Kölner Kirchen - ST. ALBAN

Mit 78 Abbildungen
Autor: Reiners, Heribert Dr. (1884-1960) Kulturhistoriker und Hochschullehrer, Erscheinungsjahr: 1911
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Köln, Kirchen, Religion, Christen, Juden, Judentum, Christentum, Kölner Dom, Bauwerke, Architektur, romanischer Bau, Gotik
Auf dem Quatermarkt, neben dem Gürzenich, hat das Kirchlein des hl. Alban einen wenig günstigen Nachbarn gefunden. Neben der schönen und wohl proportionierten Schauseite dieses alten Festhauses vermag es mit seiner Fassade, die ihm eine Restauration des 19. Jahrhunderts gab, nicht zur Wirkung zu kommen, und seine beiden Flächen möchten, verglichen mit dem dortigen Reichtum, fast nüchtern scheinen. Auch hier war den Erbauern die Aufgabe gestellt, den verfügbaren Raum so weit als möglich auszunutzen, und sie haben daher die Westseite bis hart an den Straßenrand vorgeschoben. Am vorteilhaftesten ist der Blick von der Nordseite aus, wo sich mit dem Turme ein immerhin malerisches Bild ergibt, zumal jenem hier seine dominierende Stelle bewahrt ist, während er von der Gegenseite mit seiner niedrigen Haube ganz verschwindet. Obwohl St. Alban neben St. Columba die älteste und bevorzugteste Pfarre war, sind uns kaum Nachrichten überliefert. Zuerst genannt wird die Kirche 1172 und vier Jahre später als Pfarrkirche aufgeführt. Von einem Bau meldet eine Schreinsurkunde zuerst im Jahre 1323. Diesem Bau gehört wohl noch der Turm an, obgleich er in den Lisenen und dem Bogenfries romanische Formen bewahrt. Im Jahre 1633 wurde diese Anlage nach Süden erweitert und darauf 1668 — 1672 durch den Baumeister Arnold Gülich zu ihrer heutigen Gestalt umgebaut. Unter den nachfolgenden Erneuerungen war die durchgreifendste die Ende des vorigen Jahrhunderts, die den Turm instand setzte und der Kirche ihre jetzige Fassade gab.

Beim Innern lagen die Verhältnisse für den Architekten, der den gegebenen Bau erweitern sollte, nicht so günstig wie bei St. Columba, und es ist ihm daher auch keine befriedigende Raumlösung gelungen. Da er eine möglichst weite Dehnung erstrebte, konnte er nur wenige Stützen geben. Aber der Gegensatz zum alten Teile ist dabei zu scharf geworden. Das Chor wirkt nun zu schmal und bietet kaum Raum für den Altar. Die ganze Ostpartie scheint zu schwer, und namentlich hier fühlt man, wie sich der Künstler mit dem Räume abmühte. Unschön ist vor allem dabei, wie der Bogen des Chorjoches von der Vierung abgeschnitten wird. Daneben schlug man in einem schmalen Abstand einen zweiten Bogen, den man an der Außenwand auf vorgelegtem Pfeiler lasten ließ. In der südlichen Nebenapsis zerstörte man dadurch deren alten Schluss und schuf gerade hier tote Ecken. Es ist eine verzwickte Bogenanlage, die anscheinend über das Können des Baumeisters Gülich hinausging, denn ein eigener „Bogensteller" trat bei der Konstruktion für ihn ein. Die Gewölbe der Kirche, die allenthalben reich gestaltet sind, befriedigen das Auge nur im Chore ganz, weil sie hier organisch sich darbieten, während sie teilweise sonst mit ihren Rippen in den Flächen verlaufen und zerschnitten werden und dazu in ihrer Verbindung mit den quadratischen Stützen und den zwar reich profilierten aber nüchternen Kapitellen nicht recht passen wollen. Auch dem kuppelartigen Schluss der Vierung ist ein reiches Rippensystem vorgelegt worden. Nordwestlich schiebt sich in den Kirchenraum der Turm, der in seinem unteren Durchgang und der Empore darüber ebenfalls gotisch eingewölbt ist.

012. Inneres von St. Alban.

Von der alten Ausstattung hat die Kirche vor allem einige gute Skulpturen bewahrt. So schmücken die Mensa des modernen Hochaltares 12 treffliche Apostelstatuetten des 15. Jahrhunderts, die noch im weichen und reichen Gewandstil geschaffen sind und teilweise recht ausdrucksvolle Köpfe tragen. Den nördlichen Seitenaltar krönt eine pathetische barocke Kreuzigungsgruppe mit einem Kruzifixus vom Anfange des 16. Jahrhunderts. Nicht übersehen sei aber von den Skulpturen in der dunklen Turmhalle die anmutige Madonna des 15. Jahrhunderts, auf dem Halbmond schwebend, vor einem Strahlenkranze. Auf der Gegenseite, im südlichen Nebenschiff, steht eine etwas jüngere Pieta, den Arbeiten in St. Columba und St. Ursula verwandt. Der spätgotischen Zeit gehören noch die Trennungswände des Chorgestühles an, mit manch lustigen Miserikordien und Knäufen. Eine vorzügliche Arbeit vom Jahre 1642 ist das Taufbecken auf dreifachem Löwenfuße, bekrönt von einer Statuette des hl. Albanus, mit dem abgeschlagenen Haupte in der Rechten. Darüber schwebt ein zierlicher schmiedeisener Renaissancekran zur Bewegung des Deckels. An dem benachbarten Wandpfeiler ist ein gefälliges Epitaph des 18. Jahrhunderts angebracht, mit einem hübschen trauernden Putto. Unter den Gemälden — ein Glasgemälde vom Jahre 1709 mit Stifterwappen befindet sich in der Sakristei — ragt namentlich das Triptychon hervor, an einem Pfeiler des Mittelschiffs, mit einer Kreuzigung als Mittelbild, ein gutes niederländisch-kölnisches Werk des 16. Jahrhunderts mit trefflich behandeltem Faltenwurf. An dem entsprechenden Südpfeiler hängt ein um wenig jüngeres Bild der Verkündigung.

Ein Hauptstück des Schatzes von St. Alban ist eine elegante Monstranz des 14. — 15. Jahrhunderts in Form eines Reliquienkreuzes mit schönen Kristallkapseln. Aus dem ehemaligen Augustinerkloster stammend, birgt sie eine wunderbare Hostie, die nach der Legende im Munde eines Gottesleugners zu Fleisch wurde. Die übrigen Geräte werden im materiellen Werte überragt durch die reich mit Diamanten besetzte Monstranz vom Jahre 1732. Auch manche hervorragende Paramente birgt der Schatz, darunter mehrere Stücke des 15. — 16. Jahrhunderts mit prächtigem figuralen Schmuck.

012. Inneres von St. Alban

012. Inneres von St. Alban