Artikel 1 bis Artikel 20

Nachdem zwischen einem ehrbaren Rathe der Stadt Wismar eines und der Bürgerschaft daselbst anderen Theils, sich zeither einige Irrungen und Mißverständnisse erhalten hatten, und beide Theile darüber in große Weitläufigkeit und Differenz gerathen sind, ist demnach auf des Durchlauchtigen hochgebornen Fürsten und Herrn, Herrn Ulrich, Herzogs zu Mecklenburg, Fürsten zu Wenden, Grafen zu Schwerin, der Lande Rostock und Stargard Herrn etc., gnädige Anordnung, durch J. F. G. dazu verordnete Käthe und Commissarien, diese Sachen, nach vorhergehender genügsamer und fleißiger Erwägung aller und jeder Umstände, vermittelst göttlicher Gnade und Verleihung, mit beiderseitigem Vorwissen und ausdrücklicher Bewilligung, durch billige Wege und Mittel verglichen und gänzlich vertragen und zwischen ihnen ein beständiger Vertrag geschlossen, dadurch jede Zweihelligkeit aufgehoben und guter Friede, Einigkeit, Liebe und Treu gestiftet worden ist; dieser Vertrag ist in Artikel abgefaßt und lautet wie folgt:

Artikel 1. E. E. Rath zu Wismar soll und will gegen die Bürger und Einwohner allerwege sich väterlich und sorgfältig bezeigen und der Stadt Gedeihen und Bestes sich angelegen sein lassen.


Art. 2. Die Gemeine soll wiederum E. E. Rath als ihre von Gott verordnete Obrigkeit ehren und werth halten und die großen Bürden und Lasten der Regierung mit schuldigem Gehorsam tragen helfen und erleichtern.

Art. 3. Damit die heilsame Justiz recht und gleichmäßig administrirt werden möge, soll der Rath ein eigenes gewisses Stadtrecht aus den Statuten, Gewohnheiten, dem Lübschen Rechte und anderer vornehmer Städte bewährten Ordnungen, wie auch gemeinen beschriebenen Rechten, innerhalb eines Jahres fleißig verfassen und dasselbe unserm gnädigen Fürsten und Herrn zur Bestätigung zuschicken, und dann mit Zustimmung der Gemeine publiziren lassen und darnach hinfür im besten Verständniß sprechen und urtheilen.

Art. 4. Da auch die Notwendigkeit der Stadt erfordern würde, entweder neue Polizei-, Hochzeits-, Kleider- und dergleichen Ordnungen zu machen, oder die vorigen und alten Ordnungen zu erneuern, zu revidiren und zu verbessern, so sollen solche Ortnungen vom Rathe, neben acht Personen des Ausschusses, deren vier aus den Bürgern und vier aus den Beamten zu nehmen sind, gemacht und dabei unsers gnädigsten Fürsten und Herrn Polizei-Ordnung so viel wie möglich in guter Acht gehalten und befolgt und nachher mit Consens und Zustimmung der Gemeine, vom E. E. Rath publizirt werden.

Art. 5. Desgleichen soll dann auch ein ehrbarer Rath mit den Deputirten des Ausschusses wegen der Bürgersprach, da etwas ab oder zuzuthun sein sollte, sich nach Gelegenheit freundlichst vereinigen und vergleichen und solches der Gemeine folgende notifiziren und alsdann darauf solche veränderte und verbesserte Bürgersprach publiziren.

Art. 6. Die Gerichtsordnung, welche E. E. Rath durch Doctor Laurenz Kirchhof mit Zustimmung der Gemeine begreifen lassen, soll nach wie vor bleiben. Und da etwa dieselbe künftig in einem oder andern Punct zu ändern, zu vermehren und zu verbessern wäre, soll solches mit Bewilligung des Ausschusses geschehen und hernach der Gemeine angezeigt und alsdann mit ihrem Consens gleichfalls vom Bürgermeister und Rath publizirt werden.
Art. 7. So soll es auch, der Appellation halber, bei dem Appellation-Recesse bleiben und gelassen werden.

Art. 8. Die Gerichts-Procuratoren sollen dem geschworenen Procurator-Eide, welcher zu besserer Befolgung auf eine Tafel geschrieben und in der gewöhnlichen Gerichtsstube angehängt und auch der Gerichtsordnung, wenn dieselbe renovirt wird, wörtlich einverleibt werden soll, sich allerdinge gemäß verhalten.

Art. 9. Und wenn Jemand seine Klagen selbst reden und vortragen wollte, soll er damit gehört werden, doch muß er sich der Ordnung gemäß verhalten und sein Gesuch förmlich vorbringen.

Art. 10. Und was also mündlich vorgebracht oder auch schriftlich verhandelt und eingegeben wird, dies sollen die Secretäre mit Fleiß protokolliren und aufbewahren und einem Jeden, den es angeht, davon glaubhafte Abschrift für die Gebühr mittheilen, und alle gerichtlichen Sitten getreulich verwahren.

Art. 11. Damit die Parteien nicht übernommen noch übersetzt werden mögen, soll E. E. Rath über alle Producte, Schriften und dergleichen Sachen eine besondere Taxe machen und was den Secretaren, Niedergerichtsschreibern und Procuratoren zur Auslösung der Acten, pro Bogen, und zur Besoldung gegeben und entrichtet werden solle, specifiziren und verordnen.

Art. 12. Da auch etwa ein Procurator oder Notarius in der Stadt Wismar wohnend, auf eines Bürgers geschehenes Ersuchen sich seines tragenden Amtes nicht erinnern, sondern dessen verweigern würde, und gleichwohl dazu keine erheblichen Ursachen anzuzeigen und beizubringen hätte, so soll derselbige von E. E. Rathe oder worthaltendem Bürgermeister seines Amtes erinnert und dasselbige gebührlich verrichten und dem requirirenden Bürger oder Einwohner ohne Unterschied und Ansehung der Person, wider welche die Requisition geschehen, zu dienen ernstlich angehalten werden.

Art. 13. Ferner soll E. E. Rath keinen Bürger oder Amtmann in die Wette oder Hörkammer ohne wohlbefugte Ursachen und vorgehende genügsame Erkundigung und Erkenntniß verweisen, noch sonst mit Strafen belegen, und wenn sich solche Fälle zutragen, und der strafwürdige von Bürgermeister und Rath vorbescheiden würde, zu dem Ende, daß die Rechtssache cognoscirt werden möge, so derselbe auf das Rathhaus oder einem andern Orte, wohin er citirt wurde, zum Beistande über fünf oder sechs Personen nicht zu sich ziehen.

Art: 14. Da aber dem zuwider Jemand der Bürger, oder aus den Aemtern Jemand mit Gefängniß, Bestrickung oder sonst zur Ungebühr bestraft würde, soll demselben frei stehen und erlaubt sein, sich deswegen bei unserm, gnädigen regierenden Landesfürsten über den Rath zu beklagen und daran durch die geleistete Urpheide nicht verhindert noch abgehalten werden, sondern der Rath Ihrer F. G. Erkenntniß darüber in Unterthänigkeit gewärtig sein.

Art. 15. Der Rathstuhl soll jeder Zeit mit tüchtigen und verständigen Personen und so viel immer möglich mit unverschwägerten und unbefreundeten Biedermännern besetzt werden.

Art. 15. Und weil vielmals Sachen vorfallen, welche von E. E. Rath ohne Vorwissen und Zuthun der Gemeine nicht abzuhelfen und gleichwohl auch die ganze Gemeine dieserhalb zusammen zu rufen beschwerlich ist, daher Anno Dreiundachtzig bewilligt wurde, daß vierzig Personen, nämlich zwanzig Bürger und zwanzig Amtleute, zum Ausschuß erwählt und verordnet werden sollten, und nun derselbigen Wahl halber, zwischen E. E. Rath und der Gemeine Streit vorgefallen ist, so ist auf gedachten unsers gnädigen Fürsten und Herrn gethanen Vorschlag gewilligt und beschlossen worden, daß ein neuer Ausschuß von vierzig Personen, halb aus den Bürgern und halb aus den Aemtern gemacht werden und für ewige Zeiten bleiben soll, dergestallt, daß die Gemeine aus der Bürgerschaft und den Aemtern Ein hundert und zwanzig unberüchtigte, wohlbegüterte, redliche, den Personen des Raths mit Blut oder naher Schwägerschaft unverwandte und verschwiegene Männer, die das Vaterland lieb haben und dessen Wohlfahrt sich werden angelegen sein lassen, ersten Tages bei ihren Eiden und Pflichten, damit sie gemeiner Stadt verwandt, zu nennen schuldig und daraus dem Rathe vierzig Personen, die dazu ihres Erachtens zum Besten qualifizirt sein, ohne einige Affection zu eligiren und zum Ausschuß zu verordnen frei sein soll.

Namen der vierzig Männer:
Jochim Levenow. Marien Mathias.
Claus Carow. Jochim Jetze.
Claus Brun. Stentz Röelcke.
Jürger Stueve. Aßmus Behne.
Jasper Tabbert. Simon Fritze.
Hans Steinhagen. Bastian Preen.
Reimer Krause. Ahrendt Junkherr.
Jakob Mittag. Jakob Kriwitz.
Andres Haveman. Hans Berwert.
Matthias Cladow. Hans Härder.
Heinrich Koch. Hans Helmeß.
Andres Reimerß. Jochim Oldendörff.
Gödert Berckhoff. Daniel Plancke.
Hans Lange. Marten Holdthoff.
Lüder von Stemmen. Michel Kröpelin.
Hans Dale. Timme Kahle.
Heinrich Ludolphus. Hans Grimme.
Gerdt Bincke. Jürgen Wever.
Jakob Kruse. Hans Schumacher.

Art. 17. Und wenn einer aus den genannten vierzig zum Ausschuß erwählten Männern mit Tode abgehen würde; so soll der Ausschuß aus der Gemeine an des verstorbenen Stelle drei Personen, oder da zwei Männer verstorben wären, sechs Personen und so consequent zum längsten innerhalb eines Monats namhaft zu machen und der Rath daraus eine oder zwei Personen zu eligiren und an des Verstorbenen statt zu verordnen und einzusehen schuldig sein.

Art. 18. Auch soll ferner der Ausschuß drei qualifizirte Personen aus seiner Mitte innerhalb vier Wochen nominiren und der Rath daraus einen eligiren und denselben dem jetzigen Amts-Worthalter beizugeben und soll solches auch stets so gehalten werden und demnach immer zwei zu den Bürgern und zwei zu den Amts-Worthaltern bestellt sein und bleiben.

Art. 19. Es sollen Bürgermeister und Rath auf des Ausschusses gebührliches Ersuchen in nöthigen Fällen die begehrten Zusammenkünfte nicht behindern und hinwiederum soll der Ausschuß aller und jeder unnöthigen Zusammenkünfte, welche der Stadt zum Nutzen und Gedeihen nicht gereichen, sich gänzlich enthalten, und auch die Bürger, welche in dem Ausschuß ordentlich nicht erwählt sind, in solche Zusammenkunft sich einzumengen, ernstlich und bei schwerer Strafe verboten sein.

Art. 20. Es soll der erwählte Ausschuß anstatt der ganzen Gemeine in Sachen, worin dem Rath allein zu schließen bedenklich, von E. E. Rath gefordert werden und sich darauf gebührend einstellen und von den verwesenden Sachen nach bestem Verstände deliberiren und sich mit dem Rathe einer einhelligen und zur Richtigmachung der proponirten Sache ersprießlichen Meinung friedliebend zu vereinigen, und soll alles, was der Rath und Ausschuß beschlossen, die ganze Gemeine zu halten verpflichtet sein.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Kurze Beschreibung der Stadt und Herrschaft Wismar