Kapitel 2 - Beobachtungen über die Wirkungen des Haschisch. - Mursuk in Fessan, Ende Januar 1866.

Unter Haschisch verstehen die Araber im weitern Sinne jedes Kraut, näher jedoch bezeichnen sie damit den indischen Hanf, cannabis indica (nach Linné in die Klasse Dioccia pentandria gehörend), weil an Vorzüglichkeit jedes andere Kraut gegen dieses in den Hintergrund tritt. Von Tripolitanien an nennen die Eingebornen diese Pflanze Tekruri, und diesen Namen führt sie auch in der Türkei, Aegypten, Syrien, Arabien und Persien vorzugsweise.

Graf d'Escayrac de Lauture sagt über die Pflanze Folgendes:


"Die Haschischa ist die Cannabis indica; man findet sie in Afrika, und wahrscheinlich ist dieser Hanf aus dem Sudan nach Tunis und Tripoli eingeführt worden. In letzteren nennt man ihn Tekruri, also mit demselben Namen, den man in Mekka den von Sudan kommenden Pilgern giebt, um damit ihre Herkunft anzudeuten. Vielleicht bedeutet Tekruri auch, wie einige Geographen meinen, irgend eine Provinz in Sudan, vielleicht auch ist es nichts weiter, als die Ableitung von irgend einer arabischen Sprachwurzel, welche die Wirkung "verbessern, vollkommener machen" bezeichnet. Die Haschisch verdankt ihre Wirkung einem eigenthümlichen Stoffe, den Herr Gastinel, Pharmaceut in Aegypten, ausgezogen und bestimmt, und dem er den Namen Haschischin gegeben hat. Dieser Stoff, Harz, ist von einer schönen grünen Farbe, die jedoch nicht vom Chlorophyll herrührt, kleberig-zäh und von einem eigenthümlich unangenehmen Geschmack."

Ich füge hier hinzu, dass die Cannabis indica wohl weiter nichts ist als die verwilderte oder wilde Cannabis sativa, und eher eine Pflanze der gemässigten Zone als der heissen ist, denn je weiter man nach Süden vordringt, je seltener und krüppelhafter gedeiht dieselbe. Während man z.B. äusserst schöne Exemplare in den gemässigten Bergregionen des Kleinen Atlas der Algerie und Marokko's findet, und die eine Höhe von manchmal 1-1/2 Meter erreichen, gedeiht in den heissen Oasen Tafilet, Tuat und Fessan die Pflanze nur kümmerlich, obgleich die Bewohner alle Sorgfalt auf ihren Anbau anwenden, und von Norden wird dieselbe nach Süden exportirt.

Die Eingebornen bedienen sich derselben auf verschiedene Weise: Entweder sie zerschneiden die getrockneten Blätter und Blüthen sehr klein und rauchen sie rein oder mit Taback vermischt aus kleinen Pfeifen oder Cigaretten, oder sie vermischen dieselben mit Tumbak (Tabak) und rauchen so dies Kraut aus der Nargile. In Syrien bereiten sie wie Thee eine Art Infusion und trinken den Aufguss mit Zucker versüsst, oder endlich man pulverisirt Blätter und Blüthen, und schluckt dies Pulver rein oder mit Zuckerstaub vermischt herunter. Auch mit Honig und Gewürzen zu einer Art Backwerk verarbeitet, bereiten sie aus denselben kleine Kuchen, die unter dem Namen Majoun verkauft werden.

Mag man nun Haschisch nehmen unter welcher Form man wolle, immer übt dasselbe einen starken Rausch aus. Europäer jedoch, welche Beobachtungen darüber anstellen wollen, können dies nur, entweder indem sie eine Infusion trinken, oder das Haschisch-Pulver essen, denn um eine Wirkung vom Rausche zu haben, muss man den Rauch so tief einziehen, was Araber, Perser und Türken zwar auch beim Taback- und Opiumrauchen thun, dass der Dampf in die Lungen eingesogen, unmittelbar mit dem Blute in Berührung kommt. Zwei Theelöffel voll Haschisch genügen, um einen kräftigen Rausch bei einem Neuling hervorzubringen.