II. Von den fürstlichen Schlössern, Höfen etc., so ehedem in Wismar gewesen.

Etwas Besonderes, was man nicht in allen Städten findet, in Wismar aber vormals gefunden hat, sind verschiedene fürstliche Gebäude, die man nicht unberührt lassen kann.

Das erste unter diesen ist das alte Schloß, welches in alten Urkunden Castrum genannt wird. Es fragt sich
1) wo dieses Gebäude eigentlich gestanden? und man mag antworten: Es habe nicht an dem Mecklenburger Thor gestanden, wie Einige wollen, sondern auf dem Weber-Kamp, oder zwischen dem Alt-Wismarischen Thor und der Wind-Pforte, und habe man durch die Schatterau oder Schloß-Gasse und Schloß-Pforte dahin gehen und fahren können.
2) Fragt es sich, wann dieses Schloß oder diese Burg erbaut? und es sind die vorhanden, welche sagen wollen, Johann der Theologe habe, nachdem er das Schloß zu Mecklenburg zerstört, im Jahre 1256 das zu Wismar wieder erbaut. Aber es wird sich bald finden, daß Johann des Theologen Gebäude ein ganz anderes gewesen sei. Kurz, man kann glauben, daß es eins von den drei Schlössern, welche zu der alten großen Stadt Mecklenburg von Andern gerechnet worden, und also besonders, seiner ersten Erbauung nach, lange vor 1100 erbaut worden.
3) Fragt es sich, wie dieses alte Schloß beschaffen gewesen? und da kann man jetzt weiter nichts sagen, als daß in alten Urkunden vorn Jahre 1305 sich etwas vorfinde, welchem außer Zweifel dasjenige beizusetzen, was unten von dem Thiergarten gesagt worden.
4) Endlich wird gefragt: Wie lange dieses Gebäude gestanden, oder wann es eingegangen? Da denn zur Antwort dient, daß nachdem im Jahre 1276 dasselbe durch eine Mauer, wider des Landes-Herrn Willen, von der Stadt abgesondert oder ausgeschlossen, (s. Wismar. Urk.) die Herrschaft dasselbe weiter nicht bewohnen mögen, sondern vor 1300 schon willens gewesen, es der Stadt zu verkaufen, (s. Wismar. Urk.) dieß hat bis 1305 gewährt, da der Kauf endlich geschlossen, und alles der Stadt für 6000 Mark gemeiner Pfennige überlassen worden, mit dem Anhang, daß es noch in demselben Jahre von der Stadt selbst sollte weggebrochen, der Herrschaft aber ein gewisser Ort zu einem Gebäude in der Stadt wieder angewiesen und eingeräumt werden.


Bei diesen letzten Worten muß man nicht meinen, vor dem Jahre 1305 sei gar kein fürstliches Gebäude in Wismar gewesen. Es sind Urkunden von dem Jahre 1289 vorhanden, in welchen Nikolaus, Herr von Mecklenburg, desgleichen Präpositus der Kirchen zu Schwerin und Lübeck, öffentlich bezeugt, sein Bruder Heinrich habe ihm Curiam sitam OLIM retro coemiterium B. Georgii verehrt, und er hat diesen Hof dem Rath und der Stadt Wismar für 50 Mark slavischer Pfennige verkauft. Da haben wir einen Hof, der dem Landes-Herrn zugehört und schon lange vor 1289 (einstens) bei St. Jürgens Kirchhos gelegen gewesen, mit einem Worte da, wo jetzt noch ein Theil des Tribunal-Gebäudes steht, und man hält dafür, daß dieser Hof derjenige, welchen nach Mylius oder Calovius, Bericht, Johann der Theologe im Jahre 1256 zu Wismar erstlich erbaut, von welchem, da er in dem Brande im Jahre 1262 auch das Seinige gelitten, nur so viel übrig geblieben, daß es im Jahre 1289 für 50 Mark slavischer, das ist für 25 Mark Lübscher Pfennige verkauft worden.

Was hierauf E. E. Rath mit dem vom Herrn also an sich gekauften Hof gemacht, das hat man nach vieler Bemühung auch zu wissen bekommen, nemlich es hat derselbe, nach den davon vorhandenen alten Urkunden i. J. 1315 den einen Theil dieses Hofes an Herrn Johann von Rostock, und im Jahre 1317 den Rest an Herrn Hinric de Muro wieder verkauft.

Alles, was jetzt gesagt worden, gibt Anlaß zu einer andern Frage: wo dann dem Landes-Herrn im Jahre 1305, nach dem Verkauf des alten Schlosses an die Stadt, und dem dabei ausbedungenen, in der Stadt ein anderer Ort zu einem neuen Gebäude angewiesen und eingeräumt? Antwort: In der Mecklenburger-Straße, nicht weit von dem Thor. Denn in den alten Urkunden vom Jahre 1316 liest man unter andern: Haereditas Sita in platea magnopolensi contra Curiam Domini Magnopolensis. Die ganze Sache ist diese. Nachdem dem Herrn, laut Kaufkontrakt vom Jahre 1305, ein anderer Ort zu einem Gebäude in der Stadt zugesagt, erfolgte die Anweisung an jetztgedachten Ort, die Aufbauung aber verzögerte sich bis zum Jahre 1311 oder 12; und ward endlich damals ein Hof mit einem Thurm fertig. Merkliche Worte hievon kommen in einem Schreiben des Herrn vor, wo es nemlich heißt: Usen Hoff binnen der Stadt tho der Wismar vor dem Mecklenborger Dohre, alse he belegen is mit allen sinen Stücken, de dartho gelegt sint, mit dem Thorne. Wobei man zugleich melden kann, wie es endlich mit diesem Hofe abgelaufen. Nemlich auch dieses Gebäude hat der Herr, und zwar im Jahre 1329, dem Rath und der Stadt für 1000 Mark Lübscher Pfennige, mit Consens der Ritterschaft, verkauft, und darauf ist alles völlig eingegangen, doch so, daß man zu Latomi Zeiten die Rudera davon noch gefunden, welches Latomus, aber mit Unrecht, für Reliquien des alten Schlosses angesehen.
Will man wissen, wie die Landes-Herren, nachdem sie, wie jetzt gedacht, im Jahre 1329 den Hof in der Mecklenburger-Straße der Stadt auch verkauft, es gehalten, so merke man, daß in dem Kaufbrief vom Jahre 1329 es hievon also laute: Dartho hebben unse leue Rathmanne uns gelaten binnen der Stadt tho der Wismar, tho ehre unde tho gemake user und user Nahkomlingen, enen Hoff, de belegen ist by; Sünte Jürgens Kerken, uppe den Ort int Osten, de Useme leven Vader hadde tho gehöret. Ist so viel gesagt, als: was im Jahre 1256 erbaut, hernach Herrn Nikolaus geschenkt, im Jahre 1289 der Stadt, und von dieser im Jahre 1315 und 17 andern verkauft, das hat man im Jahre 1329 dem Herrn von Neuem überlassen. Dieses ist bald darauf nach des Herrn Sinn wieder zurecht gemacht, und darauf haben circa im Jahre 1356 Albert I., im Jahre 1430 Heinrich Pingvis, es weiter ausgebaut. Und haben die Landes-Herrn anfänglich auf dem alten Schloß, nachher auf dem jetzt betriebenen Hof, ihre Residenz gehabt, welche sie aber nach Schwerin verlegt, da die schwerinschen Grafen eingegangen.

Daß, außer den bisher erwähnten Höfen, noch ein anderer, und zwar schon im Jahre 1299, in der Schul-Straße gewesen, kann man aus alten Urkunden glaubwürdig versichern. Der rechte Platz, wo dieser Hof gestanden, ist vermuthlich der, auf welchem jetzt das Schabbelsche Wittwen-Haus erbaut ist.

Ein ander altes fürstliches Gebäude ist der Fürsten-Marstall, ohnweit von dem Lübschen Thor, gewesen, welcher Marstall, wo nicht nach dem großen Brande i. J. 1262 neu, doch hernach wieder gebaut worden. Such dieses Gebäude hat die Stadt im Jahre 1305 dem Herrn abgekauft, und ist es darauf i. J. 1309 schon völlig eingegangen gewesen.

Noch ein anderes fürstliches Gebäude ist in Wismar gewesen, die Vogtei nemlich, von welcher man aber gar nicht sagen kann, in welcher Gasse sie gewesen. Vielleicht mag sie an der Vagtes oder faulen Grube gestanden haben, welche daher ihren Namen auch erhalten haben mag. Das ist indessen gewiß, aus den davon vorhandenen Urkunden, daß die Stadt im Jahre 1308 die Vogtei für 1200 slavische Mark dem Landes-Herrn abgekauft habe. Eben so ist es da hergegangen mit den alten Münz-Häusern, welche anfänglich auch dem Landes-Herrn zugehört; eins von diesen ist vormals in der Krämer-Straße gewesen und vermutlich auch mit einigen von den alten Blieden-Häusern.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Kurze Beschreibung der Stadt und Herrschaft Wismar