I. Von der Wismarischen Gegend.

Der Ort, wo Wismar belegen, und so zugleich die Wismarische Gegend, wird von Unterschiedlichen sehr verschieden angegeben. In einer Karte von Mecklenburg, die David Funck zu Nürnberg hat stechen lassen, liegt Wismar unter dem 31. Grad 50 Minuten der Länge und 54 Grad 12 Minuten der Breite.

Wismars vornehmste Nachbaren sind 6 Meilen gegen Osten Rostock, 7 Meilen gegen Westen Lübeck und 15 Meilen Hamburg; die übrigen sind gegen Morgen Cröplin, Schwan, Bützow, Güstrow etc., gegen Mittag Brühl, Sternberg, Schwerin etc., gegen Abend Grevesmühlen, Gadebusch, Rehna, Dassow etc, und gegen Mitternacht ist das Meer oder die Ostsee.


Der Wismarische Boden ist zur Viehzucht und zum Ackerbau gar bequem, hat jetzt nicht so viel Morast mehr, als in alten Zeiten gewesen sein mag, und von Holzungen ist, ohne was zu Neuen-Kloster sich findet, jetzt gar nichts vorhanden. Doch was Wismar selbst nicht hat, und ehedessen anderswo her erhalten, das liefern noch heute die Mecklenburgischen Dorfschaften und kleinen Städte, wie Bertius schon angemerkt.

Die jetztgedachte Wismarische Gegend ist landeinwärts mit dem sogenannten Stadtgraben versehen, an welchem vor Alters einige Burgen gewesen, namentlich die Critzauer-Burg vor dem Mecklenburger Thor, da auch das Rothe-Thor, die Lübsche Burg vor dem Lübschen Thor, die Mückenburg vor dem Poeler-Thor, und die Hornstorfer-Burg vor dem Alt-Wismarischen-Thor.

Wie man vor einem jeden Thore einige Burgen angetroffen, so ist auch etwas von Bergen vor demselben, da ist vor dem Mecklenburger-Thor der Galgenberg, von dem Galgen oder Gericht, so zuweilen darauf gestanden, so benannt. Vor dem Lübschen Thor ist nicht der Fisch-, sondern der Wischberg, von den dortigen Wiesen so genannt, vor dem Poeler-Thor der Krabbenberg, und vor dem Alt-Wismarischen-Thor der Lehmberg, vor Alters auch der Mühlenberg genannt.

Man möchte auch fast sagen, daß vor jedem Thore ehedessen ein besonderer Teich gewesen; denn außer dem vor dem Alt-Wismarischen-Thor noch vorhandenen Fischer-Teich, (welcher in alten Urkunden allemal piscina antiquae Wismariae heißt) sind vor dem Mecklenburger Thor verschiedene Mühlen, und zugleich Mühlen-Teiche, vor dem Lübschen-Thor ist piscina nova gewesen, der neue Fischer-Teich, der aber durch die Rasirung der Wismarischen Fortifikation völlig ruinirt; auch weiß man aus alten Schriften, daß man ehedem vor dem Poeler-Thor bei der Mückenburg auch einen Fischer-Teich machen wollte, der aber nie recht zu Stande gekommen. Welchen allen die Wismarischen Stadt-Graben an den ehemaligen Wismarischen Wällen beizusetzen, weil in allen Fische sich finden, und dann nachher, besonders jetzt, als Teiche mögen betrachtet werden.

Das Bemerkenswertheste in der Wismarischen Gegend ist der schöne Wismarische Hafen. In diesen sind unterschiedliche, sogenannte Wycken, oder besondere Gegenden, wo man anlanden kann, als die Wollenberger-Wyk, dte Eggers- oder Eggerstorfer-Wyk, it. der Clützer-Ort, alle gegen Westen, von den dortigen Dörfern so genannt, gegen Osten sind dergleichen Wyken bei Strömckendorf und Beydendorf it. zwischen Wustrow und Garz etc. Die Tiefe dieses Hafens ist ungleich, weil sich verschiedene Sand-Bänke darin vorfinden, unter welchen die größte der Hannibal, demnach kann nicht ein Jeder nach Belieben in denselben einlaufen, sondern wer nicht bekannt ist, muß, weil nur zwei gewisse Passagen, die eine die Mittel-, die andere die Alte-Tiefe sich durch gewisse Lootsen hereinbringen lassen. Wie denn auch nahe bei Poel, so lange das Wasser offen, gewisse Tonnen liegen, nach welchen die Einheimischen selbst bei dem Ein- und Auslaufen sich richten. Daß es aber zu viel sei, wenn einige von diesem allerdings schönen Hafen sagen wollen, es können in demselben die Schiffe ohne Ankerwerfen sicher liegen, hat die Erfahrung mehrmals, unter andern noch im Frühjahr 1726 deutlich genug bewiesen, indem ein Schiff auf der Rhede, und also noch ziemlich nahe vor der Stadt, ob es gleich seinen Anker im Grund hatte, doch von dem entstandenen Sturm fortgetrieben worden, und leicht auf den Strand möchte gerathen sein, wenn nicht auch der andere Anker wäre geworfen worden. Eines muß man allhier noch sehr bedauern, daß nemlich in den letzten schlechten Jahren der Hafen nahe an der Stadt so verschlammt war, daß auch diejenigen Schiffe, welche nur 20 Last einnehmen konnten, doch halb ledig hinaus legen und das Uebrige in Booten ihnen nachbringen lassen müssen. 1722 meldete sich ein Fremder an und gab vor, er wolle solchen Schlamm mit wenig Unkosten wegchaffen und eine gute Tiefe machen; man nahm den Vorschlag an, aber alle Arbeit war vergebens, und wurden etliche 100 Rthlr. von der Stadt rein ins Wasser geworfen. Aber von 1727 an hat man den Hafen zu reinigen angefangen und wird jährlich damit fortgefahren. Jetzt hat man Hoffnung, daß das Werk besser werde von statten gehen, weil man aus einer neulich gehaltenen Lotterie Geld dazu bekommen.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Kurze Beschreibung der Stadt und Herrschaft Wismar