November 1711

Den 1. November conferirte der Hr. Vice-Gouverneur mit dem Hrn. General-Lieutenant Rantzaw, und erbot sich dieser, Jemand von seinen Leuten in die Stadt zu schicken, welcher allen, die es verlangen würden, für Gebühren danische Pässe geben sollte. Verlangte aber dagegen auch, daß aus der Stadt Jemand ins Lager geschickt werden möchte, dort auf gleiche Art schwedische Pässe zu ertheilen, aber man trug bedenken, in solchen Vorschlag zu willigen.

Den 2. November wurden die Bürger von den Wachen, welche sie hieher vor dem Poeler Thor und in der Gegend verrichten müssen, wieder erlassen, weil die Miliz an der Fortifikation nicht so viel mehr zu arbeiten hatte, als vorhin. Der Hr. Generalmajor nebst dem Hrn. Obersten Bassewitz recognoscirten heute persönlich die Wege von dem dänischen Lager nach Rostock.


Den 3. November ward eine dänische Post mit Briefen, insonderheit aus dem Lager vor Stralsund, eingebracht, imgleichen führte man einen dänischen Küchenschreiber, wie auch einen Kaufmann, sammt etliche 100 Rthlr. Geld herein. Aber da man recht zusah, war der letzte ein Hamburger, welchem man sein Geld wieder zustellen mußte.

Den 4. November kam ein dänischer Trompeter herein, der im Namen des Hrn. General-Lieutenants Rantzaw einen Wagen, welchen man den 29. Oktober herein gebracht, wieder verlangte, weil sein Küchen-Wagen. Er erhielt denselben, doch, weil er schon verkauft, mußte er wieder dem Käufer abgekauft werden. Den gestern eingebrachten Küchenschreiber verlangte der General-Lieutenant gleichfalls auf Parole wieder. Er ward hernach gegen den schwedischen Licent- oder Zollinspektor zu Warnemünde (welchen die Dänen auch gefangen genommen) ausgewechselt. Sonst erfuhr man, daß der Genernal-Lieutenant Rantzaw der Sauveguarde-Briefe wegen vom Neuen-Kloster 200 Faden Holz begehrte, wovon ihm entlich 100 zugestanden wurden.

Um 5. November kam abermals ein Packetboot aus Pommern mit der Nachricht an, daß noch kein Transport dort, wie neulich verlautete, angekommen, aber auch daß vor Stralsund noch nichts vorgefallen sei. Anderwärts ward heute wieder einiges Geld hereingebracht. Sonst erfuhr man, was die vorgedachten Sauveguarde-Briefe für Folgen nach sich zogen: diejenigen, welche solche angenommen und so sich unter dänische Protektion begeben, sollten jetzt den Dänen Heu, Stroh (außer den oben erwähnten 100 Faden Holz vom Neuen Kloster) liefern.

Vom 6.-8. November ist nichts Bedeutendes vorgefallen.

Den 9. November brachten die Unsrigen 8 Wagen mit Korn und Stroh beladen, welches aus dem Merklenburgischen nach dem Lager sollte geliefert werden, in die Stadt. Auch ward von der Stadt der Oekonomus in’s dänische Lager gesandt, um zu sehen, ob man, was die Zufuhr der Wismarischen Dorfschaften nach dem dänischen Lager betrifft, mit dem General-Lieutenant Rantzawen nicht accordiren könnte, weil den meisten Leuten auf dem Lande das ihrige von unsern eigenen Leuten (wie droben hin und wieder angeführt) schon vorlängst war genommen worden, daß sie also dies verlangte unmöglich liefern könnten. Des Abends spät kam ein Commando unter Cap. Schwanwedel wieder, welches die Dänen in ein Holz eine Zeit lang besetzt gehalten, aber es war doch endlich durchgekommen.

Den 10. November kam der Oekonomus aus dem dänischen Lager wieder, und zwar unverrichteter Sache, weil der Genrral-Lieutenant Rantzaw von seiner Forderung nicht nachlassen wollte. Einige Dragoner wurden heute ins Strelitzsche ausgesandt, der im Lande ausgeschriebenen Lieferung wegen, weil von dort bisher noch nichts gekommen war. Eine Abtheilung brachte heute einige Wagen, die nach dem dänischen Lager wollten, glücklich in die Stadt.

Den 12. November war der Oekonomus, obgedachter Ursachen wegen abermals nach dem dänischen Lager, konnte aber seinen Zweck noch nicht völlig erreichen. Die den 26. Oktober gefangen genommenen 2 Bürger kamen heute wieder, und wurden gegen einen vorhin gefangen genommenen Stabs-Marketenter ausgewechselt. Sonst bekamen um diese Zeit unterschiedliche Wismarische Bürger von dem General-Lieutenant Rantzaw allerlei Pässe, daher sie nach Güstrow, Schwerin, Lübeck etc. sicher reisen konnten, ihre Handlungen und Geschäfte daselbst zu verrichten.

Den 13. November wurden verschiedene Abtheilungen ausgesandt, und deswegen die Thore fast den ganzen Tag zugehalten. Eine derselben kam in der Nacht vom 13. auf den 14. nahe an das dänische Lager, in welchem eine gute Anzahl derselben um ein Feuer saßen oder lagen, und sich wärmten. Die Unsrigen gaben Feuer aus sie, und versicherten, es wären 10-15 Mann getödtet und blessirt, und der größte Allarm im Lager verursacht worden, weil die Dänen sich eine gemeinsame Attaque verhofften. Den reitenden Posten ward heute wieder die Erlaubniß nach Lübeck und Hamburg ertheilt.

Am 14. November wurden wieder verschiedene Abtheilungen ausgeschickt, und die Thore abermals verschlossen, damit die Dänen keine Nachricht davon bekommen würden. Zwei Wagen, welche mit Tonnen, worin Kniesenack, Butter etc. war, beladen waren, wurden den Dänen abgenommen und herein gebracht.

Am 15. Nov. war der Oekonomus der verlangten Lieferung wegen wieder im dänischen Lager, wo er denn die Lieferung mit 60 Ducaten, welche dem General-Lieutenant Rantzaw offerirt wurden, gut machte.

Den 16. November ward die Leiche des dänischen Obristen Pottendorf aus Wismar abgeholt, auch etwas Bier dem General-Lieutenant Rantzaw auf sein Begehren hinausgesandt.

Den 17. November kamen die am 13. Nov. ausgeschickten Abtheilungen wieder an, und man vernahm, daß sie in Warnemunde waren, alwo verschiedene dänische Schiffe mit Munition und Proviant beladen, angekommen sind; die Unsrigen steckten drei Schiffe in Brand, aber es ward doch, weil die Dänen sich in die Häuser reterirt hatten, und aus denselben wacker heraus feuerten, ein Unterpartisan nebst 4 oder 5 Gemeinen von ihnen getödtet, der Fähnrich Usedom tödtlich blessirt, welcher doch hernach wieder zurückkam und curirt wurde. Es hätten wohl mehr dänische Schiffe ruinirt werden können, indem über 20 derselben dort waren, wenn die Unsrigen die Sache besser angefangen hätten. Nun aber hörte man, daß wenige rechte Lust zur Sache hatten, ja einige sich kaum getrauten, die Schiffe anzufallen und die meisten wieder abzogen, als die Schiffe zu brennen anfingen, weil sie von Rostock aus überfallen zu werden glaubten. Die Dänen berichteten, daß sie von drei angezündeten Schiffen zwei wieder gelöscht, und nur ein einziges ruinirt wurde. Dieses Alles verursachte in der Stadt einigen Unwillen, auch selbst unter den Officieren. Einige von den Schisssleuten ließen sich merken, sie hätten sich zu einer solchen Expedition wohl gebrauchen lassen, und mit leichter Mühe einige Schiffe in den Grund gebohrt, wo nicht die ganze Flotte ruinirt; dieser so schlecht ausgefallenen Sache wegen wurde auch wirklich eine Inqnuisition angestellt. E. E Rath von Rostock hat indessen die gefallenen Schweden anständig begraben lassen.

Den 18. Nov. desertirte abermals ein Dragoner aus der Stadt, dagegen aber kamen ihrer 3 herein.

Den 19. November brachte eine der oben gedachten Abtheilungen 3 Wagen mit Proviant und anderen Sachen, die von Lübeck nach dem dänischen Lager wollten, in die Stadt. Es war auf diesem Wagen auch eine gute Portion Geld, wovon die Soldaten auch ihren Theil bekamen, und man sah bald, wie diese ihre Species-Ducaten auswechselten und sich dabei lustig machten. Eine gute Quantität Käse wurde von diesem Wagen verkauft, ebenso Lübsche Sem-meln 10 für 1 ßl, weil sie schon alt waren.

Den 20. Nov. ward ein dänischer Courier mit allerlei wichtigen Briefen hereingebracht. Gegen Abend kam eine dänische Abtheilung vor dem Alt-Wismarischen Thore bis an den Schweinkrug, und jagte unsere Feldwache, welche zu schwach gegen sie war, bis an das Thor. Es ward aber vom Wall und von der Grothusen-Schanz mit Stücken unter sie gefeuert, wobei einige von den dänischen Dragonern erschossen wurden, und die Uebrigen sich deshalb bald retirirten.

Den 21. November kamen abermals einige dänische Abtheilungen vor dem Alt-Wismarischen Thore an, aber doch nicht so nahe, als die gestrigen, weswegen man sich auch nicht die Mühe nehmen wollte, unter dieselben zu feuern.

Den 22. Nov. wurden einige Wagen, die von Rostock beladen ankamen, auch einige Leute, etwas Wein, Branntwein, Geld etc. hereingebracht und vertheilt, so daß ein jeder Musketier dieser Abtheilung 5 Rthlr. 19 ßl. bekam. Es wurde auch ein Wagen herein gebracht, welcher von Berlin nach Güstrow wollte, und mit sehr köstlichen Sachen, die (wie man sagte) für die Königin von Dänemark bestimmt seien, beladen war, desgleichen recht wichtige Briefe, auch war unter anderen ein italienischer Sänger auf demselben. Von der Ankunft der Dänen bis heute sollen in allen 1625 dänische Deserteure herein gekommen sein.

Den 23. Nov. ist ein Crassauischer Dragoner aus der Stadt desertirt. Des Abends ward ein Artillerie-Capitain (Blom) begraben, wobei einige Kanonen abgebrannt wurden; am selbigen Abend ward um 10 Uhr noch ein Commando ausgesandt.

Den 24. Nov. kam eine Abteilung wieder, welche bei Zickhusen unterschiedliche Marketenderwagen sammt den Waaren ruinirt hatte, und brachte einige 100 Rthlr Geld, desgleichen 10-11 Pferde mit. Fourage kam heute auch ein guter Theil wieder herein.

In der Nacht vom 24. auf den 25. kamen die Dänen einer kleinen Abtheilung aus der Stadt so nahe, daß sie sie in dem Woltersdorfischen Holz besetzten. Einer von der Abtheilung kam jedoch durch den Morast, zeigte in der Stadt an, wie es mit seinen Kammeraden stünde und bat um Succurs. Es wurden deshalb zwischen 11 und 12 Uhr 4 Staketen in der Stadt angesteckt, zum Zeichen, daß man den Unsrigen bald helfen werde. Hierauf wurden einige 100 Dragoner abgeschickt, auch sollte Infanterie folgen, aber die Dänen zogen ab, sobald sie nur merkten, daß die Unsrigen kamen, und die besetzt gewesene Abtheilung kam mit den ausgeschickten Dragonern am 25. glücklich wieder an.

Den 25. Nov. hat eine Partei unter dem Rittmeister Bock umweit Biendorf 8 Marketenderwagen mit Wein, Taback etc. ruinirt und dabei 4 Ochsen, 16 Pferde und etwas Geld erbeutet. Anderwärts nahmen die Dänen einen Unterofficier von den Unsrigen gefangen, aber diese brachten dagegen, 4 gefangene Dänen herein. Sonst haben die Unsrigen heute abermals stark fouragiret.

Den 26. November war ein kleines Scharmützel bei der Schulzenmühle, wo die Dänen unsre Feldwache vertreiben wollten. Sei dieser Gelegenheit soll einem dänischen General-Adjutant ins Bein geschossen worden sein, an welcher Blessur er hernach, wie berichtet wird, starb, weil der kalte Brand dazu kam. Einige Wagen mit Branntwein etc. wurden wieder hereingebracht; sie waren zwar mit Pässen versehen, allein da auf denselben ein neuer Soldatenrock, ebenso einige Lacken zur Probe einer neuen Montur, so ward alles hereingebracht und in der Stadt verkauft.

Den 28. Nov. ff. wurden fast täglich einige Wagen bei eingebracht, so daß auch wohl an einem Tage zweimal welche ankamen, die hin und wieder waren ertappt worden, und allerlei Provision geladen hatten; es gab also um diese Zeit ziemliche Beute für die Soldaten.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Kurze Beschreibung der Stadt und Herrschaft Wismar