Abschied.

Ein Viehhändler aus einer kleinen Stadt Bayerns, Vater von sieben Kindern, der am 3. August ins Feld gerückt ist, hinterließ nachstehenden Brief.

Meine Lieben!


Wenn dieses hier meine letzten Zeilen sein sollen, so lebt wohl, fürchtet Gott und haltet seine Thora! Meine Kinder empfehle ich dem Ällmächtigen, er möge sie zu Großen in Israel heranziehen, ich will Rache nehmen für die vielen Morde und Martern, die an Juden von unseren Feinden begangen wurden. Es haben sich bei uns achtzehn Juden freiwillig ins Heer einstellen lassen, dabei will auch ich nicht zurückbleiben und meine jüdische Pflicht erfüllen! Und wolle es dann sein, daß wir nicht mehr lebend zurückkommen, so finden wir doch ein ewiges Leben bei dem, der über unser Wohl und Wehe beschließt. Wir nehmen Abschied mit Tränen, aber mit Liebe ziehen wir für unsere Frauen und Kinder, um unsere Pflicht zu tun; wie könnte ich auch nachher noch aufrecht unter meinen Mitmenschen herumlaufen, oder vor Gott beten, wenn ich zurückstehen wollte!

Ich habe mich mit mir und meinen Angehörigen beraten, und auf die Stimme meiner Mutter, die auch unserem lieben Emil das gleiche geraten hat, bin ich gegangen.

Wenn ich aber lebend meine Lieben wiedersehen darf, so komme ich ohne Sünden, ohne Makel zurück; ich bin die fünf Bücher Moses durchgegangen, ich habe mich in die Geschichte von Abraham, Mosche, Jehoschua, Debora, den Richtern und den Makkabäern zwei Nächte lang vertieft, und ich kam zu dem Schluss, dass wir unter allen Umständen unser Vaterland, unsere Familie, unseren Glauben schützen müssen.