1. Juli bis 31. Juli 1715

Den 1. Juli verlangte der Generalmajor 24 Pferde von der Bürgerschaft, um einige Soldaten damit beritten zu machen und sie als Dragoner zu gebrauchen und mußten demnach einige Bürger ihre Pferde heraus geben. Auch war heute wieder so viel Wasser in der Grube, daß man genugsam mahlen und aus der Neuen Kunst wieder etwas kriegen konnte, was bei der gegenwärtigen großen Hitze sehr angenehm war; nach dem Lager wurde abermals etwas Bier und Tafelbier gesandt. Gegen Abend veränderte der Feind sein Lager wieder und zog sich zum Theil weiter nach dem Pöler Thor herum, bei welcher Gelegenheit einigemal aus der Stadt auf die, welche zu nahe kamen, geschossen wurde; dasselbe geschah auch schon vormittags. Zu Wendorf merkte man ein Feuer, welches sich aber bald wieder verlor, und nur durch irgend eine Unachtsamkeit der Einwohner entstanden sein mußte.

Den 2. Juli kamen einige Deserteure herein, welche aussagten, daß in dem Lager die Kanne Bier 6 ßl., eine Schale Milch 3 ßl. koste und daß sie draußen wegen der großen Hitze viel ausstehen müßten. Wegen einiger Sicherheitsbriefe, welche man nun zu erhalten hoffte, ward heute deliberirt. Die Feinde fingen jetzt hin und wieder an, das unreife Korn abzumähen, welches auch einige Edelleute, die doch Sicherheitsbriefe hatten, besonders von den Preußen leiden mußten.


Den 2. Juli Morgens erfuhr man, daß in voriger Nacht die Feinde ein Wismarsches Boot verbrannt hatten; es suchten nämlich einige von unseren Leuten zu Wasser etwas Korn herein zu kriegen und einige Briefe fortzuschaffen, deshalb lagen 2 Wismarsche Böte zu Wieschendorf; die Feinde mußten hievon Nachricht haben und kamen dahin, erhaschten auch sogleich das eine Boot mit 3 jungen Leuten, das andere entwischte ihnen aber. Die Feinde zwangen die Leute in dem Boote, mit ihnen zugleich dem ersten nachzurudern und gedachten es noch zu erhaschen, es wollte ihnen aber nicht gelingen; sie kehrten demnach wieder ans Land zurück, führten die 3 Gefangenen davon und steckten das Boot in Brand. Um Mittag langten einige Sicherheitsbriefe aus dem Lager an und es wurden noch andere versprochen, dagegen wurden aber auf Verlangen wieder einige Tonnen Bier hinaus geschickt. In der Stadt fing man an die Roß- und andere Mühlen auf dem Bauhof, die schon zum Theil in vorigen Jahren verfertigt waren, völlig zu Stande zu bringen. Von unseren Soldaten desertirten jetzt einige, weshalb auf dergleichen Leute sehr genau Acht gegeben wurde; auch bemühte man sich sehr, Spione, die man in der Stadt vermuthete, zu erhaschen und es wurden 15 Rhlr. demjenigen versprochen, der einen entdecken könnte. Auch sind heute 6 dänische Deserteure herein gekommen.

Den 4. Juli kam ein preußischer Deserteur zu Pferde herein und von den Dänischen einer zu Fuß. Unsere Cavallerie wollte heute aus dem Pöler Thor bei Müggenburg fouragiren, wurde aber von den Preußen daran verhindert, weshalb sie nachher näher an der Festung blieb. Ein Kerl, der einen feindlichen General einen silbernen Degen, eine silberne Uhr, etwas Geld und andere Sachen gestohlen hatte, ward in der Stadt fleißig gesucht, weil man meinte, daß er herein gekommen war, wie solches ein Tambour aus dem Lager angezeigt hatte. Aus dem Mecklenburger Thor fouragirten heute unsere Dragoner mit einigen Wagen.

Den 5. Juli Morgens hörte man, daß in der vergangenen Nacht der Generalmajor durch einige von der Wache viele Häuser und Keller, in welchen man noch von denen, die aus der Stadt beordert waren, Sachen vermuthete, visitiren ließ und was man angetroffen hatte, wegnehmen und nach der Sparbüchse bringen, von wo sie heute in einige Boote gesetzt und nach Redentien gebracht wurden. Ein gewisser Bürger, welcher vor die Stadt ritt, brachte heute einen preußischen Dragoner, welcher etwas Vieh von den unsrigen wegtreiben wollte, herein.

Den 6. Juli änderten die Preußen ihr Lager vor dem Mecklenburger Thor und rückten näher heran. Durch Ueberläufer erfuhr man, daß die Feinde einige Nächte zu Pferde gesessen hatten, weil in ihrem Lager das Gerücht erscholl, daß der Generalmajor Bassewitz aus Pommern mit einigen 100 Mann zu Wasser herein gekommen war, von welchen sie meinten, daß er ihnen vielleicht eine unvermuthete Visite geben würde, aber es war in der That kein Bassewitz vorhanden.

Den 7. Juli wären unsere und die feindlichen Fouragierer beinahe aneinander gerathen, doch weil unsere gegen jene etwas zu schwach waren, so zogen sie sich zurück; die Feldwachen chargirten etwas auf einander. Im feindlichen Lager ließ man Fachinen fahren, der Rede nach zur Ausbesserung einiger Wege. Das Wasser ward heute wieder sehr behende und mußte die Grubenmühle deshalb stille stehen. Der Oeconomus ward heute nebst einem Tambour nach dem dänischen Lager gesandt, das Geld für einige Sicherheitsbriefe zu bezahlen.

Den 8. Juli rückten die Feinde vor dem Mecklenburgischen und Lübschen Thor noch näher an die Stadt und man konnte nunmehr einen Theil ihres Lagers in der Papenstraße sehen, man sah dies den Tag über von unserer Seite an, des Abends aber um 8 Uhr löste man etwa 8 Stücke von dem Reiffer-Wall und der Gegend: weil es aber fast dunkel war, konnte man von dem Effect nichts sagen, doch hielten sie mit Trompeten und Paucken ein. Heute warfen die Feinde eine Redoute vor Lübau auf. Die Fouragirer jagten sich bei der Clützmühle etwas herum. Vor dem Hafen ward man 16 Schiffe gewahr, welche man für dänische hielt, die irgend aus Holstein nach Rostock ihren Cours eingerichtet haben mochten.

Den 9. Juli kam wieder so viel Wasser, daß man in der Grubenmühle mahlen konnte. Ein kleines Commando zu Fuß ward nach Clützmühle commandirt, das von den Dänen gestern daselbst abgemähte Gras herein zu bolen, welchen einige von der Cavallerie folgten, die denn im Gesichte der Dänen das ihrige thaten und machten diese nicht einmal Miene, sie zu hindern. Unsere Leute brachten auch eine feindliche Pferdedecke, welche sie gestern am vorgedachten Orte verloren haben mußten, mit. Den Branntweinbrennern wurden heute die Köpfe von ihren Blasen genommen und aufs Rathhaus gebracht, weil ihnen das Brantweinbrennen verboten worden war, da man das Korn jetzt wohl besser benöthigte. 3 dänische Deserteure zu Fuß sind heute eingekommen; auch kamen verschiedene Briefe von Lübeck, die der Postillon im dänischen Lager abgegeben hatte, aus welchen sie herein gesandt wurden, wiewohl alle eröffnet waren. Noch kam ein Deserteur herein, welcher unter andern aussagte, daß die Dänen alle Nacht unweit vom Alt-Wismarschen Thor patrouillirten, auch die Stunden, wenn sie es thäten meldete er. Dies nahm man ad notam, und der Hr. Generalmajor und der Hr. Oberst Fürstenberg resolvirten in der folgenden Nacht aufzupassen. Es wußte hievon Niemand, als beide gedachten Herren, und der Hr. Oberst selbst bedachte, ganz unvermerkt mit einiger Mannschaft (die auch nichts von der Sache wußte) bei Sperrung des Thors sich hinaus zu machen; allein die dänische Patrouille blieb aus und man merkte, daß im Lager eine ziemliebe Anzahl zu Pferde säße, woraus man nicht anders schließen konnte, als daß das Vorhaben dennoch verrathen wurde, ohne daß man wissen konnte, von wem dieses geschehen sein mochte.

Den 10. Juli wurden einige Pferde hinaus commandirt, um einige Preußen, die vor dem Pöler Thor fouragirten, zu vertreiben. Es waren aber noch einige Escadronen dabei, die bald zum Vorschein kamen, weshalb die Unsrigen sich zurückziehen mußten. Vor dem Alt-Wismarschen Thor ertappte man einen unartigen Bürger in dem Korn, welchen man für einen Spion ansah; er warb herein gebracht und bald darauf nach dem Stockhause geführt, wo man ihn fesselte und hernach vor das Kriegsgericht stellte, er aber läugnete alles und beschwerte sich, daß man so übel mit ihm umginge. Indessen ward seine Frau festgesetzt und alles, was sie in ihrem Hause hatten, visitirt. Auch machte der Generalmajor, weil er wohl wußte, daß ein guter Vorrath an Malz in der Stadt war, die Proposition, man sollte ihm was man an Malz übrig hätte, ausliefern, so wolle er es an seine Leute austheilen und selbigen es anrechnen.

Den 1. Juli waren alle Thöre bis am Mittage verschlossen, weil man einen Jungen suchte, der heimliche und verdächtige Briefe aus der Stadt getragene haben sollte; man fand denselben auch und er war von etwa 10 bis 12 Jahren, eines ehemaligen hiesigen Bürgers (von welchen man sagte, daß er zu Dömitz jetzt in der Karre ging) Sohn. Die Mutter desselben ward auch festgesetzt, allein man konnte aus dem Jungen nicht recht klug werden, weil er bald so, bald wieder anders redete; die Mutter aber wollte von gar nichts wissen. Was der Generalmajor des Malzes wegen vorschlug, ward, weil man es nicht alles geben konnte, dem Ausschuß heute kundgemacht, es folgte aber eine abschlägige Antwort. Es erging indeß eine andere Forderung des Generalmajors, nämlich daß alle Briefe, die herausgehen sollten, in das Posthaus offen geliefert werden sollten, damit man das Spioniren verhindern könnte; dieses wurde angenommen.

Den 12. Juli ritt der Prinz von Hessen nebst dem Generalmajor, auch anderen vornehmen Offizieren zu recognosciren aus; es kam aber eine starke Partei Feinde auf sie, so daß ein kleines Scharmützel erfolgte, und es mußten, weil die feindliche Partei zu stark war, die Unsrigen von dem Wall mit einigen Kanonenschüssen secundiren, was aber aus Nachlässigkeit des Stück-Junkers zu spät geschehen war und mußte sich derselbe auf einige Monate degradiren lassen. Nach Poel wurden heute noch zwei 4pfündige Stücke hinaus gesandt. Die Bürgerschaft, welche gestern das Malz herzugeben abgeschlagen hatte, sollte nunmehr 10,000 Rthlr. Contribution hergeben; wie Manchem hiebei zu Muthe geworden ist, ist leicht zu erachten.

Den 13. Juli kam aus Pommern Nachricht, daß die Dänen zwar Damgarten occupirt hatten, doch aber nichts feindliches unternahmen, ja man wollte von einem kleinen Stillstand zwischen Schweden und Preußen reden. Des Abends recognoscirte die feindliche Generalität bei St. Jacob, es wurde einigemal unter sie gefeuert. Die Eßwaaren fingen schon an etwas theurer zu werden.

Den 14 Juli suchte der vor einigen Tagen als Spion festgesetzte Bürger zu entkommen, war auch schon aus dem Storkhause, in welchem er doch an Händen und Füßen geschlossen gesessen; es sahen ihn aber einige auf der Reiffer-Bahn und meldeten es in der Wache, worauf sogleich einige Mann ihm nachsetzten, die ihn im Wasser unweit von dem Zeughause, da er durch einen Morast zu entkommen suchte, antrafen; man schoß einigemal nach ihm und traf ihn in den Fuß, so daß er Stand halten mußte; er ward wieder herein gebracht und besser verwahrt, diejenigen aber, die ihn so schlecht geschlossen und bewacht hatten, wurden deswegen angesehen. Von den Wällen der Stadt ward auch heute einigemal geschossen, wie auch fast alle Tage vorher geschehen war, wenn nur etwas vom Feinde zu nahe kommen wollte. Von den Dänen kamen heute 2 Deserteure zu Fuß herein.

Den 15. Juli verlangte der Generalmajor anstatt der Contribution Bier und Tafelbier für die Militz und zwar so viel, daß es monatlich, da die Tonne Bier, ohne Accise, 8 Mark, die Tonne Tafelbier aber 4 Mark 8 ßl. kostete, sich auf 3607 Rthlr. belief, von welchen ein gemeiner Soldat täglich 3 Pott oder Stob Tafelbier haben sollte. Auch fing man an, einigen Trägern und Bauleuten ihre Pferde aus den Ställen wegzunehmen, ungeachtet schon vorhin einige Pferde von der Stadt geliefert worden waren. Einigen von den Trägern gab man alte, lahme, blinde und sonst schadhafte Pferde für ihre guten wieder, den Uebrigen ward angezeigt, wenn ihre Pferde nicht umfallen oder sonst verrecken würden, so sollten sie dieselben wieder haben, wenn man sie nicht mehr brauchte, sonst sollten ihnen, wenn der Krieg zu Ende sein würde, für das Pferd 18 Rthlr. bezahlt werden. Bei allen diesen verlangte der Generalmajor, es sollten nicht nur die Vornehmsten in der Bürgerschaft, sondern auch die Herren des Raths, ein ganzes oder halbes Pferd verpflegen, da er denn selber die Einteilung nicht nur machte und selbige mit einsandte, sondern auch vorschrieb, wie viel monatlich ein Pferd an Hafer, Heu und Hecksel haben sollte, obgleich weder Heu noch Hafer, besonders für Geld zu bekommen war; ja er ließ nicht undeutlich merken, daß er mit der Zeit noch Vieles fordern würde und zwar aus dem Grunde, weil die Bürgerschaft verbunden wäre, Gut und Blut für Se. Königl. Majestät einzusetzen. Durch dergleichen Forderungen entfiel den meisten Bürgern aller Muth, indem sie ihren Untergang und gänzliches Verderben mehr und mehr vor Augen sahen. Viele hübsche Leute wünschten ans der Stadt zu kommen, aber es ward weder Mann noch Weib dergleichen erlaubt. Von den gemeinen Bürgern zogen täglich einige auf die Wache und bekamen 5, 4, ja zum Theil auch nur 3 ßl. für die Wache, konnten sich auch so nicht mit ihren Weibern und Kindern mehr ernähren, weil durchgehends alte Nahrung darnieder lag und viele das Ihrige schon vorhin versetzt oder verkauft hatten. Viele murrten heftig, Viele lamentirten jämmerlich, Viele fluchten entsetzlich: kurz das Elend war sehr groß in der Stadt und schien täglich noch größer zu werden. In dem feindlichen Lager wurden die Zelte zum Theil, ohne Zweifel wegen des seit einigen Tagen häufig gefallenen Regens, mit Sträuchern bedeckt. Auch sah man, daß draußen von den Preußischen 3 Kerle aufgehangen und daß gegen Blumenhof eine Redoute aufgeworfen wurde. Noch ist ein dänischer Deserteur zu Fuß herein gekommen.

Den 16. Juli bekamen die Träger, nach vielfältig geschehener Remonstration, ihre Pferde fast alle wieder. Den Soldaten ward jetzt allerhand Proviant anstatt des Geldes ausgetheilt. Noch wurden 2 Tonnen Bier, und 1 Tonne Tafelbier aus der Stadt nach dem Lager gesandt, welche unsere Leute jetzt nicht weiter als bis Stavin bringen durften, wo sie von den feindlichen Leuten abgeholt wurden. Bei dieser Gelegenheit erfuhr man indessen, daß ein dänischer General mit einem Regiment Dänen von Neuem im Lager angekommen war; auch wollte man wissen, daß der König von Dänemark aus Pommern zu Mecklenburg erwartet würde. Die Feinde warfen, hinter Triwalck noch eine Redoute auf. Auch wurden noch 50 Mann nach Poel commandirt, um daselbst einige Schanzen auszuwerfen.

Den 17. Juli erfuhr man, daß die Feinde in der zurück gelegten Nacht bei der Flöte fast alles wegfouragirten und alles Strauchwerk, das in ziemlicher Menge gestanden hatte, wegzuhauen anfingen, was sie den Tag über fortsetzten. Auch warfen die Feinde noch eine Redoute auf vor Karow und eine ober der Papiermühle. Unsere Leute fouragirten auch so gut sie konnten, welches diejenigen, denen das liebe Korn zugehörte, mit betrübten Augen ansehen mußten. Zu Wasser brachte um diese Zeit ein Schlachter etwas Vieh herein; auch kamen von Poel und andern Orten am Strande gleichermaßen einige Sachen zu Wasser herein.

Den 18. Juli kam ein preußischer Deserteur herein, welcher aussagte, daß man im Lager aus Pommern Nachricht hätte, als ob Sr. Königl. Majestät von Schweben mit einigen 1000 Mann nach Polen hätte durchbrechen wollen, wäre aber von den Preußen und Sachsen zurückgetrieben worden, wobei von beiden Seiten ziemlich viel Leute geblieben und auch einige preußische Generale getödtet sein sollen. Ein kleines schwedisches Schiff mit Gerste, Butter etc., welches nach Stralsund gewollt hatte, kam heute herein, weil vor Stralsund alles besetzt gewesen war und berichtete, daß 22 schwedische, aber nochmal so viel feindliche Schiffe in See wären, weshalb man wohl ehestens von einein See-Gefecht hören würde. Den Bürgern ward des Abends angezeigt, daß ein Jeder, wenn irgend die Allarm-Trommel würde gerührt werden, sich auf seinem Posten einfinden sollte.

Den 19. Juli Früh merkte man, daß die Feinde in voriger Nacht sehr nahe an der Stadt, besonders vor dem Lübschen Thor, fouragirt hatten, welches sie auch den Tag über fortsetzten, wobei gar wenig auf sie geschossen wurde, obgleich sie fast unter den Stücken waren. Die Feldwachen jagten sich indessen an verschiedenen Orten ziemlich herum, doch mußten unsere Wenige den Feindlichen Raum machen. Des Abends spät wurden noch einige 100 Mann zu Fuß mit einigen Stücken auscommandirt, wobei auch Alles, was Pferde hatte, mit hinaus machte, allein nach einigen Stunden kamen sie unverrichteter Sache wieder herein, nur daß etwa 3 oder 4 feindliche Fouragirer todt geschossen, und ein schönes Pferd zur Beute mit herein gebracht wurde. Einige Schiffe ließen sich heute vor dem Hafen sehen, die man für feindliche halten mußte.

Den 20. Juli Morgens ging ein starkes Commando, meistens zu Fuß, mit allen Wagen, die man bekommen konnte, aus dem Mecklenburger Thor, um etwas Korn vom Felde herein zu bringen. Von den Bürgern, und zwar von Taglöhnern, Schopen-Bauern und dergleichen mußten ziemlich viele mit hinaus mit Sensen, um das Korn abzumähen, welchen auch einige Stücke mitgegeben wurden, die Thöre aber wurden indessen versperrt gehalten. Kaum hatten die Unsrigen bei Viereggen-Mühle zu mähen angefangen, da kamen die Feinde auf sie zu und fingen mit ihnen zu chargiren an, wobei ein Lieutenant von den Unsrigen am Kopfe etwas verwundet und ein Dragoner erschossen wurde, auch wurden einige Pferde beschädigt; wie man aber mit den Stücken unter die Feinde spielte, retirirten sie sich bald. Es kamen indessen noch einige Escadronen aus dem Lager, aber auch diese hatten keine Lust anzugreifen; demnach mähten die Unsrigen so gut sie konnten, warfen das Korn auf die Wagen und fuhren es herein. Ja als die Dänen sie nicht weiter incommodirten, rückten sie weiter mit den Stücken hinaus und beschossen das nächste feindliche Lager ziemlich stark; zwar wollten einige Escadrons aus dem Lager vorm Lübschen Thor den Ihrigen beistehen, konnte aber nicht durch den Morast kommen, dergestalt kamen die Unsrigen des Nachmittags wieder zurück. Vor dem Hafen sah man einige 40 Schiffe, welche man für feindliche halten mußte. Auch brachte ein feindlicher Tambour 50 Rthlr. für den am 16. Mai gefänglich eingebrachten dänischen Major. Vor dem Alt-Wismarschen Thor nahmen die Preußen einem Baumann aus der Stadt 5 Pferde weg.

Den 21. Juli kamen wieder einige Briefe und Advisen, aus welchen man sah, daß die Dänen und Preußen nunmehr vor Stralsund sich gesetzt und Greifswald nebst anderen kleinen Städten occupirt hatten. Noch andere Briefe wollten gar berichten, daß sie auch der Insel Rügen sich bemächtigt hatten. Des Nachmittags wurde einigemal auf die Feinde, welche fouragirten und zu nahe kommen wollten, gefeuert. Verschiedenen Bürgern wurde heute angesagt, daß sie ihre Dirnen zu der Fouragirung, welche den morgigen Tag angestellt werden sollte, zum Binden hergeben sollten.

Den 22. Juli früh Morgens machte man Anstalt zu der Fouragirung, da unter andern auch eine Anzahl Soldatenweiber mit hinaus mußten. Einige von der Infanterie mußten anstatt der Flinten Picken tragen und so rückte man zu dem Lübschen Thor hinaus. Kaum waren die Unsrigen über der Brücke, so ritt schon Einer von der dänischen Feldwache und meldete es der vordersten Wache, die dann heranrückten. Einen aber von den Ihrigen nach dem Lager sandten. Die Unsrigen avancirten bis an die Lübsche Burg und fingen an zu mähen; bald ließen sich einige feindliche Escadrons sehen und das Chargiren ging von unserer Seite an; die Feinde hielten eine doppelte Salve aus und setzten auf die Unsrigen mit dem Degen in der Faust zu, denn sie waren viel stärker als die Unsrigen, als man aber aus den Stücken auf sie feuerte und Einige von ihnen getödtet wurden, bedachten sie sich bald eines Andern und gingen davon, kamen dann und wann wieder aber nicht mehr so weit als vorhin;von den Thürmen der Stadt merkte man, daß verschiedene Reiter und Pferde von den Feinden hiebei getödtet wurden, doch sah man auch. Wie aus dem Lager 2 Regimenter zu Fuß und 8 Escadrons nebst einigen Feldstücken den Ihrigen zu Hülfe eilten; dieses ward dem Hrn. Generalmajor, der selbst mit draußen war, alsbald kundgemacht, und obzwar noch die ganze Wach-Parade mit hinaus rückte, so hielt man es doch für das dienlichste, sich zurückzuziehen; so kamen also die Unsrigen, nachdem sie bei der Lübschen Burg etwas Korn abgemäht und an die Stadt angefahren hatten, um 11 Uhr wieder herein; auch brachten sie etwas von bordirten Kleidern und Schabracken, Mänteln, Pistolen und Satteln als Beute mit; dabei hatten die Unsrigen aber 5 Mann, die sich vermuthlich in dem Stadtgraben versteckt und zu dem Feinde übergegangen sind, verloren. Man rückte sogleich ans dem Alt-Wismarischen Thor wieder hinaus nach der Critzower Burg, wo bis Abends um 6 Uhr gearbeitet wurde. Es ließen sich einige preußische Escadrons sehen, aber sie rückten nicht einmal recht heran. Die Unsrigen thaten demnach das ihrige ungehindert und kamen endlich mit 6 Gefangenen (unter welchen einer tödlich blessirt war), die in gedachter Gegend fouragirt hatten, glücklich wieder zurück. Da das Korn aber, besonders auch die Gerste, die sie hier abgemäht hatten, noch ganz naß und unreif waren, so konnten sie fast zu nichts gebraucht werden.

Vor dem 23. Juli in der Nacht um 12 Uhr steckte der Feind die Mühle zu St. Jacob, desgleichen des Verwalters Haus in Brand, um sich vielleicht an den Unsrigen auf diese Art wegen des gestern erlittenen Schadens zu revangiren, oder wie sie sagten, weil die Unsrigen des vorigen Tages Schildwachen auf solchen Häusern gehabt hatten. Den Krug zu St. Jacob steckten sie auch an, aber das Feuer wollte nicht so brennen wie sie wollten. Den 23. kam ein Packetboot aus Pommern mit vielen Briefen, in welchen man die erfreuliche Nachricht fand, daß die Feinde großen Verlust bei der Insel Usedom, die sie attaquirten, gelitten und weggetrieben worden sind, desgleichen daß, da die dänische Flotte im Begriff war, der kleinen Escadre unter dem Vice-Admiral Henkel sammt der Insel Rügen stich zu bemächtigen, die schwedische Flotte, einige 20 Segel stark, dazu gekommen ist, worauf sich die dänische so gut sie konnte retirirte und 3 von ihren großen mit Artillerie und allem Zubehör beladenen Prahmen zurück gelassen hatten, welche die Unsrigen zu erhalten hofften. Ja einige wollten wissen, daß unsere Flotte der dänischen nachgesetzt hatte, um wo möglich dieselbe zu attaquiren.

Den 24. Juli ward noch einige Mannschaft nach Poel commandirt, woher, wie auch von andern Orten, als Blengau etc., jetzt schon etwas von frischem Getreide zu Wasser herein gebracht wurde, den Höffnern und Fliemstörffern aber ward vom Feinde verboten, unter Bedrohung, daß man ihnen ihre Häuser anzünden wollte, keine Fische nach der Stadt zu fahren: Auch präparirte man sich zu der morgigen Fourage und fast allen Bürgern ward angesagt, bei Strafe einer militärischen Execution entweder eine Magd oder einen Knecht, um das Korn zu binden, herzugeben. Die Dänen machten indessen ober S. Jacobs-Mühle, gegen den Wischberg, eine Redoute, um vielleicht, wenn die Unsrigen einmal ausrücken sollten, sich derselben zu bedienen. Dem Generallieut. Legard wurden heute noch 2 Tonnen Bier hinaus gesandt.

Den 25. Juli Morgens um 5 Uhr, da eben das Commando mit den Erndte-Leuten ausgehen wollte, ertappte man eine Dirne von etwa 12 Jahren, die mit verdächtigen Briefen aus dem Thore wollte, welche sie aber, da man sie ergriff, zerrissen und weggeworfen hatte; sie ward auf die Hauptwache geführt und rechtschaffen gegeißelt, sagte bald auf Diesen bald auf Jenen etwas aus, aber ohne Bestand, weshalb zwar verschiedene Personen ausgefordert, aber doch bald wieder entlassen wurden. Es rückten indessen über 1000 Mann zu Fuß, unter welchen eine ziemliche Anzahl mit Picken versehen war, aus dem Pöler Thor bis an das Redentinische Feld, hatten 50 bis 60 Meyer, über 100 Dirnen und Weiber zum Binden und so viel Wagen als man aufbringen konnte, bei sich; etwas zurück stand eine doppelte Reserve und so fing man an zu arbeiten. Die Preußen, welche dort standen, kamen so nahe an die Unsrigen, daß sie fast mit einander reden konnten, da aber keiner den ersten Schuß thun wollte, so ward keine Pistole losgebrannt, sondern die Arbeit in gutem Frieden verrichtet, wo denn gar spät die Arbeiter zurückkamen und bis 10 Uhr Abends eingefahren wurde. Von den Dänen kamen einige beim Wischberge in den Erbsen ziemlich weit herunter, welche man mit einigen Kanonenschüssen wieder wegjagte. Unsere Dragoner bekamen heute neue Oberröcke, nämlich blau und weiß; es bestanden diese aus 2 Lieutenants, 1 Cornet, 7 Unteroffizieren und 88 Gemeinen, zu welchen dann und wann noch einige geworben wurden.

Den 26. Juli merkte man, daß die Hornstofer Burg von den Feinden abgebrochen war: auch ward ein Weib, auf welche man wegen Briefetragens Argwohn hatte, festgenommen. Heute ernteten unsere Bürger ohne Bedeckung hin und wieder auf dem Felde. Nachmittags ließen sich einige Escadronen Preußen hinter dem Lehmberge finden; es rückte deshalb ein Piquet hinaus, aber es ging doch Alles in der Güte ab. Um diese Zeit mußte die Brauerschaft Commißbier zu brauen resolviren. Die Tonne ward zu 36 ßl. gesetzt und sollte künftig gut gethan werden.

Den 27. Juli ernteten unsere Bauleute ohne Bedeckung so gut sie konnten, wo sie dann noch einige Fuder Korn herein kriegten. Die Preußen brannten die Zäune bei der Hornstorfer Burg zum Theil ab, zum Theil hauten sie selbige und was sonst noch vorhanden war weg; die Unsrigen fouragirten nicht weit davon, deshalb ritten einige hinan und fragten, warum sie alles ruinirten. Die Antwort war, sie hätten Holz nöthig und sonst nichts zu tun, baten dabei ihre Gefangenen wohl zu halten und gaben das Versprechen, daß sie es wieder so machen wollten, wenn sie Gefangene von uns bekämen. Einige Dänen kamen diesseits des Wischberges und jagten unsere Leute, die dort ihr Korn einernten wollten, zurück, es wurde auf sie aus Kanonen gefeuert. Auch ward den brandenburgischen Gefangenen durch einen Tambour Geld berein gebracht.

Den 30. Juli wollten die Dänen am Mecklenburger Thor etwas Vieh wegtreiben, die unsrigen aber kamen zu Pferde und jagten es ihnen wieder ab, wobei von unserer Seite l Cornet tödlich blessirt, 2 Dragoner aber erschossen und 2 gefangen wurden; von den Feinde wurden 8 bis 10 erlegt, unter welchen auch ein Oberstlieut. gewesen sein soll, und ein blessirter Reiter wurde eingebracht; von den Unsrigen wäre kaum Einer geblieben, wenn es ihnen nicht um die Beute zu thun gewesen wäre, nämlich sie sahen, daß von den erschossenen Dänen ein schön bordirter Mantel, schöne Schabracken und dergleichen liegen geblieben waren, als sie nun dieselbe zu bekommen sich bemühten, wischten unversehens einige Dänen aus einem Busch hervor und erschossen unter andern den Cornet von unserer Seite, bekamen auch noch ein Pferd eines gebliebenen Dragoners und gingen dann davon. Um diese Zeit merkte man, daß die Feinde alle Böte gegen Poel weggenommen und den Strand der Orten sehr genau besetzt hatten; so ward also die Zufuhr, welche man noch bisher von der Wasserseite gehabt hatte, ganz abgeschnitten. Man hatte auch wegen Poel, daß selbes von den Feinden attaquirt werden würde, große Sorge, deshalb wurden heute noch 3 Kanonen hinaus geschickt.

Den 3l. Juli merkte man 2 Schiffe vor dem Hafen, welche einigemal die schwedische Losung gaben, auch schwedische Flaggen wehen ließen, allein es waren in der that Dänen. In der Stadt war man beschäftigt, Böte zusammen zu bringen, um Korn von Poel nebst Fourage herein zu holen und es wurden dabei unsere Schiffer ziemlich mitgenommen. Unter der Brauerschaft war wegen des Commißbiers, das jeitzt gebraut werden sollte, viel Lamentirens, weil viele Brauer kein Malz hatten, viele mit solchen Brauen nicht umzugehen wußten, viele ihr Malz nicht so hergeben wollten und sämmtlich dafür hielten, es müßte die ganze Stadt Geld dazu hergeben. Das wenige Korn, welches bisher von Poel herein gekommen und für 1 Rtthlr. verkauft worden war, sollte jetzt schon 1 Rthlr. 4 bis 6 ßl. gelten.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Kurze Beschreibung der Stadt und Herrschaft Wismar