Die körperliche Arbeit der Zisterziensermönche

Ein Kapitel der Regel des hl. Benedikt ist der täglichen Arbeit gewidmet: de opere manuum quotidiano. Sie sollte täglich zirka 7 Stunden umfassen. Die Sonn- und Festtage waren freigegeben. — Die Arbeit selbst konnte bestehen und bestand auch für gewisse Mönche im Abschreiben von Büchern. Doch würde man mit der Annahme, die Benediktiner hätten zeitlebens Kopialbücher gefertigt, sehr irren. S. Benedikt sieht Fälle vor, wo sie auch zu Feldarbeiten heranzuziehen sind: „Wenn die örtliche Notwendigkeit oder die Armut es erheischt, dass die Brüder sich persönlich mit dem Einsammeln der Früchte der Erde befassen müssen, so soll sie dies nicht traurig stimmen; denn sie leben von ihrer Hände Arbeit, wie unsere Väter und die Apostel; so erst sind sie wahre Mönche. Doch tue der Abt alles mit Maß und Ziel, um nicht die Kleinmütigen zu entmutigen“. Da überdies das Gesetz herrschte, dass die Mönche alle Lebensbedürfnisse im Kloster finden sollten, so mussten die einzelnen zur Kleidung und Nahrung nötigen Gewerbe im Innern der Klöster selbst betrieben werden, sei es durch die Brüder, sei es durch Leibeigene oder Knechte; jedenfalls mussten die Mönche ihre Kleider selbst im Stand halten, auch trug jeder Mönch zu dem Ende stets eine Nadel bei sich. Auch ihre Fußbekleidung mussten sie selbst besorgen. Die Satzungen sehen die einzelnen Zwecke vor, für die sie ein geheiztes Zimmer betreten durften; ausdrücklich wird darunter erwähnt, dass sie es betreten durften, um ihre Schuhe zu schmieren. Selbst der hl. Bernhard unterzog sich persönlich dieser niederen Arbeit; er wurde bei einer solchen Gelegenheit vom Teufel versucht und bestand glänzend die Probe. Der Reihe nach versahen die Mönche auch die Küche. Papst Eugen III. spricht von dieser Gepflogenheit, indem er Ludwig II. von Frankreich schreibt: „Dein Bruder Heinrich, den seine königliche Abstammung hoch über alle anderen Sterblichen erhebt, ist Mönch geworden und spült Schüsseln in der Klosterküche von Clairvaux“.

Bei den Zisterziensern wurde indes die meiste Arbeit für Bekleidung und Nahrung durch Laienbrüder verrichtet. Die Mönche beschäftigten sich nur mit Feldarbeit, ohne jedoch allein zu arbeiten, die Laienbrüder, Oblaten und gedingten Knechte teilten sich mit den Mönchen in diese Arbeit. Die durch Laienbrüder verrichteten Handwerke waren in den Zisterzienserklöstern ziemlich zahlreich; es gab Maurer, Fischer, Weber, Schuster, Gerber, Bäcker, Walker und Schmiede.


Die Satzungen des Zisterzienserordens ließen gedingte Knechte nur in beschränktem Masse zu. Der Dienst in der Küche und im Siechenhause musste z. B. ausschließlich durch Brüder verrichtet werden, abgesehen von dem Fall, dass ihrer zu wenig gewesen wären. In der Regel verwendete man gedingte Arbeiter nur außerhalb der Klöster bei Bauten und Feldarbeiten. Als im Jahre 1135 die Abtei Clairvaux verlegt wurde und in kurzer Zeit die neuen Gebäude errichtet werden mussten, um die Brüder gegen die Unbilden der Witterung zu schützen, da griff alles zu, Mönche und Laienbrüder; die einen fällten Bäume, die anderen mussten die Steine zuhauen, wieder andere bauten die Wasserleitung; die Walker, Bäcker, Gerber, Schmiede richteten ihre Werkstätten ein. S. Bernhard hatte auch weltliche Arbeiter berufen, die er bezahlte. Spätere Urkunden sprechen häufig von Knechten oder Taglöhnern im Dienste der Abtei, aber während des 12. und 13. Jahrhunderts erscheinen sie nur als Knechte auf den Meiereien und als Wagner; für die letzteren wurden besondere kleine Brote, „Wecken“, gebacken.

Die Feldarbeiten verrichteten, wie gesagt, Mönche, Laienbrüder und Knechte gemeinsam; die Mönche beschränkten sich dabei aber auf die Beschäftigungen, die sie in ihren klösterlichen Übungen nicht zu sehr störten. Es waren also die Arbeiten, die eine längere Abwesenheit vom Kloster erheischten, ausschließlich Laienbrüdern und Knechten überlassen; sie waren Ochsenknechte, Schafhirten, Fuhrleute und Winzer. Der fromme Zweck dieser niederen Dienste adelte die damit Betrauten. Die Mönche waren also nur zur Aushilfe da; sie hatten die Oberleitung, ihr persönliches Zugreifen war nur bei dringenden Arbeiten, in der Heu- und Getreideernte, von greifbarem Nutzen. — Das Wunder, durch das St. Bernhard noch als Novize in Citeaux einst erntete, ist bekannt; auch später leitete er dies wichtige Geschäft stets in eigener Person. Später, als die Zisterzienseräbte große Herren geworden, politische Persönlichkeiten, Gesandte von Päpsten und Kaisern, da hielten sie diese Aufsicht für zu niedrig; sie setzten sich damit aber auch über eines der Fundamentalprinzipe ihres Ordens hinweg; denn die Betonung der Arbeit der Hände war der Lebensnerv der von den Zisterziensern ausgegangenen Reform. Die Zisterziensermönche der ersten Zeit betrachteten die Erntearbeit als eine der verdienstlichsten Handlungen, die sie verrichten könnten. Herbert erzählt uns, dass ein Mönch von Clairvaux einst mit den übrigen Weizen schnitt. „Als er einen Augenblick abseits trat, betrachtete er die Schnitter und erwog bei sich mit Bewunderung, wie viele in allen Zweigen der Wissenschaft gelehrte Männer, wie viele Hochgeborene, die inmitten von Luxus und Reichtum aufgewachsen, hier aus Liebe zum Herrn im Schweiße ihres Angesichts arbeiteten und freudig die sengende Gluthitze der Sonne ertrugen. Während er noch so im Nachdenken vertieft dastand, sah er drei weißgekleidete Frauen vom Himmel herniedersteigen und den Schnittern nahen. „Mein Gott, wer sind diese schönen, ehrfurchtgebietenden Frauen?“ — so fragte er, und ein Greis, der sich eingefunden, sagte ihm, es seien die hl, Jungfrau Maria, die hl. Elisabeth und die hl. Magdalena. „Was wollen sie hier?“ — so fragte der Mönch weiter, und der Greis antwortete: „Sie besuchen die Knechte ihrer Ernte!“

Die Feldarbeit stand bei den Zisterziensern in hohen Ehren und wurde durch die größten Talente des Jahrhunderts gewissermaßen geleitet; daher erzielten sie auch so große Resultate. Die Drainage, die heutzutage aus dem Ausland überall eingeführt worden, — die Zisterzienser kannten und übten sie längst. Wie die zahlreichen Weiderechte, die sie sich erteilen Hessen, beweisen, hielten sie große Herden, um den nötigen Dünger zu erhalten. So gibt z. B. eine Urkunde aus dem Jahre 1205, die sich auf die Gründung einer Tochterabtei in Sardinien bezieht, eine Vorstellung von dem Viehreichtum in Clairvaux: man gab dieser Abtei zum Anfang 10.000 Lämmer und Schafe, 1.000 Ziegen, 2.000 Schweine, 500 Kühe, 200 Füllen und 100 Pferde. Man kannte in Clairvaux die Vorteile der Akklimatisation fremder Kassen und machte dahin zielende Versuche. So wurde au& Italien eine besondere Rasse Von Stieren eingeführt, die sich in der Umgebung der Abtei rasch vermehrten. Selbst die Legende bemächtigte sich dieses prosaischen Stoffes, indem sie um die Person des Mönchs Laurentius einen Sagenkranz wob.

Bei aller Betonung der körperlichen Arbeit wurde jedoch die Geistesarbeit bei den Zisterziensern keineswegs ignoriert. Das veranlasst uns im folgenden, von den Studien der Zisterziensermönche zu handeln.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Klosterleben im Mittelalter