F. Geschichte des Johann Bantzekow und Hinrich von Haaren, Rathsverwandte der Stadt Wismar, welche daselbst unschuldig enthauptet wurden.

Am St. Laurentiustage 1427 versammelte Claus Jesup die Seinigen zu einen Aufstand gegen den Rath. Die Versammlung geschah vor der Schreiberei, und berichtete, ein fremder Bote wäre von Sternberg gekommen, um unsere Bürgerschaft zu warnen, denn es wären große Versammlungen im Lande und die Stadt Wismar verrathen; fast 8 Tage hätte des Nachts die Stadt offen gestanden, und die Versammlungen sollten beschlossen haben, des Nachts die Stadt zu überfallen, die Bürger niederzumetzeln oder gefangen zu nehmen.

Auch wurde ferner vorgegeben, daß einige bei Nacht das Lübsche und Mecklenburger Thor offen gefunden hätten, und daß ein Wagen herein gefahren sei; die Schlösser wären bei den Thoren und Pforten eingeschlossen worden, damit sich Einige desto sicherer zu dem Könige von Dännemark hätten begeben können, um mit ihm zu contrahiren, er solle in der Nacht kommen und die Stadt einnehmen, sie wollten ihn hereinlassen.


Claus Jesup gab vor, daß auf der Lastadie vor der Hellpforte an 100 bewaffnete Männer wären gesehen werden, sie hätten aber die Pforten verschlossen gefunden und vernommen, daß sie nicht hereinkommen könnten, und wären wiederum abgezogen.

Da nun Jesup mit seiner Versammlung vor dem Rath kam und solches vorgab, da sagte der Bürgermeister Johann Bantzekow, es sollte Jesup und sein Anhang die Schlüssel zu sich nehmen und die Stadt verwahren, und so zusehen, daß es gut wurde, und spräche, wenn es die Noth erforderte.

Solches that der Bürgermeister Bantzekow, ohne Einwilligung des Raths und der anderen Bürger, denn damit vergab Herr Johann Bantzekow des Raths Macht in der anderen Hände. Hätte E. E. Rath damals gesagt: Nein, lieben Freunde, ihr sollt so lange in Haft genommen werden, bis ihr solches in Wahrheit beweisen könnet, und hätte darauf die erbgesessenen Bürger zusammen rufen lassen und zu sich gezogen, darauf die Thore bewahret, die Bürger und Stadtdiener ausrücken und die Dreeger-Trommel schlagen lassen, so hätte E. E. Rath die Uebermacht behalten; da sie aber solches nicht thaten, kam hiedurch ihre Macht in des Jesupen Hand.

An demselben Abend versammelte Jesup die Aemter und einige Bürger, die er zu sich ziehen konnte, vor den Thoren, stellte in den Gassen und Amtshäusern Wachen aus und gingen darnach alle Nacht, und warteten der Thore und alle Pforten.
Darnach versammelten sich die Aemter mit einigen Bürgern, die vor elf Jahren zuvor, nämlich 1416, auch mit im Aufstand waren, wo sie auch den Rath absetzten. Da sie nun viele andere Bürger zu sich gezogen hatten, kamen sie in die Häuser der Kaufleute und gelobten bei ihrer Ehre und Treu, beide Aemter und Bürger zusammen zu bleiben, bei einander fest halten, und was dem einen überginge, solle auch dem andern übergehen. Schwuren also dergestalt Bürger und Aemter bei Ehre, Treu und Glauben bei einander zu bleiben, und so Jemand gefunden würde, entweder unter dem Rath, oder den Bürgern oder Aemtern, die da Ursache gegeben hätten zu der Niederlage vor dem Berge oder im Sunde, den wollten sie richten, aber E. E. Rath wollten sie bei all ihrer Vollmacht erhalten.

Jesup richtete vor allen Bürgern zwei Finger auf, und schwur zu Gott und allen Heiligen, daß er dem eingesetzten Rath seine ganze Vollmacht erhalten wolle, und so diese nicht dasäßen, wollte er sie als kluge Männer und Herren dazu ordnen, und sprach, daß er den Rathsstuhl nicht begehre.

Da sie sich also hatten verschworen, so erwählten sie 20 Bürger und 10 Amtleute, die sollten zwischen Rath und Bürgern sein, und ihre Werbe vor ihnen verrichten; solches ließ ein Rath vor Furcht und Angst zu, damit das Volk beruhigt würde, und kein weiterer Auflauf werden möchte. Hernach setzten die Bürger die 30 wieder ab, unb erwählten aus jedem Kirchspiel 20 Bürger, so daß ihrer 60 zusammen wurden von Bürgern und Aemtern.

Diese gingen nun oft zusammen, und suchten Rath, wie sie möchten Ursachen finden, Hinrich von Haaren greifen zu können. Zuletzt machte Jesup mit den Seinigen eine Versammlung von dem gemeinen Volke, wodurch oftmals Furcht und Angst in der Stadt entstand; sie kamen auf das Rathhaus, schlossen und stießen es auf, aber zu den grauen München kamen sie zusammen, da sprach Jesup nach Willen der Aemter und einigen von den Sechzigern, man sollte daran sein, daß man eine gute Sache machen könnte zwischen dem Rath und den Sechzigern. Das meinte er aber mit den Seinigen nicht so, sondern er wollte den Rath absetzen. Die andern von den Sechzigern, die mit unter seinem Rathe wären, den sie heimlich hintergangen, da doch die Gemeine nichts davon wußte, meinten daß Jesup mit dem Rathe wollte Freundschaft machen, und daß sie nur ihren Consens sollten dazu geben; da erwählten sie 8 von den Bürgern und 4 von den Aemtern, da sagte Jesup, was die berahmen würden, das sollte man vor den 60 lesen, ob die es beliebten oder nicht. Wäre es ihnen angenehm, so sollte man es vor den Bürgern und Aemtern auch lesen, und, ob es ihnen gefällig wäre, vernehmen.

Jedoch waren die 12 nicht genug, sie wollten mehr aus den Bürgern und Aemtern zu sich haben. Da wurden noch vier beigegeben, so daß ihrer 16 waren. Als sie nun in der Sache einig waren, wurde bie Berathung vor den 60 verlesen. Wann einer von den Bürgern starb, so wollten die Aemter wieder einen von den Bürgern erwählen; aber das wollten die Bürger nicht zugeben. Da kamen die 60 überein, daß man sollte die Bürger zusammen rufen lassen in der Kaufleute Haus und die Aemter zu Grauen-München. Da ward die Berahmung gelesen vor den Bürgern in der Kaufleute Haus, es war aber da allso bestellet, daß einige von den Bürgern sagten, die Berahmung gefiele ihnen nicht.

Da sie nun zu den Grauen-München kamen, und es vorlesen lassen sollten, da hätten die Werkmeister von den Aemtern fordern lassen, all den gemeinen Haufen von schlechtem Volk, von Trägern und Brauknechten, Arbeitsleuten aus den Kellern und Buden, Alles, was sie nur zusammenbringen konnten, und hätten auch angeordnet, wenn der Brief gelesen wäre, so sollten ihrer etliche einen Auflauf machen auf den, der den Brief lese, und sollten ihn mit ihren Messern erstechen, denn die Aemter wären sehr zornig über ihn, daß er den Brief nicht so groß gegen den Rath setzen und schreiben wollte, wie sie es gerne gesehen hätten. Da sie nun aus den Leser des Briefes mit ihren Messern eindrangen, riefen sie: du böser Verräther mit diesem Briefe, wolltest du unsern Feinden und Verräthern beistehen, damit man sie nicht richten könnte. Aber komm, du sollst der erste sein.

Da geschah dennoch, daß einige von den Aemtern dazwischen kamen, die nicht in diesen bösen Rath gewilligt, die kamen ihm zu Hülfe und retteten ihn. Darnach erhoben sich die Aemter über die Bürger, welche vernahmen, daß sie solch einen Haufen Volks, an die 3000 und mehr, konnten in einer Stunde zusammen bringen; von den Bürgern kam nicht der zehnte Theil, denn ein Jeder fürchtete sich vor Schaden und Nachtheil.

Darnach kamen die 60 und mehrere andere oft zusammen, besonders die sich mit den Aemtern verbunden, dieselben kamen alle Abend zu Tidemanns Haus zusammen in dem Krug; da kamen sie denn überein, was sie des folgenden Tages thun wollten. Wenn sie denn des andern Morgens zusammen kamen, dann begannen sie ihre Sache zu verhandeln, was sie des Abends im Kruge hätten beschlossen, da denn die andern nichts davon wüßten, die nicht dabei gewesen wären, und also behielten sie stets ihren Willen. Die aber ihren Willen nicht dazu geben wollten, was sie beschlossen hätten, das hielten sie den andern vor mit dräuende und schlagende. Dies Spiel währte so lange, bis sie mit Jesup in Tidemans Hause der Sache eins würden, wie sie denn da endlich beschlossen, daß sie Hinrich von Haaren hinrichten wollten. O du vermaledeite und teuflische Versammlung und Rathgeber! gleichwie die verstockten Juden über den unschuldigen Christus sich versammelten, ebenso versammelte dieser böse Jesup, diese Teufelsbestie auch seinen Rath wider diese unschuldigen Leute.

Da wurden die 60 gefordert zum Grauen-München; und als nun die Bürger unter den 60, die in diesem sonderlich falschen Rathschlage nicht zu sein pflegten, sprachen: sie wollen die Sache vor die Gemeine bringen, wurden des Morgens die Bürger in der Kaufleute Haus zusammen gefordert, um ihnen die Sache vorzutragen, da kam der teuflische Jesup mit seinen Aemtern, und sprach, daß ein Jeder bei Verlust seiner Ehre auf das Rathhaus folgen solle. Es waren aber durch Anstiften des Jesup allerlei unruhige Köpfe, wie Amtsgesellen und Selbstmeister, auch aus Kellern und Buden, die Gewehr und Panzer unter ihren Mänteln trugen, bereit; darauf haben sie den Rath fordern lassen aufs Rathshaus und die 60 gingen mit, die Bürger blieben aber mit der andern Gemeine unten am Markte; droben wurde über die Art und Weise verhandelt, wie sie Herrn Hinrich von Haaren ins Gefängniß bringen könnten. Auch wollten sie Johann Bartzekow zumal mit ins Gefängniß gebracht haben, aber solches verhinderten ihrer zwei, die auf andere Rathschläge warteten. Da gingen die 60 hinab, und fragten, ob es nicht der Gemeine Wille wäre, daß Hinrich von Haaren sollte ins Gefängniß gehen, da riefen sie alle ja! da setzten sie Hinrich von Haaren in den Thurm, damit er sich nicht verantworten könnte, welches ihm doch unschuldiger Weise und ohne Uhrsach widerfuhr.

Des folgenden Tages kam die Nachricht, daß die Salzschiffe von den Dänen genommen wären und ostwärts segeln sollten; darüber ward ein großer Auflauf in der Stadt, auch sagten einige, Bantzekow hätte Hab und Gut theils nach dem Neuen Kloster, theils nach Schwerin führen lassen, und er wollte selbst wegziehen, auch gaben sie vor, daß er sich bei unserer gnädigen Fürsten und Frau empfohlen hätte zu Schwerin, und würde er hinweg kommen, so könnte großes Uebel daraus entstehen, denn er möchte die Stadt in großen Schaden und Nachtheil bringen. Dieses gaben sie aber nur vor, damit sie ihn auch ins Gefängniß bringen könnten. Man meldete Bantzekow, daß die Aemter und Bürger hiemit umgingen, und riethen ihm, daß er sich bei Zeiten davon machen sollte. Er nahm diesen Rath an, und damit es desto sicherer geschehe, ließ er sich zuvor zweimal aus dem Markte sehen, ging darauf längst der Danckwerts-Straße an das Mecklenburger Thor, aber es sahen ihn einige Bäcker, welche besonders seine Feinde waren, weil er darauf hielt, daß sie nach dem Gewicht backen mußten; diese machten die Sache bald ruchbar und dem Becker Hamburge wurde befohlen, ihm zu folgen; er nahm Hülfe und holte ihn wieder ein, sie wollten ihn für allen Schaden gut sein.

Also verfolgte er ihn, und nahm Hülfe am Thore, und ergriff ihn neben dem Kreuze, als er vor Furcht war vor das Thor gegangen, und brachten ihn hart gebunden auf dem Markte vor die Schreiberei, wo einige von den Bürgern und Aemtern versammelt waren; alsobald kam Jesup auch und sprach vor den Aemtern, daß Bantzekow’s Freunde zu den Waffen greifen, was doch nicht war, und forderte die Aemter auf, ebenfalls unter die Waffen zu treten, was denn auch geschah.

Dieses ward dem Bürgermeister und Rath auch den 60 vor der Schreiberei mitgetheilt; da sie vor der Schreiberei vor dem unruhigen Volke nicht sicher waren, so gingen sie mit Bantzekow vor Furcht auf das Rathhaus; 3-4000 Bewaffnete kamen am Markte zusammen und umringten das Rathhaus, so daß ein Rath in großen Nöthen war und ermordet zu werden fürchtete. Jesup und die 60 gingen vor den Rath und klagten, daß sie das Volk nicht beruhigen könnten; sie riethen, daß Bantzekow so lange in den Thurm gehen möge, bis das Volk beruhigt wäre.

Als Bantzekow vor Furcht eingewilligt hatte, da ging Jesup mit einigen andern hinaus zu dem Volke und sprach mit lauter Simme: Lieben Freunde! gebet euch zufrieden und thuet Niemand Gewalt an, denn euer Bürgermeister soll euch zu Gefallen in den Thurm gehen, darum vergreift euch nicht an ihm oder sonst Jemand.

Da sie nun wieder vor die Rathsstube kamen, forderten Bantzekow’s Freunde, die im Rathe waren, Bürger vor die Schlosse; jedoch Jesup sagte, daß er und die 60 allein keine Macht hätten wegen des vielen Volkes. Jesup aber mit seinen Verräthern hatte bereits bei allen Aemtern bestellt, daß sie einige auf dem Markte hätten, die darauf warteten, und die anderen waren mit ihren Knechten in ihren Werkmeister-Häusern versammelt. Als nun die Botschaft gebracht wurde, kamen sie alle zusammen. Da sprach Bantzekow, wenn Jemand vorhanden wäre, der Haß und Feindschaft gegen ihn habe, der sollte sich anmelden. Da schwur Jesup mit einigen andern zu Gott und allen Heiligen, daß kein Haß und Neid wäre; stünde es in seiner Macht, dies sollte nicht geschehen und brachten ihn in den Thurm.

Da folgte ihm der ganze über 3000 Mann bewaffnete Haufen nach und setzten ihn mit Ketten beladen in den Thurm; auch wurden 3 Männer mit in den Thurrn geschlossen, damit die beiden nicht ausbrechen oder von ihren Freunden möchte zur Flucht verholfen werden, und die äußere Pforte fest verschlossen; überdieß wurden auf den Gassen starke Wachen ausgestellt. Mehr den 200 bewaffnete Männer gingen oder ritten vor dem Thurm und spotteten seiner. Die Gefangenen waren also allem Hohn und Spott preisgegeben, wie leicht einzusehen ist.

Spät an einem Abend begab es sich, daß das gemeine Volk auf Anstiften des Jesup den Rath und Bürgermeister zwangen, Hinrich von Haaren in die Büttelei setzen zu lassen, was ohne Bewilligung der 60 und der gemeinen Bürger geschah; denn solches that Jesup mit seiner Rotte, die eben so arglistige und böse Buben waren, wie er selbst. Hinrich von Haaren wurde mit Ketten und Banden in die Diebe-Kammer gesetzt. Einige von den 60 wurden dazu verordnet, ihn zu verhören; aber sie konnten ihn keiner unrechten That überführen oder Ursache finden, ihn zum Tode verurtheilen zu können. Er sollte noch länger sitzen; vielleicht daß man eine Ursache entdecken könnte, ihn hinrichten zu lassen.
Darnach ließ Jesp mit seiner Rotte die 60 zusammen rufen, und gab ihnen ein, wie sie Hinrich von Haaren und Joh. Bantzekow zum Tode bringen sollten. Darauf besprachen sich die 60 und sagten, daß sie nicht darein willigen sondern mit den erbgesessenen Bürgern darüber sprechen wollten, auch ließen sie in die Segler-Compagnie zusammenrufen, um mit ihnen darüber zu reden. Die Bürger aus dem Kirchspiel kamen überein, daß man Hinrich von Haaren und Johann Bantzekow sollte Lübsches Recht gönnen.

Da kam Jesup mit den Seinigen zu den Bürgern in das Hans und sprach: Wollet ihr ihnen Lübisch Recht gönnen, so gewinnet ihr sie nimmermehr; folge ein Jeder mir, die Seinign wären auf dem Markte, sie hätten ihre Waffen in dem Brodschrank, auch in Tiedemanns Haus und anderen auf dem Markte stehenden Häusern; Niemand könne sich also dagegen erheben. Wenn Jemand von ihm weichen wollte, so würde er den gleich den andern Verräthern hinrichten. Da gingen die 60 hin auf das Rathhaus, da doch viele unter ihnen waren, die Furcht halber mitgehen mußten, wollten sie nicht von dem teuflischen Jesup mit seiner Rotte überwältigt und hingerichtet werden; denn er hatte mit den Aemtern, und dem gemeinen Volke die Oberhand und das Regiment.

Sie hatten den Rath auf das Rathhaus fordern lassen, traten zusammen, ließen die Vorsprachen zu sich fordern und faßten den Beschluß, sie von dem jüngsten vorsprachen wegen der königl. Gewalt für Verräther der gemeinen Städte am Berge und im Sunde anzuklagen. Da kamen einige von den Vorsprachen vor den Rath und verlangten von ihm, Hinrich von Haaren hinrichten zu lassen; der Rath antwortete, wenn Jemand ihn anklagen wollte, so würden sie ihm Lübisch Recht vergönnen. Jesup erwiederte, sie wollten mit ihnen nicht rechten, sie sehen ja wohl, wie sie von der Gemeine gedrungen würden; wollten sie ihn nicht richten, so sollten sie ihre Gefahr stehen von der Gemeine, sie könnten dem Rathe nicht länger vor Schaden gut sein.

Der Rath saß in Lebensgefahr; denn Hamburg mit seinen Mithelfern hatte bereits das Rathhaus auf anstiften des Jesup überfallen und waren auch bereits mit Spießen, Degen, Axten und Barten zum Rathe eingedrungen, so daß große Furcht unter den Rathsmitgliedern entstand. Das sagte der Rath zu ihnen: Lieben Freunden! beachtet doch, was wir jtzt thun, solches kann nicht mit den Waffen in der Hand berathen werden. Darauf besprachen sie sich und gaben dem Rath zur Antwort: daß es mit nichten sein könnte, daß man mit ihnen rechten wollte oder Rechtens gebrauchen. Hiemit und mit den Zulauf des Volks drängten sie in den Rath, daß ein Rath einräumen mußte, wollten sie anders nicht alle ihren Hals hergeben. Da sandten sie ihre Vögte ins Gericht und drangen auch einen Rath mit ihnen, daß sie anloben mußten, daß ein Rath mit ihnen wollte tragen, ob hier noch Weitläufigkeit daraus entstünde, daß ein Rath das verantworten wollte.

Da gingen die Vögte ins Gericht, und Hinrich von Haaren wurde aus der Büttelei geholt, und kam ungebunden ins Gericht, da sprach der Vorsprach von des Kohlträgers wegen, welcher die Städte des königl. Waldes hält, wie Hinrich die Städte hätte verrathen vor dem Berge und im Sunde, und wäre der Gemeinen Städte Verräther; Hinrich verneinte es und sprach, er hätte niemals anders gehandelt und gethan, wie einem ehrlichen Manne zugehört, und fordere Jeden auf, der sagen könnte, daß er anders gehandelt habe, hervorzutreten und solches zu beweisen. Es trat aber Niemand auf, der solches beweisen konnte. Der unschuldig Angeklagte fand jedoch keine Gnade mehr vor ihren Augen, denn sie trachteten ihm nach dem Leben. Hinrich von Haaren klagte bitter über das ungerechte Verfahren und appellirte an den Rath. Die Vögte fragten das gemeine Volk, ob sie ihm die Appellation zulassen wollten? da riefen sie mit lautet Stimme nein. Gleichwie die Juden über Christus herfielen und riefen: Hinweg mit ihm, kreuziget ihn, sein Blut komme über uns und unsere Kinder, ebenso verfuhr man mit Hinrich von Haaren auf Anstiften Jesup.

Hinrich wurde im Gericht gebunden und der Büttel verurtheilte ihn, daß man ihn aus der Stadt schleifen und auf’s Rad binden sollte, wenn die Herren von Wismar ihn nicht begnadigen würden. Während dieser Verhandlung sah man viele unter den Bürgern wegen dieser ungerechten That weinen, aber Niemand getraute sich, dieser Gewaltthat Einhalt zu thun.

Da dieses nun geschehen war, berief ein Rath die 60 vor sich und sagte: Lieben Freunde! dies Recht ist euch nun geschehen und ergangen, wollet ihr ihm das gesprochene Urtheil auch erleichtern? Da besprachen sie sich und sagten dem Rath auch eine Antwort: wollte sein Bruder das verbriefen, daß auf die Erlassung des scharfen Rechts weder er noch die Seinigen nicht sprechen wollten, so könnten sie leiden, daß sein Bruder das Schwerdt kriege; der Bruder weigerte sich nicht lange und versiegelte einen Brief, daß er die Seinigen darauf nicht sprechen wolle; da gingen die Rathmänner und einige von den 60 mit weinenden Augen ab, weil ihnen solches Unrecht leid that.

Jesup und sein Anhang bewilligte Hinrich, daß er so lange mit dem Büttel vor das Rathhaus gehen könnte, bis er seinem Beichtvater gebeichtet hätte. Hernach machte der Büttel einen Ring aus dem Markte, der Verurtheilte kniete auf einem grauen Lacken, und der Büttel hieb ihm den Kopf ab. Am Markte war eine unzählige Menge Volk von Männern und Frauen versammelt, auch an den Fenstern waren viel. Sein Bruder und seine Freunde traten betrübt hinzu und legten ihn in einen Sarg; auch mußten sie von den 60 erbitten, daß sie ihn beim schwarzen München in’s Grab legen dürften. Er wurde in sein Haus getragen, und des Abends ihm die Vigilien gelesen und gesungen.

Weil er der Segler-Compagnie und auch der Papagoien-Gesellschaft angehörte, hatten sie auch verboten, daß man da keine Leichentücher ihm geben sollte, auch ward es beim Rath angezeigt, so daß sie aus Furcht nicht zum Grabe folgen durften. Aber sie bekamen andere ehrliche Leute, die den Leichnam zum Grabe trugen, und es folgten ihm viele ehrliche Leute, Männer und Frauen.

Des folgenden Tages wurde sein Begräbniß mit allen üblichen christlichen Ceremonien gefeiert, gleichsam als wenn er nicht hingerichtet worden wäre. Sein Begräbniß ist zum schwarzem München im Chor unter einem großen Grabstein, welchen er bei Lebzeiten mit Messing, Helm und Schild beschlagen ließ. Er hatte also trotz seiner Feinde und Verfolger ein herrliches Begräbniß.

Als dieser hingerichtet war, kam das Teufelsgesindel bei Jesup und seiner Rotte wiederum zusammen, und verursachten Furcht und Schrecken unter dem Volk; sie wollten Johann Bantzekow auch hinrichten lassen. Die Bürger kamen deswegen in der Segler-Compagnie zusammen, und wollten wissen, warum oder womit sie ihn anklagen wollten. Da kam Jesup mit seiner Gesellschaft in den Schüttingk, drang bei den Bürgern ein, ehe sie es recht gewahr wurden, und rief überlaut, daß sie alle auf den Markt kommen sollten; wer sich davon zurückzöge, den wollten sie gleich den andern hinrichten.

Da nun die 60 auf das Rathhaus kamen, und den Rath hatten zusammenfordern lassen, ward der Markt voll von bewaffneten Volk. Der Rath, den die Anhänger Jesup, hiezu zwangen, mußte die Vögte ins Gericht senden; da rief der rasende Haufen, man solle Bantzekow aus dem Thurm in die Büttelei bringen, damit das Recht seinen Lauf habe. Da ward Bantzekow aus dem Thurm geholt mit großem Ungestüm, alles Volk war unter Waffen. Er wurde aus des Büttels Haus in die Diebekammer mit Ketten und Banden gebracht, wo er manchen Tag im großen Elend saß.

Nach einigen Tagen versammelte Jesup die 60 zusammen, als er mit seinen Gleichgesinnten übereingekommen war, daß er die Bürger und Aemter wollte fordern lassen (denn solches hatten sie heimlich beschlossen), redete er mit den 60 wegen des Johann Bantzekow, denn sie konnten solche Missethäter unter ihnen nicht leiden noch dulden in der Stadt. Da nun die Bürger in der Segler-Compagnie zusammen kamen, wollten sie, daß man Bantzekow sollte Recht gönnen; da kam Jesup mit seinem Anhange und einem besondern heimlichen Rath, der unter den Bürgern war, aus der Kaufleute Haus mit Gedränge und zornigem Gemüth und großem Ungestüm, wie er es dann mit den Seinigen zuvor also bestellet hatte, denn sie waren in ihren Waffen. Die Bürger, so in der Segler-Compagnie waren, wollten, da sie so eindrangen, wissen, welcher That man Bantzekow beschuldige. Die Bürger wären übereingekommen, man solle ihm Lübisch Recht gönnen. Aber Jesup mit den Seinigen wollte davon nichts hören, sondern rief überlaut, daß ein Jeder bei seiner Ehre auf den Markt folgen sollte, und wer das nicht thun würde, den wollten sie, wie die andern Verräther, hinrichten. Sie hatten auch den Rath auf das Rathhaus fordern lassen, dahin kamen auch die 60, sowie auch die Köldreger und Fürsprachen.

Aber die Aemter und das gemeine Volk stund auf dem Markt unter Waffen, die meisten aber hatten sich in den Häusern verborgen, ob irgend die erbgesessenen Bürger wollten Entsetzung thun, denn so wollten sie sich zur Wehr gestellt und frei darauf geschlagen haben. Aber von allen den erbgesessenen Bürgern war Niemand so dreist, daß sie sich gegen die Aemter oder Gemeinheit hätten setzen dürfen, denn sie hatten sie zuvor eingetrieben, wie es auch leider in vielen Städten geschieht. Auf dem Hause besprachen sich die 60 mit den Fürsprachen, wie sie ihn anklagen wollten. Ebenso wie sie vor einigen Tagen den unschuldigen Hinrich von Haaren wider alles Recht zum Tode verurtheilten, so machten sie es auch mit Johann Bantzekow ohne Ursach oder Beweis.

Die Gemeine und Hr. Omnis zwangen den Rath, daß sie ihren Consens dazu geben, wollten sie nicht alle unter ihren Händen sterben. Da mußten die Vögte in’s Gericht gehen, allerdings wie sie den Proceß mit Hrn. Hinrich von Haaren gehalten; zudem saßen die Richter in großer Gefahr und Bedrängniß. Da er nun vor Gerich’t gezogen war, redete ihn der Fürsprach, aus Noth dazu gezwungen, an, von des Königs Gewalt für einen Verräther und Meineidigen, daß er die Stadt verrathen hätte, also daß eine große Versammlung von Volk vor der Stadt Wismar wäre beisammen gewesen, und wie die Schlösser vor den Thoren 6 Monate lang wären offen gefunden worden, und Bantzekow hätte einen Eid geschworen bei den Bürgern für immer zu bleiben, darüber hätte er sich auf die Flucht begeben, wobei er auch ergriffen und festgesetzt worden wäre. Bantzekow antwortete: daß er nicht anders hätte gethan und gehandelt, als was er mit Ehren könnte verantworten, er wäre auch aller ihrer Anklagen unschuldig, denn sie sagen ihm solches nicht anders denn aus Neid und Haß. Er sprach auch zu dem Fürsprach Roggendorp: Du weißt wohl, daß dem nicht so ist, wie du sagst. Da sagte Rogendorp: Ach lieber Herr, vergebet es mir, denn ich muß solches durch Zwang thun, denn so ist mir befohlen. Da vergab er ihm und allen denjenigen, die nach seinem Leben trachteten und sprach: O lieber Herr Jesus, vergib ihnen diese Uebelthat, die sie mir anthun!

Darnach dingete der Vorsprach nach dem Bande und der Band ward ihm zuerkannt, aber das Volk wollte, er sollte vor den Rath. Da fragte der Vorsprach das gemeine Volk, ob sie ihm die Appellation an den Rath gönnen wollten? da sprachen sie alle nein. Da dingte der Vorsprach nach dem Urtheil des Todes, und der Büttel, daß man ihn am Galgen über alle Diebe hengen sollte, oder aus der Stadt schleifen. Das ist sein Lohn dafür, daß er in der Gemeine Bestes war, und manchmal in gefährlichen Reisen zu Wasser und zu Land die Gemeine vertheidigte, solches auch für Herren und Fürsten. Der auch das gemeine Beste wohl verstand, förderte alle Dinge zum Besten. Für alle diese seine Wohlthaten mußte der unschuldige Bantzekow sterben.

Da er nun also zum Tode verurtheilt war, kam sein ältester Sohn, Johann Bantzekow, auf das Rathhaus, fiel vor den 60 nieder mit Bitten und Weinen, und bat, daß sie seines Vaters möchten schonen. Da war nun einer unter ihnen, der ihm sehr günstig war, der weinte mit ihm, und hob ihn von der Erde auf. Dieser bewirkte, daß er nicht sogleich wie Hinrich von Haaren in den Thurm komme, und beförderte so viel bei den 60, daß sie mit ihm vor den Rath gingen; da sprachen sie: Wollte sein Sohn Bantzekow, auch sein Bruder und Schwester-Mann, Hans Golcke, versiegeln und verbriefen, daß sie nimmermehr darauf sagen wollten zu ewigen Zeiten, daß auch die nächsten Freunde solches verbürgeten, so sollte seinem Vater Gnade erzeigt werden. Dies konnte Johann Bantzekow so bald nicht thun, und bat, seinen Vater wegsetzen zu wollen. Er wollte gleich nach Lübeck reiten, und seinen Schwester-Mann und Bruder holen; da er gerne verbriefen wollte, was sie nur begehrten, wurde die Sache einige Zeit hinaus geschoben. Als der Sohn in Lübeck ankam, kam auch der Bischof von Ratzeburg, welche Stadt zu seinem Sprengel gehörte, und bewirkte so viel, daß Bantzekow noch das Sacrament gereicht wurde.

Aber Johann Bantzekow der Jüngere und sein Schwestermann durften auf ihr Geleite nicht kommen, denn Jesup mit den Seinigen war viel mächtiger als der ganze Rath. Der Bischof von Ratzeburg und der Official jedoch brachten Jesup mit Bitten dahin, daß er und die Seinigen es erlaubten, ihm das Sacrament in der Büttelei zu geben, wo er auch bis zu seinem Ende blieb. Darnach versiegelten seine beiden Söhne einen Brief, wenn sie den Vater nicht gegen alles Recht schleifen, radbrechen oder über alle Diebe hängen lassen wollten. Denn das Volk war so grimmig, und so teuflisch, und wären über den Rath hergefallen und zum Tode verurtheilt. Aber Gott schickte es wunderbarer Weise durch einige Leute, die auch unter den 60 waren, daß es verhindert wurde; auch mußten einige Freunde, wie Gobel von den Stern, Johann Bangekow Schwester-Mann einen Brief versiegeln.

Da nun diese Briefe versiegelt waren, zog der Büttel während der Mittagezeit auf den Markt nahe bei den Steinen, wo Hinrich von Haaren der Kopf abgeschlagen wurde. Hier kniete Bantzekow auf einen grauen Lacken nieder; es war eine Menge Volks beisammen, so daß der Büttel den Hieb nicht gut führen konnte. Als derselbige das Schwert gezogen hatte, sah ihn Johann Bantzekow an und sagte: daß er ein wenig, gemach thäte: der Büttel erschrack und das Volk drängte so sehr, daß er Bantekow in die Schulter haute und das Haupt abschneiden mußte. Da kamen seine Freunde, ließen ihn nach Haus tragen und legten ihn blutig in den Sarg, was er auch begehrt hatte, auch durfte ihn der Rath aus Furcht nicht zu Grabe tragen. Die Freunde forderten auch aus keiner Compagnie oder Gesellschaft ein Leichentuch, obwohl er in beide Calende gehörte. Dennoch kehrten sie sich nicht daran, ihn noch mit Voldecken oder mit Lichtern, wie damals der Gebrauch war, und solches ward alles gelassen, aus Furcht des Jesup und seines Anhangs. Aber seine Frau, seine Schwestern und seine Nächsten ließen ihn unter einem weißen wollenen Tuche nach den Marien-Kirchhofe in die Capelle tragen. In dieser Capelle hat er sein Begräbniß; auch folgten ihm viele andere ehrliche Leute, Männer und Frauen, zum Grabe.

Mit diesen beiden Opfern jedoch waren sie noch nicht zufrieden, sondern beratschlagten, wie sie auch die andern aus dem Rath zur Schlachtbank führen könnten. Ihren ersten Versuch machten sie an Johann Friesen; denn er war, wie sie sagten, in allen Stücken ein Mitgehülfe des Bantzekow gewesen. Sie drohten ihm, und meinten, er sollte wie Bantzekow aus Furcht flüchtig werden, dann wollten sie ihn einholen und gleich den andern richten lassen. Die Thore wurden bei Nacht wie bei Tag verwahrt, und keiner von den Räthen durfte es wagen, vor das Thor zu gehen, wenn er nicht als Flüchtling ergriffen werden wollte; dasselbe Spiel hätte dann gleich den andern auch mit ihnen begonnen. Allein auf diese Weise konnten sie ihnen nicht beikommen.

Jesup und sein Anhang überlegten, wie sie es anstellen sollten, wenn sie den ganzen Rath ohne Wissen des Volks absetzen wollen. Er machte auch einen geheimenVertrag mit andern Leuten, denen er Geld gab, daß sie es bei der gnädigen Fürstin und Frau dahin bringen sollten, den ganzen Rath abzusetzen. Als dies bekannt wurde, wußte es sich Niemand zu erklären, was daß sein sollte. Hernach forderte Jesup die Bürger und Aemter zusammen. Doch hatte er mit seinen Angehörigen in allen drei Kirchspielen die Gesinnung der Bürger zuerst ausgeforscht, ob sie es mit den Aemtern hielten oder nicht. Als er sich nun mit denselben verbunden hatte, sprach er: Liebe Freunde! wir kommen oft zusammen, setzen aber nichts durch, und wissen nicht, wie wir daran sind; könnten wir es dahin bringen, daß ein Jeder seines Lebens und Gutes sicher wäre, daß wir auch wüßten, wie wir mit dem Rath daran wären!

Dies Gerücht und Gespräch kam unter die Bürger and Aemter, die nicht in ihrem Rath gewesen waren, und meinten, daß sie sich mit dem Rath in Freundschaft vertragen wollten. Das war aber die Meinung der Anhänger Jesup nicht, sondern sie wollten den ganzen Rath absehetzen oder hinrichten, und sich an deren Stelle setzen. Sie hielten ihren Rath so lange zum Grauen München, bis daß sie es öffentlich ausrufen ließen, daß sich der Rath von der Landesherrschaft abgewendet, und mit dem König von Dänemark verbunden hätte. Wegen dieser Sache zog Barthold Wennendorf und Hans Sasse nach Rostock, und holten Abschrift von der Handlung. Diese wurde gelesen vor den Bürgern und Aemtern, auch vor dem ehrbaren Rath und der ganzen Gemeine, daß auch das gemeine Volk mit Thränen gegen den Rath bewogen ward, also daß auch die Bürger abgingen. Der Rath sagte auch zu den 60, sie sollten Mittel und Wege suchen, daß alle Uneinigkeit zwischen dem Rathe und der Gemeine möge aufgehoben werden. Da unterredeten sich die 60 und sagten, das solches dem Rathe gebührete, es wäre doch ein Ding.

Da ließ her Rath eine Form des Vertrages stellen und gab sie den 60, mit Anzeigung, wäre es zu wenig, so wollten sie es vermehren, wäre es aber zu viel, so wollten sie es verringern, und alles, was den 60 beliebte, das mit Ehren zu verantworten wäre, das wollten sie bewilligen. Aber die 60 wollten hierauf ihr Bedenken haben, und ward doch alles von ihnen in den Wind geschlagen.

Unter vielen Zusammenkünften, der Aemter und der 60, denn da die Bürger sollten 60 haben, da hatten die Aemter: viele 60, da sie denn die Bürger mitdrungen und unterhielten, das machten nur die heimlichen Rathgeber, die unter den Bürgern waren, denn was sie unter den Bürgern hörten, das trugen sie zur Abendzeit den Aemtern wiederum im Kruge vor, und verriethen also die ehrlichen und frommen Leute, die Ehr und Redlichkeit liebten, und ihren Rath in Ehren hielten, denselben auch gerne beim Regiment erhalten wollten; zuletzt kamen sie doch zusammen und forderten, daß der Rath am Montagabend auf’s Rathhaus kommen sollte, sie wollten von den 60 einen Ausschuß machen, und sehen, wer das verhandeln könnte. Da erwählten sie 3 aus jedem Kirchspiel und 6 von den Aemtern, die kamen des Morgens auf’s Rathhaus, der Rath setzte sich auf die eine Seite des Rathstuhls und die 60 auf die andere Seite. Da fing Evert Golcke an zu reden, wie daß er über dergleichen Sachen mehr gewesen wäre, man hätte aber dazu die göttliche Gnade um Hilfe anzurufen, daß der liebe Gott möchte Fried und Eintracht geben; Auch sollte zur Ehre der heil. Dreifaltigkeit eine Messe gesungen werden, und der Rath und die 60 sollten opfern.

Die erste Handlung vom Rath und mehreren andern aber war, daß man die 60 verringen sollte. Jesup und sein Anhang verachteten diesen Vorschlag wie gewöhnlich. Auch sollte man die Herrschaft dazu ziehen, denn sie wollten wissen, ob die Herrschast auch etwas darauf zu sprechen hätte, daß die Leute so hingerichtet wären, und ob der Rath die Aemter in den Rath setzen wolle oder nicht, während diese Handlung währte.

Die erste Handlung, die Herrschaft anlangend, wurde vollzogen. Darauf wurde unsere gnädige Frau gefordert und viele Klagen zusammengeschrieben; die Gemeine mit den Aemtern zum Grauen München vertagt und die Bürger in der Kaufleute Haus berufen, da wurden die Sachen erklärt: erstlich wie die Stadt verrathen, die Thore offen gefunden wären und die Schlösser aufgezogen gewesen seien, und wie sich der Rath mit dem König von Dänemark verbunden hätte, um ihrem Herrn das Land aus den Händen zu spielen. Da kam auch Hamburg und Rochaw, und wollten den Rath herunter haben, auch gar nichts mehr davon wissen; sie hießen ihn den Dänischen Rath und waren so lange unruhig, bis daß sie auch Hamburg aus der Bürgerversammlung auswiesen.

Darnach kamen sie wiederum auf’s Rathhaus; sie hätten aber mit ihren Hauptleuten bereits geschlossen, und waren an einem Abend mit einer großen Versammlung der Aemter und einigen Bürgern zum Grauen München zusammen gekommen, so daß die Aemter mit Gewalt in die Bürger drangen, ihrer Meinung zu folgen. Das machten die Verräther, welche die Bürger unter sich hatten.

Da kamen sie wiederum am Rathhaus zusammen und der Rath war nicht gegenwärtig. Des abends zuvor war es mit den Aemtern und Bürgern des Meuchel-Raths bestellt, daß die Aemter einige aus ihrer Mitte dazu erwählen, die sollten zwischen der Herrschaft und den Bürgern ein Mittel finden, wie es vor die Herren möchte gebracht werden; einige Bürger traten dagegen, weil nichts Gutes darunter gesucht wurde, aber Golcke, welcher für die Bürger sprach, ließ es zu, worauf denn alles Verderben erfolgte.

An einem Morgen ging unsere gnädige Fürstin zum Schwarzen München, ob ein Mittel zwischen dem Rath und der Gemeine zu finden wäre. Da kamen die bösen Buben mit der Schrift, die sie bestellt und voller Lügen war, worin dem Rath viele Schandthaten zugemessen wurden, diese Schrift wollten sie unserer gnädigen Frau überreichen. Als diese Lügenschrift vor den Bürgern gelesen war, sagten diese, daß dem nicht so sei, auch könnten sie solche Lügenschrift nicht bewilligen; es wäre auch nicht befohlen, solche Lügenschrift zu stellen; also daß die Kirchspiele in drei Theile gingen, und sich darauf besprechen sollten.

Mittlerweile hatte Jesup bestellt, daß Bandaw mit einem großen bewaffneten Haufen Volks vor das Rathhaus kam, und riefen, sie sollten des Spiels ein Ende machen, oder sie wollten ihnen dazu verhelfen. Da gingen die Leute von einander, und es durfte Niemand aus Furcht ihnen ein Wort entgegen reden, weil man nicht wußte, worauf es abgesehen war, und Niemand Waffen bei sich hatte. Dies thaten die Aemter vor Bosheit, denn sie waren den Bürgern überlegen.

Hernach rief Bandaw überlaut, wer es mit den Aemtern hielte, der sollte sicher zwischen ihnen hindurch gehen, und wer wieder sie wäre, der sollte da bleiben, alsdann wollen wir sehen, wer wider uns ist; aber da durfte Niemand bleiben. Jesup befahl, daß ein Jeder zum Schwarzen München folgen solle; da zog das ganze Volk ihm nach. Wie sie dahin kamen, war es an der Mittagszeit, so daß die Fürstin diesen Handel bis zum Montag verschob. Da sprach Jesup, wer von den 60 Montags nicht kommen würde, der sollte als Verräther sterben, Montags kamen sie wieder und sollten ihre Klagen vorbringen; aber die grobe Klage, die sie vorhin in der Kaufleute Haus hatten vorlesen lassen, durften sie nicht vorbringen, denn solches hinderte Hans Hacker, denselben hörten sie, denn es waren einige fromme Leute, die sie gerne unterrichtet hätten, auch war ihre Anklage nur erdichtet, wie sie denn auch erstlich damit anfingen. Jesup und sein Anhang verordneten, daß Bandow mit seiner Bande dahin kommen sollte, da diese zum Verderben Lust und Begehr hätten.

Diese riefen nun, man soll der Sache ein Ende machen, sie sagten auch, der Rath verachte Matthias Axekauen und unserer Fürstin Rath und Briefe. Diese Lüge war erdichtet, weil der Rath nicht gegenwärtig war und sich verantworten konnte.

Darnach ging die Fürstin fort, und gebot ihrem Rathe, daß er Frieden und Eintracht zwischen den Bürgern und Aemtern stiften sollte.

Darnach gingen die 60 Bürger, die dazu erwählt waren, aufs Rathhaus, und wurde wegen der Absetzung des alten und der Einsetzung des neuen Raths ein Brief aufgesetzt, den die gnädige Frau untersiegeln sollte; dieser lautete dahin, daß man den alten Rath absetzen wolle, und daß die Fürstin den neuen einsetzen solle; die Alten sollen jedoch ihres Lebens und ihrer Ehre und Habe sicher sein.

Des andern Tages, als man den Brief am Rathhause vor den 60 verlesen hatte, war Jesp einer andern Meinung geworden, und wollte, daß zwar dem alten Rath an Leib und Ehre nicht geschehen, jedoch zu Recht gezogen werden sollte.

Des Abends ward der alte Rath vor den Hof der Fürstin gefordert, und Jesup auch; aber dieser ließ den Aemtern und der Geineine sagen, daß sie bewaffnet, am Hofe erscheinen sollten, wohin mehr als 4000 Menschen erschienen waren. Die Fürstin, der junge Herr und ihre Räthe waren in großer Gefahr, und wollte der alte Rath nicht untersiegeln, was man von ihm verlangte, so wären sie erwürgt worden.

Tags darauf, als man den alten Rath abgesetzt hatte, ging derselbe zu unserer gnädigen Frau und bat, Ihro Gnaden möchte bei den 60 und bei den Anhängern Jesup bewirken, daß sie nicht genöthigt werden möchten, in den Rathstuhl zu gehen, um nicht wieder so schändlich hinausgewiesen zu werden.

Aber Jesup wollte nicht einwilligen, sondern der alte Rath mußte sich in den Rathstuhl setzten und unsere gnädige Frau mit ihrem ältesten Sohne auch. Sie hieß den Ehrbaren Rath aufstehen von den Stühlen, und ließen die Schrift lesen, ehe sie gekoren wurden vermittelst dem Rath, Bürgern und Aemtern, die von bin 60 dazu erwählt wurden, daß sie bei ihrem Eide sollten diesen 24 Mann, 16 aus den Bürgern und 8 von den Aemtern, nicht nach Gunst oder Freundschaft, sondern wie es der Stadt und dem Lande nützlich und gut wäre. Da ging die Chur zu, daß es Gott erbarmen möchte. Denn die geschworen und gehuldigt hatten, die churen sie nicht, sondern die dies Spiel hatten begonnen und Zwietracht gemacht, die erwählten sie zum Rath, und je mehr einer Unheil angerichtet hatte, eine desto höhere Stelle bekam er. Da nun der neue Rath besetzt war, ließen sie den alten vertagen aufs Rathhaus, wo die Stadtdiener dem alten Rath ihren Eid absagen und für dem neuen schwören mußten.

Wenn die 60 zusammen kamen, sollten der Bürger 40 und der Aemter 20 sein, so kamen doch abermals zweimal mehr der Aemter als der Bürger, gleich wie sie zuvor gethan hatten, ehe der Rath auf neue gewechselt hatte, und hiemit hielten sie die Bürger unten, denn die alten und neuen Werkmeister und die Aelterleute, die darunter zu sein pflegten, kamen alle dahin, auch die neuen von den Bürgern und 6 von den Aemtern mit dem alten Rath auf der wüsten Seite des Rathstuhls auf der Löverung.

Da fing Ebert Golke an und sagte, er wäre vormals mehr da gewesen, da er Friede und Eintracht unter zwistigen Leuten gemacht habe; man sollte Gott den Allerhöchsten um seine Hülfe anrufen und ein würdiges Gelübde thun, und stimmen den alten Rafhsherren nach ihrer Unterweisung zu gehorsamen und loben, wenn sie ihren Handel in Einigkeit verrichtet, daß sie zu Ehren der heil. Dreifaltigkeit eine Messe wollten singen lassen, wobei der Rath und die Bürger opfern sollten. Aber Jesup mit seinem Anhange wollten sich mit dem Rathe nicht vertragen, sondern den ganzen Rath herunter haben und sich an deren Stelle setzen.

Da nun der neue Rath eingesetzt war, kurz darnach ließen sie die Messe singen und opferten dazu mit den 60 und Bürgern; aber der alte Rath war hievon ausgeschieden, die ließ man hie und da auch nicht zu; auch hatte der alte Rath Accise aufgesetzt um Krieges und Orlogs willen, damit sie ihren Glauben halten möchten, und diese Accise war schon zuvor, ehe Hinrich von Haaren und Bantzekow hingerichtet waren. Da drängte Jesup den Rath, daß sie die Accise niederlegen mußten. Das that er darum, daß er sich die Gemeine anhängig machte, so bald aber der neue Rath wieder eingesetzt war, da ging die Accise wider an, wie es vorher die Alten gehabt hätten.

Darnach kömmt Hamburg, und brachte abscheuliche Lügen vor den neuen Rath und sprach, daß Dietrich Bützow hätte zum Gredse im rothen Hause gesessen und hätte gesagt, daß Pleße eine Nacht bei ihm zu Hofe gewesen wäre, und Bützow hätte einen Brief bei ihm gefunden, derselbe würde vielen die Köpfe kosten; dieses that Hamburg nach Anweisung derer, die den alten Rath gerne ermordet hätten, auf daß sie desto sicherer vor ihm sein möchten.

Da ward Bützow vor den Rath gefordert und ihm solches vorgehalten, er aber verneinte es. Hamburg berief sich auf Zeugen vor dem nächsten Reichstag, aber er konnte es nicht. Da kamen sie vor den Rath; Hamburg wurde in die Kammer verwiesen und Bützow ging mit den Seinigen auf die Lieverung. Der Rath und die 60, auch die Bürger und Aemter besprachen sich unter einander und gaben zusammen ihre Meinung dahin kund, daß Bützow wäre verleumdet worden; Hamburg hätte sich zwar auf Zeugen berufen, jedoch keine vorbringen können. Hamburg wurde daher seiner Bürgerrechte verlustig erklärt und sollte im Gefängniß so lange bleiben, bis daß sich E. E. Rath ferner darüber bespricht.

Jesup befürchtete, wenn Hamburg gerichtet werden sollte, daß es ihnen auch so gehen könnte, und bestellte mit seinen heimlichen Rathgebern, als Tidemann und seine SrallBrüder, in aller Bosheit den Schuhmacher Bandkow, dieser versammelte nun seine Mithelfer und kam bewaffnet mit 400 Mann vor die Schreiberei. Da riefen sie alle einstimmig, daß sie Hamburg heraus haben wollten, der Rath antwortete, er wäre mit Recht und mit Bewilligung des ganzen Raths, auch der 60, der Aemter und Bürger dahin gekommen, sie wollten ihnen zu einer anderen Zeit zur Rede stehen. Die 60 wurden vor den nächsten Reichstag beschieden; da kam Tiedemann mit seinen Genossen, an 3000 Mann stark, bewaffnet aufs Rathhaus, wie sie es gewöhnlich thaten.

Da mußte der Rath es den 60 überlassen und Hamburg freigeben, wenn das nicht geschehen wäre, hätten sie den Magistrat Johann Warkmann zum Fenster hinausgeworfen, weil er der Bürger Wortführer gewesen war, Hamburg verurtheilt und den alten Rath beschützt hätte. Wenn diese Drohung verwirklicht worden wäre, so wären viele Parteigänger des alten Raths umgekommen.

Da Hamburg nun auskam, lief er auf der Gasse wie ein toller Hund, hatte ein langes Messer, drohte und fluchte Jedermann, schalt Diejenigen Rebellen, denen er nicht gut war und schimpfte und schmähte unaufhörlich; Niemand durfte ihn verklagen, auch war kein Recht über ihn, denn die meisten im Rathe und die 60 hielten über ihn, damit sie die Bürger desto besser unterhalten konnten. Gott der allmächtige wolle solch bösen Rath von uns nehmen!

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Kurze Beschreibung der Stadt und Herrschaft Wismar