V. Noch etwas, woraus das Vermögen der Wismarischen abzunehmen.

Daß zuweilen an einem Ort gewisse Personen oder Familien ein besonders großes Vermögen haben, das hat man in Wismar auch dann und wann erlebt. In alten Zeiten sind außer Zweifel die Hanenzagel oder die Hanensterten mit zu den allervermögensten gerechnet worden, weil von denselben berichtet wird, daß sie das große Altar in der St. Marienkirche nicht allein, sondern auch das gegenwärtige Rathhaus guten Theils aus ihren eigenen Mitteln erbaut. Peter Stolp, ein Grobschmied, muß auch ein sehr vermögender Mann gewesen sein, denn es wird von ihm in der Wismar. Chronik im Jahre 1434 gemeldet, daß er die Abseit der Nikolaischen Kirche gegen Norden, sammt dem Leicheuhause hat aufmauern lassen, versteht sich aus seinen eigenen Mitteln.

Von dem Vermögen der alten Wilden, Dancwarten, Cröpelinen, Böddekern etc. zeugen die von diesen Familien benannten Wismarischen Gassen. Von dem Vermögen der Cruckoven und Platen zeugen die von diesen Familien gestifteten alten Konvente. Von dem Vermögen der von Brügge etc. die von ihm gestifteten Horae canonicae etc., wovon ein mehreres anderwärts.


In den neuesten Zeiten haben die Schabbels mit der höchst rühmlichen Stiftung eines besondern Wittwenhauses in dieser Stadt, ingleichen mit dem vortrefflichen Schabbelschen Stipendium genugsam an den Tag gelegt, daß sie zu den unvermögenden nicht zu rechnen seien. So ist es auch bemerkenswerth, daß man von dem sel. Hrn. Bürgermeister Heinrich von Deilen in seinem Lebenslauf liest, er habe im Jahre 1650 seq. theils zur Transportirung der Königlichen Armee, theils zur Erhaltung der schwedischen Flotte, ja zur Erhaltung der Stadt Riga, da dieselbe im Jahre 1656 von den Russen belagert gewesen etc., viel beigetragen. Was der sel. Herr Zacharias Schnor für ein vermögender Mann gewesen, wissen noch Viele und wird man bei seinen milden Stiftungen sich dessen immerdar bestens zu erinnern genug Gelegenheit finden. So ist auch nicht zu vergessen, daß im Jahre 1709 der sel. Herr Bürgermeister Kuhlmann, von Wismar aus, in Damm vor Stettin eine ansehnliche Laken-Manufaktur angelegt, wiewohl der darauf in Pommern eingedrungene Krieg dies gute Werk wieder ruinirt. Letztlich ist einem Jeden allhier bekannt, daß der sel. Herr Raths-Verwandter Velthusen aus seinen ansehnlichen Mitteln bereits im Jahre 1719, wiewohl mit Verschweigung seines Namens, eine schöne Taufe in St. Nikolai, kurz vor seinem Absterben eine schöne Kanzel in der St. Marienkirche geschenkt, nicht weniger ein besonderes Wittwenhaus in der Blidenstraße gestiftet und überdem ansehnliche Vermächtnisse ans hiesige Ministerium, an die Schulen und Armenhäuser verordnet, geschweige dessen, was er von Wismar aus in seinem Vaterlande gethan. Gott erwecke weiter Leute, welche mit ihrem Vermögen dem Vaterlande viele gute Dienste leisten können.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Kurze Beschreibung der Stadt und Herrschaft Wismar