1. bis 31. Oktober 1675

Den 1. Oktober geriethen einige Reiter von beiden Seiten wegen des Stadtviehes vor dem Lübschen Thor an einander, welches aber gerettet wurde. In dieser Nacht haben Einige die Graben des Neuen-Werks recognosciren wollen, wurden aber davon verjagt.

Den 2. wurde nach dem Wallfisch Proviant und frisches Volk gebracht, auch von den Bürgern auf geschehenes Begehren Fahrzeug zu 100 Mann angeschafft. Vor dem Lübschen Thor kamen verschiedene vornehme Offiziere von beiden Theilen bei den Windmühlen auf Cavaliers-Parole auf eine Collation zusammen, in einem dazu aufgeschlagenen Zelt, hätten sich aber schier verunwilligen sollen. - Es wurde ein Kaper in die See gesandt, der am folgenden Tage eine dänische Prise mit 8 Gefangenen herein schickte.


Den 4. Oktober jagten sich die Dänischen mit unsern Schildwachen und stritten mit einander. In folgender Nacht wurde abermals der Graben beim Neuen-Werk rekognoscirt und eine schwedische Schildwache im Neuen-Werk erschossen.

Den 5. geriethen von neuem die dänischen Reiter mit unsern Schildwachen vor dem Lübschen Thor aneinander, und nahmen die Dänischen einige Bürger-Pferde. In der Nacht zündeten sie den Katen an bei der Windmühle vor dem Lübschen Thor.

Den 6. wurde befohlen, daß die ganze Bürgerschaft zu Wall gehen sollte, welches auch bereitwillig verrichtet wurde. Es wurde aber vom Feinde nichts tentirt, ohne daß die Windmühle vor dem Lübschen Thor abgebrannt wurde.

Den 8. und 9. wurden neue Stückräder herbeigeschafft und wegen des Futters für die Reiterei, auch der Noth leidenden Bürger halber einige Anstalt gemacht.

Den 10. wurden die Kapellen auf dem St. Marien-Kirchhofe der Reserve der Reiter eingeräumt und zwei Gefangene eingebracht, auch hörte man, daß noch ein Travenfahrer weggenommen. Die Bürgerwache wurde vermindert, damit’ sie etwas ausruhen möchte.

Den 11. und 12. wurde bemerkt, daß das Wasser, welches aus dem Schwerinischen See hieher läuft, abgestochen worden, weßwegen 2 Roßmühlen sollten verfertigt werden, welches aber verblieb.

Den 13. wuchs das Wasser in den Teichen und konnte die Grubemühle wieder gebraucht werden.

Den 14. wurde berichtet, daß die Dänischen etliche Stücke und Ammunition bekommen. In folgender Nacht wurde Lärm geschlagen.
Den 15. Oktober brauchten die Dänischen ihre bei St. Jakob geflanzten Stücke zum ersten Mal. - Einer Frau wurde beim Wasser das Bein abgeschossen, daran sie starb. Die Bürger fingen an krank zu werden von stetem Wachen und Schanzen.

Den 16. schossen die Dänischen des Nachts achtzehn Mal herein, und weil darunter glühende Kugeln waren, so brachten die ein Feuer in ein Haus am Markt, welches aber bald gelöscht wurde Die Unsrigen schossen mit 10 Stücken tapfer auf die dänische Schanze bei St. Jakob, gegen den Abend.

Den 17. wurde von den Kanzeln publicirt, wie man dem Feuer begegnen, und das Stroh und andere Feuer fangende Sachen über die Seite schaffen follte. Am Abend bis 11 Uhr in der Nacht wurde vierzehn Mal hereingeschossen. Die Unsrigen waren still.

Den 18. wurde das Pulver aus den Pulverthürmen in die Keller zum heil. Geist- und Tribunals-Hofe gebracht. Auf vorgedachte Schanze wurde abermals mit 11 Stücken gespielt. Gegen den Abend schossen die Dänen viermal, in der Nacht sechsmal mit sechspfündigen Kugeln herein.

Am 19. wurde abermals tapfer auf die feindlichen Schanzen mit gutem Erfolg canonirt. Ein schwedischer Soldat aber wurde in einem Pram mitten durchschossen.

Am 20. aber waren die Dänen ganz still; man sah aber, daß sie aus ihren Zelten liefen und sich ordneten, worauf wir muthmaßten, daß der König von Dänemark zurückgekommen sei. In der Stadt geschah eine Visitation in allen Häusern, ob das Stroh gut untergebracht wäre.

Am 21. Oktober wurde von der Stadt Brod und Geld für die Soldaten begehrt, auch sichere Nachricht hereingebracht, daß der König mit der übrigen Armee wäre angekommen, deshalb die ganze Bürgerschaft in Bereitschaft sein mußte.

Am 22. versprach die Stadt, daß sie der Militz 20 Last Korn vorstrecken wolle, und von einigen Freiwilligen etwas Geld den notleidenden Musketiren zum Besten collectire.

Am 23. wurde zu einem Pram Anstalt gemacht, der aber nicht fertig wurde.

Am 24. merkte man, daß die Dänen eine neue Schanze beim Graßort aufwarfen, um den Hafen völlig zu schließen, auch wurde darauf öfters geschossen. Die Schanze wurde aber dennoch fertig, und des Nachmittags von da hereingeschossen. Die Dänen ließen sich in der Nähe der Stadt häufig sehen.

Am 25. wurde von beiden Seiten geschossen und zwei Gefangene bereingebracht.

Am 26. wurde ein schwedischer Reiter vorm Mecklenburger-Thore vom Feinde erschossen.

Am 27. fand man, daß der Feind eine neue Schanze diesseits des Mühlen-Grabens zu St. Jakob, und noch eine andere vor dem Pöhler-Thor, unfern dem Damm, in der Nacht aufgeworfen hatte, wie denn auch auf dem Galgenberge vor dem Mecklenburger-Thore eine angelegt wurde. Aus der vor dem Pöhler-Thor ward noch denselben Tag mit 6 auch 12 Pfündern auf die Stadt geschossen. Weil die Schanze beim Graßort von dem hoch aufsteigenden Seewasser eingeschlossen war, wollten einige Bürger durch einen Ausfall dieselben mit den darin liegenden Soldaten aufheben, es wurde aber nicht für practicabel gehalten.
Am 28. Oktober wurde die Schanze am Galgenberge fertig und eine neue am Lehmberge vor dem Alt-Wismarischen Thore angelegt. Auf die Arbeiter wurde vielfältig geschossen, hingegen aber auch mit großem Geschüg öfters in die Stadt geschossen. Im Tagblatt wurde gemeldet, daß an diesem Tage ein Sturm ohne Erfolg sei versucht worden, wovon wir nichts wissen.

Den 29. wurde heftig in die Stadt gefeuert und geschah großer Schaden an den Dächern. Es wurde gemeldet, daß allein vor dem Pöhler-Thor an diesem Tage 206 Canonenschüsse gehört wurden, ohne was vor den andern Thoren geschah. Die Dänen arbeiteten auch sehr stark an ihren Aprochen, deshalb etliche Minen in verschiedenen Außenwerken, die man für gefährlich hielt, gelegt wurden. Am Abend wurde die dänische Lose etlichemal mit glühenden Kugeln in die Stadt geschossen.

Den 30. wurde das Läuten aller Glocken eingestellt; desto heftiger war die gegenseitige Kanonade. Gegen den platten Kamp wurde auch eine Schanze aufgeworfen. In der Stadt aber wurde beschlossen, daß man sich besser vertheidigen, treulich bei einander stehen und aushalten wolle. Man wollte noch einige Boote hinaus haben, aber die Schiffer berichteten, daß der Feind Bäume und Ketten vor dem Hafen gelegt und viel Fahrzeug beisammen hätte. Es kam auch diesen Tag ein Trompeter herein, und denegirte dem Gräflichen Frauenzimmer den verlangten freien Abzug, und berichtete, daß sein König die Stadt haben will, es möge kosten, was es wolle; auch wurde jetzt mit 24 und 36pfündigen Kugeln häufig herein geschossen, und geschah dadurch an etlichen Gebäuden ein bedeutender Schaden. Vorm Mecklenburger-Thor ward ein Kessel aufgeworfen, aus dem zwei Feuermörsel Granaten und Bomben in die Stadt warfen, viele aber zersprangen in der Lust, auf den Wällen und in den Gräben. Eine ruinirte vorm Mecklenburger Thore eine ganze Batterie, und die Lavete einer halben Carthaune; eine andere schlug in das Haus eines Bürgers, und tödtete darin eine Soldatenfrau; noch eine fiel in eine alte Bude und kleine Kinderschule, worin die meisten Kinder nicht zugegen waren, doch kamen leider fünf Kinder und eine Frau um, ein Kind wurde in der Wiege sehr verletzt. Eine Kugel schlug in der St. Nicolaikirche auf den Altar; auch wurde berichtet, daß an diesem Tage über 300 Kanonenschüsse in die Stadt gegangen wären.

Den 31. Oktober fand sich, daß die Dänen bei der Oevelgünne vorm Pöhler-Thor noch eine Schanze gemacht hatten. Des Morgens wurde stark geschossen, während des Gottesdienstes aber war es still; des Nachmittags ging das scharfe Schießen wieder fort; die Unsrigen schossen am Lübschen Thore mit Schrot in die feindlichen Aproche, worauf ein starkes Lamentiren gehört wurde.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Kurze Beschreibung der Stadt und Herrschaft Wismar