IV. Von der eigentlichen Art der Erbauung oder wie Wismar erbaut wurde.

Wie es daher gegangen, wenn Wismar zu Wisimari Zeiten erbaut worden, davon hat man in einem gewissen Manuscripte des geehrten Rostockischen Gönners, in welchem unter andern aus des bekannten Schaedii Collectaniis etwas zu finden gewesen, Folgendes angemerkt. Nemlich nach jetzt gedachten Schädii Bericht hat Wisimar den Bau angeordnet, die Direktion desselben aber seinem guten Freunde Jarmeriko, dem Sohne des Königs von Dänemark überlassen, da denn erstlich das Schloß aufgeführt und darauf weiter die übrigen Häuser nach und nach dazu gekommen. Woher Schädius seine Relation genommen, wird nicht mit angezeigt, man will sie daher keinem aufbürden. Wie man denn auch mit denen sich nicht abgiebt, welche sagen wollen, Wisimar habe unter Constantin, dem Großen, den Bau verrichtet, oder er habe gebauet auf Begünstigung des jetztgedachten Kaisers, der deshalb als der Stifter der neuen Stadt anzusehen ist. Vermuthlich ist das erste Wismar auf die Art erbaut; daß die Häuser desselben ziemlich unter einander geworfen gewesen, jedoch in guter Menge gefunden worden, weil die Bequemlichkeit des Hafens vielen zum Bauen hat Gelegenheit geben können. Daß nach 1160, da Mecklenburg nebst Wismar zerstört, es ordentlicher geworden, geben die Ueberreste, welche man zu seiner Zeit vor dem jetzigen Alt-Wismarischen Thore in der Erde befunden, zu erkennen. Denn Diejenigen, so diese mit ihren Augen gesehen, bezeugen, daß man ordentliche Gassen bemerken konnte.

Wer noch mehr haben will, der wisse, Wismar sei vormals so erbaut worden, daß nebst der gegenwärtigen Grube noch verschiedene andere darin gewesen, in welchen man mit Booten fahren konnte. Man hat in alten Urkunden von 1297 ff. angetroffen, daß nebst der gegenwärtigen Mühlen-Grube (weil frisches Wasser darin, und eine Mühle daran gebaut ist) auch die Bagds-Grub, nachgehends die Faule-Grube genannt, bestanden habe, von welcher zwar einige erzählen wollen, sie habe vor Zeiten auch die englische Grube geheißen, und sei an selbiger ein englisches Backhaus, desgleich auch eine englische Kirche gestanden, aber in allen den alten Urkunden, die man bisher gesehen, ist von diesen nicht ein einziger Buchstabe zu finden gewesen, da man doch viel darnach gesucht hat. Ferner die Salz- oder breite Grube, wo jetzt die breite Straße ist, bis an den Hopfenmarkt. Die heil. Geistes-Grube war, wo jetzt die Neustadt ist. Die Fischer-Grube, welche jetzt unbekannt ist, weil man kaum glauben kann, daß die jetzige Fischer-Straße eine Grube gewesen sei, weil sie gar zu klein ist. Die runde Grube, jetzt der Pipen-Sod genannt.


Nebst jetztgedachten Gruben sind in unserm Wismar ehedessen viele Höfe gewesen, von welchen man aus der Art des Baues weiter urtheilen kann. Einige von diesen sind gar ansehnlich gewesen, als der Mecklenburgische Hof, der Eismarische Hof, der Neu-Clostersche Hof, der Doberanische Hof, der grüne Hof, der Kreuzherren-Hof, der Schöneichische, nachher der Regendanckische Hof etc. andere aber sind nicht viel besser gewesen, wie noch diesen Tag die Bauernhöfe auf dem Lande, sowie der sogen. Schünhof in der Großschmiede-Straße. Diese letzte Art der Höfe, die auch in ziemlicher Menge sich gefunden, ist 1382 ernstlich geändert; denn im selbigen Jahre kam ein besonderes Gesetz heraus, nach welchem bei 100 Mark Strafe keiner mehr in seinem Hofe Buden bauen, sondern alles an öffentlicher Gasse aufführen lassen sollte, auch sollten diejenigen, welche dergleichen gebaut, gegen zukünftig Ostern (1383) bei 100 und mehr Mark Strafe sie wieder niederreißen lassen. Noch ist hinzuzufügen, daß in alten Schriften vom Jahre 1300 von Casis oder kleinen Stroh-Hütten noch etwas berührt wurde.

Zu der Art der Erbauung unseres Wismars gehören noch die sehr vielen Speicher, welche in der Stadt gewesen. Denn ohne dem, daß die Speicher-Straße von denselben ihren Namen bekommen, weil lauter Speicher dort gestanden, hat man in alten Schriften vom Jahre 1532 auch gefunden, daß Speicher und Scheunen unterschieden worden sind. Man könnte 40 bis 60 Speicher namhaft machen und sagte nicht zu viel, daß sie es lange noch nicht alle wären.
Daß ehedem in Wismar verschiedene Badstuben gewesen, hat man auch gefunden; etwas hat man schon gemerkt. Vom Jahre 1297 bis 1299 ist Hermann Parsow Badestube in der Böttcher-Straße gewesen; im Jahre 1301 die Hahnenstertische an der Salzgrube; im Jahre 1315 Gottfried Watsack auf der Neustadt; im Jahre 1324 eine retro minores. Aber man mag sich bei dergleichen nicht länger aufhalten, sondern will nur noch von den Mauern und Thoren etwas beifügen.

Was die Mauern betrifft, so will Regkmann in seiner Lübschen Chron. S. 81 sq. berichten, daß erstlich im Jahre 1475 dieselben um die hiesigen Städte gemacht worden sein sollen. Doch Regkmann will vielleicht nur das sagen, was Crantz B. 13, Wandal. C. 13, daß nemlich im gedachten Jahre die Städte sich besser verwahrt, und Wälle und Graben gemacht. Zum wenigsten muß Wismar im Jahre 1334 schon Mauern gehabt haben; denn gleich vorher ist im Jahre von Hermanns Mustyns Speicher bei der Mauer, am Ende der Weber-Straße etwas angeführt, ja es muß schon im Jahre 1311 eine Mauer um Wismar gewesen sein. Denn in einem Schreiben Heinrichs von jetzt gedachtem Jahre, wird den Wismarischen zugestanden, intra muros et munitiones eine Besatzung zu halten. Noch weiter hinaus in einem Schreiben nemlich vom Jahre 1305 kömmt schon etwas vor von dem fürstl. Marstall zwischen den Mauern. Kurz man kann glauben, Latomus habe es recht getroffen, wenn er im Jahre 1276 geschrieben: die Stadt Wismar sei damals verursacht, sich mit einer Stadtmauer zu befestigen.

Indem Wismar ummauert worden, hat man auch außer Zweifel Stadt-Thore und Pforten gemacht. Solcher Stadt-Thore sind gegenwärtig vier; eins gegen Morgen, das Alt- Wismarische, in alten Urkunden porta antiquae Wismariae genannt. Eines gegen Mittag, das Mecklenburgische, eins gegen Abend, das Lübecksche, und eines gegen Mitternacht, das Poeler-Thor genannt. Ob ehedem noch mehr oder andere Thore gewesen, das fragt sich hier, doch muß man bekennen, daß in alten Schriften noch einige vorkommen. Da kommt besonders etwas vor 1) vom Hardigs-Thor, desgleichen 2) vom Harolds-Thor; von jenem liest man etwas in einer Schrift vom Jahre 1316, und man weiß gar nicht, wo dasselbe zu suchen; es sei denn, daß es ein Thor nach dem Strande gewesen. Von diesem findet man Verschiedenes von den Jahren 1297 bis 1412. So lange dergleichen geschieht, sieht man nichts von dem Poeler-Thor, wenn aber dieses genannt wird, bleibt jenes weg, woraus zu schließen, wo das Harolds-Thor zu suchen.

Der Stadt-Pforten sind noch weit mehr, die aber jetzt fast alle versperrt sind und nicht gebraucht werden. Namentlich 1) die Schloß-Pforte, hinterm Schatterau, 2) die Wind-Pforte, welche in alten Schriften vom Jahre 1319 sqq. valva fabrorum, ja im Jahre 1307 valva monachorum heißt, 3) die Pforte bei dem ehemaligen Stockhause, 4) die Pforte bei der alten Badstube, oder nach der Reiffer-Bahn, 5) die Pforte bei dem Löbschen Thor (6, 7,8, 9). Vier Wasser-Pforten oder Wasser-Thore, von welchen das, so gegen der breiten Straße, zuweilen valva nova heißt. Die letzte aber die Höllen-Pforte. 10) Die Pforte bei der Gruben-Mühle etc.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Kurze Beschreibung der Stadt und Herrschaft Wismar