Jüdischer Gottesdienst mit Regimentsmusik.

Aus den Aufzeichnungen des Feldrabbiners Dr. Chone beim XIV. Armeekorps.

Von dem letzten Gottesdienst, den ich zu veranstalten hatte, war ich so erfreut, daß ich diese Erinnerung besonders festhalten möchte. Ich hatte erfahren, daß eine Brigade in den in der Nähe liegenden Ortschaften Quartier beziehen würde; es befindet sich das Konstanzer Regiment dabei, also viele Söhne meiner Gemeinde. Ich wandte mich an das Kommando: Mittwoch nachmittag einen Gottesdienst für die jüdischen Mannschaften zu veranlassen. Bereitwilligst wurde er mir zugestanden, auch ein Raum ausfindig gemacht und ich gefragt: Wieviel Mann der Regimentsmusik werden gewünscht? Ich schwankte zwar einige Augenblicke, fühlte aber, daß die Begleitung der Musik unsere Stimmung nur würde erhöhen können.


Mittwoch nachmittag zwei Uhr fanden wir uns in der Mairie ein. Fürsorgliche Hände hatten sich geregt und zwei größere ineinandergehende Räume zurechtgemacht. An der Misrachwand stand ein Katheder, mit grünem Tuch bezogen und mit einem Blumenstrauß geschmückt. Vor ihm im Halbkreis standen zwei Reihen Stühle, und im gegenüberliegenden Zimmer hatte sich die Regimentskapelle mit dem liebenswürdigen, kunstsinnigen Musikmeister aufgestellt. Ein Lied der Kapelle war die Einleitung. Ich betete Minchah vor; weil mit dem Abend Rausch Chaudesch begann, ließ ich den J`hi rozaun mit dem deutschen Neumondweihe-Gebet folgen. Predigt. Chor aus Elias. Maariw. Mit besonderer Ergriffenheit sagte ich Kaddisch, bin ich doch durch den Krieg daran verhindert, im Sterbejahr meines lieben Vaters regelmäßig Kaddisch zu sagen. Als Schlusslied ertönte das kraftvolle, stimmungsreiche Niederländische Gebet.

Bei dem Konstanzer Regiment befindet sich ein jüdischer Oberarzt, geschmückt mit dem Eisernen Kreuz und dem Zähringer Löwenorden mit Schwertern. Er sorgt wie ein Vater für seine Schutzbefohlenen und nimmt sich auch der jüdischen Soldaten seines Regiments in jeder Art an. Seiner Fürsorge habe ich nun schon zum zweiten Mal die Herstellung eines würdigen Raumes zu verdanken. Zum zweiten Mal schon hat er mich und viele andere Teilnehmer nach dem Gottesdienst mit einem seinen Kaffee und gutem Kuchen (von Muttern) erquickt. Auch dieses Mal hat er von der kleinen Gemeinde der Beter eine photographische Aufnahme gemacht.