce besteht. Selten wird des Morgens Fleisch genossen. Die meisten Gewerke werden wie in allen heissen Ländern unter Schoppen in den Strassen oder auf den öffentlichen Plätzen betrieben, Baumwollspinnereien, Indigobereitung, grosse Färbereien, um den Kattunen die so sehr beliebte dunkelblaue Farbe zu geben, Ledergerbereien, Klopfanstalten, in denen eine Menge junger Neger und Negerinnen beschäftigt sind, um durch Klopfen mit einem hölzernen Hammer der Tobe oder Kulgu Glanz zu verleihen, endlich Schuster, Schneider, Klempner, Schmiede, Schreiner, Sattler, Schwertfeger etc., Alles arbeitet im Freien. Die gegen Mittag eintretende Hitze gestattet aber Keinem, länger als bis 11 Uhr den Geschäften nachzugehen.

Gegen 8 Uhr erheben sich auch die Grossen und die reichen Kaufleute. Jene begeben sich in ein Vorgebäude oder in einen äussern Hof ihrer Wohnung, um ihre zahlreichen Clienten zu empfangen, um Stadtneuigkeiten zu hören und um etwaige Angelegenheiten unter den Hausangehörigen zu ordnen, Der Kaufmann hingegen begiebt sich auf den Dendal oder auf einen ihm zunächst liegenden Platz und tauscht hier mit Seinesgleichen Neuigkeiten aus, oder mustert die Vorübergehenden.

Das eigentliche Leben beginnt aber um 9 Uhr; jeder Prinz, jeder Beamte, und darunter namentlich die Cognaua (Plural von Cogna) oder Räthe, welche die Rathsversammlung oder Nókna, die alle Morgen in der Wohnung des Mai stattfindet, bilden, begeben sich mit grossem Gepränge, von vielen Sklaven und Clienten begleitet, zur Wohnung des Sultans. Da kommt auf einem prächtigen Berberhengste, der vielleicht mit zwanzig Sklaven bezahlt worden ist, ein nächster Verwandter des Sultans; sein Pferd hat einen silbernen Kopfhelm und einen reichen seidenen Ueberwurf, der Sattel, bei den Vornehmen meist mit hohen Lehnen, wie bei den Arabern, ist in der Regel von echtem blauen oder rothen Sammt, worauf Arabesken von Gold gestickt sind, überzogen; eine eben so kostbare Schabracke und Zügel aus feinen Lederstreifen zusammengeflochten, vervollständigen das Ganze. Der Reiter trägt meist nach Art der Tuniser Kaufleute einen Anzug aus Tuch und Seide, jedoch sind nur sehr wenige mit einem Turban versehen, meist begnügen sie sich mit einem rothen Fes. Und sobald er vor dem Sultan sich befindet, hat nur der Prinz von Blut und die Cognaua die Erlaubniss, den Fes aufzubehalten, alle anderen, selbst die Generäle und Minister, müssen barhaupt und barfuss erscheinen. Vor ihm her laufen seine Waffenträger und rufen Jedem zu, Platz zu machen, während hinterher noch Spiessträger und ein ganzes Gefolge von Sklaven trabt. Mit weniger grossem Aufzuge reiten die Beamten, höheren Offiziere und Räthe, alle lieben es aber, ein so grosses Gefolge wie möglich zu haben, jedoch darf ihr Pferd weder Silberplatten noch Seidentroddeln tragen. Dies ist ausschliessliches Vorrecht der königlichen Familie und vielleicht eines fremden Gesandten.

Alle diese Aufzüge gehen im schnellsten Trabe durch die Stadt. Was liegt dem Grossen daran, ob seine hinterhertrabenden Sklaven keuchen und husten, er kümmert sich nur um sich und achtet nur den, welcher im Range über ihm steht. Sobald alle in den geräumigen Sälen des Fürsten versammelt sind und sich gesetzt haben, ertönen die grosse Trommel und mehrere Pfeifen und andere Instrumente, für die wir keinen Namen haben, von denen eins jedoch unserm Dudelsacke gleicht und einen clarinetartigen Ton abgiebt. Jetzt betritt, von Eunuchen umgeben, der Mai die Versammlung, und während sich die Verschnittenen zurückziehen, nimmt er Platz auf einer Erhöhung, die mit schönen Smyrnaer Teppichen überdeckt ist. Die ganze Versammlung, welche sich beim Eintritt des Mai erhoben hat, lässt sich nun auch nieder, und jeder Einzelne kann dann den Mai begrüssen, kann Beschwerden vorbringen und Gesuche einreichen; die speciell Bevorzugten dürfen auch die Hand küssen. Dies thun indess eigentlich nur Schürfa (Abkömmling des Propheten, deren es immer eine Menge aus Mekka und Medina kommende in Kuka giebt). Die alten Cognaua haben so grosse Ehrfurcht vor ihrem Fürsten, dass sie ihm gar nicht ins Gesicht sehen, wenn sie mit ihm reden. Und früher zur Zeit der Sefua-Dynastie war es Gebrauch, wie das heute noch im Königreiche Mándara Sitte ist, dass alle beim Könige Versammelten demselben den Rücken zukehrten, um nicht vom Glanze des königlichen Antlitzes geblendet zu werden. Der Mai allein ist bewaffnet; zur Seite hat er zwei mit Silber beschlagene Pistolen liegen, manchmal auch noch einen Karabiner; vor ihm liegt ein kostbares silbernes Schwert, Geschenk der Königin Victoria[5]; alle anderen aber müssen, ehe sie die Wohnung des Mai betreten, draussen ihre Waffen zurücklassen. Die Versammlung dauert meist bis 11 Uhr, wo der Sultan durch seinen Rückzug das Zeichen zum Auseinandergehen der Versammlung giebt. Ehe sie jedoch die Wohnung verlässt, gruppiren sich drei oder vier um eine Fleischschüssel, Geschenk des Sultans, der ihnen manchmal auch während der Versammlung Goronüsse präsentiren lässt. Die Reste in den Schüsseln sind immer für die Sklaven.

Sobald sich die Grossen mit ihren Gefolgen wieder in ihre Wohnungen zurückbegeben haben, nimmt die Stadt einen todten Anstrich an. Die grosse Hitze erlaubt um diese Zeit keine Geschäfte und Arbeit, Alles zieht sich in die kühlsten und innersten Gemächer der Wohnung zurück, oder sucht einen dichtschattigen Baum auf, um sich dem Schlaf, und dem Nichtsthun hinzugeben.

Erst um 3 Uhr Nachmittags wird die Stadt wieder belebt, der Markt fängt an. Ich spreche hier nicht von dem grossem Markte, der jeden Montag vor den Thoren der Weststadt abgehalten wird, sondern von dem, der alle Tage in der Stadt selbst stattfindet. Aber wenn ich sage, es wird nur Ein Markt abgehalten, so muss man darunter nicht verstehen, dass derselbe an nur Einem bestimmten Orte wäre, im Gegentheil, um 3 Uhr Nachmittags ist die ganze Stadt ein Markt; Hauptpunkte bilden freilich der westliche Dendal der Weststadt, dann der ?gimgsegeni-Dendal und der Platz am Westthore der Oststadt.

Nur wer selbst dem Leben und Treiben in den Negerstädten mit beigewohnt hat, kann sich einen Begriff davon machen, wie es auf diesen Märkten hergeht. Man findet Alles, was zum Leben nöthig ist. Hier stehen grosse lederne Botta, weiche Butter enthalten, die natürlich immer flüssig ist, dort hacken die Metzger Fleisch, hier stehen Säcke mit Getreide, dort liegen Koltsche und Ngángala Erdnüsse, die einen kastanienartigen Geschmack haben. Melonen, Pasteten, Kornafrüchte (Lotus) und die bitteren äusserlich einer Dattel ähnlichen Früchte des Hadjilidj-Baums, selbst viele andere wilde Waldfrüchte werden ausgeboten, nicht zu vergessen die herrliche Gunda oder Melonenbaumfrucht, welche in den letzten Jahren aus dem Sudan ihren Weg bis an den Tsad-See gefunden hat. Aber auch gekochte Speisen findet man, um lodernde Feuer sieht man an kleinen hölzernen Spiessen grosse Stücke Fleisch braten, oder auch nach Art der Araber auf Kohlen backen. Wenn es gehackt und stark gewürzt ist und dann um Stäbchen geklebt und über Kohlen gar gemacht wird, bezeichnen sie es als Gúmgeni. Dies ist das, was die Araber Kiftah nennen. Auch kleine Brötchen, für einige Muscheln das Stück, sind zu haben, und damit ja nichts für den Gaumen fehle, findet man eine ganze Budenreihe, wo blos Goro- oder Kola-Nüsse verkauft werden. Aber wie manche arme Schlucker muss sich mit dem blossen Anblick genügen! Die Goro-Nuss, die nach Kuka von der Westgegend Afrikas über Kano kommt, wird durch diesen Transport so theuer, dass man manchmal das Stück mit 1000 Muscheln und mehr bezahlen muss, d.h. nach unserm Gelde mit etwa 9 Silbergroschen. Die übrigen Lebensmittel sind jedoch in Kuka so billig, dass ein Mann bequem seine Familie einen Monat lang mit 1000 Muscheln ernähren kann.

Interessant sind die Buden, welche europäische Artikel ausbieten: Perlen, Seidenzeuge, Kattune, Spiegel, Porzellanwaaren, Nadeln, Messer, grobes Schreibpapier und andere kleine Artikel. Namentlich in Perlen findet man eine erstaunlich grosse Auswahl, und man hat berechnet, dass die venetianischen Glasperlenfabriken für die schwarzen Damen eben so viele Perlen fabriciren, als es die böhmischen jetzt für die weissen Modedamen thun. Auch alle Handwerke findet man auf dem Markte vertreten, namentlich fehlt es nicht an Pferdegeschirr und Sätteln, denn jeder auch nur einigermassen bemittelte Mann in Kuka hat sein Reitpferd und einen Sklaven. Trödelbuden und Kleidermagazine sind natürlich auch vorhanden, denn wie bei uns kauft sich ein Kuka-Stutzer manchmal ein neues hübsches Gewand, zieht es ein oder ein paarmal an und verkauft es dann dem Trödler, nachdem er es einem neuangekommenen Araberkaufmann vorher auf Borg abgenommen hatte.

Sklaven sind ebenfalls alle Tage zu haben, jedoch von geringerer Sorte. Man findet deren 100 oder 150 ausgestellt, während Montags am grossen Markttage manchmal Tausende unter den Hangars kauern. Der Sklavenhandel wird überhaupt en gros in den Häusern getrieben, indem es z.B. vorkommt, dass ein reicher Kaufmann aus Tripoli oder Kairo seine Waaren oder einen grossen Theil derselben an Einen Mann für eine gewisse Zahl von Sklaven losschlägt, ohne dass diese auf den Markt kommen. Durch den grossen Aufschwung des Sklavenhandels in den letzten Jahren sind die Sklaven bedeutend im Preise gestiegen; so gilt ein hübsches junges Mädchen von 13 bis 16 Jahren bis gegen 50 oder 60 Maria-Theresia-Thaler, ein junger Bursche durchschnittlich 20 Thaler.

Hinter den Sklaven kommt gleich der Ort, wo das Vieh verkauft wird, denn auch Kameele, Pferde, Esel, Rindvieh, Schafe, Ziegen, Hühner etc. sind alle Tage und zwar nach unseren Begriffen zu fabelhaft billigen Preisen zu haben. So ersteht man eine fette Kuh für 2 Maria-Theresia-Thaler, ein gutes Pferd für etwa 12 solcher Thaler, ein Huhn für 50 Muscheln. Man kann aber auch alles mit Waaren kaufen, und wer z.B. europäische Artikel hat, steht sich sehr gut dabei, da diese bedeutend höher abgeschätzt werden, als ihr wirklicher Werth ist. Der Markt dauert bis 6 Uhr Abends, weil dann nach Sonnenuntergang die schnell eintretende Finsterniss jedem Austausch ein Ende macht.

Aber damit hat noch längst nicht das Leben in Kuka ein Ende. Nachdem man vom Markte zu Haus angekommen, wird das Mittagsessen eingenommen und dann machen sich die Leute ihre Besuche. Man giebt sich Rendezvous; namentlich die verheiratheten Leute leben in Kuka auf einem sehr leichtem und ungenirten Fusse. Fast jede hübsche verheirathete Frau hat ihren Cavaliere servente, und selbst die jungen Töchter des Sultans wussten es möglich zu machen, ihren Eunuchen zu entschlüpfen, um Liebesabenteuer aufzusuchen. Dabei bilden sich die Kinder Abends zu Gruppen, denn die kühlere Nachtluft gestattet jetzt Tanz und Singen; Musikbanden durchziehen die Strassen und namentlich bei Mondschein wird es selten vor Mitternacht ruhig in der Stadt.

Für einen Europäer würde indess bei allen materiellen Vortheilen ein bleibender Aufenthalt in Kuka unerträglich sein. Mit Europa ist in der Regel nur ein Mal im Jahre über Tripoli eine Verbindung; der viel nähere Weg nach der Küste vermittelst des Bénu? und Niger ist augenblicklich für Reisende und Warensendungen ganz verschlossen. Der einzige Artikel, der jetzt in Masse von der Küste seinen Weg bis an den Tsad-See gefunden hat, ist die kleine Muschel (Kauri), welche als Geld dient. Das Klima von Kuka ist sonst trotz der Nähe des Tsad und trotz der vielen Wasserlachen während der Regenzeit ein gesundes, weil die trockene Luft, durch die Nähe der Sahara bedingt, eine rasche Verdunstung des Wassers hervorbringt und so schon nach wenigen Tagen den Boden austrocknet.