1. Juni bis 31. Juli 1713

Den 1. Juni kamen abermals viele Kranke von Grevesmühlen auf Wagen herein. Von dem in der Stadt vorhandenen Proviant wurde ziemlich viel nach dem Wallfisch gebracht. Die von dem gedachten Commando noch draußen gebliebenen kamen heute gleichfalls wieder.

Den 2. Juni und nachher passirten verschiedene von den Offizieren, die mit in Tönningen gewesen waren und sich frei gemacht hatten, durch Wismar und gingen nach Hause


Den l. Juni Abends kam eine starke Partei Moskowiter aus Malchin unweit Neuen-Kloster, ja den 5. d. kamen einige 10 Mann sogar im Neuen-Kloster, plünderten einige Häuser, raubten das Vieh und gingen damit fort. Dieser Ursache wegen geschahen am benannten Tage (es war der andere hl. Pfingsttag) unter der Hauptpredigt 2 Kanonenschüsse von unserm Wall, daß sich die auf den herumliegenden Dörfern befindliche Mannschaft nach der Stadt ziehen sollte, doch ward ein Lieutenant nebst 3 oder 4 Mann vermißt, auch ward ein Commando zu Fuß aus der Stadt nach dem Neuen-Klosterschen gesandt, welches auch einige Tage stehen blieb, bis der Feind sich wieder verloren hatte.

Den 7. Juni und nachher ward sehr viel Holz in dem Neuen-Klosterschen von den Unsrigen gefällt und allenthalben, wo man nur konnte, eine große Menge Fachinen gehauen und herein gefahren.

Den 10. Juni wurde von dem hiesigen Vice-Gouverneur abermals von dem Lande eine große Lieferung von Roggen, Speck oder Fleisch (lebendig oder todt) verlangt.

Den 12. Juni ward der Regiments-Tambour nach Rostock zum Generalmajor Buecken des obgedachten gefangenen Lieutenants wegen geschickt. Auch kamen um diese Zeit viele Klagen vom Lande über das üble Verfahren unserer eigenen Parteien, daß sie kaum zu beschreiben.

Den 14. und 15. Juni kamen die Unsrigen, welche bisher in Grevesmühlen gestanden hatten, sämmtlich herein, und erhielten allhier Quartier.

Den 15. Juni entschloß sich das hohe kön. Tribunal aus Liebe gegen die Bürgerschaft, bei der gegenwärtigen großen Garnison einige Einquartirung auf einige Zeitlang einzunehmen, weil die Garnison schon bis auf 5000 M. angewachsen war und die Servicen die Bürger, besonders die geringeren, sehr drückten.

Den 17. Juni wurde von den in der Bataille bei Gadebusch Blessirten und hier wieder Curirten ein Regiment, etwa von 1200 Mann, formirt, worüber der Hr. Oberst Klingenstädt das Commando bekam; die Offiziere, welche aus Stade hier angekommen waren, wurden bei diesem Regimente bedienstet; die Gemeinen aber mußten von heute an sogleich auf die Wache ziehen, auch die Festungsarbeit vor dem Alt-Wismarschen Thor, in der Gegend wo früher der Rentmeisterhof gestanden hatte, mit besorgen.

Den 19. Jan. ward die Miliz, etwa 140 Mann, welche bisher aus Poel lag, von einer gleichen Anzahl von dem vorgedachten Klingstädt’schen Regiment, die noch nicht völlig curirt war, abgelöst.

Den 21. Juni kamen einigt 1000 Mann von der moskowitischen Cavallerie aus Holstein bei Gadebusch zu stehen; die Infanterie marschirte höher auf.
Den 22. Juni des Mittags um 11 Uhr wurden, weil eine Partei Moskowiter unter dem Rittmeister Müllern, der früher in Wismar unter den Bassewitz’schen als Lieutenant gestanden hatte, in Groß- und Klein-Wolterstorf, Clützendorf und andern Orten mehr, eingefallen war, daselbst geplündert und das Vieh weggetrieben hatte, von den hiesigen Wällen 6 Kanonen abgeschossen, damit die Mannschaft, welche von unsern Leuten auf die Dörfer verlegt war, sich nach der Stadt ziehen möchte; dem ungeachtet wurden doch aus Groß-Wolterstorf 1 Unteroffizier und 6 Gemeine von den Feinden mit weggenommen. Aus der Stadt wurde ein Commando zu Fuß und zu Pferde ausgesandt, welches die draußen Befindlichen an sich zog, sodann die Moskowiter zum Theil verjagte, etwas Vieh wieder erbeutete und 2 Gefangene nebst 5 Pferden herein brachte. Desselben Abends um 9 Uhr geschahen noch 2 Kanonenschüsse, damit unsere Parteien des Nachts nach der Stadt ziehen möchten.

Den 23. Juni kam Oberst Wolffrath aus Schweden mit einer Summe Geldes an, welche zur Ranzionirung der in Holstein gefangenen Mannschaft angewandt werden sollte. Es ging auch mit diesen Geldern unter einer kleinen Escorte bald wieder nach Hamburg ab. Auch erfuhr man, daß die Moskowiter Dassau, Grevesmühlen etc. besetzt hatten und einem Wismarschen Bürger seine Sachen, die er noch nach Lübeck salviren wollen, wegnahmen.

Den 24. Juni kamen von den Unsrigen noch etwa 40 Mann zu Pferde, welche bisher auf dem Lande gelegen hatten, herein; weil nun die Cavallerie in der Stadt wieder stärker war und die Feinde sich näherten, so fing man um diese Zeit wieder an, einige Feldwachen aufzustellen. Aus der Stadt ward ein Regiments-Tambour nach Gadebusch zu den daselbst stehenden Moskowitern, der den 22. d. zu Wolterstorff aufgehobenen Mannschaft wegen, gesandt. Sonst vernahm man noch, daß die Moskowiter sich nach Neustadt, Parchim und der Orten hinzögen und wohl oben weg nach Pommern gehen würden.

Den 25. Juni streiften die Moskowiter bis an Zirow; die Thore wurden in der Stadt versperrt und Niemand hinaus gelassen, außer einigen Leuten, die auscommandirt wurden. Vom Lande kamen auch nur wenige Wagen herein, weil sie sich vor den Moskowitern scheuten. Das heute ausgesandte Commando (etwa 20 Mann) traf draußen eine Moskowitische Wache beim Feuer an, welche sie in der Stille aufheben wollte, als aber Einer von den Unsrigen Feuer gab, wurden sie sogleich von einigen 100 Mann der Feinde umringt und es wurden 2 erschossen, 1 Wachtmeister nebst 10 Mann gefangen, die Uebrigen kamen wieder herein.

Den 27. Juni kam bei anbrechendem Tage eine Partei Moskowiter vor das Lübsche Thor nahe an die Festung und wollte das Vieh, melches die Bauern und andere Leute der Sicherheit wegen nahe an die Stadt getrieben hatten, wegholen. Obgleich nun die Wache dort allart war und 2mal mit Kanonen unter sie gefeuert wurde, so nahmen sie doch etwas Vieh hinweg, mit welchem sie bei der Ziegelhütte am Strande fortgingen; da nun auch vom Wallfisch 2mal auf sie gefeuert wurde, so wandten sie sich nach Wendorf, nachdem sie vorher von S. Jakobshof und von der Mühle daselbst alles was ihnen anstand weggenommen und einen Bauernknecht durchgeschossen hatten; in Wendorf selbst nahmen sie das Vieh weg, plünderten die Häuser und behandelten allenthalben die Leute sehr übel. Nicht viel besser machten sie es in Hosen und Fliemstorf, doch bekamen die Leute, weil sie fürstliche Untertanen waren, das Geraubte größtentheils wieder.

Den 28. Juni fouragirtcn unsere Leute zu Triwalk; die Moskowiter hielten heute zu Grevesmühlen die Hamburgische und Lübsche Post an, ließen sie jedoch, ohne die Briefe, welche sie bei sich hatten, zu eröffnen, des folgenden Tages wieder fortreiten; sie hatten dadurch nur verhindern wollen, daß ihr beabsichtigter Marsch in Wismar nicht kund werde.

Den 29. Juni fouragirten die Unsrigen wieder in Triwalk. Die Moskowiter hatten sich nach der Schwerinschen Fähr gewendet, welches in der Stadt eine große Freude verursachte. Des Abends ward eine Partei zu Pferde und drei zu Fuß aus dem Mecklenburger und Alt-Wismarschen Thor commandirt, um zu sehen, ob man den Moskowitern auf dem Marsche nichts anhaben könnte.

Den 30. Juni ward ein Dragoner arquebusirt, der sich auf dem Lande für einen Moskowiter ausgegeben und auf diese Art einige von unsern Leuten beraubt hatte.

Den 1. Juli kam die Lübsche fahrende Post wieder, weil die Moskowiter von dem Weg nach Lübeck gänzlich abmarschirten. Eine von unsern Parteien, die den 29. Juni ausgegangen war, wollte heute etwa 100 moskowitische Pferde, die unweit von ihrem Lager in einer Koppel gingen, wegnehmen, da aber dieses durch einen Deserteur verrathen wurde, so kamen ihr einige Escadrons Feinde hei Zickhusen auf den Hals, jagten sie in ein Holz und erschoßen Einige, Verschiedene aber nahmen die Feinde gefangen, unter welchen der commandirende Capitain, 1 Lieutenant und 2 Fähnrichs waren; 1 Unteroffizier nebst 16 oder 18 Gemeinen kam jedoch wieder herein. Die erwähnten Gefangenen suchte man zwar auf allerhand Art und Weise wieder loszumachen, aber vergebens, sie mußten mit nach Pommern, ja, die nicht gestorben oder echappirt waren, nahmen sie sogar mit nach Polen.

Den 2. Juli schickte das obgedachte Commando zu Pferde 3 moskowitische Marketenderwagen herein, auf welchen Banntweinblasen, kupferne und messingene Kessel, Käse, Citronen und andere Sachen mehr geladen waren.

Den 8. Juli marschirten die Moskowiter bei Schwerin über der Fähr und so über Güstrow und Malchin nach Pommern. Desselben Tages kamen 2 Parteien zu Fuß von den am 29. ausgegangenen wieder.

Den 4. Juli kam ein moskowitischer Tambour aus Malchin an unseren Generalmajor mit Briefen und ward des Abends wieder abgefertigt und es ging unser Regimentstambour mit ihm. Heute kamen 3 moskowitische Deserteure herein.

Den 5. Juli fand sich ein moskowitischer Deserteur zu Pferde ein.
Den 6. Juli kamen 3 moskowitische Deserteure zu Pferde, auch kam unsere den 29. Juni ausgeschickte Partei zu Pferde heute wieder.

Den 14. Juli gingen die Sachsen bei Lübeck über die Fähr ins Mecklenburgische. Eine Partei der Unsrigen brachte 2 moskowitische Marketenderwagen mit allerlei Sachen herein.

Den 15. Juli hörte man, daß die Sachsen bis Grevesmühlen avancirten, weshalb wieder eine Feldwache ausgesetzt wurde. Die Sachsen hielten die reitenden Posten heute an, die Lübsche fahrende Post aber blieb zurück. Jedoch den 17. Juli kam selbige wieder und brachte Nachricht, daß die Dänen der Sachsen Quartier wieder bezogen hätten. Heute ward ohne besonderen Consens kein Mensch aus der Stadt gelassen; des Abends ging ein kleines Commando zu Pferde aus, welches bald darnach mit 4 gefangenen Sachsen wieder zurück kam. Die Sachsen maschirten bei Hohen Vicheln auf Neuen-Kloster zu; deshalb ward aus der Stadt ein Commando zu Pferde und zu Fuß nach dem Rothen Thor und die Mühlen gesandt, bis sie vorbei marschirt waren. Ein sächsischer Trompeter fand sich mit einem gefangenen Schweden ein, um einen vor mehreren Wochen hereingebrachten Sachsen dagegen aus-zuwechseln, allein dieser hatte schon Dienste in der Stadt genommen. Sonst kamen heute noch 15 sächsische Deserteure herein.

Den 18. und 19. Juli standen die Sachsen bei Neuen-Kloster still und hielten Musterung; indessen kamen den 18. 2 Deserteure zu Pferde und 3 zu Fuß, und den 19. noch 2 zu Pferde und 4 zu Fuß herein.

Den 20. Juli brachen die Sachsen vom Neuen-Kloster auf und gingen über Schwan nach Pommern; auch kamen 17 Deserteure, 13 zu Fuß und 4 zu Pferde, von ihnen herein. Die letzten Pferde wurden ihnen abgekauft, und unsern Dragonern, die noch keine Pferde hatten, gegeben. Heute Abend wurden einige Parteien nach verschiedenen mecklenburgischen Aemtern auscommandirt.

Den 21. und 22. Juli kamen 11 Deserteure von den Sachsen herein, 4 zu Pferde und 7 zu Fuß.

Den 25. Juli brachte eine Partei 23 ledige Pferde herein, welche zum Theil gekauft, zum Theil für den noch nicht gelieferten Proviant genommen wurden. Auch kamen 2 sächsische Deserteure zu Fuß herein.

Den 27. Juli wurden wieder 22 ledige Pferde auf gleiche Art herein gebracht.

Den 28. Juli brachte eine Partei 3 moskowitische Marketenderwagen mit allerhand Sachen, auch einige ledige Pferde herein.

Den 29. Juli brachte eine Partei wieder 30 ledige Pferde herein, welche, nebst den vorigen, unter die unberittenen Reiter und Dragoner ausgetheilt wurden; auch ward um diese Zeit viel Brennholz von den Mecklenburgischen herein geliefert.

Den 31. Juli kam ein moskowitischer Oberauditor. nebst einigen Reitern herein, um die hier gefangen sitzenden Moskowiter abzuholen. Von den mecklenburgischen Aemtern, die bisher fast alle Monate Proviant und dergleichen geliefert hatten, wurde jetzt auch Geld verlangt und deshalb auch einige Leute auf Execution ausgefandt.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Kurze Beschreibung der Stadt und Herrschaft Wismar