Kapitel 13 - Malta.

Es kann oft vorkommen, dass ein Reisender, welcher von Europa sich nach Tripolitanien oder Tunisien begiebt oder umgekehrt, dazu genöthigt wird, tagelang, welches oft zu Wochen anwächst, auf diesem Felsen mitten im Mittelmeere zuzubringen: und selbst in diese Lage gebracht, berichten wir nun wie am besten und nützlichsten und zugleich auch am interessantsten die Zeit hinzubringen sei. Durch die Kenntniss der arabischen Sprache konnte ich mich mit den Maltesern selbst in Verbindung setzen und so nach und nach herauslocken, was auf den Inseln am sehenswerthesten ist. Freilich waren sie oft darüber so erstaunt mich fe'l maltese sprechen zu hören, dass sie sich gerade so anstellten, wie die Beduinen einem Europäer gegenüber, welcher sie plötzlich in ihrer Sprache anredet, d.h. sie trauten ihren Ohren nicht, wollten nicht glauben, dass es ihre Sprache sei, bis wiederholte Fragen ihnen endlich die Laute ohrgerecht machten.

Indem ich im Allgemeinen hier anführe, dass die Inselgruppe, die wir schlechtweg Malta zusammen nennen, aus der grössten Malta, der mittleren kleinsten Comino und der zweiten Gozzo, dann einigen Felsen als Cominetto und Filfela besteht, halte ich es für überflüssig, über Lage, Grösse und Einwohnerzahl mich auslassen zu müssen, was in jedem Handbuche der Geographie nachgesehen werden kann.


Kein Land der Welt hat wohl so oft seinen Besitzer geändert, wie Malta, welches von Homer unter dem Namen von Hyperien, endlich mit der Herrschaft der Phönizier Ogygien, dann endlich von Griechen, die später sich der Insel bemächtigten, Melita genannt wurde, aus dem der jetzige Name Malta entstanden ist. Die kolossalen Bauüberreste, die an mehreren Orten auf der Insel gefunden werden, deuten darauf hin, dass Malta von Völkern bewohnt wurde, welche die Griechen mit dem Namen Pelasger bezeichneten, nach ihnen finden wir Spuren der phönizischen Herrschaft. Im Jahre 736 v. Chr. bemächtigten sich die Griechen der Inseln, welche dann 528 v. Chr. in die Hände der Carthager fielen. Im Jahre 242 v. Chr. mussten die Carthaginienser, wie alle anderen Inseln so auch Malta an Rom abtreten, welches sich bis 454 hier behauptete, worauf dann die Vandalen und Gothen und im Jahre 533 Belisar sich Malta's bemächtigte. Nach dem lateinischen Kaiserreiche zankten sich Araber, dann wieder Griechen, und wieder Araber um die Herrschaft, bis 1090 Graf Roger mit den Normannen die Inseln nahm, welche dann 1186 durch die Heirath Kaiser Heinrichs des VI. mit Constantia, der letzten Entsprossenen von Roger dem deutschen Reiche einverleibt wurden um nach 72 Jahren in die Hände von Frankreich zu fallen. Zwei Jahre nach der sicilianischen Vesper kamen dann die Inseln unter spanische Herrschaft und unter Carl dem V. wurden sie für ewig den von Rhodus vertriebenen Rittern von Johannes dem Täufer im Jahre 1530 geschenkt. Erst unter Hompesch dem letzten und 69sten Grossmeister dieses Ordens kam Malta wieder in die Macht der Franzosen, um 1802 in die der Engländer zu fallen, unter deren Oberhoheit die Inseln heute noch stehen.

Es ist wohl nicht nöthig anzuführen, dass die Grossmeisterschaft Paul des I. von Russland nur eine Comödie war, dass die eigentliche Ordenseinrichtung mit der Capitulation von Hompesch erlosch. Aber noch heute hört man oft von Reclamationen ehemaliger Ritter, um Rückgabe der Güter, welche das englische Gouvernement jetzt im Besitze hat, die indess rechtmässig Eigenthum der Ritter sind.

Fast alle Reisende werden Zeit genug haben Lavalletta die Hauptstadt von Malta zu besehen, selbst wenn sie nur einen Tag dort verweilen sollten. Ich beschränke mich daher darauf nur die Merkwürdigkeiten derselben aufzuzählen. Von dem bedeutendsten Grossmeister, der je regierte, im Jahre 1566 gegründet und nach ihm genannt, liegt die Stadt auf einer Halbinsel so günstig, dass auf beiden Seiten die prächtigsten und sichersten Häfen, von den Engländern schlechtweg "Doks" genannt, sich befinden.

Das Fort St. Elmo, welches Lavalette so tapfer 1515 gegen die türkische Armee des Sultan Selim vertheidigte, das Palais des ehemaligen Grossmeisters, jetzt Wohnung des Gouverneurs mit einer reichen Sammlung von Rüstungen und Waffen, die inwendig überaus reiche Kirche von St. Giovanni, die Bibliothek mit einigen Antiken aus der Zeit der Phönizier und Carthager, endlich das neue Opernhaus, sind die hauptsächlichsten Monumente, die Lavalletta zieren. Dazu kommen noch mehrere grossartige Gebäude, sogenannte Aubergen der früheren Ritter, welche nämlich in acht Sprachen getheilt waren, deren jede Corporation ihre eigene Wohnung hatte. Drei dieser Corporationen kamen auf Frankreich, die der Provence, die der Auvergne und die des eigentlichen Frankreich, eine auf Italien, eine auf England-Baiern, eine auf Deutschland und zwei auf Spanien, d.h. auf Aragonien und Castilien. Die Auberge der Castilianer-Ritter zeichnet sich vor allen durch Grossartigkeit und Pracht aus. Ein hübscher Spaziergang nach der Vorstadt Floriana hinaus, das ist alles, was der Fremde als sehenswerth in Lavalletta ausserdem mitnehmen kann.

So wechselvoll sich nun uns die Herren von Malta präsentiren, so stabil scheint das Leben in Lavalletta seit Zeiten geblieben zu sein; der Malteser, wenn auch nicht Abkömmling der Araber, hat doch unter der Herrschaft dieses Volkes, und namentlich früher unter der Ritterschaft durch die vielen "Caravanen" (so der officielle Ausdruck in den Akten der Ritter für Piraterie gegen mohammedanische Schiffe) in Sprache fast alles, in Sitten und Gebräuchen sehr viel von den Abkömmlingen Ismael's angenommen. Das Haus eines Maltesers ist fast jedem Fremden verschlossen, und wenn auch viel von der Leichtfertigkeit der hübschen Malteserinnen, deren weisser Teint namentlich gelobt wird, die Rede ist, so kann das nur auf das Malteser Geschlecht unter sich selbst Bezug haben: der Fremde wird sehr schwer in eine Malteser Familie Eingang finden. Als eigenthümlich fand ich jetzt die Einrichtung von sogenannten smoking rooms oder Rauchzimmer; ausser den zahllosen Kneipen gab es früher nur zwei anständige Kaffeehäuser, welche aber auch jetzt zu wahren Brandy shops gesunken sind, dafür hat man nun Rauchzimmer erfunden, wo mit Anstand stehend geraucht und Branntwein und Sodawasser getrunken wird. Ausserdem giebt es gute Clubs oder andere Vereinigungsorte, in welche jeder Fremde durch seinen Consul sich einführen lassen kann. Die Hotels, das Imperial-Hotel als erstes, lassen alle viel zu wünschen übrig.

Doch verlassen wir die Stadt Valletta und gehen ins Innere, so führt uns der Weg zunächst nach der so ziemlich im Centrum von Malta liegenden ehemaligen Hauptstadt Civita vecchia, auch città notabile genannt. Bei den Arabern hiess sie die "Stadt" medina schlechtweg und vom Malteser-Volk wird sie auch heute noch so genannt. Die Stadt selbst ist heute klein, von nur einigen hundert Einwohnern, aber dicht dabei liegt der grosse Ort Rabatto.

An Merkwürdigkeiten hat man dicht bei der Stadt einen alten Kirchhof, in dem Mumien gefunden worden sind, ganz nach Art der Aegypter, einige gute Exemplare davon sind auf der Bibliothek. Viel merkwürdiger ist indess die grosse Ausdehnung der Todtenstadt oder Catakomben; frühere Todtenbehausungen. dienten sie den ersten Christen als Wohnungen. Für die Malteser ist das grösste Heiligthum die Grotte von St. Paul, auch in der Nähe von città vecchia. Im Grunde derselben wird ein Altar gezeigt, wo Paulus die Messe gelesen haben soll; auch befindet sich daselbst eine gute Statue dieses Apostels von Melchior Caffa. Die Felswand der Grotte ist ein Febrifugum, nach Aussage der Eingebornen, wenn pulverisirt genossen.

Ich brauche wohl kaum zu sagen, wie ungegründet der Glaube (wenn man bei Glauben überhaupt von Gründen reden darf) der Malteser ist, St. Paul in Malta scheitern zu lassen.

Es ist nicht daran zu zweifeln, dass als Paulus von Caesarea nach Rom fuhr an eine Insel Namens Mileta geworfen wurde, aber eine Insel gleichen Namens existirte auch im adriatischen Meere. Von der Nordküste Creta's, wo man gelandet war, abfahrend, überfiel das Schiff ein heftiger Sturm, aber es heisst ausdrücklich im adriatischen Meere. Dann giebt es keine Sandbänke um Malta, wo die Paulus führenden Seeleute hätten Blei senken können, um Malta fällt das Meer überall steil ab zu einer Tiefe, die weder für damalige Senkbleie erreichbar war, noch weniger ein Stranden erlaubt; ausserdem ist der Ort, wo St. Paul gestrandet sein soll, d.h. in der Paul's Bucht, der allerunwahrscheinlichste, denn von Creta kommend hätte er an die Ostseite der Insel geworfen werden müssen. Es liessen sich noch andere Gründe anführen, was jedoch nur ermüdend sein würde, und warum auch, respectiren wir im Gegentheil die Pietät der Malteser für den grossen Heidenapostel.

Auf dem Wege nach città vecchia hat man noch das hübsche Landhaus des Gouverneurs zu besuchen, welches mit seinen dunklen Cypressen und duftenden Orangen einen wohlthuenden Eindruck auf das von dem ewigen Einerlei ermattete Auge macht. Denn, wenn auch Malta nicht ohne Cultur, vielmehr jedes Stückchen bebaut ist, so hat man alle Felder mit hohen Steinmauern umgeben, so dass man nichts als Steine erblickt. Bäume giebt es aber fast gar nicht auf den Inseln, namentlich keine Gruppen, nur hie und da einzelne Feigen-, Johannisbrodbäume und Oliven. Und doch wie fleissig ist die Insel bebaut, wie ist jedes Fleckchen benutzt, die Erde, um den Felsen zu bedecken, hat man oft aus Sicilien holen müssen. Aber gerade die Baumlosigkeit der Insel macht alle Mühe und Anstrengung zu Nichte, von heftigen Regen wird der Humus wieder abgeschwemmt, und so bleibt das Land ewig ein halbnackter Felsen. Und auch für den Pflanzenwuchs ist die Baumlosigkeit beeinträchtigend, denn Malta hat im Sommer vollkommen afrikanisches Klima, und auch im Winter sieht man nie Schnee oder Eis. Sagt nicht Duveyrier so trefflich in seinem Buche der Tuareg "die Vorsehung versorgte die Oasen mit Dattelbäumen, nicht nur um aus den Dattelbäumen allein Nutzen zu ziehen, sondern um im Schatten derselben Korn bauen zu können", er "nennt die Palmwälder" die "Treibhäuser der heissen Gegenden", und das ist auch vollkommen wahr. Aber der Malteser hängt so fest an seinen Gewohnheiten, dass er lieber fortfährt Erde aus Sicilien zu holen, als Bäume zu pflanzen, ja er hat sich noch nicht einmal von dem Pfluge losmachen können, den Abraham bei den Arabern einführte, und die Araber vielleicht mit nach Malta brachten. Giebt es noch sonst auf der Erde ein christliches Volk, das mit Abrahams Pflug den Boden bestellt, wie die Semiten? Doch ich muss um Verzeihung bitten, während ich dies schreibe, fällt mir ein, dass ich gerade aus dem christlichen Abessinien gekommen bin, und die Abkömmlinge der Königin von Saba sind auch heute noch nicht weiter.

Wir waren bis civita vecchia zu Fusse gegangen, da wir aber noch am selben Tage weiter bis Melleha wollten, ein Ort, welcher in einer Bucht am Nordwestende der Insel liegt, und wo man glaubt, dass sich die berühmte Calypsogrotte befindet, so nahmen wir in der Stadt einen Wagen. Auch in diesem Locomobile sind die Malteser so stabil geblieben, dass man glauben sollte, sie hätten ihre Wagen nach den alten Circuswagen direct abmodellirt; ohne Federn und nur von zwei Rädern getragen, entbehren die echten hier einheimischen Wagen sogar der Sitze, man legt sich hinein, wie zu Zeiten der Wettkämpfe die Kämpfer und Wagenlenker darin gestanden haben mochten. Freilich sind die Fiaker von Lavalette insofern bequemer, als sie Sitze haben, im Uebrigen aber auch ganz die Form der Wagen unserer klassischen Vorfahren beibehalten haben. Hier auf dem Lande war nur ein recht alter Wagen aufzutreiben, und uns hineinlegend fuhren wir ab.

Auf dem Wege nach der Calypsogrotte passirt man die nicht minder interessanten Gräber von Ben-Djemma (Bengemma). Es steht wohl unzweifelhaft fest, dass es keine Wohnungen von Lebendigen waren, sondern Todtengräber, an mehreren anderen Stellen der Inseln findet man ähnliche, wenn auch nicht in so grosser Zahl. Als wir übrigens in Melleha ankamen, war es stockfinstere Nacht geworden, und wir waren froh, sogleich ein Unterkommen zu finden. Es ist auffallend genug, dass obgleich in der Hauptstadt Lavaletta die Gasthöfe nur mittelmässig nach unseren Begriffen sind, man in den kleinsten Orten äusserst gute Aubergen antrifft. So auch hier. Reinliche Zimmer und Betten, einige Eier, ein Kaninchen, eine Flasche Marsalawein, was wollte man mehr. Dazu die freundlichste Aufnahme. Man muss überhaupt ins Land selbst hineingehen um den Malteser kennen zu lernen. Wie schlecht urtheilt man über ihn, wenn man ihn nur in Aegypten, Tripolitanien, Tunisien und Algerien gesehen hat! Wie oft habe ich selbst davon zurückgestanden, mich mit einem Malteser im Auslande einzulassen, und erzählen einem nicht alle englischen Consuln, dass gerade ihre maltesischen Unterthanen ihnen am Meisten zu thun machen! Das ist auch in der That der Fall. Und die Malteser haben wohl recht, wenn sie dies so erklären: die Guten bleiben in ihrem Vaterlande, die Schlechten wandern aus.

Die Bewohner von Lavaletta machen indess eine Ausnahme, der Fremde muss sich sehr in Acht nehmen, nicht von ihnen übervortheilt zu werden, für alles verlangen sie mindestens den dreifachen Werth. Auch sonst sind sie bei den Engländern in Verruf: Sehr begünstigt, da sie frei von allen Abgaben sind, überdies alle Privilegien eines Freihafens geniessen, kann kein Gouverneur es ihnen Recht machen, und die Blätter von Lavaletta lassen es sich angelegen sein, die Regierung in den Augen des Volkes so schlecht wie möglich zu machen.

Am anderen Morgen war das Erste, dass wir zur Grotte der Calypso wanderten, welche dem Orte in einer Kalksteinfelswand gegenüber liegt. Von den Malteser-Inseln behaupten auch die Bewohner Gozzo's die Calypso-Grotte zu besitzen, ausserdem haben verschiedene Gelehrte diesen berühmten Aufenthalt Odysseus' nach anderen Inseln hin verlegen wollen. Die meisten und besten Geographen stimmen aber darin überein, dass Malta der wahre Ort sei, ob man indess diese Grotte gerade die gewesen ist, worin Calypso den vielduldenden Wanderer festhielt, wage ich nicht zu behaupten. Jedenfalls ist es nicht die Grotte, welche auf Gozzo gezeigt wird.

Die Grotten, welche wir vor uns hatten, waren in den Fels gehauene Zimmer von verschiedener Grösse, und es scheint, als ob eine Hauptgrotte vor diesen Zimmern existirt hat, welche indess weggestürzt zu sein scheint. Das Merkwürdigste war, dass mehrere dieser Zimmer noch heute bewohnt sind, wie ich denn später noch an mehreren Orten constatiren konnte, dass in Malta Troglodyten sind, was für unser neunzehntes Jahrhundert in Europa immerhin auffallend genug ist.

Ein heftig ausbrechender Regen nöthigte uns zur Umkehr nach Lavalletta, da derselbe aber nur einen Tag anhielt, konnten wir schon gleich darauf unsere Wanderungen wieder antreten. Es galt eine andere merkwürdige Höhle zu besuchen, die am Südende der Insel liegt und den Namen Erhassan hat. Man gelangt dahin am besten über den kleinen Zorrik. Diese Höhle ist vollkommen Naturwerk, indem die untere Partie wahrscheinlich vom Meere ausgewaschen, weggesunken, der obere Felsboden aber stehen geblieben ist. Der Zugang ist sehr schwer und für Damen wohl kaum erreichbar, auch muss man sich in der Höhle selbst sehr in Acht nehmen, da viele Irrgänge vorkommen. Licht muss man auf alle Fälle mitnehmen, und wer sich weit in die Höhle hinein wagen will, thut wohl, Stricke mitzunehmen, um sich daran zurückleiten zu können. Zimmer, welche an den Seiten eingehauen sind, deuten darauf hin, dass auch diese Grotte bewohnt war.

Dicht bei Zorik ist noch eine andere Einsenkung, welche den Namen Makluba (umgestülpt) führt. Auch dieses sonderbare Loch über 100' tief und an der Basis einen eben so grossen Durchmesser habend, muss durch einen Einsturz hervorgerufen sein, die Wände sind überall senkrecht und das Gestein ist wie immer Kalk.

Geht man von Zorik nach Westen, so kommt man nach einer halben Stunde an den kleinen Ort Krendi und hier befinden sich zwischen Krendi und dem Meere sehr merkwürdige Bauüberreste der Phönizier, Hedjer-Kim oder Hedjer-Aim[24] von den Maltesern genannt. Kolossale Quadern, welche zu diesen Bauten benutzt sind, bilden diese meist doppelten Rundtempel, die Mauern sind gut erhalten, und selbst noch einige Altäre sieht man. Auf vielen Steinen findet man die äussere Wand mit Sternen bedeckt, andere zeigen Kreise, ammonsartig in sich selbst gedreht. Mehrere Gegenstände, auch eine Inschrift, die man durch Nachgrabungen gefunden hat, befinden sich auf dem kleinen Museum der Bibliothek, jedoch scheinen die Ausgrabungen nur oberflächlich vorgenommen zu sein.

An anderen Sehenswürdigkeiten hat die Insel Malta noch dicht beim Marsa Scirocco (Bucht an der Ostküste) einen Tempel, der den Namen Hercules-Tempel führt, dann das Bosquet, ein Lustgarten der alten Johanniterritter, zwischen Città notabile und dem Meere gelegen, beide diese hatten wir nicht Gelegenheit zu sehen.

Da indess noch immer kein Dampfer nach Tripoli abgehen wollte, so wagten wir es nach Gozzo zu gehen. Ich sage wagen, nicht als ob es gefährlich sei die enge Strasse zu überfahren, sondern weil möglicherweise während unserer Anwesenheit auf Gozzo bei der so wechselvollen Winterzeit Sturm hätte ausbrechen können, und dann vielleicht die Communication abgeschnitten gewesen wäre, wir also den Dampfer hätten vergessen können.

Man fährt von Lavalletta am besten bis Marfa dem äussersten Nordwestpunkte von Malta. Auf dem Wege dahin passirt man Musta, ein kleiner Ort von einigen Hundert Einwohnern, die sich aber eine so prächtige und grossartige Kirche erst vor wenigen Jahren erbaut haben, dass jede Hauptstadt in Europa stolz darauf sein könnte; die grosse Kuppel, das Ganze ist ein Kuppelbau, ist sicher nicht viel kleiner, als die der St. Paulskirche, und ganz aus Steinen aufgewölbt.

In Marfa angekommen, welches 14 engl. Meilen von Lavalletta entfernt ist, fand es sich, dass kein einziges Boot zum Ueberfahren vorhanden war; ein alter dort stationirter Soldat wusste aber bald Rath; er machte ein recht qualmendes Feuer und auf dies Signal hin sahen wir von dem gegenüber liegenden Orte auf Gozzo, Mai-Djiar (Miggiar wie die Engländer schreiben) bald ein Schiffchen absegeln, welches mit günstigem Winde schon nach einer halben Stunde in Marfa war. Zurück nach Mai-Djiar ging es freilich nicht so schnell, da wir Anfangs den Wind nur halb benutzen und bei Comino und Cominetto angekommen, nur noch durch Rudern weiter kommen konnten; indess waren wir auch nach anderthalb Stunden in Gozzo und eine kleine Stunde später im Hauptorte Rabatte, nicht mit dem Rabatto bei der Stadt città vecchia zu verwechseln, im Hotel Calypso einquartirt.

Dies Hotel entsprach ganz den Erinnerungen an den Namen Calypso, für einen so kleinen Ort wie Rabatto war es ein kleiner Zauberort und wir konnten, es war schon Nacht geworden wie wir ankamen, es hier recht gut bis zum andern Morgen aushalten.

Mit Tagesanbruch machten wir uns dann auf den Weg um die grösste Sehenswürdigkeit der Malteser-Inseln, die Riesenthürme zu besuchen. Und in der That, man fand sich keineswegs getäuscht. Aus Riesenquadern aufgeführt, befindet man sieh vor zwei runden Tempeln, fast wie eine Brille jeder gestaltet, doch so, dass je vor der grossen Brille noch je zwei kleinere sich befinden. Die Aehnlichkeit dieser Bauten mit der von Hedj-Kim und Mnaidra ist unverkennbar. Auch hier scheinen die Wandungen inwendig mit Sternen überdeckt gewesen zu sein und mehrere spiralförmige Zeichen sieht man noch heute. Einige Figuren, durch Ausgrabungen gewonnen, befinden sich in Lavalletta, in einer hat man eine Isis erkennen wollen. Didot hat eine genaue Beschreibung des Thurmes der Riesen gegeben.

Wir waren kaum mit der Besichtigung dieser merkwürdigen Denkmäler der Phönizier fertig, als ein Wagen vorfuhr und der Commandant von Gozzo, ein junger englischer Offizier, dem ich Abends zuvor ein Empfehlungsschreiben geschickt hatte, ausstieg um mich abzuholen. Erst jedoch forderte er mich auf die Calypso-Grotte zu besehen, welche auf dem nördlichen Theile von Gozzo sich befindet. Wir gingen auch hin, aber nichts ist unwahrscheinlicher, als dass hier Odysseus sich in den Armen Calypsos befunden haben soll. Das Hereinklettern in diese Höhle durch unzählige davorliegende Felsblöcke lebensgefährlich gemacht, nahm fast eine Viertelstunde in Anspruch, und als wir endlich darin waren, standen wir, obgleich mit Licht versehen, von jedem weiteren Versuche ab in das Labyrinth von halbverschütteten Gängen einzudringen.

Unser Weg führte uns nun zu Wagen rasch nach dem kleinen Fort Chambray, welches die Rhede von Mai-Djaro beherrscht und nachdem wir mit unserm liebenswürdigen Commandanten noch gefrühstückt hatten, setzte uns die Barke diesmal mit günstigem Winde in einer halben Stunde nach Malta über.

Im Hafen von St. Paul fanden wir einen Wagen, so dass wir noch selbigen Tages, wenn auch etwas spät Lavalletta erreichen konnten und gerade an dem Tage konnten wir das seltene Schauspiel gemessen den Aetna in seiner feurigsten Thätigkeit zu sehen: seit 130 Jahren hatten die Malteser ihrer Aussage nach kein solches Schauspiel erlebt.