IV. Von den Wismarischen Wasserkünsten.

In Wismar mag von Anfang her einiger Wassermangel gewesen sein. Zwar liegt diese Stadt bekanntermaßen nahe am Meere, welches Wasser genug hat, aber das Meer- oder Seewasser ist unbrauchbar. Man hat deswegen mit dem in der noch vorhandenen frischen Grube, welches man durch gewisse Röhren oder Pipen, in die also genannten Pipen-Sode (deren vormals mehr als jetzt gewesen,) geleitet, und mit andern Zieh-Brunnen sich behelfen müssen.

Man hat hier verschiedene Wasserführer gehabt, welche denen, die es verlangt, die Tonne Wasser für drei Pfennige in die Häuser gefahren. Da man aber doch auf diese Art, bei dem damaligen vielfältigen Brauen, das Wasser lange nicht so geschwinde haben können, als es wohl nöthig gewesen, so ist man endlich auf den Gedanken gekommen, das Wasser in die Stadt zu leiten, und zwar aus dem Bach, der in dem Walk- und Papiermühlin-Teich läuft und bei Metelstorf entspringt. Der Anfang zu dieser Arbeit ist im Jahre 1563 gemacht, da man denn vor dem Alt-Wismarischen Thor etwas von einer Wasserkunst gebaut, allein man hatte die Sache nicht zu Stande bringen können.


In den folgenden Jahren sah man sich nach einem andern Meister um, erhielt auch denselben von Güstrow, da er sonst aus Sachsen gebürtig war und Hans Fritz hieß, dieser fuhr bald nach seiner Ankunft mit einigen Deputirten der Stadt nach Metelstorf, untersuchte die dortigen Quellen mit Fleiß, eröffnete einige, welche verstopft waren, faßte sie in gewisse Kisten, legte darauf die Rohre, welche man aus Gothland hatte kommen lassen, baute unten am Markt, nach der Alt-Wismarischen Straße (an der Ecke, wo jegt der Drechsler wohnt) etwas von einem hölzernen Brunnen und brachte alles glücklich zu Stande, da denn im Jahre 1570 aus Michaelis-Abend das Wasser zuerst in den Brunnen gelaufen. Im Jahre 1595 hat man den Brunnen verlegt und das gegenwärtige Gebäude, welches noch oben am Markte steht, von Steinen aufzuführen angefangen, und im Jahre 1602 auch diesen Bau glücklich beendigt.

Die jetztgedachte Arbeit hat man von einigen Jahren her die alte Wasserkunst genannt, weil zu derselbigen im Jahre 1682 sqq. noch eine neue gekommen. Nemlich man hatte im Jahre 1675 in der damaligen Belagerung unter andern erfahren, daß die Belagerer das Wasser der Stadt abgeschnitten, weil man nun Wismar völlig zu fortificiren gedachte, so wollte man dergleichen, bei einer etwa künftig zu vermuthenden Belagerung, verhüten, fing demnach an, aus dem Fischer-Teich das Wasser in den Stadtgraben zu leiten, führte selbiges nach einem gewissen Thurm ohnweit der Gruben-Mühle, verfertigte in demselben die dazu gehörigen Maschinen, welche das Wasser bis oben in den Thurm trieben, von welchem es wieder herunter fiel, und also erstlich nach dem Markt, in die der alten gegenüber, an der westlichen Ecke der Mecklenburger-Straße gebaute neue Wasser-Kunst, aus welcher es durch besondere Röhren allenthalben in der Stadt herumliefe. Allein wie im Jahre 1715 die Noth in der Stadt so groß ward, daß man das Kunstgebäude am Markt nicht weiter erhalten konnte, ließ man es eingehen. Später vereinigte man indessen das neue Wasser mit dem alten, daß also die vorige drei Wasserleitungen jetzt eine ausmachen.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Kurze Beschreibung der Stadt und Herrschaft Wismar