Kriegsbriefe deutscher und österreichischer Juden

Autor: Herausgegeben von Tannenbaum, Eugen Dr. (1890-1936), Erscheinungsjahr: 1915

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Themenbereiche
Enthaltene Themen: Juden, Judentum, Weltkrieg, Kriegsdienst, Schicksale, Briefe, Zeitzeugen, Feind, Grabenkampf, Angriff, Verwundung, Verwundete, Sanitäter, Lazarett, Kameraden, Zivilisten, Gefangene
VORWORT.

Der Brief aus dem Feld ist Bringer ungezählter Schicksale geworden. Mag er auch um Wochen und Monate zurückdatiert sein, so trägt er doch den Stempel des Erlebten, ist irgendwie Ausdruck des großen Geschehens, Geschichte in anschaulichster Form. Selbst wenn die Menschen, die sie geschrieben haben, uns unbekannt sind, — der Reiz ihrer Schilderungen ist darum nicht geringer. Im Gegenteil. Je enger der Kreis ist, an den sich der Schreiber wendet, umso mehr ergreist das Schichsal, das in Worte gepresst ist, gerade als Ausdruck des Persönlichsten.

Aus allen Briefen, die die vorliegende Sammlung vereint, spricht der Geist des althebräischen Gebetes, in dem der fromme Jude Gott preist, dass er ihn diese Zeit habe erleben lassen. Es sind Zeugnisse von Helden, die in einem heiligen Kampf stehen.

Maßgebend für die Aufnahme war das ausgesprochene Verhältnis des Schreibers zum Judentum, gleichviel welcher Richtung er angehört. So wurden die ungelenken Zeilen des Kleinstadtjuden ebenso wenig verschmäht wie die Aufzeichnungen des Intellektuellen. Der Vertreter des liberalen Judentums kam genau so zu Wort wie der Anhänger der überlieferten Lehre. Und neben Äußerungen des Zionisten stehen die des deutschen Staatsbürgers jüdischen Glaubens.

Die hier wiedergegebenen Briefe sind zum großen Teil bisher noch nicht veröffentlicht und wurden, soweit es militärische und private Rücksichten zuließen, möglichst ungekürzt zum Abdruck gebracht. Die übrigen sind mit gütiger Erlaubnis der Verleger folgenden Blättern entnommen: Allgemeine Zeitung des Judentums, Dr. Blochs österreichische Wochenschrift, Gemeindeblatt der jüdischen Gemeinde Berlin, Im Deutschen Reich, Israelit, Israelitisches Familienblatt, Hamburg, Jüdische Rundschau. Es ist unmöglich, allen Spendern von Originalbriefen hier noch einmal namentlich zu danken. Besonders zu Dank verpflichtet bin ich dem Zentralverein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens, der Chewras limmud tauroh, Köln, der Jüdischen Turnerschaft, Berlin.

Den im Text wiederkehrenden hebräischen Ausdrücken wurde die in Deutschland allgemein übliche Aussprache des Hebräischen zugrunde gelegt, die hebräisch geschriebenen Worte sind jedesmal in eckiger Klammer transkribiert. Eine Erläuterung dieser sowie anderer Äusdrücke aus dem jüdischen Leben findet der Leser in einem alphabetischen Verzeichnis am Schluss des Buches.

      Berlin, im April 1915.
                        Dr. Eugen Tannenbaum


                              Abschied.

Ein Viehhändler aus einer kleinen Stadt Bayerns,
Vater von sieben Kindern, der am 3. August ins Feld
gerückt ist, hinterließ nachstehenden Brief.

            Meine Lieben!

Wenn dieses hier meine letzten Zeilen sein sollen, so lebt wohl, fürchtet Gott und haltet seine Thora! Meine Kinder empfehle ich dem Allmächtigen, er möge sie zu Großen in Israel heranziehen, ich will Rache nehmen für die vielen Morde und Martern, die an Juden von unseren Feinden begangen wurden. Es haben sich bei uns achtzehn Juden freiwillig ins Heer einstellen lassen, dabei will auch ich nicht zurückbleiben und meine jüdische Pflicht erfüllen! Und wolle es dann sein, dass wir nicht mehr lebend zurückkommen, so finden wir doch ein ewiges Leben bei dem, der über unser Wohl und Wehe beschließt. Wir nehmen Abschied mit Tränen, aber mit Liebe ziehen wir für unsere Frauen und Kinder, um unsere Pflicht zu tun; wie könnte ich auch nachher noch aufrecht unter meinen Mitmenschen herumlaufen, oder vor Gott beten, wenn ich zurückstehen wollte!

Ich habe mich mit mir und meinen Angehörigen beraten, und auf die Stimme meiner Mutter, die auch unserem lieben Emil das gleiche geraten hat, bin ich gegangen.

Wenn ich aber lebend meine Lieben wiedersehen darf, so komme ich ohne Sünden, ohne Makel zurück; ich bin die fünf Bücher Moses durchgegangen, ich habe mich in die Geschichte von Abraham, Mosche, Jehoschua, Debora, den Richtern und den Makkabäern zwei Nächte lang vertieft, und ich kam zu dem Schluss, dass wir unter allen Umständen unser Vaterland, unsere Familie, unseren Glauben schützen müssen.

Anlandung eines schweren Maschinengewehrs.

Anlandung eines schweren Maschinengewehrs.

Auf Beobachtungsposten.

Auf Beobachtungsposten.

Durch Scharfschützen verwundete Soldaten.

Durch Scharfschützen verwundete Soldaten.

Grabenkampf.

Grabenkampf.

Fliegerangriff auf ein Erdziel.

Fliegerangriff auf ein Erdziel.

Tieffliegerangriff.

Tieffliegerangriff.

Kampfpause.

Kampfpause.

Erste Hilfe.

Erste Hilfe.

Infanterie überwindet einen Fluss.

Infanterie überwindet einen Fluss.

Ohne Worte.

Ohne Worte.

Luftkampf.

Luftkampf.