1. bis 10. Januar 1712

Den 1. Januar, wie das Ende des vorigen Jahres gewesen, so fing sich der Anfang des gegenwärtigen wieder an mit Bombardiren und Kanoniren, doch ward der Anfang etwa zwischen fünf und sechs Uhr des Morgens damit erstlich gemacht, und etwa nur bis drei Uhr Nachmittag angehalten, nur daß das Bombardement doch so heftig war, als es die vorigen Tage kaum gewesen sein mochte; man bemerkte aber in der größten Heftigkeit des Schießens, daß nicht nur Bomben, glühende Brand- und Kleb-Kugel, sondern auch große Feldsteine herein geworfen wurden, woraus man abnahm, daß es an Bomben schon zu mangeln beginne. Eine Scheune im ABC ward ohngefähr um sechs Uhr, und eine auf der Neustadt, in Brand geschossen, doch wie die vorigen heruntergerissen, und ohne weitern Schaden gelöscht. Häuser wurden sehr viel beschädigt, besonders in der Danckwarter-Straße und vor dem Mecklenburger Thor; in eben dieser Gegend, auf dem Schilde nämlich, in einem Gewürzkrämer Hause ward ein Zimmermann elendiglich getödtet, nämlich es stand der gute Mann nebst Andern vorn im Hause, aber eine Bombe traf ihn so, daß nicht nur beide Beine ihm abgeschossen wurden, sondern das eine ward mit dem Stiefel nach dem Thor hingeworfen; das andere blieb auf der Diele liegen und war der Stiefel von hinten aufgerissen, als wenn man ihn mit einem Messer aufgeschnitten; der Körper war in kleine Stücke gequetscht, das Fleisch war stückweise im Hause zerstreut, das Blut saß größtenteils oben am Boden und die Gedärme lagen über die ganze Diele in kleinen Stücken, so daß man sie mit einem Besen zusammen fegen mußte. Die übrigen Leute, welche zum Theil mit diesem armen Mann gesprochen, blieben, Gott Lob! ohne Schaden. Ein anderer Bürger ward im ABC vor des sel. Hrn. Bürgermeisters Tanck Thüre, von einem Stein auf der Stelle erschlagen. Unter fortwährendem heftigen Bombardiren flüchteten sich, und zwar zu Wasser, noch unterschiedliche Leute, theils nach dem Wallfisch, theils nach Poel, theils in das Mecklenburgische, theils wollten sie nach Lübeck, kamen aber den Dänen, welche mit einem Schiff vor dem Hafen lagen, in die Hände, aus welchen sie aber nachher wieder frei kamen, wie das dänische Schiff sich am Strande setzen mußte. In einer andern Scheune kam auch Feuer auf, ward aber doch, ehe es recht anging, wieder gelöscht und die Scheune erhalten; daß also heute an Häusern und Menschen wohl der größte Schaden geschehen. Gegen Mittag brachte der Hr. Major Tiegerhelm seine Batterien in der Stadt in Stand, und fing man also an (auf Anhalten und Sitten der Bürgerschaft) wieder auf den Feind zu feuern, dadurch einige ihrer Kanonen sollen unbrauchbar gemacht worden sein. Den Bürgern, welche bei den Feuerspritzen waren, und bisher beständig in der größten Arbeit und Gefahr gestanden und geschwebt, wurden von E. E. Rath fünfzig Thaler zu ihrer Entschädigung und Belohnung verehrt, um sie damit weiter anzufeuern.

Den 2. Januar vermuthete man noch mehr Schaden, denn es kam Nachricht, daß die Dänen, welche bisher vor dem Mecklenburger Thor ihre Batterie gehabt, nun von dieser Seite nach dein Alt-Wismarischen Thor sich ziehen würden, um auch von dort die Stadt zu zerstören. Deswegen ging es in der Stadt an einem gewissen Ort fast confuse daher, und wünschten viele aus der Stadt zu entfliehen, oder einige bessere Sicherheit zu haben, die sie hin und wieder suchten. Doch man ward hernach gewahr, daß es ein ungegründetes Gerücht gewesen, und ward, Gott Lob! heute lange nicht so viel herein geschossen, als die vorigen Tage, besonders kamen nicht mehr so viel Bomben herein, sondern an deren statt immer mehr und mehr Steine, unter welchen nur dann und wann eine Bombe gespürt wurde. Doch thaten Steine und Bomben heute den Häusern wieder ziemlichen Schaden, wie denn in der Höhe besonders ein Haus inwendig sehr beschädigt ward. Auf dem Markt ward einem Soldaten das Bein abgeschossen, woran er hernach gestorben. Aus der Stadt ward heute am allerschärfsten auf die feindlichen Werke geschössen, mit solchem Erfolg, daß der Feind Nachmittags zu cessiren begann. Es kam auch heute der Hr. Oberst-Lieutenant Reichel mit andern herein, desgleichen der Tribunals-Bote. Mit der Aarbeit ward allenthalben rüstig fortgefahren. Ein Expresser kam vom Fischlande zurück, weil es ihm nicht möglich gewesen, nach Stralsund durchzukommen. Bei der Orde wurde streng verboten, daß kein Soldat (wie zum Theil schon angefangen) des Nachts vom Piquet ab und nach Bürgerhäuser, um allda zu stehlen, gehen sollte, wer dabei ertappt würde, sollte sogleich mit dem Strange bestraft werden. Noch ward befohlen, daß die Wachen gar keine Trommel rühren sollten, außer zu der Zeit, wenn Allarm entstünde, was sodann gewiß einen feindlichen Ausfall bedeutet, was allen Offizieren und Soldaten kund gemacht wurde. Noch sollen drei Deserteure herein gekommen sein, die man aber in sichere Verwahrung genommen, weil man besorgte, daß sie etwas Böses im Sinne haben möchten. In der Nacht vom 2. auf den 3. ward auf der Grothusen-Schanz einigemal geschossen, weil man in der Gegend einige Dänen bemerkte. Aus Pommern kam diesen Abend ein Packetschiff zurück mit der Nachricht, daß von dort her auf keinen Transport oder Succurs zu hoffen sei, über welche Nachricht einige sehr bestürzt waren. Aus dem dänischen Lager wollte man nachher berichten, daß sie diesen Tag gewisse Deputirte aus Wismar wegen Uebergabe der Stadt vermutheten, und einige Offiziere diejenigen, welche sie im Lager besuchten, schon auf einen Schmaus in dem Wismarischen Wein-Keller, oder in dem sogenannten Neuen Hause in der Stadt, gebeten. Welches aber vergebliche Träume dieser guten Herren gewesen.


Den 3. Januar war des Morgens Jedermann wieder besorgt vor einer Feuer-Visite, allein wider alles Vermuthen hielten die Dänen inne, und thaten heute keinen Schuß mehr, sondern bei anbrechendem Tage zog derselbe seine Wachen vor dem Wismarischen- und Pöler-, auch Nachmittags vor dem Lübschen- und Mecklenburger-Thore ein. Gegen den Abend vernahm man gar, daß sie sich aus ihrem Retrenchement gezogen, doch man konnte in der Stadt dem Frieden noch nicht trauen, deswegen blieben die Wachen, Reserven, Piquetten und Artilleristen nach ihren Ordonanzen ganz besonders auf den Wällen, und wurden die Barrikadirungen den Tag über mit allem Ernste fortgesetzt, ja man ließ alles, was nur konnte, des Abends, da es sehr kalt zu werden anfing, auf den Wall gehen, um, wenn irgend in der Nacht der Feind einen Sturm wagen sollte, denselben mit aller Macht zurückzuhalten. Doch in der Nacht erfolgte, Gott sei Dank, zur größeren Freude der Einwohner nichts.

Den 4. Januar wurde confirmirt, daß die Dänen ihre Werke verlassen, doch ward, nachdem es Tag geworden, von etlichen 100 Dragonern, der Galgenberg und die Avenüen recognoscirt, welche denn befunden, daß der Feind sein altes Öuartier bei Lübau und der Gegend wieder bezogen. Hieraus marschirten die Dragoner, unter dem Hrn. Obersten Bassewitz, und 150 Mann von der Infanterie, hinaus, nebst ihrem Gewehr und Schaufeln, die feindlichen Werke zu demoliren. Viele Bürger folgten, ja alle welche nur konnten und wollten, und fand man die dänischen Batterien zwar ledig, aber doch noch in gutem Stande, und auf oder in denselben allerlei Schanz-Geräthschaften, Kugeln, ledige Pulver-Tonnen etc, desgl. einige Bomben, welche aus der Stadt geworfen, und nicht zerplatzt, wie auch einige Kugeln, die aus der Stadt geschossen. Man fing an, die Werke zu rasiren, so gut man konnte, auch vor dem eingefallenen harten Frost, welcher alles noch fester gemacht, als es sonst gebaut gewesen. Doch sah man viele Leute mit Kugeln, Spaten u. dgl. wieder herein kommen, andere fuhren Faschinen, die sie aus den ruinirten Werken bekommen, mit Karren und Wagen herein, wobei Jeder vom Herzen fröhlich war. An diesem Tage fingen auch die Glocken, welche seit dem Beginn des Bombardements nicht gehört wurden, wieder zu läuten an; man fing auch an, die Kirchen, welche beschädigt worden, wieder zu säubern, und machte Anstalt, (da man bisher von dem letzten Weihnachtstage an den öffentlichen Gottesdienst nicht halten konnte, sondern dafür mit einigen Betstunden, die an einigen Orten des Morgens und des Abends gehalten worden, hatte zufrieden sein müssen) am bevorstehenden Heil. drei Königsfeste in demselben wieder zusammen zu kommen. Inzwischen kamen Diejenigen, welche sich hin und wieder aus ihren Häusern retiriret, auch wieder in dieselben, unter unbeschreiblichem Frohlocken, da sie selbige entweder ganz unbeschädigt, oder doch noch in einem erträglichen Stande durch Gottes Gnade gefunden. Die Arbeit an den Barrikaden ward dennoch in der Stadt, so viel des Frostes wegen geschehen konnte, fortgesetzt. Einige Kundschafter kamen diesen Tag herein und berichteten, daß der König von Dänemark mit der ganzen Infanterie, diesen Ort mit aller Macht noch anzugreifen, im Anmarsch, welches die Korrespondenten aus Rostock und andern Orten gleichfalls confirmirten, mit dem Beifügen, daß der-Feind gegen sechzig Boote beim Clüßer Ort gesammelt hätte. Dagegen kamen vier Deserteure heute herein, die versichern wollten, daß die Dänen bald ganz abmarschiren würden. Weil auch der Frost sehr zunahm, und mit den Booten, die zum Eisen bestimmt, nichts auszurichten war, so stachen die Ingenieurs die Eisung ab, und ward der Miliz sowohl, als der Bürgerschaft dieselbe angewiesen, nicht weniger wurden die Eis-Instrumente in Bereitschaft gesetzt. Gegen den andern Morgen wurden 100 Dragoner und 200 Musketiere zum Rasiren der feindlichen Werke kommandirt. Einigen Bürgern ward zwar diese Nacht erlaubt, in ihren Häusern zu bleiben, aber sie mußten doch in den Kleidern schlafen, um, wenn es etwa die Noth erfordern sollte, desto eher bei der Hand zu sein.

Den 5. Jan. hatte der Frost die Graben und Teiche an den meisten Orten haltbar gemacht, deswegen wurde die Infanterie, welche die feindlichen Werke rasiren sollte, contramandirt und alle Mannschaft von der Barrikadirung mit zum Eisen genommen, welches auch gut von Statten ging. Gegen Mittag wurde man vor dem Hafen viele Schiffe (in allen etwa 20) gewahr, welche Einige für dänische, andere für schwedische ansahen, doch es fand sich entlich, daß es schwedische waren (ohne ein dänisches mit Ammunition und Provision, besonders mit Hafer, der nach Pommern sollte, aber nun von den andern Schwedischen weggenommen und mit herein gebracht worden); denn sie schoffen, wie sie etwas näher kamen, die schwedische Losung, welche vom Wallfisch beantwortet wurde. Die pommersche Post-Jagt kam heute auch an und brachte den Hern. Obersten Burenschiölt und 13 Offiziere, die Königl. polnischen Trabanten mit eingerechnet. Gegen Abend arrivirten etliche Offiziere von den Schiffen und meldeten den Succurs an mit dem Bericht, daß die Kriegsschiffe drei Meilen von hier geankert hatten, die übrigen aber die Mannschaft und Artillerie successive an den Wallfisch bringen wollten, damit sie sofort nach Karlskrona wieder zurück gehen könnten. Hierauf wurden alle Kanonen um die Stadt des Abends abgefeuert, um auf solche Art dem Feind die Versicherung zu geben, daß man einen Succurs erhalten, Gegen den folgenden Morgen aber wurden alle hiesigen Schiffe beordert, den Sueeurs herein zu helfen. Die Pforten blieben indessen, wie bisher eine Zeit lang geschehen, zu, und ward Niemand aus oder eingelassen, als blos die Kundschafter. Es wurde auch anbefohlen, daß jeder Chef, nebst den Ingenieurs, auf seinem Posten sein, das Eis wohl tentiren, und da es haltbar, sofort mit der nächsten Wache und Piquet aufeisen, auch die Schleusen auf- und zumachen sollte, damit das Eis zerbrochen und das Wasser in steter Bewegung bleiben möchte. Die Barrikadirung wurde ebenfalls fortgesetzt. Denselben Abend kamen die polnischen Herren, welchen schon war angesagt worden, daß sie sich bereit halten möchten, mit der Flotte nach Karlskrona zu gehen, zum Hrn. General-Major oder Vice-Gouverneur, und machten besonders der Herr Schembeck viele Einwendungen, die Reise vorzunehmen, mit dem Vorgeben, daß er lieber sterben wollte. Allein sie wurden durch dienliche Vorstellung doch endlich dazu bewogen, daß sie sich dazu bequemen mußten. Zu der Zeit entdeckten sie selbst, daß ein gewisser Mensch bei ihnen gewesen und sich gerühmt, wie er in gutem Vernehmen mit dem Hrn. General-Lieutenant Rantzaw stünde und dieser ihnen sagen ließ, wenn sie verborgene Briefe an ihm zu schreiben hätten, er dieselbe allezeit wohl bestellen würde. Derselbe hätte ihnen auch zu vernehmen gegeben, wenn sie ihn wohl recompensiren würden, er sie aus der Gefangenschaft befreien wollte. Insonderheit wenn sie es so machen konnten, daß sie unter dem Prätext, das Bombardiren zu evitiren, nach dem Wallfisch kämen, allwo er mit zugegen sein, und die Wache mit Opium im Schlaf bringen, und sie in währender Zeit zu Wasser fort helfen wollte. Worauf sie ihm geantwortet, was die verborgenen Briefe zu bestellen anbelangt, so hätten sie dergleichen an den Hrn. General-Lieutenant nicht zu schreiben, solches würde ihnen, als redlichen Leuten, auch nicht anstehen, ihre übrigen Briefe aber wäre der Hr. Vice-Gouverneur bisher so freundlich gewesen, zu bestellen. Sie berichteten ferner, daß derselbe Espion sich auch gar mit ihren Domestiquen, wegen des Quantums, so er zu verdienen gemeint, in Traktaten eingelassen, und da sie, nur ihm weiter auszuforschen, 300 Thaler geboten, wäre erdamit nicht zufrieden gewesen. Sie erboten sich dabei, einen von ihren Leuten kommen zu lassen, welcher Nachricht geben würde, wo derselbe logirt. Worauf die Wache mit selbigen ausgeschickt ward, die ihn in der Frau Gräfin Wolfrath Hause, welches er zu bewachen von ihr verordnet war, antrafen, wie er zum Hrn. Generalmajor gebracht wurde, erkannte derselbe, daß es derjenige wäre, welchen er zu verschiedenen Malen selbst zum Espion gebraucht, und noch neulich nach Rostock schicken wollte. Der selbe aber wollte die beiden polnischen Herren nicht wieder kennen, sie aber convincirten ihn sofort. Der Herr Landshöffding Posse nahm ihn auch in die Garde-Corps auf und drohte ihm Schrauben anlegen zu lassen. Worauf er bekannte, daß er im Scherz mit ihnen deshalb gesprochen hätte. Es wurde darauf in gedachtem Hause nach seinen Schriften gesucht, aber es war nichts zu finden. Gedachter Herr Landshöffding aber, welcher ihn gefragt, ob er Briefe oder Schriften bei sich hätte, ließ ihn, da er solches leugnete, sofort visitiren, und fand unten im Rock zwischen dem Futter zwei von des General-Lieutenants Rantzaw aufwieglerischen Patenten, worüber er sehr betroffen gewesen, und vorgegeben, sie gefunden zu haben, endlich aber bekannt, daß ihn der Herr General-Lieutenant gezwungen, einige Exemplare mitzunehmen, wovon er verschiedene verbrannt und nur diese zwei übrig behalten hätte. Worauf er an Händen und Füßen geschlossen, und allein in ein Logement auf der Hauptwache separirt und sogleich gegen den andern Morgen ein Verhör commandirt wurde. Diesen Abend entstand ein entsetzlicher Sturm, welcher die ganze Nacht währte, deswegen ein Jeder des angekommenen Succurses wegen, welcher noch so weit von der Stadt lag, höchst besorgt ward. Sonst hatte den Tag über ein Jeder, dessen Haus irgend ruinirt, so gut er gekonnt, wieder zu räumen angefangen. In der Nacht aber war abermals fast alles, was nur konnte, wieder auf den Wall, eines etwa zu besorgenden dänischen Einfalls wegen. In der See hatte das dänische Schiff, da es die ankommenden Schweden gemerkt, zu Clüß an Land gesetzt, oder sein Schiff in Strand gejagt, da denn von den Gefangenen Unterschiedliche wieder losgekommen.

Den 6. Januar, oder am heil. Drei-Königs-Fest, kam man, Gott Lob! in öffentlicher Gemeinde mit Frieden zusammen, und feierte das Neu-Jahrs- und Drei-Königs-Fest zugleich. Indem beide Evangelien von allen Kanzeln abgelesen, und aus beiden, was zur Erbauung dienlich, der Gemeinde vorgetragen wurde, wobei besonders Gott dem Herrn vor allen seinen erwiesenen besonderen Schutz von Herzen Dank gesagt, auch die Gemeinde zur Buße und herzlichen Gebet um Abwendung weiterer Gefahren ermahnt wurde, doch ward bei diesen allen in der Marien - Kirche nur Choraliter musicirt. Noch ward am heutigen Tage ein Patent des Hrn. Vice-Gouverneurs verfertigt, in welchem das den 10. December im Jahre 1711 gedruckte dänische Patent verworfen und dagegen ein Jeder zur unveränderten Treue gegen ihren rechtmäßigen gnädigsten König, wie auch zur gehörigen Vertheidigung der Stadt ermahnt wurde. Sonst währte der gestrige heftige Sturm heute Vormittag noch immer fort, und war dabei das Wasser so hoch, daß es an etlichen Orten auf den Gassen unten zu stehen kam, weswegen man den Transport nicht an’s Land bringen konnte. Gegen Abend legte sich der Sturm, und stellte sich dagegen ein starker Frost ein. Doch wurden, dessen ungeachtet, gegen Abend einige Schiffsgefäße nach dem Wallfisch gesandt, worauf gegen acht oder neun Uhr des Abends, 400 Mann von dem Succurs mit dem Obersten Hesko vom Wallfisch ans Land kamen, welche sogleich nach der Abrede mit den Herren Bürgermeistern in der Stille, damit Niemand erfahren möchte, wie stark eigentlich der Succurs wäre, einquartiert wurden. Die Angekommenen brachten die betrübte Nachricht mit, daß eins von den angekommenen Kriegs-Schiffen gestrandet, auch von der Ammunition, welche man in Schaluppen, um den andern Tag sie zu debarquiren, eingelegt, durch diesen Sturm verloren gegangen und ein anderes, welches nachher herein kam und hier liegen blieb, ein Bombardier-Schiff oder Brander hatte die Masten verloren. Indessen wurden den Tag über die Thore fest zugehalten, so daß Niemand herauskommen konnte, doch die Arbeit mit den Barrikaden und mit Aufeisen wurde fleißig beschleunigt; der Espion wurde examinirt und von Zeugen und nach eigenem Geständniß convincirt. Die Patrouillen und Posten, außerhalb der Statt, blieben in ihrer vorigen Ordnung, und des Nachts besonders wachsam. Den angekommenen Schweden wurde bei entstehendem Allarm ihr Sammelplatz auf dem Markt angewiesen. Es wurde auch ein Kriegsgericht, des Espions wegen, auf den folgenden Tag commandirt. Außerdem ging heute das Gerücht in der Stadt umher, daß der König von Dänemark selbst in dem Lager vor Wismar angelangt und viele Kanonen mitgebracht, es erwies sich aber als falsch.

Den 7. Januar sah noch Jedermann dem übrigen Succurs entgegen. Die Schiffsser waren insgesammt bereit, mit ihren Booten denselben herein zu holen, und hätten wohl gewünscht, ganz früh sich hinaus zu machen, allein es währte bis um 8 Uhr, ehe sie aus dem Baum kommen konnten. Weil sie nun weit hinaus fuhren, und überdies sich hinaus eisen mußten, so kam Niemand eher ans Land wieder, ins des Abends Glock 8 ungefähr, da wieder etliche 100 Mann austraten, welches vielen fast fremd dünken wollte. Das Kriegsgericht ward zwar heute des Espions weilen gehalten, kam aber nicht zu Ende. Die von Stettin gekommenen Offiziere wurden unter die Regimenter der Obristen Burenschiölts und Fürstenberg vertheilt, und mußten ihnen also die Bürger auch Quartier geben, welches vielen schwer werden wollte. Die beiden polnischen Herren wurden nach des Vice-Admirals Schiff gebracht. Das Aufeisen ward an den Ortern, wo es nöthig war, fortgesetzt. Mit der Barricadirung wurde man meist überall fertig, ohne einige kleine Verbesserungen, und als der Obrist Hesko anhielt, daß seine von See-Fatiken abgematteten Soldaten einige Tage noch zur Erholung in ihren Quartieren gelassen werden möchten, so ward ihnen solches vergönnt, besonders da alle Kundschafter einbrachten, daß man auf 4 oder 6 Meilen nichts von des Königs von Dänemark Einmarsch vernehme, daher die Dragoner und übrige Garnison, desgleichen die Bürgerschaft die inneren Wachen nebst der Reserve und Piquet halten, und an den Wällen beständig mit der Artillerie bleiben mußten. Bloß die Schweden hatten, wie schon erwähnt, Ordre, bei einem entstehenden Allarm sich auf dem Markte zu versammeln.

Den 8. Jan. kam endlich der Transport oder Succurs völlig ans Land, und man sah, daß er noch lange nicht so stark war, wie man vorher meinte; es war das Regiment des Obristen Hesko, welches nicht über 1000 Mann effective ausmachten. Die Thore blieben sonst noch versperrt, auch kam ein Deserteur herein und berichtete, daß die Dänen sich zum Sturm auf die Stadt vorbereiteten. Noch andere wollten Zeitung haben, daß sie neue und weit größere Bomben gießen ließen, desgleichen daß Eis-Sporen, Sturmleitern etc. verfertigt würden, welches sich aber hernach, obgleich der Frost noch heftig ward und immer fortdauerte, Alles wieder verloren. Inzwischen ward heute vom Kriegsgerichte in der Stadt dem Espion das Leben abgesprochen; desgleichen verordnete der Generalmajor eine neue Reparation auf den Allarmplätzen; die Windpforte und die Seite am Mecklenburger-Thor blieb den Obristen Fürstenberg, Braun und Nolcken, die Lübsche Seite aber ward dem Obristen Bourenschiölt übergeben, welche ihre um die Stadt postirte Mannschaft zu sich nahmen, wozu eine Compagnie Schweden nach der Lübschen Seite gelegt ward. Die Sparbüchse ward dem Obristen de Witt mit 2 Compagnien, das Pöler-Thor dem Obristen Hesko mit 3, und das Wismarische Thor dem Obristen Wrangeln mit 2 Compagnien angewiesen, wobei ihnen Specificationen von ihren bei sich habenden Bürgercompagnien und allerlei Munition auch die Anweisung gegeben ward, daß ein jeder von seinen bei sich habenden Leuten die vorstehenden Wachposten, um die Eisung zu promoviren, des Nachmittags um 2 Uhr ablösen, auch die Eisung daselbst visitiren und Sorge tragen sollte, damit die noch fehlenden Barricaden wohl und fest gemacht, und wenn was an Munition fehlt, solches zeitig angemeldet werden möchte; zumal jeder 24 Patronen mit Kugeln und 8 mit Rennkugeln haben sollte. Auf jeder Bastion waren überdies noch zur Reserve 24 Schuß auf jeden Mann zur Stelle und in dem Artillerie-Reservekasten vorhanden, welche Reservemunition, nach Verstärkung der Garnison, gleichfalls vermehrt wurde; die Wachen wurden in ihrem vorigen Stand gelassen.

Am 9. Januar visitirten die Chefs ihre Posten. Der Proviant wurde von den Schiffen nach geschehener Durcheisung herein, und 3 Schiffe, als ein Brander, der bei einem Sturm beschädigt, eine Prise mit Korn und noch eines mit Taback, die nach Stralsund und Carlscrona destinirt gewesen, näher an den Wallfisch gebracht. Gegen Mittag kamen auch die Capitaine Bülaw und Rüdger, der junge Baron Löwen und andere von Stade allhier an. Es wurde angeordnet, daß am folgenden Morgen die Dragoner von der Hauptwache abgelöst werden, damit sie ihre tägliche Feldwache wieder beziehen können; ferner daß dieselben ihren Allarmplatz künftig auf dem Markte haben, und die Hauptwache des Abends eine Reserve haben sollte, die zur Nachtzeit 100 Mann stark sei. Diese 400 Mann stehen alle unter der Ordre des Obristen Bassewitz, dem mit seinem Obristen die Commission aufgetragen ward, bei einem Allarm sich daselbst einzufinden, um das Innere der Stadt, als auch das Feuer und den entstehenden Tumult zu observiren, sein Corps sollte in 4 Theile aufgestellt und in Bereitschaft gehalten werden, damit, wenn ein Succurs von dem einen oder andern Ort verlangt würde, derselbe sofort dahin, wo es nöthig wäre, detachirt werden könnte. Die Eisung wurde möglichst befördert, und die Wachen blieben im gemeldetem Zustande bei den Wällen. Das gestrandete Orlog-Schiff, von welchem oben gedacht wurde, ward heute, nachdem noch einige Canonen aus demselben genommen, gesprengt und verbrannt, damit es den Dänen nicht zu Theil werden möchte.

Am 10. Januar, als am Sonntage, wurde das am 6. Jan. ausgesetzte Gegen-Placat von allen Canzeln abgelesen. Sonst arrivirte des Morgens der General-Lieut. Baron Grassow mit dem General-Adjutantcn Vietinghoff von Schwerin, und nahm das Kommando über sich, sandte auch den gedachten General-Adjutanten sogleich nach dem dänischen Lager, um seine Ankunst daselbst zu notifiziren; er wurde von den Dänen sehr freundlich aufgenommen. Heute mußten auch auf Ordre des General-Lieutenant Crassawen die Bürger von der Wache durch die sogenannte Stadtcompagnie oder die Handwerksburschen abgelöst; auch ward heute auf dem Galgenberge wiederum eine Feldwache ausgestellt. Die Kälte war heute recht heftig; aus dem dänischen Lager kam heute die Nachricht, daß man in demselben wegen des angekommenen Succurses höchst consterniret, indem man nicht anders gewußt, als daß 4-5000 Mann angekommen wären. Die Musikantenwache auf dem St. Marien-Thurm hat heute auch wieder aufgehört.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Kurze Beschreibung der Stadt und Herrschaft Wismar